Penicillin – 50 Jahre danach

W. Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, Medizinische Universität Wien
(Leiter: Univ.-Prof. DDr. W. Graninger)

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Einleitung

Die Entdeckung des Penicillins durch den am 6. 8.1881 in Lochfield geborenen Bakteriologen Fleming beruht eigentlich, wie so oft bei den großen und wichtigen Entdeckungen, auf einem Zufall. Fleming, zu diesem Zeitpunkt bereits Professor an der University of London, beschäftigte sich gerade mit der Erforschung von Staphylokokken. Diese Erreger führten in der damaligen Zeit häufig zu Amputationen oder gar zum Tode. Flemings Staphylokokken-Kulturen wurden häufig durch Schimmelpilze befallen. Auf einer seiner angelegten Kulturen siedelte sich ein Schimmelpilz, der als Pinselpilz (Penicillium) bekannt ist, an. Er bemerkte, dass in der direkten Umgebung des Pilzes keine weiteren Bakterien wuchsen. Eine ähnliche Entdeckung gab es bereits im Jahre 1871 durch Joseph Lister. Er stieß auf das Phänomen, dass Schimmelpilze das Wachstum von Bakterien auf Käse oder Früchten abschwächen. Er behandelte eine Krankenschwester mit einem Abszess erfolgreich mit einem Schimmelpilz. Allerdings maß er diesem Phänomen keine weitere Bedeutung bei und widmete sich seinen bisherigen Forschungen.

Fleming züchtete größere Mengen dieses Schimmelpilzes an und gab ihm den Namen Penicillium notatum (heute Penicillium chrysogenum). Die gewonnenen Extrakte dieses Pilzes töteten eine Reihe der gefährlichsten Erreger ab. Flemings Veröffentlichung fand zunächst keine Beachtung. Erst 1940 wurde die Bedeutung von Penicillin in Tierexperimenten klar.

 

Penicilline

Ab 1944 wurde Penicillin in den USA großtechnisch hergestellt. Die Ausbeute an Penicillin stieg durch die Verwendung von Maissirup als Substrat um das 500fache. Nach dem Krieg war die Nachfrage zu groß – der Schwarzhandel blühte – was in „Der dritte Mann“ verfilmt wurde. Erst 1957 beschrieben James Park und Jack Strominger den genauen Wirkmechanismus des Penicillins. Die Zellwand von Bakterien besteht aus langen Zuckerketten, die durch Eiweißbrücken vernetzt sind (Peptidoglykane). Diese Verbrückung wird durch das Enzym Glycopeptid-Transpeptidase katalysiert, das durch Penicillin blockiert wird.

Penicillin G (Abbildung 1) muss injiziert werden – durch die mangelnde Säurestabilität ist eine orale Gabe wirkungslos. Phenoxymethylpenicillin oder Penicillin V wurde als österreichische Pionierleistung von Brandl, Margreiter und Spitzy entwickelt, ist säurestabil und kann in Tablettenform eingenommen werden. Bis heute ist Pen V Mittel der Wahl bei Streptokokkeninfektionen.


Abbildung 1:
Strukturformel Penicillin

Das recht kleine Wirkungsspektrum von Penicillin G veranlasste die Suche nach Derivaten, die gegen eine größere Zahl von Infektionen wirksam sein sollten. Der erste Schritt war die Entwicklung von Ampicillin, das eine gute Wirksamkeit gegen Gram-positive und Gram-negative Erreger aufweist und relativ preiswert zur Verfügung steht. Ein weiter Fortschritt war Flucloxacillin, das gegen ß-Laktamasen von Staphylokokken resistent ist und deshalb bei Staphylokokkeninfektionen eingesetzt werden kann. Die Entwicklung der Penicilline gipfelte in der Synthese von Acylureidopenicillinen wie Azlocillin, Mezlocillin und Piperacillin. Endlich waren auch Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa mit Penicillinen behandelbar.

