Wundklassifikation
und Bewertungskriterien |
D. Stengel
Chirurgische Universitätsklinik, Abteilung für Unfall-
und Wiederherstellungschirurgie, Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Greifswald, Berlin
(Leiter: Prof. Dr. med. A. Ekkernkamp) |
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Die
Klassifikation des Schweregrades des diabetischen Fußsyndroms
ist sowohl für die differenzierte Therapie (diagnostische
Ebene) als auch für Aussagen zum Outcome (prognostische
Ebene) entscheidend. Auch für wissenschaftliche Fragestellungen
ist eine präzise Klassifikation wichtig, um Rückschlüsse
auf den Wert einer Behandlung ableiten zu können.
Die Validierung einer Klassifikation ist anspruchsvoll –
es stellt sich immer die Frage, ob das Instrument misst, was
es zu messen vorgibt. Hierfür müssen die Genauigkeit
und Präzision einer Klassifikation in einer unabhängigen
Validierungs-Stichprobe unter Anwendung eines Referenzstandards
überprüft werden. Getestet werden muss auch die Varianz
zwischen verschiedenen Beobachtern und zwischen verschiedenen
Zeitpunkten. Dabei darf aber auch die klinische Praktikabilität
nicht zu kurz kommen. |
Validierung notwendig
Die verschiedenen
Klassifikationen beim diabetischen Fußsyndrom sind allesamt
unzureichend evaluiert. Am besten verwendbar erscheint noch
die Wagner-Klassifikation mit Texas-Modifikation (Tabelle
1). Dieses ist, so wie die SAD-Klassifikation (Sepsis-Arteriopathie-Denervierung)
[1] oder der DEPA-Score (Depth-Extent-Phase-Associated etiology)
[2] multi-dimensional (Tabelle 2 und 3).
Das neuere, eindimensionale PEDIS [3] erscheint zwar auf den
ersten Blick praktikabel, ist aber ebenfalls nicht validiert.
Außerdem sollte die Reduktion multidimensionaler Graduierungen
auf eine eindimensionale Skala nur nach formaler Prüfung
auf Validität, Reliabilität und Empfindlichkeit
erfolgen. Es stellt sich die Frage, warum etablierte Scores
nicht zunächst rigoros getestet werden, bevor eine neue
Klassifikation entwickelt wird.
Tabelle
1: Wagner-Klassifikation mit Texas-Modifikation
Tabelle
2: DEPA-Score [1]
Tabelle
3: SAD-Score [2]
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Pragmatische Interventionsstudien gefordert
Der
eklatante Mangel an Interventionsstudien zur Therapie des diabetischen
Fußsyndroms erfordert die konzertierte Aktion: Nötig
sind Studien mit hoher Fallzahl zur Erhöhung der Schätzpräzision,
ohne Stratifizierung, insbesondere bei Patienten mit infizierter
diabetischer Fußläsion und Osteomyelitis (Texas-Wagner
3),
sowie strikte Festlegung der Therapiedauer und der Interventionen.
Anzustreben ist ein möglichst einfacher Aufbau mit minimaler
Dokumentation, eindeutigem primären Studienendpunkt (z.B.
Unterschenkelamputation) und gesundheitsökonomisch relevanten
sekundären Endpunkten (QALY/DALY) [4].
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Literatur:
1.
Younes NA. J Foot Ankle Surg 2004; 43:209-213. |
2.
Treece KA. Diab. Med 2004; 21:987-991. |
3.
Lipsky BA et al. Clin Infect Dis 2004; 39:885-910. |
4.
Quality-adjusted life years / disability-adjusted life years |
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Anschrift
des Referenten:
Dr. med. Dirk Stengel, MSc(Epi)
Abteilung für Klinische Epidemiologie, Klinik für Unfall-
und Wiederherstellungschirurgie, Unfallkrankenhaus Berlin
D-12683 Berlin, Warener Straße 7
E-Mail: stengeldirk@aol.com
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