Enterobakteriazeen
und Pseudomonas aeruginosa sind wichtige Infektionserreger,
die sich in ihren biologischen Eigenschaften, ihrer Virulenz
und ihrer Epidemiologie wie auch in ihrer Empfindlichkeit gegenüber
Antibiotika beträchtlich unterscheiden. Beiden gemeinsam
ist allerdings ihre Bedeutung bei Krankenhausinfektionen.
Die
Familie der Enterobakteriazeen umfasst mehr als 20 Gattungen
mit einem Vielfachen an Arten. Durch den Einsatz molekularbiologischer
Methoden hat sich die Taxonomie dieser Bakterienfamilie in den
letzten Jahren beträchtlich verändert. Für klinische
Fragestellungen sind die Änderungen, die vor allem die
Gattungsnamen betreffen, von untergeordneter Bedeutung. Aus
praktischen Gründen jedoch sinnvoll ist es, die Enterobakteriazeen
hinsichtlich ihrer Pathogenität in 2 Gruppen zu unterteilen.
Zu den pathogenen Vertretern, also den Keimen, die auch beim
gesunden Menschen in der Regel Krankheit verursachen, gehören
die Gattungen Salmonella, Shigella und Yersinia. Die weitaus
größere Gruppe ist die der fakultativ pathogenen
Enterobakteriazeen, die Bestandteil der normalen Flora des Gastrointestinaltraktes
und anderer Körperbereiche sind und, wenn man von Ausnahmen
wie enterotoxigenen oder enterohämorrhagischen E. coli-Stämmen
absieht, üblicherweise nur ausserhalb ihres natürlichen
Standortes in normalerweise keimfreien Regionen des Körpers
Infektionen auslösen. Außerhalb des Krankenhauses
sind es vor allem Escherichia coli und seltener Proteusarten,
die als Erreger endogener Infektionen
(z.B. des Harntraktes) vorkommen, während bei nosokomialen
Infektionen die gesamte Palette der Gattungen und Arten nachgewiesen
werden kann. Neben E. coli und Proteus sind es im Krankenhaus
vor allem die Gattungen Klebsiella, Enterobacter, Citrobacter
und Serratia, die aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer Antibiotikaresistenz
Bedeutung haben.
Pseudomonas
aeruginosa ist normalerweise kein Bestandteil der gastrointestinalen
Flora, kann sich jedoch bei Antibiotikabehandlung temporär
im Körper ansiedeln. Pseudomonaden sind opportunistische
Krankheitserreger, d.h. solche, die eine Infektion nur bei schwer
abwehrgeschwächten Patienten oder bei massiver traumatischer
Einbringung ins Gewebe auslösen können.
Resistenzentwicklungen
sind sowohl bei Enterobakteriazeen als auch bei Pseudomonas
aeruginosa von Bedeutung. Multiresistenzen sind bei Shigellen,
Salmonella typhi und enteritischen Salmonellen in Asien,
Lateinamerika und anderen Entwicklungsländern häufig
zu beobachten. In Europa kommen in erster Linie importierte
Infektionen mit solchen multiresistenten Erregern vor. Bei Salmonellen
der Enteritisgruppe besteht allerdings die Gefahr, dass sich
von eingeschleppten Stämmen ausgehend, die Resistenz über
die Nahrungskette epidemisch ausbreitet. Bei E. coli
nimmt die Resistenz gegenüber Fluorochinolonen und Aminoglykosiden
sowohl innerhalb als auch außerhalb des Krankenhauses
beträchtlich zu. Ähnliches gilt, wenn auch
auf niedrigerem Niveau, für Drittgeneration-Cephalosporine.