Zahlreiche klinisch vorkommende Bakterien wurden jedoch gegen Penicillin resistent, was dazu führte, dass ständig neue ß-Laktam-Antibiotika entwickelt werden mussten. Die Forschung verlagerte sich in der Folge auf die Klassen der Cephalosporine und Peneme. Präparate wie Penicillin G, Ampicillin und Piperacillin sind in vielen Ländern (wie z.B. Penicillin G in den USA, Piperacillin in Österreich) zu billig und nicht mehr erhältlich. Der Untergang der Penicilline war schon vorprogrammiert, als 1977 durch Reading und Cole die Clavulansäure das Licht der Welt erblickte.

 

Penicilline und Betalaktamase-Hemmer

Durch die Blockade von Betalaktamasen lässt sich das Wirkungsspektrum von Penicillin erweitern. Die Achillesferse ist jedoch, dass es, wie bei jeder Kombinationstherapie, auch hier zu einem stets wechselnden Mischungsverhältnis der beiden Komponenten in den Geweben kommt. Die im Handel erhältlichen Mischungsverhältnisse entsprechen oft nicht den Kriterien der optimalen In vivo-Wirkung. Die Mischungsverhältnisse sind auch von Land zu Land unterschiedlich, sodass im Gegensatz zu Monopräparaten eine verbindliche Therapieempfehlung oft schwierig ist.

Amoxicillin + Clavulansäure
Ziel der Entwicklung dieser Kombination war ursprünglich, die Wirksamkeit von Amoxicillin auf Staphylococcus aureus zu erweitern.

Die Clavulansäure wird durch Fermentation von Streptomyces clavuligerus gewonnen und ähnelt in seiner Struktur dem Penicillinkern. Die Clavulansäure stellt einen starken irreversiblen Betalaktamase-Hemmer der Typen II, III, IV und V dar. Die Kombination mit Clavulansäure macht Amoxicillin aktiv gegen Betalaktamase-bildende Stämme von Staphylococcus aureus und epidermidis, Haemophilus influenzae, E. coli, Proteus mirabilis und Bacteroides fragilis.

Indikationen für die Kombination Amoxicillin / Clavulansäure sind Atemwegsinfektionen wie eine chronische Sinusitis oder Otitis media oder eine eitrige Bronchitis durch Betalaktamase-bildende Haemophilus-Stämme. Weitere Einsatzgebiete sind Mischinfektionen wie Aspirationspneumonie, abdominelle chirurgische Infektionen, odontogene Infektionen, Aktinomykose oder der diabetische Fuß.

In bis zu 25% kommen krampfartige Bauchschmerzen und Übelkeit vor, insbesondere bei Steigerung der oralen Clavulansäure-Dosis über 250 mg/d. In ihrer Häufigkeit unbekannt sind Leberschäden und ein cholestatischer Ikterus, der bis zu 6 Wochen nach Beendigung der Therapie auftreten kann. Diese Leberschädigungen sind im Allgemeinen reversibel, trotzdem hat gerade die Lebertoxizität zu verschiedenen Mischungsverhältnissen von Amoxicillin und Clavulansäure auf dem oralen Sektor geführt. Entgegen allen Beteuerungen von Herstellerseite wurde in einzelnen Ländern die Amoxicillindosis bis auf 4 g/d erhöht, wobei die Clavulansäuredosis auf 250 mg/d beschränkt blieb. Kontraindikationen für die Kombination sind die infektiöse Mononukleose und lymphatische Leukämie, Lebererkrankungen und Infektionen in der Schwangerschaft. Die maximale Dosierung ist intravenös 6,6 g pro Tag.

