Mikrodialyse –
Eine Revolution auf dem Gebiet der Pharmakologie

C. Thallinger 1, C. Joukhadar 1,2
1 Univ.-Klinik für Klinische Pharmakologie, Abteilung für Klinische Pharmakokinetik, Medizinische Universität Wien
(Vorstand: Univ.-Prof. Dr. M. Müller)
2 Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, Medizinische Universität Wien
(Leiter: Univ.-Prof. DDr. W. Graninger)

Ausdruck im pdf-Format (4,36 MB)


Schlüsselwörter
Mikrodialyse, Antiinfektiva, Wirkort, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik


Zusammenfassung

Die Mikrodialysetechnik ist eine semiinvasive Methode zur Substratanalyse der interstitiellen Flüssigkeit aus definierten Geweben (Herzmuskel, Gehirn, Lunge, Fettgewebe, Muskel etc.). Herkömmliche Methoden wie z.B. die Biopsie, das Sammeln der Endothelial Lining Fluid oder die Skin Blister-Methode erlauben punktuelle Messungen zu definierten Zeitpunkten und bedürfen einer wesentlich größeren Studienpopulation, um ähnlich verwertbare und aussagekräftige Konzentrations-Zeit-Profile zu generieren.

Die gängige Methode der Erhebung des Plasma-Konzentrations-Profils hat sich als unzureichend erwiesen, da das Plasmakompartiment in den seltensten Fällen das Zielkompartiment für pharmakologische aktive Substanzen repräsentiert. Für einen Großteil von antimikrobiell wirksamen Substanzen ist das Zielkompartiment die interstitielle Flüssigkeit.

Die Mikrodialysetechnik ist zu einem wertvollen Instrument in der Entwicklung von Pharmaka geworden. Mittels dieser Technik ist es möglich, für verschiedenste exogene Substanzen wie z.B. antimikrobielle, zytotoxische sowie transdermal applizierte Substanzen, aber auch für endogene Botenstoffe wie Neurotransmitter, Hormone und Zytokine ein konklusives Konzentrations-Zeit-Profil zu beschreiben. Im Bereich der Medikamentenzulassung und der damit voraus gehenden präklinischen und klinischen Testung eines Arzneimittels generiert die Mikrodialyse einzigartige und klinisch höchst relevante pharmakokinetische Daten vom Wirkort.

Der kombinierte Einsatz der Mikrodialyse mit bildgebenden Verfahren, wie der Computertomographie (CT) oder der Single Photonen Emission Tomographie (SPECT) erlaubt eine nahezu vollständige Exploration des pharmakokinetischen Profils der zu analysierenden Substanz.


Key-words
Microdialysis, antiinfectives, target site, pharmacokinetic, pharmacodynamic


Summary

Microdialysis is a probe-based sampling method which allows for the measurement of drug concentration profiles in selected soft tissues. The advantage of in vivo microdialysis over traditional methods relates to its ability to continuously sample the unbound drug fraction in the interstitial space fluid. This is of particular importance, because the ISF may be regarded as the actual target compartment for many drugs, e.g. antimicrobial agents or other drugs mediating their action by surface receptors. In contrast, plasma concentrations are increasingly recognized to inadequately predict tissue concentrations and therapeutic success in many patient populations. Thus, the minimally invasive microdialysis technique may be regarded as a revolutionary method in the field of clinical pharmacology.



Einleitung

Die ideale antimikrobielle Therapie ist gegeben, wenn die Konzentration eines Antiinfektivums am Zielort maximiert ist, hingegen die Konzentration in anderen Kompartimenten des Organismus möglichst niedrig gehalten wird. Das sichert einen therapeutischen Erfolg bei gleichzeitiger Minimierung potenzieller Nebenwirkungen.

Diesem Optimum steht allerdings die Tatsache entgegen, dass systemisch verabreichte Substanzen sich nach einer gewissen Äquilibrierungsphase in verschiedenen Kompartimenten unterschiedlich stark anreichern.

Eine genaue Vorhersage, wie hoch Substanzkonzentrationen in einzelnen Geweben sein werden, ist bis dato nur eingeschränkt möglich. Die Messung der Konzentration des Antiinfektivums am Wirkort, dieser entspricht zumeist dem Extrazellularraum des Weichteilgewebes, mittels der Mikrodialysetechnik lässt eine Abschätzung der zu erwartenden therapeutischen Effizienz mit gewissen Einschränkungen zu.