Bei nosokomialen Infektionen sind es meist resistente Stämme
der verschiedenen Gattungen, die durch die Verwendung von Antibiotika
selektiert wurden und durch Kreuzkontamination von einem auf
den anderen Patienten weitergegeben werden können. Die
wichtigsten Entwicklungen sind die zunehmende Resistenz gegen
Beta-Laktam-Antibiotika, hervorgerufen durch eine ständig
wachsende Gruppe von Beta-Laktamasen, heute vor allem ESBL,
ampC und im Vormarsch begriffen Carbapenemasen, die Fluorochinolonresistenz,
deren Mechanismus Mutationen in den Genen sind, die für
die bakteriellen Topoisomerasen kodieren, und die Resistenz
gegen Aminoglykoside, meist hervorgerufen durch enzymatische
Inaktivierung oder durch verminderten aktiven Transport. Die
Bedeutung der Aminoglykoside für die Therapie ist allerdings
heute sehr eingeschränkt, sodass Resistenzphänomene
hier klinisch nicht so sehr zum Tragen kommen. Weitere Resistenzmechanismen,
die eine zunehmende Bedeutung haben, sind Effluxpumpen, die
Antibiotika aktiv aus der Zelle ausschleusen, und Permeabilitätsbarrieren,
die durch Veränderung oder Verlust von Porinen in der äußeren
Membran zustande kommen.
Pseudomonas aeruginosa ist von Natur aus gegen eine
Vielzahl von Antibiotika unempfindlich. Darüber hinaus
findet eine Resistenzentwicklung im Vergleich zu Enterobakteriazeen
sehr viel rascher, auch unter Therapie, statt. Meist ist es
ein komplexes Zusammenspiel
verschiedener Resistenzmechanismen wie Beta-Laktamasen, Effluxpumpen,
Mutationen in den Genen, die für Porine kodieren und Veränderungen
der Topoisomerasen, die gemeinsam zur Ausprägung von Resistenzen
führen. Bei Pseudomonas aeruginosa sind es vor
allem kleinräumige Resistenztrends innerhalb eines Krankenhauses
oder einer Abteilung, hier besonders in den Intensivstationen.
Bei den Enterobakteriazeen sind sowohl großräumige
bei den ausserhalb des Krankenhauses erworbenen Infektionen
als auch kleinräumige Trends bei nosokomialen Infektionen
zu verzeichnen.
Daten
aus Österreich zur Resistenzentwicklung sind in verschiedenen
Quellen zu finden. Es handelt sich dabei einerseits um Untersuchungen,
die in Österreich durchgeführt wurden, andererseits
um internationale Studien, an denen österreichische Laboratorien
beteiligt waren. Bei letzteren sind in den Publikationen die
österreichischen Daten nicht immer gesondert angeführt,
sodass ein Rückschluss auf die Resistenzlage in Österreich
nur bedingt und oft nur rudimentär möglich ist. Die
Resistenzquoten aus diesen Studien sind nicht über die
Jahre hin vergleichbar, da unterschiedliche Test-Standards und
Grenzwerte für die Resistenzklassifizierung verwendet wurden.
Vor einigen Jahren wurde von den mikrobiologischen Laboratorien
beschlossen, die NCCLS-Standards in Österreich durchgehend
einzusetzen, was zu einer Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit
der Ergebnisse geführt hat. Durchgehende Resistenzdaten
für Indikatorkeime gibt es flächendeckend erst, seitdem
im Jahr 2000 die Erhebung von Resistenzdaten für EARSS
(European Antimicrobial Resistance Surveillance System) begonnen
wurde. Bei den Enterobakteriazeen sammelt EARSS Daten von invasiven
Escherichia coli-Stämmen. Durch ein standardisiertes
Protokoll ist es möglich, die Resistenzdaten mit denen
anderer europäischer Länder zu vergleichen. Klebsiella
spp. und Pseudomonas aeruginosa werden ab dem
Jahr 2006 in die Datenbank aufgenommen. Im Folgenden sollen
exemplarisch einige ausgewählte Ergebnisse aus Untersuchungen
zur Resistenzlage in Österreich präsentiert werden.
Mittermayer
et al. [1] haben 1982/83 die Resistenz von Blutkulturisolaten
gegenüber 4 Aminoglykosid-Antibiotika im Untersuchungsmaterial
von 4 Laboratorien in Linz, Wien, Graz und Feldkirch untersucht.
