Schrittmachersonden-Endokarditis
durch Staphylococcus epidermidis mit konsekutiver
Pulmonalembolie |
K.B. Gattringer1,
E. Presterl1, W. Wisser2, W. Graninger1,
F. Thalhammer1
1 Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin.
Abt. für Infektionen und Tropenmedizin, Medizinische
Universität Wien
2 Univ.-Klinik für Chirurgie, Klin. Abt.
für Herz-Thoraxchirurgie, Medizinische Universität
Wien |
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Schlüsselwörter:
Herzschrittmacher, Schrittmachersonden-Endokarditis, Staphylococcus
epidermidis, transösophageale Echokardiographie |
Zusammenfassung
Eine
große Anzahl von Patienten besitzt einen permanenten Herzschrittmacher.
Eine Infektion der Schrittmachersonden ist sehr selten und betrifft
66% aller Schrittmacherinfektionen (Infektionen betreffen 0,13
– 19,9% aller Implantate). Der am häufigsten verantwortliche
Keim ist Staphylococcus epidermidis, der gut auf Kunststoffmaterial
wächst. Die Diagnose erfolgt durch Blutkulturen und transösophageale
Echokardiographie; die transthorakale Echokardiographie ist
oft inadäquat. Essenziell im Rahmen der Therapie sind die
komplette chirurgische Entfernung des infizierten Schrittmachersystems
und eine begleitende antimikrobielle Behandlung. Wir präsentieren
einen Fall von Schrittmachersonden-Endokarditis durch Staphylococcus
epidermidis, die zusätzlich eine septische Pulmonalembolie
verursacht hat. Der Patient wurde antimikrobiell mit Teicoplanin
behandelt. Aufgrund der Größe der thrombotischen
Vegetationen wurde das infizierte Schrittmachersystem im Rahmen
einer offenen Thorakotomie chirurgisch entfernt.
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Key-words:
pacemaker,
pacemaker lead endocarditis, Staphylococcus epidermidis,
transoesophageal echocardiography |
Summary
Patients
with a permanent pacemaker system are very common. Pacemaker
lead infection is a rare condition affecting 66% of all pacemaker
infections (infections occur in 0.13 – 19.9% of all implants).
The microorganism most responsible for lead infection is Staphylococcus
epidermidis, which can grow on plastic material. Diagnosis is
by blood cultures and transoesophageal echocardiography; transthoracic
echocardiography is often inadequate. Essential in therapy is
a complete extraction of the infected pacemaker system and a
concomitant antibiotic therapy. We present a case of pacemaker
lead infection due to Staphylococcus epidermidis, which
caused septic pulmonary embolism. The patient was treated with
teicoplanin. Thoracotomy with removal of the infected system
was performed because of the large dimensions of the vegetations
growing on the pacemaker leads. |
Einleitung
Es
gibt eine große Anzahl von Patienten, die einen permanenten
Herzschrittmacher benötigen. Diese liegenden Schrittmachersysteme
sind immer wieder mit schweren Infektionen, sei es Infektionen
der Schrittmachertasche oder Infektionen der Schrittmachersonden,
bis hin zur Schrittmachersonden-Endokarditis vergesellschaftet.
Die Inzidenz beträgt zwischen 0,13 und 19,9%, wobei ein
überwiegender Teil davon, nämlich 66%, Infektionen
der Schrittmachertasche sind [1, 2, 3].
Die häufigsten Erreger, die dabei eine Rolle spielen, sind
Staphylococcus aureus (vor allem Infektionen der Schrittmachertasche),
der meist eine frühe Infektion nach der Schrittmacherimplantation
(bis drei Monate post implantationem) verursacht, und Staphylococcus
epidermidis (vor allem Schrittmachersonden-Endokarditis),
der meist für späte Infektionen (ab sieben Monaten
post implantationem) verantwortlich ist [1, 2, 3].