In den letzten 25 bis 30 Jahren hat sich die Mikrodialysetechnik bei oben erwähnten Fragestellungen als eine wertvolle Methode etabliert und ermöglicht eine Bestimmung des Konzentrations-Zeit-Profils endogener und exogener Substanzen in der interstitiellen Flüssigkeit (Extrazellularraum) in beinahe allen Geweben und Organen des menschlichen Körpers inklusive Tumorgewebe.

 

Mikrodialysetechnik

Allgemeine Aspekte
Die Mikrodialysetechnik wurde 1972 durch Del Gado in die präklinische Testung eingeführt. Bis zum Jahr 1978 wurden Mikrodialyse-Studien ausschließlich an Tieren durchgeführt und man begnügte sich mit der Beschreibung eines relativen Konzentrationsunterschiedes bezogen zum Ausgangswert. Durch die Ausweitung der zur Prüfung gelangenden pharmazeutischen Substanzen wurde allerdings die Notwendigkeit der Beschreibung von absoluten Konzentrationen immer deutlicher. Das erforderte nun Verfahren, die es erlaubten aus rein deskriptiven Konzentrationsänderungen (gegenüber dem Ausgangswert) Methoden und Kalibrationsverfahren zu entwickeln, die eine Kalkulation der absoluten Konzentration im Zielkompartiment ermöglichen. Unter den verschiedenen Kalibrationsverfahren hat sich die „Retrodialysemethode“ als eine hocheffektive und zeitsparende Kalibrationsmethode hervorgetan.

Experimentelle Notwendigkeiten
Die klassische Mikrodialysesonde (Abbildung 1), welche in klinischen Studien Verwendung findet, ist vom sog. „konzentrischen Typ“. Dieser Sondentyp hat meist einen Stahlschaft, seltener ist dieser aus Kunst
stoff, welcher dann eine maximale Flexibilität erlaubt und vorzugsweise in bewegliche Zielstrukturen wie z.B. Skelettmuskeln eingesetzt wird. Flexible Mikrodialysesonden werden zumeist bei nicht hospitalisierten Patienten oder bei gesunden Probanden, beispielsweise zur Bestimmung des Glukosemetabolismus während körperlicher Belastungen, verwendet.

Der Aufbau einer Mikrodialysesonde besteht vereinfacht aus zwei konzentrischen ineinander gesteckten Kanülen, wobei eine dünnere innere über das Ende einer äußeren dickeren hinausreicht. An der Spitze der Sonde befindet sich eine semipermeable Membran, welche mit dem Ende der äußeren dickeren Kanüle verschweißt ist. Die innere Kanüle wird mit einer Präzisionspumpe verbunden, welche konstant eine physiologische Lösung als Trägermedium fördert. Die gewählte Flussrate hängt in erster Linie von der gewünschten Zeitauflösung des jeweiligen Experiments und zweitens von der Sensitivität des gewählten analytischen Assays ab. Die Spülflüssigkeit gelangt bis zum proximalen Ende der inneren Kanüle und nimmt Substanzen, welche via Diffusion/Filtration die semipermeable Membran vom Extrazellularraum Richtung innerer Kanüle passieren, auf. Die mit der zu analysierenden Substanz angereicherte Spülflüssigkeit fließt über den abführenden Schenkel (äußere Kanüle) der Sonde in einen Sammelbehälter und wird als Dialysat bezeichnet. Der Arzneistoff- oder Substrattransport durch die semipermeable Membran ist nicht vollständig, und für die quantitative Bestimmung müssen die Sonden kalibriert werden.


Abbildung 1:
Schematischer Aufbau einer Mikrodialysesonde: An der Spitze der Sonde ist eine semipermeable Membran, die mit dem Ende der äußeren Sondenkanüle verschweißt ist. Die innere Sondenkanüle wird mit einer Präzisionspumpe verbunden, welche ein Trägermedium (Perfusat) konstant fördert. Das Perfusat nimmt Substanzen, welche via Diffusion/Filtration die semipermeable Membran aus dem Interstitium passieren, auf. Die mit der zu analysierenden Substanz angereicherte Spülflüssigkeit (Dialysat) fließt über den abführenden Schenkel ab.

Kalibration der Mikrodialysesonde
Zur Analyse der Pharmakokinetik und des Verteilungsmusters von exogenen und endogenen Substanzen ist die sog. „Reversedialyse“ oder auch „Retrodialyse“ das Kalibrationsverfahren der Wahl. Die intraindividuelle Variabilität (Koeffizient der Variation) in Mikrodialyseexperimenten ist relativ niedrig und liegt etwa bei 10 - 20%.