In 2 weiteren Untersuchungen wurden Daten bis 1988 erhoben und
mit den im Rahmen einer internationalen Studie für Österreich
erhobenen Ergebnissen verglichen [2, 3]. Die Resistenzquoten
waren in der Untersuchungsperiode 1982/83 für alle Gram-negativen
Bakterien (Enterobakteriazeen und Nonfermenter [in der Studie
nur Pseudomonas aeruginosa]) für Gentamicin und
Tobramycin bei 12,8 bzw. 11,0% und
bei Netilmicin und Amikacin 8,3 bzw. 3,7%. Erwartungsgemäß
waren bei E. coli die Resistenzquoten mit jeweils 2,2%
für Gentamicin und Tobramycin am niedrigsten, während
bei den Nonfermentern die Resistenzquoten am höchsten lagen
(Gentamicin und Tobramycin 25%, Amikacin 5%), die anderen Enterobakteriazeen
lagen im mittleren Bereich. 5,5% der untersuchten Stämme
wiesen eine Resistenz gegen eines der 4 getesteten Antibiotika
auf, 11,8% gegen 2 oder mehrere. Zwischen den drei Untersuchungsperioden
(die zusätzlichen waren 1984/85 und 1987/88) waren bei
Tobramycin und Amikacin Schwankungen zu verzeichnen, die allerdings
kein einheitliches Bild in Richtung eines Trends nach oben oder
unten ergaben (Tab. 1). Es wurden auch Unterschiede
in den Resistenzquoten zwischen den Laboratorien beobachtet.
In
den Jahren 1987 und 1988 wurden von Mitgliedern der European
Study Group on Antibiotic Resistance (ESGAR) ca. 2.200 Gram-negative
Stäbchen aus Blutkulturen gesammelt und auf ihre Empfindlichkeit
gegen verschiedene Antibiotika getestet [4]. Österreich
war mit 150 Stämmen an dieser Untersuchung beteiligt. In
den einzelnen Ländern wurden sehr unterschiedliche Resistenzquoten
erhoben. Wie auch in anderen Untersuchungen waren die Resistenzquoten
im Allgemeinen niedrig in Nordeuropa, im mittleren Bereich in
Zentraleuropa und
hoch in Südeuropa. Für Österreich lagen die Werte
in den meisten Fällen im oder unter dem Bereich der jeweiligen
Mittelwerte der Resistenzen. Lediglich bei der Resistenz von
Pseudomonas aeruginosa gegenüber Imipenem waren
in Österreich höhere Werte zu verzeichnen (Tabelle
2).
Die
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie führt
seit 1975 regelmäßig Resistenzstudien durch, an denen
sich Labors aus Deutschland, der Schweiz und Österreich
beteiligen. Ergebnisse dieser Untersuchungen sind publiziert
[5, 6, 7, 8]. DieTeilnehmer erhalten eine detaillierte Auswertung,
die auch lokale und regionale Resistenzdaten enthält. Die
Ergebnisse der neueren Untersuchungen sind im Internet verfügbar
(http://www.p-e-g.org).
In einer dieser Untersuchungen [5] wurde festgestellt, dass
sich die Häufigkeit der Nalidixinsäureresistenz
bei Enterobakteriazeen als Hinweis auf eine erste Mutation in
den Topoisomerasegenen zwischen 1975 und 1986 nicht verändert
hat, obwohl in dieser Zeit die Fluorochinolone neu eingeführt
und dann auch häufig verwendet wurden. Die Resistenzquoten
bei Enterobakteriazeen gegenüber Ciprofloxacin lagen 1983
bei 0,3% und 1986 bei 0,1%, bei Pseudomonas aeruginosa
bei 0,7 bzw. 1,0%. Die Nalidixinsäureresistenz als Vorläufer
einer Fluorochinolonresistenz war in den einzelnen Untersuchungsstellen
unterschiedlich von null bis zu einem Spitzenwert von 12,1%
(in einem Labor in Österreich). Einige Jahre später
[7] waren in Österreich 0,5% der E. coli-Stämme
resistent gegen Ciprofloxacin bei Werten von 0 - 1,6% in anderen
europäischen Ländern, und bei Pseudomonas aeruginosa
bei 10% mit Ergebnissen aus anderen Ländern zwischen
0 und 43,3%. Letztere Untersuchung war ein Gemeinschaftsprojekt
der Arbeitsgruppe Resistenz der Paul-Ehrlich-Gesellschaft mit
ausgewählten Laboratorien anderer europäischer Länder.