Sulbactam ist ein Penicillansäuresulfon. Es hemmt die Betalaktamasen der Typen II, III, IV, V. Es liegt sowohl oral wie auch parenteral in einer fixen Kombination von 1 zu 2 vor, z. B. 0,5 g Sulbactam + 1 g Ampicillin. Auch hier ist die Verschiebung des Mischungsverhältnisses bei der Komponenten in tiefen Kompartimenten unbekannt. Sulbactam kann auch frei mit anderen Betalaktamen kombiniert werden, wie z. B. Penicillin G, Mezlocillin, Piperacillin und auch Cephalosporinen. Diese freien Kombinationen sind in klinischen Studien wenig untersucht, insbesondere würde man auf Grund mikrobiologischer Untersuchungen jeweils eine Kombination von 2 zu 1 erwarten. Bei der in Deutschland gängigen Kombination von Piperacillin + Sulbactam als Alternative zu Piperacillin/Tazobactam ist dieses Mischungsverhältnis von 2 zu 1 jedoch nicht üblich. Von mikrobiologischer Seite würde man ein Aufheulen erwarten, es gibt aber keine Kommentare. Sinnvoll wäre eventuell die Kombination Penicillin G und Sulbactam bei z. B. Haut- und Weichteilinfektionen; auch hier gibt es keine relevanten klinischen Untersuchungen. Die orale Form (Sultamicillin) ist mit der Empfehlung von 750 mg/d deutlich unterdosiert.

Das Indikationsspektrum von Ampicillin/Sulbactam ist ident mit dem von Amoxicillin/Clavulansäure. Übelkeit und Erbrechen sowie Durchfälle treten in deutlich geringerem Ausmaß auf. Auch hier können selten cholestatische Hepatitiden auftreten. Kontraindikationen sind wieder auf Grund der Ampicillinkomponente die infektiöse Mononukleose und lymphatische Leukämie sowie eine Penicillinunverträglichkeit.

Penicillin und Clavulansäure bzw. Sulbactam
Obwohl die Kombination durchaus Sinn machen würde, sind fixe Kombinationen nicht auf dem Markt. Die freie Kombination Penicillin G und Sulbactam, z. B. 3 g Penicillin und 1,5 g Sulbactam 2 - 3-mal täglich wird von manchen Dermatologen beim Erysipel verwendet.

Tazobactam ist eine Weiterentwicklung des Sulbactams. Ebenso wie Sulbactam wirkt Tazobactam selbst nicht antibakteriell. Der wesentliche Unterschied gegenüber Ampicillin/Sulbactam ist die Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa. Piperacillin-resistente Stämme von Pseudomonas aeruginosa werden durch Tazobactam aber nicht beeinflusst. Die Pharmakokinetik von Piperacillin unterscheidet sich bei Einzelgabe nicht von der bei kombinierter Gabe mit Tazobactam. Nebenwirkungen von Tazobactam sind selten, die Verträglichkeit auch hoher Dosen ist gut. Das Spektrum von Piperacillin/Tazobactam ist das breiteste unter den Penicillinen (Tabelle 1).


Tabelle 1:
Erfasstes In vitro-Erregerspektrum

Ampicillin Amox./Clav. Pipera./Tazo.

Borrelien
Clostridien
E. faecalis
Gonokokken
H. influenzae
Listerien
M. catarrhalis
Meningokokken
Pneumokokken
Streptokokken
Anaerobier
Bordetella pertussis
Proteus mirabilis

Salmonellen
Shigella sp.


E. coli

Staphylokokken
Streptokokken
E. coli
H. influenzae

Pneumokokken
Anaerobier
Borrelien
P. mirabilis
E. faecalis

Gonokokken
Listerien
M. catarrhalis
Meningokokken
P. mirabilis
Proteus vulgaris

Bordetella pertussis
Salmonellen
Shigella sp.

Proteus vulgaris
Providencia
Morganella
Staphylokokken
Streptokokken
E. coli
H. influenzae

Pneumokokken
Anaerobier
Borrelien
P. mirabilis
E. faecalis

Gonokokken
Listerien
M. catarrhalis
Meningokokken
P. mirabilis
Proteus vulgaris

Bordetella pertussis
Salmonellen
Shigella sp.