Gewebetrauma
Unabhängig von der Art der Mikrodialysesonde, die meist unter Zuhilfenahme einer Führungskanüle gesetzt wird, kommt es zu einem Gewebetrauma (Abbildung 2), welches die Ergebnisse des Experiments beeinflussen könnte. Nach einer Dauer von einer, maximal zwei Stunden nach Sondenimplantation kann dieses Gewebetrauma jedoch als irrelevant betrachtet werden, wie Publikationen unter Verwendung folgender Parameter z.B. Thromboxan B2, Adenosin-Triphosphat, Kalium, Glukose, Laktat oder auch Laktat/Pyruvat Verhältnis untermauern.


Abbildung 2:
Mikrodialysesonde in situ: Mikrodialyseexperiment an einer Ratte bei eröffnetem Thorax und liegender Sonde in der Lunge

Limitationen
Eine der wesentlichsten Limitationen der Mikrodialysetechnik ist die Tatsache, dass eine hydrophile oder wässrige Spülflüssigkeit (physiologische Ringerlösung oder Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung) verwendet
wird, wodurch ausschließlich wasserlösliche Substanzen transportiert werden können. Versuche, lipidhaltige oder lipophile Spülflüssigkeiten zu benutzen, um eben lipophile Substanzen z.B. Östrogene oder Nikotin einer Analyse zuführen zu können, waren bisher nur eingeschränkt erfolgreich.

Ein weiteres Problem beim Nachweis lipophiler Substanzen in hydrophiler Spülflüssigkeit liegt in der ausgesprochen raren Substratanreicherung der Spülflüssigkeit. Deshalb ist die Koppelung der Mikrodialysetechnik an eine sensitive chemische Analytik gefordert, da neben geringsten Konzentrationen nur kleinste Volumina (etwa 30 µl) zur Verfügung stehen.

 

Klinische Anwendung

Antiinfektive Forschung
Einer der bedeutendsten Eckpfeiler in der antiinfektiösen Therapie ist die Kenntnis der Penetration des Antiinfektivums in das infizierte Zielgewebe. Zur Erlangung dieser Erkenntnis sind geeignete und verlässliche Methoden zur Erhebung der Arzneistoffkonzentration am Ziel- bzw. Wirkort zwingend erforderlich. Alternative Methoden zur Bestimmung der Wirkortkonzentration wie z.B. die Skin-Blister-Methode, die Biopsie oder auch der Gewebskäfig, die Epithelial Lining Fluid sowie die Messung von Antibiotikakonzentrationen in Fibrinklots werden häufig eingesetzt, doch sind sie invasiv und somit nur in speziellen Patientenpopulationen zugänglich.

Eine häufig festgestellte Diskrepanz zwischen Biopsiedaten und Mikrodialysedaten lässt sich damit erklären, dass Mikrodialysatkonzentrationen Konzentrationen der interstitiellen Flüssigkeit widerspiegeln, während Biopsiedaten Konzentrationen aus verschiedenen Kompartimenten (intravaskulär, intrazellulär und interstitiell) repräsentieren. Substanzen, welche sich vorzugsweise extrazellulär anreichern, wie z.B. Betalaktam-Antibiotika, werden folglich bei einer Biopsie durch Vermischung mit weiteren „antibiotikafreien Kompartimenten“ verdünnt.

Fußend auf der klinisch höchst relevanten Bedeutung der Zielortkonzentration, fordern regulative Behörden vor Zulassung antiinfektiver Substanzen den Nachweis von pharmakokinetischen Daten am Wirkort. Die Mikrodialysetechnik erlaubt die Bestimmung der ungebundenen mikrobiologisch aktiven Fraktion einer Substanz am Wirkort und stellt eine besonders attraktive Methode zur Bestimmung des Konzentrations-Zeit-Profils von antiinfektiven Substanzen im Zielgewebe dar. Dies wurde auch von regulativen Behörden wie der USA Food and Drug Administration (FDA) und dem europäischen Pendant European Committee for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) bestätigt.