Weitere Daten der PEG zeigen, dass zwischen den Untersuchungen
der Jahre 1990 und 2001 bei E. coli ein Anstieg der
Ciprofloxacin-Resistenz von 0,2 auf 14,5% stattgefunden hat.
Bei Pseudomonas aeruginosa war eine Erhöhung von
6,4 auf 15,3% zu verzeichnen (für detaillierte Daten: http://www.p-e-g.org).
Auch
andere internationale Studien wie das SENTRY-Projekt enthalten
Daten aus Österreich. Als Beispiel sei eine Untersuchung
über die Aminoglykosid-Resistenz in Europa angeführt
[9]. Die Ergebnisse zeigen, dass in Österreich im Vergleich
zu den früheren Untersuchungen keine Resistenzsteigerung
bei Aminoglykosiden stattgefunden hat (Tabelle
3). Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass aufgrund
der geringen Zahlen aus den einzelnen Ländern eine größere
statistische Schwankungsbreite einkalkuliert werden muss.
Tabelle 1: Resistenz (%) gegen
Aminoglykoside bei Gram-negativen Bakterien aus Blutkulturen
bei 3 Untersuchungen 1982-1988 [3]
|
Gentamicin |
Tobramycin |
Netilmicin |
Amikacin |
Periode |
I |
II |
III |
I |
II |
III |
I |
II |
III |
I |
II |
III |
E.
coli |
2,2 |
5,9 |
3,8 |
2,2 |
5,9 |
2,5 |
0 |
0 |
1,3 |
5,0 |
0 |
2,5 |
Alle* |
12,8 |
14,4 |
12,4 |
11,0 |
7,8 |
6,8 |
8,3 |
6,7 |
8,7 |
3,7 |
1,1 |
7,5 |
I
= 1982/83 II
= 1984/85 III
= 1987/88
* alle Gram-negativen Bakterien (Enterobacteriaceae
und P. aeruginosa) |
Tabelle
2: ESGAR: Resistenz (%) gegen ß-Laktam-Antibiotika
und Ciprofloxacin bei Gram-negativen Bakterien aus Blutkulturen;
Ergebnisse aus Österreich [4]
|
Alle
Gram-negativen |
E.
coli |
P.
aeruginosa |
|
Österreich |
MW* |
Österreich |
MW** |
Österreich |
MW** |
Piperacillin |
Cefazolin |
Cefotaxim |
Ceftazidim |
Imipenem |
Ciprofloxacin |
|
|
|
|
|
|
|
*)
Mittelwert aus allen Ländern **)
Mittelwert Zentraleuropa
|
Tabelle
3: SENTRY-Projekt: Resistenz (%) gegen Aminoglykosid-Antibiotika,
Ergebnisse aus Österreich [9]
|
E.
coli |
Klebsiella
spp. |
P.
aeruginosa |
|
Österreich |
alle |
Österreich |
alle |
Österreich |
alle |
Gentamicin |
Tobramycin |
Amikacin |
|
|
|
|
|
|
|
|
Eine
österreichische Arbeitsgruppe hat von November 1996 bis
Mai 1997 die Aktivität neuerer Beta-Laktam-Antibiotika
gegen Enterobakteriazeen und Non-Fermenter auf Intensivstationen
untersucht [10]. An dieser Untersuchung beteiligten sich 9 Laboratorien.