Die Gesamtmortalität bezogen auf eine nachgewiesene floride
Schrittmachersondenendokarditis beträgt zwischen 20 und
24% [1, 2, 3].
Wir berichten nun über einen Fall von Schrittmachersonden-Endokarditis,
verursacht durch Staphylococcus epidermidis bei einem
51 Jahre alten männlichen Patienten, der an der Klinischen
Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Universitätsklinik
für Innere Medizin I, Allgemeines Krankenhaus Wien, in
Behandlung stand.
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Fallpräsentation
Zur
Aufnahme gelangte ein 51-jähriger männlicher Patient,
der seit vier Monaten nächtliche Fieberschübe mit
bis zu 40°C, Schüttelfrost, Nachtschweiß, Kopfschmerzen
und Gelenksschmerzen bot. Weiters klagte er über eine zunehmende
Belastungsdyspnoe. Anamnestisch bekannt war eine neun Jahre
zurückliegende Borrelieninfektion, bei deren Verlauf aufgrund
einer kardialen Mitbeteiligung ein höhergradiger AV-Block
die Implantation eines Herzschrittmachers (DDD) notwendig machte.
Nach neun Jahren wurde das erste Mal ein Generatortausch an
diesem liegenden Schrittmachersystem vorgenommen. Drei Wochen
nach diesem Eingriff begannen die oben erwähnten Fieberattacken.
Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme an unserer Abteilung
zeigten sich im Aufnahmelabor erhöhte Entzündungsparameter
(C-reaktives Protein 7,3 mg/dl (Normalwert > 0,5 mg/dl),
Leukozyten 12,4 G/l), ein erniedrigtes Serumeisen mit 38 µg/dl
und ein leicht erhöhtes D-Dimer von 0,73 µg/ml.
In vier unabhängig voneinander peripher abgenommenen Blutkulturen
wuchs Staphylococcus epidermidis, der im Antibiogramm
keinerlei Resistenzen zeigte.
Eine durchgeführte transösophageale Echokardiographie
zeigte an der Vorhof- und Ventrikelsonde des Herzschrittmachers
thrombotische Auflagerungen mit einem maximalen Durchmesser
von 13 mm. Weiters war ein in die Arteria pulmonalis flottierender
Thrombus, ausgehend von einer im Abgang der Arteria pulmonalis
liegenden Schlaufe der Ventrikelsonde, mit einer Größe
von 12/6 Millimeter zu sehen.
Aufgrund der zunehmenden Dyspnoesymptomatik, des flottierenden
Thrombus in der Arteria pulmonalis und des leicht erhöhten
D-Dimers wurde eine Spiralcomputertomographie des Thorax veranlasst,
die eine septische Pulmonalembolie im rechten Unterlappen der
Lunge zu Tage brachte (Abbildung 1, 2).
Abbildung
1: Eine in der Spiralcomputertomographie des
Thorax sichtbare
septische Pulmonalembolie im rechten Lungenunterlappen
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Abbildung
2: Eine in der Spiralcomputertomographie des
Thorax sichtbare
septische Pulmonalembolie im rechten Lungenunterlappen
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Es wurde die Diagnose einer Schrittmachersonden-Endokarditis
gestellt. Die Endokarditis wurde mit Teicoplanin 1200 mg intravenös
einmal täglich über drei Tage zum Aufsättigen
therapiert. Als Erhaltungsdosis erhielt der Patient dreimal
wöchentlich 1200 mg intravenös über sechs Wochen.
Regelmäßige Blutspiegelkontrollen (Soll-Talspiegel
25 – 30 µg/ml) wurden gemacht.
Weiters wurde nach Rücksprache mit der Herz-Thoraxchirurgie
die Indikation für eine akute chirurgische Entfernung des
Schrittmachersystems gestellt. Das Schrittmachersystem wurde
im Rahmen einer offenen Thorakotomie entfernt. Eine transvenöse
Entfernung war aufgrund der Thrombengröße und der
damit verbundenen Gefahr des „Thrombusabschälens“
kontraindiziert (Abbildung 3).