Die In vivo-Mikrodialyse ist für die Bestimmung von Antibiotikakonzentrationen wie z.B. von Fosfomycin, Aminoglykoside, Fluorchinolone, Betalaktame, Makrolide, Ketolide, Rifampicin, Oxazolidinone, Carbapeneme und Glykopeptide im Gewebe etabliert. Weiters kann die Mikrodialysetechnik auch zur Beantwortung diffizilerer Fragestellungen wie z.B. der Auswirkungen einer Sepsis, eines intensivmedizinischen Aufenthaltes, eines Schädel-Hirn-Traumas, eines Diabetes mellitus, einer Adipositas etc. auf die Gewebspenetration von Antiinfektiva eingesetzt werden. Ebenso wurde der Einfluss einer Angioplastie und der damit verbundenen hämodynamischen Rekonstitution auf die Gewebepenetration von Antiinfektiva analysiert.

Relevante Studien haben gezeigt, dass es zu einer vollständigen Plasma-Gewebe-Äquilibrierung von antiinfektiven Substanzen bei gesunden Probanden kommt; davon abzugrenzen sind Patienten, bei welchen nicht zwingend von einer vollständigen Äquilibrierung ausgegangen werden darf (Abbildung 3). Obwohl das Phänomen der inkompletten Plasma-zu-Gewebe-Verteilung für einzelne Organe bekannt ist, z.B. Blut-Hirn-Schranke, Prostata, Auge, Lunge und Plazenta, so war es doch überraschend, dass es bei unterschiedlichen Patientenkollektiven zu einer verzögerten und inkompletten Plasma-Gewebe-Äquilibrierung im Skelettmuskel oder auch im subkutanen Fettgewebe kommen kann.

Diese Ergebnisse generierten die Hypothese der Existenz spezieller Strukturen und Mechanismen, die die Penetration oder den transendothelialen Transfer eines Antiinfektivums in das Interstitium deutlich verzögern können. Die Entwicklung von Barrieren wie z.B. einer fibrösen Kapsel oder eines perifokalen Ödems im Zuge eines chronischen oder akuten Entzündungsprozesses oder die Veränderungen des Blutflusses bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit können hier mögliche Erklärungsversuche darstellen. Weitere auf die Gewebepenetration Einfluss nehmende Faktoren sind die Plasmaproteinbindung, die kapillare Dichte, die kapillare Permeabilität, der pH-Wert im Entzündungsareal und der transkapillare onkotische und osmotische Druckgradient – Faktoren, die bei kranken Patienten sehr oft von der physiologischen Norm abweichen.

Eine weitere Beobachtung aus diesen Studien ist die Variabilität der Penetration eines Antiinfektivums, welche in Patienten wesentlich größer ist als in einem gesunden Vergleichskollektiv. Diese Erkenntnis lässt eine inkomplette Gewebe-Plasma-Äquilibrierung erahnen, ein Faktum, das wesentlich den Krankheitsverlauf beeinflusst. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Entwicklung von Resistenzen verwiesen, welche häufig bei Konzentrationen unter der minimalen Hemmkonzentration eines Pathogens beobachtet werden.

Basierend auf diesen Ergebnissen müssen Dosierungsempfehlungen vor allem bei schwer und kritisch kranken Patienten reevaluiert werden. Ebenso steht die Frage der individuellen Dosisanpassung zur Diskussion, welche jedem Patienten ein suffizientes Antibiotika-Konzentrations-Zeit-Profil am Wirkort garantieren sollte.

Abbildung 3:
zeigt eine nahezu vollständige Serum-Muskel-Äquilibrierung von Piperacillin in gesunden Probanden (linkes Diagramm); davon abzugrenzen sind intensivpflichtige Patienten (rechtes Diagramm), wo es zu unvollständiger Serum-Muskel-Äquilibrierung kommt. Die Konzentrationen im Muskelgewebe sind etwa viermal geringer als im Serum.

Abbildung 4:
In vivo-PK-In vitro-PD-Simulation: Eradikations-Zeit-Diagramme für Pseudomonas aeruginosa (minimale Hemmkonzentration = 2 µg/ml für Levofloxacin) in Intensivpatienten. Die simulierten Levofloxacin-Konzentrationen basieren auf individuellen Konzentrations-Zeit-Profilen in Muskelgewebe und Serum.
Ordinate: Bakterienwachstum in Koloniebildenden Einheiten pro Milliliter (CFU/mL); Abszisse: Zeitverlauf in Stunden (h).