Der am häufigsten isolierte Keim war Pseudomonas aeruginosa,
gefolgt von E. coli, Klebsiella spp., Enterobacter
spp. und Acinetobacter spp. Meropenem, Imipenem
und Ceftazidim waren die wirksamsten Antibiotika, die 90%, 89%
und 87% der Isolate hemmten. Bei Pseudomonas aeruginosa
war Piperacillin/Tazobactam, gefolgt von Cefepim und Ceftazidim
am wirksamsten (89%, 87% und 85%). Imipenem, Meropenem und Cefpirome
waren hier weniger wirksam (79%, 75% und 69%). Bei E. coli
lagen die Resistenzquoten insgesamt niedrig. Erwartungsgemäß
waren in dieser Untersuchung die Carbapeneme insgesamt die wirksamsten
der getesteten Antibiotika. Allerdings fiel eine hohe Carbapenem-Resistenz
bei Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter spp.
auf, was nach Ansicht der Autoren den hohen Verbrauch der Carbapeneme
in den vorangegangenen Jahren widerspiegelt.
Das
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin am
Krankenhaus der Elisabethinen Linz hat als nationale Referenzzentrale
für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz 2
Untersuchungen (2003) zur Prävalenz von ampC und ESBL und
zur Resistenz gegen verschiedene Antibiotika bei Enterobakteriazeen
durchgeführt (Studienleitung Dr. Crista Jebelean). In die
eine Untersuchung wurden Blutkulturisolate aus ganz Österreich
einbezogen, in der anderen wurden Stämme aus verschiedenen
Materialien, die in Intensivstationen in Oberösterreich
gesammelt wurden, untersucht. Insgesamt wurden die Resistenzdaten
von mehr als 800 Keimen ausgewertet. Die Resistenz gegen Drittgeneration-Cephalosporine
war in den beiden Untersuchungen unterschiedlich. Bei der Blutkulturstudie
wiesen 7% der Stämme eine Resistenz auf, davon 5% durch
ein ampC-Enzym und 2% durch eine ESBL. Erwartungsgemäß
lag der Prozentsatz der resistenten Stämme auf Intensivstationen
höher (13%, davon 8% ampC und 5% ESBL). Auffallend war
vor allem bei der Blutkulturstudie der mit 12% hohe Anteil an
Ciprofloxacin-resistenten Stämmen. Die Stämme auf
den Intensivstationen wiesen trotz höherer Resistenz bei
Drittgeneration-Cephalosporinen eine niedrigere Resistenzquote
(7%) bei Ciproxin auf. Resistenz gegen Drittgeneration-Cephalosporine
und Ciproxin waren häufig vergesellschaftet, sodass bei
vielen Stämmen als therapeutische Alternative
nur ein Carbapenem in Frage kam.
Für
die Beurteilung lokaler und regionaler Trends in der Antibiotikaresistenz
eignen sich auch Daten aus Laboratorien, die eine Versorgungsfunktion
für mehrere Krankenhäuser und für niedergelassene
Ärzte haben. Als Beispiel seien dafür einige Daten
aus dem Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin
des Krankenhauses der Elisabethinen Linz angeführt (Tab.
4 und 5). Es zeigt sich, dass vor allem
bei E. coli, aber auch bei anderen Enterobakteriazeen
der Anteil der Fluorochinolon-resistenten Stämme von 1999
bis 2005 deutlich angestiegen ist. Dies steht in Übereinstimmung
zu den bereits früher erwähnten Ergebnissen und auch
zu den Daten, die bei EARSS erhoben wurden (siehe dort). Bei
Aminoglykosiden sind keine wesentlichen Veränderungen zu
verzeichnen gewesen. Der Anteil der Stämme mit ESBL liegt
bei E. coli unter 1% mit einem geringfügigen Anstieg
über die Jahre, bei Klebsiellen bei 2,2%, wobei bis zum
Jahre 2003 ein Anstieg erfolgte und seither nur geringe Veränderungen
zu verzeichnen waren. Deutlich angestiegen ist der Anteil der
Stämme mit ampC in der Gruppe Enterobacter, Serratia und
Citrobacter, der jetzt etwa 11% ausmacht. Die Ergebnisse bei
Pseudomonaden sind insgesamt schwankend, was die kleinräumige
Epidemiologie bei Besiedlungen und Infektionen mit diesem Keim
widerspiegelt. Die Fluorochinolonresistenz hat seit
1999 eher eine Tendenz zum Rückgang gezeigt, ebenso die
Resistenz gegenüber Imipenem, Piperacillin und Tobramycin.