Proteus vulgaris
Providencia
Morganella
Pseudomonas aeruginosa

Als Indikationen ergeben sich Infektionen, bei denen Pseudomonas aeruginosa eine potenzielle Rolle haben könnte, wie z. B. der granulozytopenische Patient, der Verbrennungspatient und Patienten mit intraabdominellen Infektionen. Die Dosierung ist mit 3 x 4,5 bis 4 x 4,5 g deutlich höher als die der anderen Betalaktamasekombinationen, was seinen Grund in der hohen MHK von Pseudomonas aeruginosa hat. Theoretisch könnten Infektionen, bei denen nicht mit Pseudomonas aeruginosa zu rechnen ist, mit niedrigeren Dosen wie bei denen mit Amoxicillin/Clavulansäure bzw. Ampicillin/Sulbactam behandelt werden. Piperacillin/Tazobactam ist unter den gesamten IV-Kombinationen die in klinischen Studien am besten untersuchte Substanzgruppe. Ein wesentlicher Teil der positiven Einschätzung ist die hohe Dosierungsmöglichkeit.

Zusammenfassend sind alle Kombinationen von Penicillinen mit Betalaktamase-Hemmern als notwendiges Übel zu betrachten bzw. als Verlegenheitslösungen. Positiv ist jedoch bei allen Kombinationen die Wirksamkeit gegen Enterokokken zu sehen. Die große therapeutische Breite der Penicilline wird durch die kleine therapeutische Breite der Betalaktamase-Hemmer teilweise wieder aufgehoben. Bis heute liegen keine pharmakokinetisch-pharmakodynamischen Untersuchungen über die betreffenden Kombinationspartner im Gewebe vor.

Wo liegt nun der wahre Wert der Penicillin-Betalaktamase-Inhibitor-Kombinationen? Sinnigerweise wurde der erste Patient mit einem Vancomycin-unempfindlichem MRSA durch die Kombination Ampicillin-Sulbactam geheilt. Ein Aspekt, der derzeit die Welt der Antibiosophen bewegt, ist die erhöhte Inzidenz von ESBL-bildenden Gram-negativen Keimen. Hier hat sich gezeigt, dass durch Reduktion des Verbrauches von Cephalosporinen und einen kompensatorisch gesteigerten Verbrauch von Penicillin-Betalaktamase-Inhibitor-Kombinationen die Inzidenz von ESBL-bildenden Bakterien signifikant gesenkt werden konnte. Durch den vermehrten Einsatz von Piperacillin-Tazobactam im Vergleich zu Ceftazidim und Ceftriaxon fiel in einer Studie ein Prozentsatz der ESBL-poduzierenden Klebsiellen von 68% auf 37%. Sinnigerweise fiel im selben Zeitraum auch die Resistenzquote von Pseudomonas aeruginosa gegenüber Piperacillin-Tazobactam von 11 auf 6%, obwohl diese Kombination vermehrt angewandt wurde. Der Ersatz von Cefotaxim durch Piperacillin-Tazobactam als Routineantibiotikum führte in Bezug auf die Clostridium difficile-assoziierte Enterocolitis zu einer 10-fachen Senkung. Interessant ist auch eine Studie in Bezug auf Vancomycin-resistente Enterokokken, in der Ceftazidim durch Piperacillin-Tazobactam ersetzt wurde. Es sank die Kolonisationsrate mit VRE von 57% auf 8%, als Ceftazidim wieder verwendet wurde, stieg die Kolonisationsrate mit VRE erneut auf 36%. Diese drei Studien unterstreichen die Aktualität, zumindest der Kombination Piperacillin-Tazobactam. Ein wesentlicher Punkt ist hier wahrscheinlich die hohe Dosis der Penicilline. In einer englischen Studie, in der das Empfindlichkeitsspektrum gegenüber Piperacillin-Tazobactam neun Jahre nach seiner Einführung untersucht wurde, zeigt, dass es zu keiner Resistenzentwicklung gegenüber Pseudomonas aerugionsa und Proteus species kam, wohl aber zu einer Steigerung der Resistenz bei E. coli von 4 auf 10%, bei Klebsiella von 5 auf 21%.

