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Am
10. November 2005 feierte der international anerkannte
Experte für Chemotherapie Univ.-Prof. Dr. med.
et Dr. phil. Karl Hermann Spitzy seinen 90. Geburtstag.
Zeit seines Lebens als Arzt ging es ihm im Sinne des
Internisten Hermann Nothnagel um Kranke, nicht um Krankheiten,
sah er die ärztliche Tätigkeit als Berufung,
und nicht als Beruf. Die umfassende humanistische Bildung
wurde Spitzy von den Lehrern des Schottengymnasiums
vermittelt, eine Bildung, die den Werkmeister für
Maschinenbau und Elektrotechnik und Mediziner bis heute
dazu treibt, immer wieder den Sinn seiner vielfältigen
Tätigkeiten zu hinterfragen.
Philosoph
– das ist er seit seiner Jugend gewesen und geblieben.
Legendär sind die Abende im Keller der 1. Medizinischen
Universitätsklinik, wo Spitzy sich mit einem ausgewählten
Kreis seiner Schüler dem Studium der reinen theoretischen
Vernunft von Kant widmete.
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Mit
78 Jahren schließlich, einem Alter, in dem sich die meisten
schon im wahrsten Sinn des Wortes im Ruhestand befinden, promovierte
Spitzy zum Doktor der Philosophie und hielt an der medizinischen
Fakultät Vorlesungen über Klinische Philosophie der
Begegnung. Ende der neunziger Jahre wurde der Badener Kreis
gegründet – in diesem nicht-öffentlichen Diskussionsforum
studiert Gastgeber Spitzy mit Ärzten, Psychologen, Physikern
und Philosophen die Wege in einer Partnerschaft mit dem Patienten.
Ziel dieses Badener Kreises ist auch, die weitgehend in Vergessenheit
geratenen philosophisch-spirituellen Bezüge des Arztberufes
aufzuzeigen und diese der Ärzteschaft wieder in Erinnerung
zu rufen. Was macht den erfolgreichen Arzt aus? Sind es seine
Fachkenntnisse oder ist es seine Persönlichkeit, zu der
man Vertrauen haben kann? Ist es seine Stellung in der Gesellschaft
oder liegt der Erfolg des Arztes in der Hinwendung zum Patienten?
In der Medizin setzte Spitzy eine Reihe von Pioniertaten: So
musste u.a. Penicillin wegen seiner mangelnden Säurestabilität
bis in die fünfziger Jahre gespritzt werden. Gemeinsam
mit dem Biologen Brandl und dem Chemiker Margreiter gelang Spitzy
die Entwicklung des säurestabilen, in Tabletten zu verabreichenden
Penicillin V, das bis heute das Mittel der Wahl bei Streptokokkeninfektionen
ist.
Für diese bahnbrechenden Arbeiten erhielt Spitzy den Theodor-Körner-Preis,
1970 gründete er eine eigenständige Lehrkanzel für
Chemotherapie, die neun Jahre später zu einer Universitätsklinik
für Chemotherapie wurde. Durch die Entwicklung der Oralpenicilline
hatte die österreichische Antibiotikaforschung internationales
Ansehen gewonnen. Allerdings machte sich schon bald das Phänomen
der Resistenzentwicklung bemerkbar. Die Ärzteschaft musste
aufgeklärt werden, Antibiotika nur gezielt einzusetzen
und nicht als Mittel bei harmlosem Fieber. Spitzy hielt zu diesem
Thema unzählige Vorträge vor Fachpublikum, aber auch
im Rundfunk und im Fernsehen und verfasste an die 200 Fortbildungsfilme
und organisierte Kongresse.
Als herausragender Organisator wurde er von der Internationalen
Paul-Ehrlich-Gesellschaft1974 zum Präsidenten gewählt
und leitete die Gesellschaft der Ärzte in Wien neun Jahre
lang ab 1982. Zahlreiche Ehrungen wie die Billroth-Medaille,
die Wilhelm-Exner-Medaille, Vesalius-Medaille und höchste
Orden der Stadt Wien und der Ärztekammer folgten. 1984
gründete er den ANTIBIOTIKA MONITOR, dessen Herausgeber
er seither ist.
Das
Ich und Du in der Medizin ist Karl Hermann Spitzy bis heute
wichtig geblieben. Mit den folgenden Heften des ANTIBIOTIKA
MONITORS wollen ihm einige seiner Schüler und deren Schüler
für das danken, was er ihnen auf ihrem Weg mitgegeben hat.
Univ.-Prof.
Dr. Sepp Leodolter
Präsident der Gesellschaft der Ärzte Wien
Curriculum
vitae
Karl
Hermann Spitzy, geb. am 10.11.1915 als Sohn des Univ.-Prof.
