Behandlung der Lyme-Borreliose

G. Stanek
Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie, Infektionsimmunologie und Mikrobiologie
Medizinische Universität Wien


Einleitung

Die Haut, das Nervensystem, Bewegungsapparat und Herz sind die Organe, in denen sich eine Infektion mit Borrelia burgdorferi sensu lato hauptsächlich etabliert. Die verschiedenen, gut charakterisierten Krankheitsbilder können je nach bekannter Inkubationszeit als frühe und späte Manifestationen bezeichnet werden. Im klinischen Alltag spielt das insofern eine Rolle, als sich das Behandlungsschema nach der klinischen Präsentation richtet. Die mehr aus didaktischen Gründen versuchte Einteilung der Lyme-Borreliose in Stadien hat keine praktische Relevanz, weil der Krankheitsverlauf, wenn überhaupt, nur in seltensten Einzelfällen mit einem Verlauf in Stadien übereinstimmt
(Stanek und Strle 2003). Die Stadieneinteilung ist auch irreführend, weil damit suggeriert wird, dass man einerseits zwangsläufig ein Stadium nach dem anderen durchläuft, und andererseits bei Patienten die Vorstellung erzeugt, dass man in einem unheilbaren Stadium angekommen sei, wenn z.B. vom dritten Stadium die Rede ist.

Als verhängnisvoll hat sich auch die sogenannte Borrelien-Serologie erwiesen, weil aufgrund positiver serologischer Ergebnisse zahlreiche unspezifische oder ursächlich nicht geklärte Symptome fälschlich der Lyme-Borreliose zugeordnet werden. Besonders problematisch in diesem Zusammenhang bei Unkenntnis des klinischen Zustandes des Patienten und bloß aufgrund zum Beispiel der Testergebnisse „positiver IgM- und negativer IgG-Wert“ ist einerseits der Reflex, dass ein positiver IgM-Wert die frische Infektion anzeigt (anstelle einer Kontrolle des Testergebnisses in 4 bis 6 Wochen), und andererseits die von manchen Laboratorien verwendete Interpretation „Frische, behandlungspflichtige Borreliose sehr wahrscheinlich“. Insbesondere diese Interpretation führt dann nicht selten zur unbegründeten Annahme einer gesicherten Diagnose, gefolgt von einer meist erfolglosen antibiotischen Behandlung. Aufgrund der voreiligen oder willkürlichen Interpretation von serologischen Ergebnissen verwildert die Diagnostik der Lyme-Borreliose, und leider nimmt auch die Zahl der nicht indizierten antibiotischen Behandlungen unglaubliche Ausmaße an. Dazu kommt das Missverständnis vieler „Patienten“, dass ihre Antikörper nach der Behandlung gleich geblieben oder gar angestiegen sind und diese Behandlung offensichtlich nicht wirksam war. Eine nochmalige Behandlung wird gefordert oder möglicherweise veranlasst ebenso wie eine neuerliche serologische Kontrolle. Leider werden vermehrt auch Antibiotika eingesetzt, die für diese Indikation weder klinisch geprüft sind noch in vitro ausreichend wirksam befunden worden sind. Und es kommt noch dazu, dass seit wenigen Jahren bei Patienten mit noch unklarer Ätiologie ihrer Beschwerden vermehrt Tests im Ausland angefordert werden oder die Patienten selbst ins Ausland reisen und sich dann gelegentlich den dort verordneten oft monatelangen, jedoch meist ungeeigneten und unnützen antibiotischen Behandlungen unterziehen (Stanek und Strle 2009). Dieser Text bringt in knapper Form Empfehlungen zum zweckmäßigen Einsatz der Laboratoriums-Untersuchungen und zur wissenschaftlich fundierten Behandlung.


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