Abbildung
3: Operativ entfernte Schrittmachersonden mit septisch-thrombotischen
Auflagerungen
Nach einer Reevaluierung der Notwendigkeit eines permanenten
Herzschrittmachers (24-Stunden-EKG, Speicherablesung des DDD-Schrittmachers)
zeigte sich postoperativ (postoperative Versorgung mit temporärem
Schrittmacher) keine Indikation mehr für die erneute Implantation
eines permanenten Schrittmachersystems.
Der Patient konnte sieben Tage nach dem Eingriff in gutem Allgemeinzustand
und fieberfrei in häusliche Pflege entlassen werden. Die
parenterale antimikrobielle Therapie mit Teicoplanin wurde im
Rahmen eines APAT-Therapieregimes ambulant bis zur sechsten
Therapiewoche fortgeführt. |
Diskussion
Dieser
Bericht zeigt einen sehr eindrucksvollen Fall einer Schrittmachersonden-Endokarditis,
die in Kombination chirurgisches Vorgehen und antimikrobielle
Therapie erfolgreich behandelt wurde.
Der häufigste Keim einer Schrittmachersonden-Endokarditis
ist Staphylococcus epidermidis. Hierbei handelt es
sich meist um eine Spätinfektion, die erst Wochen bis Monate
nach einer Schrittmacherimplantation, bzw. Manipulation an einem
liegenden Schrittmacher auftritt [3]. Eine Durchsicht der Literatur
zeigt, dass hauptverantwortlich für Infektionen des Schrittmachersystems,
nämlich in 66 – 73%, wiederholte chirurgische Eingriffe
im Sinne von Sondenrepositionierungen, Generatortauschen oder
dergleichen sind. Weitere prädisponierende Faktoren für
eine Infektion des Herzschrittmachers sind postoperative Blutungen
in die Schrittmachertasche, intravenöse Devices (Zentralvenöse
Katheter, Dialysekatheter, …), Therapien mit Kortikosteroiden
oder anderen immunsuppressiven Medikamenten, neoplastische Erkrankungen
oder höheres Alter [3].
Eine frühe Diagnose einer Schrittmachersonden-Endokarditis
ist sehr schwierig. Man sollte immer bei Fieber und anhaltender
Bakteriämie ohne Infektionsfokus bei liegendem Herzschrittmacher
von einer Endokarditis ausgehen, bis das Gegenteil bewiesen
wurde. Immer wichtiger in der Diagnostik einer Schrittmachersonden-Endokarditis
wird die transösophageale Echokardiographie. Vilacosta
und Kollegen konnten in einer Arbeit zeigen, dass bei einer
klinisch suspizierten Schrittmachersonden-Endokarditis in zwei
von zehn Fällen in der transthorakalen, jedoch in sieben
von zehn Fällen in der transösophagealen Echokardiographie
Vegetationen an den Schrittmachersonden gesehen werden konnten
[4].
Die
Sondenendokarditis ist eine sehr ernstzunehmende Erkrankung.
Sie kann zu wiederholten septischen Episoden, septischen Pulmonalembolien
bis hin zu Trikuspidalklappen- oder Pulmonalklappenbeteiligung
mit Insuffizienzen oder selten Stenosen führen.
Die Behandlung hängt natürlich einerseits vom auslösenden
Agens ab, wobei Infektionen der Schrittmachersonden meistens
durch Staphylococcus epidermidis und Infektionen der
Schrittmachertasche oft durch Staphylococcus aureus
verursacht werden [5, 6], andererseits ist das Um und Auf der
Behandlung vor allem einer Schrittmachersonden-Endokarditis
die chirurgische Explantation des Schrittmachersystems [1, 2,
3].