 

Unerwünschte Arzneimittelreaktionen der Penicilline

Die häufigsten Nebenwirkungen der Penicilline sind Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock und zu anaphylaktoiden Reaktionen wie Asthma und gastrointestinalen Erscheinungen. Die Sofortreaktionen sind (bei bis zu 1 Stunde nach Penicillin G-Gabe) fast immer IgE-vermittelt und äußern sich als anaphylaktische Reaktion. Der anaphylaktische Schock ist durch einen plötzlich auftretenden Vasomotorenkollaps mit Bewusstlosigkeit, Krämpfen und Atemstörungen gekennzeichnet und erfordert eine rasche intensive Therapie mit Flüssigkeitssubstitution und Adrenalin. Unter den Spätreaktionen (72 Stunden nach Penicillin-Gabe) ist das makulopapulöse Exanthem die häufigste unerwünschte Arzneimittelreaktion. Eine interstitielle Nephritis, eine hämolytische Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie und Dermatitis exfoliativa sind sehr selten. Selten kann es durch Bakteriolyse zu Beginn einer Therapie bei Syphilis oder Rückfallfieber zur Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen.

Eine zufrieden stellende Nachweismethode für das Bestehen einer Penicillin-Allergie ist nicht bekannt. Der Nachweis spezifischer IgE im Serum kann auch bei Personen positiv sein, die niemals allergische Erscheinungen gezeigt haben. Wenn ein Patient angibt, gegen Penicillin überempfindlich zu sein, oder der Verdacht auf eine Penicillin-Allergie besteht, kann mit einem Kratz- oder Intrakutan-Test die Wahrscheinlichkeit einer IgE-vermittelten Überempfindlichkeit weitgehend ausgeschlossen werden. Bei negativem Kratz- oder Intrakutan-Test ist der Expositionsversuch mit oralem Penicillin gestattet. Die Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber Penicillinen, die früher sicher durch Unreinheit der Präparate häufiger waren, waren ein Faktor für die verminderte Verwendung von Penicillinen. In manchen Ländern waren Penicilline, besonders Depot-Penicilline, nicht erhältlich, da man dort die Angst vor anaphylaktoiden Reaktionen übertrieben hatte. Die Penicillin-Allergie ist jedoch weit seltener als angenommen. In einer amerikanischen Studie wurden Daten von 6.000 Patienten analysiert, die bereits einmal mit allergischen Symptomen auf eine Penicillin-Therapie reagiert hatten. 48% der Patienten erhielten bei einer später auftretenden Infektionskrankheit erneut Penicillin. Nur bei 2% traten dabei allergische Reaktionen auf. Obwohl die therapeutische Breite der Penicilline enorm ist, können bei Überdosierung jedoch auch neurotoxische Reaktionen mit Krampfanfällen auftreten. Die Höchstdosis eines Penicillins wird heute mit 18 g proTag angegeben.

 

Verabreichungsmodus

Penicilline sind zellwandaktive Antibiotika. Die Halbwertszeit ist meist kurz, 30-60 Minuten. Während Spitzy früher behauptet hatte, durch eine hochdosierte intermittierende Therapie einen besseren Heilungserfolg zu erzielen, mehren sich nun Expertenstimmen, die auf Grund von Mausmodellen die Penicilline als Dauerinfusion empfehlen. Die Entwicklung von Depotpräparaten von Pen G zur Behandlung von Gonorrhö und Syphilis hat dieser Therapie entsprochen. In USA werden Penicilline auch heute noch alle 4 Stunden verabreicht und kommen dadurch der kontinuierlichen Gabe näher.