Es bestehen allerdings zwischen den verschiedenen einsendenden
Krankenhäusern zum Teil beträchtliche Unterschiede
in den Resistenzquoten gegenüber den einzelnen Antibiotika.
Tabelle 4: Resistenz (I+R%)
gegen Fluorochinolone bei Enterobakteriazeen 1999-2005.
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin,
Krankenhaus der Elisabethinen Linz
|
1999 |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
2005* |
E.
coli |
Klebsiella
spp. |
Enterobacter/Serratia/Citrobacter |
|
|
|
|
|
|
|
|
*
2005 1. Halbjahr |
Tabelle
5: Resistenz (%) gegen Fluorochinolone, Tobramycin,
Azlocillin/Piperacillin, Ceftazidim und Imipenem bei Pseudomonas
aeruginosa 1999-2005. Institut für Hygiene,
Mikrobiologie und Tropenmedizin, Krankenhaus der Elisabethinen
Linz
|
1999 |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
2004 |
2005* |
Fluorochinolone |
Tobramycin |
Azlo-/Piperacillin |
Ceftazidim |
Imipenem |
|
|
|
|
|
|
|
|
*
2005 1. Halbjahr |
|
Österreich
arbeitet seit 1998 am europäischen Surveillance-Netzwerk
EARSS mit. Nach einer Pilotphase werden seit dem Jahre 2000
Resistenzdaten an die Studienzentrale gemeldet. EARSS wurde
auf Empfehlung eines wissenschaftlichen Gremiums der Europäischen
Union ins Leben gerufen und wird von der Generaldirektion für
öffentliches Gesundheitswesen und Verbraucherschutz der
Europäischen Kommission unterstützt. Europaweit sind
30 Länder mit mehr als 800 Laboratorien und über 1.000
Spitälern in das Netzwerk eingebunden. In Österreich
beteiligen sich 34 Laboratorien, die insgesamt mehr als 110
bettenführende Krankenanstalten versorgen, freiwillig an
der EARSS-Datenmeldung. Dies entspricht einem Erfassungsgrad
von rund 80% aller Krankenhausaufnahmen. EARSS arbeitet ausschließlich
mit Routinedaten, die nach einem gemeinsamen Protokoll erhoben
werden. Diese erlaubt die kontinuierliche Erfassung der Resistenzsituation
bei vertretbaren
Kosten. Eine gemeinsame Qualitätskontrolle sichert die
Validität der erhobenen Daten. Es werden ausschließlich
Keime von invasiven Infektionen einbezogen (Blutkulturen, Liquor).
Damit ergibt sich auch eine einheitliche klinische Bewertung,
da sich im Allgemeinen nicht die Frage nach Kolonisation oder
Infektion stellt. Bei den Enterobakteriazeen liegen
Ergebnisse für E. coli vor (Abbildung
1). Auffallend ist der dramatische Anstieg der Fluorochinolonresistenz
von 7% im Jahre 2001 auf 19,8% im ersten Halbjahr 2005. Auch
bei den Drittgeneration-Cephalosporinen ist ein Resistenzanstieg
von 0,4 auf jetzt 4% zu verzeichnen. Dies ist insofern auch
bemerkenswert, da es sich bei E. coli nicht wie bei
Klebsiella
um den hauptsächlichen Träger von ESBL-Resistenzen
handelt. Würde man die Daten auf Klebsiellen extrapolieren,
so wären insgesamt deutlich höhere Resistenzquoten
zu erwarten. Bei Aminoglykosiden, deren klinische Bedeutung
allerdings wesentlich zurückgegangen ist, war ebenfalls
ein Anstieg der unempfindlichen Stämme von 1,9 auf 6,6%
zu beobachten. Ampicillin, das lediglich als allgemeiner Resistenzmarker
dient, weist von vornherein hohe Resistenzquoten auf, die sich
allerdings noch gesteigert haben. Die Daten können aus
dem Internet abgerufen werden (http://www.earss.rivm.nl).