Diese Entfernung kann bei Vegetationen von einer Größe
unter zehn Millimeter transjugulär erfolgen. Überschreiten
die den Schrittmachersonden aufgelagerten Vegetationen eine
Größe von zehn Millimetern, so sollte die Entfernung
unbedingt im Rahmen einer offenen Thorakotomie erfolgen [3,
7, 8, 9]. Dies ist notwendig, um ein Ablösen von thrombotischem
Material, das in weiterer Folge septisch-embolische Ereignisse
verursachen könnte, zu verhindern.
Die rein konservative Behandlung (alleinige antimikrobielle
Behandlung ohne chirurgisches Vorgehen) einer Schrittmachersonden-Endokarditis,
die ja meist durch Staphylococcus epidermidis verursacht
wird, gestaltet sich vermutlich deswegen problematisch, weil
dieser Keim bekanntlich bevorzugt auf Fremdkörperoberflächen
(zum Beispiel Schrittmachersonden) wächst und dort durch
die Produktion eines Biofilms eine sehr wirksame Verteidigunsstrategie
gegen die antimikrobielle Therapie zu bieten hat.
Die
antimikrobielle Behandlung einer Schrittmachersonden-Endokarditis
sollte gemäß den Endokarditisempfehlungen erfolgen.
In unserem Falle wurde eine Therapie mit Teicoplanin durchgeführt.
Teicoplanin wurde auch gewählt in Hinblick auf eine zukünftige
ambulante Betreuung des Patienten. Das Therapiekonzept in unserem
Fall war erfolgreich und der Patient konnte in gutem Allgemeinzustand
entlassen werden.
Die Gesamtmortalität einer Schrittmachersonden-Endokarditis
beträgt zwischen 20 – 24%. Die Mortalität bei
rein konservativem Vorgehen beträgt 31%, und bei einer
Kombination aus chirurgischem und konservativem Management liegt
die Mortalität bei 20% [1, 2, 3].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Patienten mit
Fieber bei liegendem permanenten Schrittmachersystem immer an
eine Sondenendokarditis gedacht werden sollte, in der Diagnose
am wichtigsten die transösophageale Echokardiographie und
bei der Therapie das Um und Auf die chirurgische Entfernung
des Schrittmachersystems sind. |
Literatur
1.
Villamil CI, et al. Permanent transvenous pacemaker infections:
An analysis of 59 cases. European J Int Med 2007;18:484-488. |
2.
Jenkins SSM, et al. Pacemaker Endokarditis in Patients with
Prosthetic Valve Replacement: Case Trilogy and Literature
Review. PACE 2007; 30:1279-1283. |
3.
Voet JG, et al. Pacemaker lead infection: report of three
cases and review of the literature. Heart 1999;81:88-91. |
4.
Vilacosta I, et al. Usefulness of transoesophageal echocardiography
for diagnosis of infected transvenous permanent pacemakers.
Circulation 1994;89:2684-2687. |
5.
Vilacosta I, et al. Infected transvenous permanent pacemakers:
role of transoesophageal echocardiography. Am Heart J 1993;125:904-906. |
6.
Bluhm G, et al. Septicemia and endocarditis: uncommon but
serious complications in connection with permanent cardiac
pacing. Scand J Thorac Cardiovasc Surg 1987;16:65-70. |
7.
Zehender M, et al. Diagnosis of hidden pacemaker lead sepsis
by transoesophageal echocardiography and a new technique
for lead extraction. Am Heart J 1989; 118:1050-1052. |
8.
Smith HJ, et al. Five-years experience with intravascular
lead extraction. PACE 1994;17:2016-2020. |
9.
Niederhäuser U, et al. Infected endocardial pacemaker
electrodes: succesful open intracardiac removal. PACE 1993;
16:303-308. |
Korrespondierender
Autor:
Dr. Klaus-Bernhard Gattringer
Univ.-Klinik für Innere Medizin I,
Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin
1090 Wien, Währingergürtel 18-20
E-Mail: klaus-bernhard.gattringer@meduniwien.ac.at
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