Zum
Wert der Hirnbiopsie bei entzündlichen Erkrankungen |
B. Richling
Univ.-Klinik für Neurochirurgie, Christian-Doppler-Klinik
Salzburg
(Vorstand: Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Richling) |
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Die
Hirnbiopsie bei entzündlichen Erkrankungen ist ein kontroversiell
diskutiertes Thema. Es ist dabei vor allem wichtig, das Für
und Wider gegeneinander abzuschätzen. Das Hauptargument
für die Hirnbiopsie ist der diagnostische Zugewinn an Informationen,
speziell bei einer schwierigen Entscheidung, oder wenn alle
anderen Verfahren versagt haben. Das Gegenargument ist vor allem
die chirurgische Invasivität, auch wenn heute in erster
Linie minimal invasive Techniken zum Einsatz kommen. Es besteht
ein Blutungsrisiko, vor allem bei gefäßreichen Arealen
oder bei Gerinnungsproblemen des Patienten. Daher wird in allen
Fällen nach der Biopsie ein postoperatives CT angefertigt.
Es besteht auch die Gefahr einer Ödembildung, von Anfällen
oder der Verschleppung des Infektes. Die Auswertung des Biopsiematerials
gestaltet sich ebenfalls oft schwierig. Der Wert der Hirnbiopsie
wird auch ganz entscheidend von der Geschwindigkeit und der
Qualität der Schnellschnitt-Untersuchung bzw. Zytologie
bestimmt, da ein schneller und aussagekräftiger Befund
das Vorgehen des Operateurs entscheidend mitbestimmt.
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Hauptindikationen
Eine der
wichtigsten Hauptindikationen bei entzündlichen ZNS-Erkrankungen
ist die Herpes-simplex-Encephalitis. Es gibt eine Reihe von
Voruntersuchungen, welche die Notwendigkeit zur Biopsie eingrenzen.
Dazu gehören CT- bzw. MRT-Untersuchungen mit den klassischen
Veränderungen im Temporallappen (möglicherweise
mit Ausbreitung nach frontal) und der typische Temporallappenherd
im EEG. Eine Bestimmung der Antikörper im Liquor ist
im Akutfall nicht hilfreich, da der Titeranstieg erst nach
etwa 14 Tagen erfolgt. Die stereotaktische Hirnbiopsie sollte
nicht grundsätzlich, sondern nur in fraglichen Fällen
und nicht später als 48 Stunden nach Einleitung einer
antiviralen Therapie erfolgen. Wichtig ist jedoch, dass die
antivirale Therapie rasch, möglichst vor dem Auftreten
neurologischer Schäden einsetzen muss. Das Zuwarten auf
das bioptische Ergebnis ist daher nicht sinnvoll. Weitere
Indikationen sind die granulomatöse chronische Meningitis,
Zoster-Leukenzephalopathie, zerebrale Infekte bei Patienten
mit Immundefiziten und eventuell die Jakob-Creutzfeldt-Erkrankung.
Letztere sollte nur im Ausnahmefall durchgeführt werden,
da die Vernichtung der Prionen ein Problem darstellt –
normales Autoklavieren reicht hier nicht aus.
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Vorgehen
Zunächst
müssen alle nicht-invasiven diagnostischen Verfahren durchgeführt
und deren Aussagen als nicht ausreichend definiert worden sein.
Vor dem Eingriff muss anhand der bildgebenden Verfahren das
Ziel ausgewählt werden. Bei multifokaler Ausprägung
wird der am besten erreichbare Herd bzw. bei laufender Therapie
jener Herd, der bisher nicht auf die Behandlung angesprochen
hat, ausgewählt. Eine offene Biopsie ist sinnvoll bei oberflächlichen
Herden mit mehreren Zielen, eine Nadelbiopsie wird bei tiefen
Zielen angewendet.
Entscheidend für ein erfolgreiches Vorgehen ist auch eine
entsprechende Kommunikation mit den zuweisenden Stellen. Auf
jeden Fall ist die Hirnbiopsie bei entzündlichen Erkrankungen
eine eher seltene Aktion. Bei jährlich etwa 200 operierten
Tumoren sind 25-30 Biopsien nötig, nur 2-3% werden wegen
infektiöser Erkrankungen durchgeführt. Das ist vor
allem auf die Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren, die
eine Hirnbiopsie bei Infektionen unnötig machen, zurückzuführen.
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Anschrift
des Referenten:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Richling
Univ.-Klinik für Neurochirurgie
A-5020 Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 79
E-Mail: b.richling@salk.at
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