Stadiengerechte antimikrobielle Therapie beim diabetischen Fuß

W. Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, Medizinische Universität Wien
(Leiter: Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger)

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Alle 30 Sekunden wird weltweit eine Amputation auf Grund von Diabetes mellitus durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Diagnose des Diabetes mellitus haben 10% der Betroffenen bereits eine Neuropathie bzw. eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Es ist daher unbedingt nötig, neben der Ulkusbehandlung auch für eine optimale Einstellung des Diabetes zu sorgen.

Infektionen von diabetischen Fußläsionen entstehen durch eine komplexe Pathogenese, haben eine polymikrobielle Ätiologie und stellen ein erhebliches Risiko für Sepsis und Amputationen dar (Abbildung 1). Ein Problem ist die gegenseitige Beeinflussung von Diabetes und Infekten, denn eine Entgleisung des Diabetes begünstigt eine Infektion und umgekehrt.

Abbildung 1:


Behandlungsziel und Diagnostik

Das Behandlungsziel beim infizierten diabetischen Fuß muss in der Verhinderung von Osteomyelitis, von systemischer Entzündung und von Amputation bestehen. Das kann aber nur mit einer fachübergreifenden Therapie durch Internisten, Angiologen, Radiologen, Orthopäden, Mikrobiologen und Chirurgen erreicht werden. Die Behandlung eines diabetischen Ulkus ist vielschichtig und umfasst chirurgische Tätigkeiten, wie Druckentlastung, Nekrosenentfernung und Bypass, sowie antimikrobielle Therapien, Wachstumsfaktoren, Optimierung der Insulineinstellung, Maßnahmen zur Durchblutungsförderung und natürlich auch eine adäquate Patientenschulung.

Die Diagnose einer Infektion bereitet bei diabetischen Fußläsionen mitunter Probleme. Es gelten die klassischen Zeichen der Infektion: Erythem, Ödem, Schmerz, Hyperämie, Funktionsverlust und eitrige Sekretion, man darf aber nicht vergessen, dass infolge der Neuropathie bei vielen Diabetikern die Schmerzempfindung reduziert ist. Auch die richtige Technik zur Gewinnung von Material für die mikrobiologische Untersuchung gestaltet sich oftmals problematisch, da der Oberflächenkeim vielfach nur der Kolonisationskeim und nicht der Erreger ist. Man muss davon ausgehen, dass etwa 50% der bakteriellen Befunde sinnlos sind. Es sollten daher keine Abstriche von Oberflächen oder Fisteln entnommen werden, sondern immer eine Kürettage des Ulkusgrundes erfolgen. Außerdem ist auf ein richtiges Transportmedium zu achten.


Erregerspektrum und Therapiemöglichkeit

Die wichtigsten Erreger sind Gram-positive Aerobier, vor allem Staphylococcus aureus, aber auch Enterokokken sind von Bedeutung (Tabelle 1). Die Behandlungsdauer muss mindestens 2-3 Wochen betragen, in manchen Fällen sind deutlich längere antimikrobielle Therapien nötig. Bei Osteomyelitis ist eventuell eine Behandlung über Monate notwendig. Auf jeden Fall sollte die Therapie bis zur Abheilung des Ulkus, bis zum Sistieren der Fistelsekretion und bis zur Normalisierung der Entzündungsparameter weitergeführt werden. Die wichtigsten oralen und parenteralen Therapieschemata sind in den Tabellen 2a und 2b angeführt. Die PEDIS-Klassifikation (Perfusion, Extent, Depth, Infection, Sensation) versucht eine möglichst praxisnahe Einteilung des diabetischen Fußsyndroms wiederzugeben. Tabelle 3 zeigt eine stadiengerechte Auswahl von Antibiotika beim diabetischen Fußsyndrom.

Auf jeden Fall ist auf eine adäquate Penetration in die nekrotisch-entzündlichen Areale des diabetischen Fußes zu achten (Abbildung 2). Bei den Penemen ist Meropenem von Vorteil, da es einfacher und höher als vergleichbare Substanzen dosiert werden kann (2 x 2 g/Tag), Ertapenem muss die Wirksamkeit der einmal täglichen Dosis jedenfalls noch unter Beweis stellen. Bei den Gyrasehemmern besticht MoxifIoxacin durch das Spektrum, allerdings kann die Dosis nicht gesteigert werden.

Tabelle 1: Infektion beim diabetischen Fuß – Erregerhäufigkeit

Tabelle 2a: Orale Therapie bei Infektionen des diabetischen Fußes

Tabelle 2b: Parenterale Therapie bei Infektionen des diabetischen Fußes

Tabelle 3: Stadiengerechte antimikrobielle Therapie beim infizierten diabetischen Fuß

Abbildung 2 : Konzentrationen von Fosfomycin im Plasma und im Interstitium nach i.v. 200 mg/kg KG (Legat, ACC 2003)


Studie mit Fosfomycin

In einer Studie an 52 Patienten wurde Fosfomycin (2 x 8 g/Tag) beim infizierten diabetischen Fuß angewendet:
Inkludiert waren Patienten mit akuter, einseitiger, abszedierender Fußinfektion sowie Sekretion, Schwellung, Rötung, Fieber und Knochenbeteiligung (Schema Wagner-Amstrong >3B). Der Endpunkt war die Vermeidung einer Amputation. Nur 30 der 52 Patienten waren nicht vorbehandelt, 13 hatten bereits Clindamycin, 9 Ciprofloxacin und 7 Amoxicillin/Clavulansäure erhalten. Fosfomycin wurde bei 14 Patienten in Kombination mit Meropenem, bei 12 mit Amoxicillin/Clavulansäure, bei 10 mit Clindamycin, bei 4 mit Ceftriaxon und bei zwei zusammen mit Imipenem verabreicht. Nur in drei Fällen wurde eine Oberschenkel-, und in einem Fall eine Unterschenkelamputation notwendig. Bei 48 von 52 Patienten war der Erhalt einer belastungsfähigen unteren Extremität möglich.


Ambulante parenterale antimikrobielle Therapie

Infolge der langen Therapiedauer ist das infizierte diabetische Fußsyndrom für eine ambulante, parenterale, antimikrobielle Therapie (APAT) bestens geeignet. Neben einer deutlichen Kostenersparnis im Krankenhaus bietet dieses Therapiemanagement neben einer besseren Lebensqualität zusätzliche Vorteile wie eine verbesserte Compliance und den Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Für diese Therapieform kommen aus Gründen der Praktikabilität natürlich nur Substanzen in Frage, die in möglichst geringer Frequenz verabreicht werden müssen (z.B. Teicoplanin).

Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: wolfgang.graninger@meduniwien.ac.at

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