 

Penicillin G + V, Ampicillin, Piperacillinund Flucloxacillin –heute noch aktuell?

Trotz der Entwicklung der Betalaktamaseinhibitoren, der Cephalosporine, Monobactame und Peneme haben die Penicilline auch heute noch einen unbestrittenen Platz in der Therapie von Infektionen. Bei Infektionen durch Streptokokken, Meningokokken, Borrelien und Treponemen gibt es bis dato kein besseres Antibiotikum als Penicillin G. Während bei Infektionen durch Pneumokokken heute der Einsatz von Penicillin G widersprüchlich diskutiert wird, sind bei der Behandlung des Erysipels Penicilline Mittel der Wahl, wie aus einer Umfrage an deutschen und österreichischen Kliniken hervorgeht. (Tabelle 2) Die Behandlung von Tetanus, Gasbrand und Endokarditits ist ohne Penicillin undenkbar. Das rheumatische Fieber ist zum Teil durch die oft nicht gezielte Therapie der Angina mit Penicillin V ausgerottet worden. Bei Lues ist nach wie vor das Depotpenicillin Mittel der Wahl. Flucloxacillin ist bei „normalen“ Stämmen von Staphylococcus aureus das Antibiotikum des Wissenden. Ampicillin und Amoxicillin sind bei Enterokokken- und Listerieninfektion nach wie vor die Antibiotika der ersten Wahl. Piperacillin und Azlocillin sind als „Pseudomonas-Penicilline“ zu Unrecht aus der kommerziellen Welt der Antibiotika verschwunden. Überlebt haben die Amino- und Acylureidopenicilline in Kombinationspräparaten mit Betalaktamase-Hemmern, hier gehören sie zu den am häufigst verwendeten Antibiotika. Penicilline sind nicht tot – sie werden auch in Zukunft unverzichtbare Antibiotika sein.

Tabelle 2: Dosierung und Häufigkeit der Anwendung (%) der bei der Akuttherapie des Erysipels eingesetzten „first line“-Antibiotika (Brennecke, JDDG 4, 2005)

Antibiotikum Dosierung
Gesichtserysipel
Unterschenkelerysipel
Penicillin oral 1 - 2 Mio. I. E./d in einer Einzeldosis
3 - 6 Mio. I. E./d in 2 - 3 Einzeldosen
1,4%
4,1%
-
8,2%
Penicillin i.m. 2 - 3 Mio. I. E./d in 1 - 2 Einzeldosen
-
2,7%
Penicillin i.v. 15 - 30 Mio. I. E./d in 3 - 4 Einzeldosen
andere Dosierung
64%
12%
55%
12%
Flucloxacillin i.v. 3 x 1 - 2 g/d
6,9%
6,9%
Amoxicillin-
Clavulansäure i.v.

3 x 2,2 g/d

6,9%

6,9%
Amoxicillin-
Clavulansäure oral

3 x 1 g/d

-

1,4%
Ampicillin i.v.
(+ Sulbactam)

3 x 1 - 2 g/d (je 1 g)

1,4%

1,4%
Cephalosporine oral
Cefuroxim
Cefalexin

2 x 3 x 0,5 g/d
3 x 1 g/d

1,4%
-

1,4%
1,4%
Cephalosporine i.v.ges.
Cefazolin
Cefotiam
Cefuroxim
Cefotaxim

3 x 2 g/d
2 - 3 x 2 g/d
0,5 - 1,5 g/d in 2 - 3 Einzeldosen
3 x 2 g/d
13,7%
1,4%
2,7%
5,5%
1,4%
16,4%
2,7%
2,7%
4,1%
1,4%
Clindamycin i.v. 3 x 600 mg/d
1,4%
-

 

Anschrift des Verfassers:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I,
Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail:wolfgang.graninger@meduniwien.ac.at

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