für Orthopädie Hans Spitzy in Wien |
1933
Reifeprüfung am Schottengymnasium in Wien |
1933
Studienbeginn Medizin an der Universität Wien |
1933
Studienbeginn Philosophie an der Universität Wien |
1935
Techn. Werkmeisterprüfung am Arsenal, Wien |
1939
Promotion zum Dr. med. an der Universität Wien |
1939
- 1945 Arzt an der Front in Russland |
1945/46
Chefarzt für Innere Medizin im Krankenhaus Peine/Hannover |
1946
Eintritt in die I. Med. Univ.-Klinik in Wien |
1955
Absolutorium in Philosophie an der Universität Wien |
1955
Leiter der Forschungsstelle für Antibiotika |
1960
Verleihung Theodor-Körner-Preis |
1962
Habilitierung zum Dozenten für Chemotherapie |
1967
Präsident des Int. Kongresses für Chemotherapie |
1970
Ernennung zum a.o. Univ.-Prof. |
1973
Ernennung zum o. Univ.-Prof. |
1974
- 1976 Präsident der Paul-Ehrlich-Gesellschaft |
1979
Vorstand der Univ.-Klinik für Chemotherapie |
1982
- 1991 Präsident der Gesellschaft der Ärzte in
Wien |
1987
Emeritierung an der Universität Wien |
1988
Erstmalige Vergabe des Karl-Hermann-Spitzy-Preises |
1991
Wiederaufnahme des Philosophiestudiums |
1992
Sponsion zum Magister artium an der Gustav-Siewerth-Akademie
in Bierbronnen/Deutschland,
Hauptfach:
Philosophie |
1992
Verleihung der Wilhelm-Exner-Medaille |
1993
Verleihung der Billroth-Medaille |
1994
Promotion zum Dr. phil. an der Universität Wien |
1994
Kulturpreis der Stadt Baden |
1995
Goldene Medaille der Ärztekammer |
1996
Goldene Medaille der Stadt Wien |
1998
Ehrenpräsident der Wiener Medizinischen Akademie |
Publikationen
Insgesamt
über 400, darunter: |
1955
„Die perorale Penicillintherapie“ (Entwicklung
des ersten Oralpenicillins) |
1962
„Penicillin in hohen Dosen“ (Entwicklung der
Hochdosierung) |
1970
„Repräsentativer Einzelfall und Doppeltblindversuch“
(Kritik der klinischen Statistik) |
1971
Mitherausgeber der „Klinischen Pharmakologie und Pharmakotherapie“
1.-3. Aufl. Urban & Schwarzenberg, ab 4. Aufl. (1983)
„Klinische Pharmakologie“, Ecomed „Das
Placebophänomen“ (Kritik derArzneimitteltherapie) |
1973
„Einordnungsmöglichkeiten der homöopathischen
Therapie und ihre Kontrolle“ |
1982
„Van Swietens Erbe, Die Wiener Medizinische Schule
in Selbstdarstellungen“, Verlag Maudrich, Wien |
1984
„Der Versuch am Menschen“ |
1989
„Kann eine Metamedizin zwischen der Paramedizin und
der sogenannten Schulmedizin eine Brücke schlagen?“
(Dialogik als Lösungsvorschlag) |
1991
„Ich und Du in der Medizin“ |
1992
„Schmerz und Placebo“ |
1993
„Ethik und Arzneimittelforschung“, in „Klinische
Pharmakologie“, Ecomed II-1.4.1 |
1993
„Dämon und Hoffnung. Dialogik in der Medizin“,
Verlag Hasel, Wien |
1994
„Ärztliche Ethik im Spannungsfeld ökonomischer
Anforderungen“, in Theurl H. (Hrsg.) „TödlicheGrenzen.
Rationalisierung im Gesundheitswesen“, Alfred Meran,
S. 33 |
1994
„Klinische Philosophie I. Ärztliche Dialogik“,
Verlag Maudrich, Wien |
1995
„Klinische Philosophie II. Ärztliche Ethik“,
Verlag Maudrich, Wien |
1995
„Klinisch-philosophische Betrachtungen über den
Einfluss großer Seuchen auf das Kulturbewusstsein“,
in „Klinische Pharmakologie“, Ecomed |
1997
„Ethische Aspekte der Chemotherapie“, Angermühler
Kreis |
1997
„Archäologie des ärztlichen Blicks“,
Spektrum der Augenheilkunde 11/5, 209 |
1997
„Probleme der Antibiotik“, Die Waage, Grünenthal |
1997
„Die Arzt-Patient-Beziehung und das Placebophänomen“,
Imago hominis IV/1 Wien |
1997
„Arzt, Patient und Versicherung“, in „Versicherungsgesch.
Österr.“ Bd. 5, S. 505 |
1998
„Das verblichene Du“, in Stefenelli (Hrg.) „Körper
ohne Leben“, S. 899 |
1998
„Klinische Philosophie III. Ärztliche Wissenschaft“,
Verlag Maudrich, Wien |
1998
„Von der Dialogik zum Konstruktivismus in der Medizin“,
Symposium der Gesellschaft für organismisch-systemische
Forschung |
1999
„Kritik der Chemotherapie im Rahmen einer konstruktiv-dialogischen
Medizintheorie“ 5. Wiener Dialog „Ganzheitliche
Krebstherapie“ der Ges. für Ganzheitsmed. Zusammenf. |
1999
„Der Dialog als Friedensstifter“, Wiener Blätter
zur Friedensforschung, Manz S. 42 |
2000
„Versorgung mit innovativen Arzneimitteln“,
Manage Med. 4/2000, S. 25 |
2000
„Klinische Philosophie IV. Ärztliche Hodegetik“,
Verlag Maudrich, Wien |
2000
„From Individualism to Dualogue - A Task for the Vienna
Medical School“, S. 10 |
2001
„Dialogisch-konstruktivistische Medizintheorie. Die
philosophische Grundlage der Medizin“, Psychopraxis
Springer Wien, 3, S. 36 |
2002
„Verantwortung in der Medizin aus dialogischer Sicht“,
Wr. Med. Wschr. 152/13,330 |
2002
„Peter Kampits – 60 Jahre jung“, Festschrift |
2003
„Von der Macht des Gemüts“ Festschrift
zum 70. Geburtstag von Norbert Leser |
2004
„Wenn Ärzte nach der Weisheit suchen“,
mit E.M. Schulak, Kremayr u. Scheriau, Wien |
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