Infizierte Wunden
Das
verhornende Plattenepithel stellt eine effiziente mechanische
Barriere gegen Infektionen der Haut dar. Bei verschiedenen Verletzungen
wie Schürfwunden, Stichverletzungen mit oder ohne liegen
gebliebenem Fremdkörper (Splitter, Dornen, Stacheln) kann
es zur Infektion der Haut mit kontaminierter Erde, Staub und
Wasser kommen. Hierbei kommen eine Vielzahl von Mikroorganismen
als Erreger infrage.
Häufige Erreger sind Streptokokken der Viridans-Gruppe
und Koagulasepositive Staphylokokken, selten virulente β-hämolysierende
Streptokokken; bei kontaminierter Erde sind auch Gram-negative
Enterobakterien (E. coli, Klebsiella spp., Enterobacter),
aber auch Enterokokken relevant. Bei Kontamination mit Garten-
oder Ackererde nach biologischer Düngung ist mit multiresistenten
Keimen zu rechnen. Evtl. kommen auch atypische Mykobakterien
bzw. Aktinomyceten in Betracht. Bei Wunden, die mit kontaminiertem
Wasser in Kontakt kamen, sind Aeromonas hydrophila
und P. aeruginosa zu beobachten. Wunden, die mit Salzwasser
in Kontakt kommen, sind meist steril. Regelmäßig
bakteriell kontaminiert sind Schnitt-, vor allem aber Stichwunden
mit Fleischermessern. Die Erreger sind Streptokokken der Viridansgruppe,
aber auch enterohämorrhagische E. coli und Anaerobier
kommen infrage.
Bei infizierten Wunden kann man durch eine Gram-Färbung
des Wundsekretes eine wertvolle Erstinformation erhalten und
ein entsprechendes Antibiotikum auswählen, das sich primär
gegen Gram-positive Kokken (Penicillin bei Vorliegen von Kettenkokken,
Cephalosporine der Cefazolin- oder Cefuroxim-Gruppe bei Haufenkokken)
oder Gramnegative Stäbchen (Amoxicillin + Clavulansäure)
richtet.
Klinisch gefürchtete Erreger bei kontaminierten Wunden
sind C. tetani, C. perfringens, der Erreger der Gasgangrän,
die besonders bei tiefen Quetschwunden
wegen der mangelnden Durchblutung und Sauerstoffmangels oder
durch eine Mischinfektion mit aeroben oder anaeroben Keimen
ein günstiges Milieu vorfinden. Rasche Progredienz, Blasenbildung,
Krepitation als Zeichen von Gasbildung im umgebenden Gewebe
und schwere Allgemeinsymptome mit Kreislaufeinschränkung
und Schock sind die Zeichen einer massiven Infektion, die bereits
12 – 18 Stunden nach der Verletzung auftreten können.
Therapie
Die Behandlung oberflächlicher Schürfwunden besteht
in der Reinigung der Wunde mit einer antiseptischen Lösung
(z. B. Betaisodona-Lösung) und Entfernung des devitalen
Gewebes. In eigenen Erfahrungen hat sich die Reinigung einer
oberflächlichen Wunde, z.B. Schürfwunde, mit einem
WaterPik mit steriler physiologischer Kochsalzlösung sehr
gut geeignet, da dadurch Schmutz einschließlich alles
lockeren Gewebes mit anhaftenden Mikroorganismen schonend entfernt
wird.
Als antimikrobielle Salben eignen sich eine Vielzahl von antimikrobiellen
Salbenzubereitungen mit Neomycin, Bacitracin, Gentamicin, Fucidine,
Mupirocin. Bei Verbrennungswunden werden häufig Silber-Sulfadiazin-Salben
verwendet. Es ist jedoch zu betonen, dass dabei die Wirksamkeit
in erster Linie auf dem Sulfonamid beruht und Silber eine sehr
geringe zusätzliche Wirksamkeit vermittelt. Andere Technologien
mit Zinkoxyd, Nano-Silber als Nanosilber-Cluster besitzen zum
Teil hervorragende antimikrobielle Wirksamkeit, die in antimikrobiellen
Salbengittern eingesetzt werden können. Auch die antimikrobielle
bzw. adstringierende Wirksamkeit verschiedener Phytopharmaka
kann bei kleinen oberflächlichen Wunden ausgenützt
werden. Besonders eignet sich dabei Hypericum perforatum (Johanniskrautextrakt),
aber auch Thymian- und Kamillen- und Salbeiextrakte, die eine
sehr gute anti-mikrobielle Wirksamkeit gegen Grampositive Mikroorganismen,
unabhängig von deren Resistenzsituation,
besitzen.
Bei Verdacht auf eine Anaerobierinfektion (Gram-positive Stäbchen)
besteht die wichtigste Maßnahme im chirurgischen Debridement
der Wunde.
Gleichzeitig muss man bei Verdacht auf Gasgangrän das Überleben
des Patienten sichern. Als Antibiotikum eignet sich Benzylpenicillin-Natrium
250 000 – 400 000 IE/kg KG in 4 Dosen oder Amoxicillin
150 mg/kg KG in Kombination mit einem β-Laktamaseinhibitor
oder mit Clindamycin. Auch Cefoxitin oder Imipenem-Cilastatin
ist bei B. fragilis wirksam. Die Ultima Ratio ist eine
Therapie mit hyperbarem Sauerstoff.
Wichtig ist die Überprüfung des Impfstatus gegen Tetanus.
Eine Auffrischung ist indiziert, wenn bei erfolgter Grundimmunisierung
die letzte Boosterdosis mehr als 1 Jahr (5 Jahre) zurückliegt.
Wenn der Impfstatus unklar ist oder die letzte Boosterdosis
mehr als 5 (10) Jahre zurückliegt, muss simultan eine passive
Immunisierung erfolgen. Ob eine simultane aktive und passive
Immunisierung erfolgen muss, hängt auch von der Art der
Wunde, Quetschung mit devitalem Gewebe, Kontamination mit z.B.
Ackererde zusammen.
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