Mikrodialyse und pharmakokinetische (PK)-pharmakodynamische (PD) Modelle
PK-PD-Modelle ermöglichen die Beschreibung und Analyse pharmakokinetischer wie auch pharmakodynamischer Ereignisse und tragen substanziell zum Verständnis und Fortschritt der Wirkungsoptimierung eines Arzneimittels bei. PK-PD-Modelle hatten in der Vergangenheit große Euphorie ausgelöst und wurden zur Abschätzung der antimikrobiellen Effizienz eines Antiinfektivums genutzt, auf der basierend man wiederum Dosierungsempfehlungen erstellte (Abbildung 4).

Das Prinzip der PK-PD-Modelle basiert auf folgender Vorgangsweise: Bakterien werden in vitro einem dynamischen Konzentrations-Zeit-Profil ausgesetzt, welches in vivo im Interstitium des Zielorgans mittels Mikrodialyse bestimmt wurde. Man erhält dadurch bakterielle Wachstumshemmkurven und kann aus diesen Ergebnissen die erwartete Wachstumshemmung berechnen. Mittels computerunterstützter Kalkulation ist es möglich, das bakterielle Wachstum bzw. die Wachstumshemmung über die Zeit nach Einzelgabe bzw. nach wiederholter Gabe zu simulieren und präzise vorherzusagen.

Bildgebende nicht invasive Verfahren
Das Single-Photonen-Emissionstomogramm (SPECT), das Positronen-Emissionstomogramm (PET), die Magnetresonanztomographie (MRT) sowie die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) wurden ursächlich für klinisch diagnostische Verfahren konzipiert. Durch technische und radiochemische Fortschritte ist es gelungen, das Einsatzgebiet dieser Methoden im Hinblick auf pharmakokinetische Fragestellungen auszudehnen.

Eine sich zu vergegenwärtigende Limitation dieser nicht invasiven, bildgebenden Verfahren ist die Tatsache, dass die zu analysierende Substanz für einige dieser Methoden radioaktiv markiert werden muss. Weiters gilt es zu berücksichtigen, dass nicht zwischen der Muttersubstanz bzw. einem Metaboliten derselben diskriminiert werden kann. Nachteil dieser Methoden ist weiters, dass eine exakte Aufschlüsselung des Konzentrations-Zeit-Profils in einzelne Kompartimente nicht möglich ist, da lediglich die Analyse einer „region of interest“ durchgeführt werden kann.

Die Bestimmung der interstitiellen Arzneimittelkonzentration mittels Mikrodialyse und die Ermittlung der Gesamtgewebekonzentration in definierten Regionen durch bildgebende Verfahren wird in Zukunft eine profunde Kalkulation der intrazellulären Arzneimittelkonzentration erlauben. Nicht eine einzelne Methode, sondern die Kombination mehrerer Verfahren und Techniken, wie der kombinierte Einsatz von Mikrodialyse und bildgebenden Verfahren, lässt Antworten auf bisher offene Fragen der Pharmakokinetik erwarten.

Schlussfolgerungen und Perspektiven
Die Mikrodialysetechnik ist in der Forschung ein fixer methodischer Bestandteil geworden, deren Ergeb
nisse von unschätzbarem Wert für jeden Pharmakologen, aber auch für jeden klinisch tätigen Arzt sind. Mikrodialyseergebnisse und der daraus abgeleitete Wissensgewinn wurden in den klinischen Alltag transferiert und integriert und haben ein Umdenken sowohl in der Wahl als auch Dosierung des appropriatesten Antiinfektivums bewirkt.

Die Analyse der durch Mikrodialyse und computerunterstützte PK-PD-Modelle generierten Daten hat substanziell zum Verständnis der tatsächlichen Konzentration eines Antiinfektivums am Wirkort und der daraus erzielten antimikrobiellen Effizienz geführt. Vor allem in der pharmazeutischen Industrie im Rahmen der präklinischen und klinischen Prüfung eines Arzneistoffes ist man sich der Attraktivität derartiger Modelle bewusst und räumt Ergebnissen, welche durch die Nutzung von PK-PD-Modellen generiert werden, höchste Priorität und klinische Relevanz ein. Große Erwartungen liegen in der Kombination der Mikrodialyse mit bildgebenden Verfahren; ein methodischer Synergismus, der, obwohl noch in den Kinderschuhen steckend, auf revolutionären Informationsgewinn hoffen lässt.

 

Literatur:
beim Verfasser

Korrespondierender Autor:
Univ.-Prof. Dr. Christian Joukhadar
Univ.-Klinik für Klin. Pharmakologie,
Abt. für Klin. Pharmakokinetik
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: christian.joukhadar@meduniwien.ac.at

 

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