Abbildung 1:
EARSS (European Antimicrobial Resistance Surveillance
System): Resistenz (%) gegen Drittgenerations-Cephalosporine,
Aminoglykoside und Fluorochinolone bei E. coli-Stämmen
aus Blutkulturen in Österreich 2001-2005
|
Aus
den vorgestellten Daten lassen sich wichtige Informationen über
die Resistenztrends bei Enterobakteriazeen und Pseudomonas
aeruginosa in den letzten Jahren ablesen. Während
in den 1980ern und Anfang der 1990er wenig Veränderungen
zu verzeichnen waren – hier muss allerdings auch die relativ
geringe Dichte der Daten berücksichtigt werden –,
hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Dynamik in der
Resistenzentwicklung ergeben. An der Spitze dieser Entwicklung
steht der dramatische Anstieg der Fluorochinolonresistenz bei
Enterobakteriazeen, der sich aus allen verfügbaren Datenquellen
nachvollziehen lässt. Lokale und regionale Unterschiede
bestehen zwar in der Höhe der Prozentsätze, nicht
jedoch im Trend nach oben. Auch Resistenzen gegen Drittgeneration-Cephalosporine
nehmen zu, wenn gleich ausgehend von einem wesentlich geringeren
Niveau. Trotz der deutlich zurückgegangenen Verwendung
von Aminoglykosiden in der Infektionsbehandlung scheinen die
Resistenzquoten nicht zu stagnieren. Die klinische Bedeutung
dieses Phänomens ist allerdings wesentlich geringer als
die des Anstiegs der Fluorochinolonresistenz. Bei Pseudomonas
aeruginosa ist die Situation uneinheitlich. Die Resistenzquoten
liegen von vornherein
höher und sind vor allem durch die lokalen Verbrauchsgewohnheiten
bei Antibiotika und die nosokomiale Übertragung vor allem
auf Intensivstationen beeinflusst. Aus den Daten lässt
sich jedoch ablesen, dass eine sichere Behandlung von Pseudomonasinfektionen
ohne Kenntnis der lokalen Resistenzdaten und gegebenenfalls
des individuellen Antibiogramms nicht vorstellbar ist.
Die
Dynamik der Resistenzentwicklung macht Interventionen dringend
nötig. Bei der Resistenz gegen Fluorochinolone ist es nicht
allein die Verwendung dieser Antibiotika im Krankenhaus, sondern
vielmehr die im ambulanten Bereich, durch die die Resistenzquoten
in die Höhe getrieben werden. Wenn darüber hinaus,
wie bei nosokomialen Infektionen auch, eine Keimübertragung
stattfindet, sind weitere Resistenzanstiege unausweichlich.
Wenngleich auch bei anderen Antibiotika der Resistenztrend nach
oben geht, so scheinen doch vor allem bei Fluorochinolonen wirksame
Maßnahmen vordringlich. Wir werden, wenn wir diese Daten
ernst nehmen, um Kampagnen, die für einen sinnvollen und
kritischen Einsatz von Chinolonen und für eine ernstere
Beschäftigung mit der Krankenhaushygiene werben, nicht
umhin kommen.
Es wird unsere Aufgabe für die Zukunft sein, die Wirksamkeit
der Antibiotika, an deren Entwicklung und Einführung in
die Therapie unser Jubilar Prof. Karl Hermann Spitzy so maßgeblichen
Anteil hatte, zu erhalten, damit wir zu Recht als seine Erben
bezeichnet werden können.
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