Epidemiologische Bemerkungen zur Lyme-Borreliose
Die
Lyme-Borreliose ist eine bakterielle Zoonose der nördlichen
Hemisphäre, die dort aufgrund der Verbreitung der nahe
verwandten Vektoren, nämlich der Schildzeckenarten Ixodes
ricinus (Europa), Ixodes persulcatus (Nordosteuropa,
Asien), Ixodes scapularis (Nordamerika, Ost und Zentral)
sowie Ixodes pacificus (Nordamerika, West) endemisch
ist. Die Quote Borrelien-infizierter Zecken liegt in Österreich
durchschnittlich bei 22% (Radda et al. 1986, Blaschitz et al.
2008).
Lyme-Borreliose ist eine Infektionskrankheit mit einem breiten
Spektrum klinischer Manifestationen. Krankheitserreger ist die
Spirochäte Borrelia burgdorferi sensu lato, die
sich in zahlreiche sogenannte Genospezies auffächert, von
denen Borrelia afzelii und Borrelia garinii
in Europa und so auch in Österreich am allerhäufigsten
aus menschlichem Untersuchungsmaterial isoliert worden sind.
Weitere vom Menschen isolierte Borrelienarten sind Borrelia burgdorferi sensu stricto und gelegentlich auch Borrelia
spielmanii, Borrelia valaisiana und Borrelia
bissettii.
Die meisten epidemiologischen Daten beruhen auf Abschätzungen.
So wird zum Beispiel die jährliche Inzidenz in Österreich
gern nach den Eckpunkten Zeckenstichfrequenz (~16 % der privat
oder beruflich exponierten Bevölkerung [ca 66 %] wird jährlich
von Zecken gestochen) und Manifestationsrate nach Zeckenstich
(~ 1– 2% erkranken an manifester Lyme-Borreliose) errechnet.
Somit ergeben sich Zahlen von 8.000 bis etwa 17.000 Neuerkrankungen
pro Jahr oder eine Inzidenz von 100 bis 200 Fällen pro
100.000 Einwohner pro Jahr. Das passt einigermaßen auch
zu Angaben aus Deutschland, wo sich die jährliche Inzidenz
zwischen 25 und über 100 Fällen pro 100.000 Einwohner
bewegen soll und 20.000 bis über 90.000 Neuerkrankungen
pro Jahr angenommen werden. Allerdings erscheinen diese Zahlen,
gemessen an den zumindest von einer informationswilligen Minderheit
von niedergelassenen Ärzten, zu niedrig (Stanek 2008).
Nach Mitteilungen dieser KollegInnen aus allen österreichischen
Bundesländern, denen ich dafür sehr dankbar bin, sehen
sie im Durchschnitt 5 Patienten mit Lyme-Borreliose pro Jahr.
In den westlichen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg
werden von den niedergelassenen Ärzten durchschnittlich
3, in den zentralen, südlichen und östlichen Bundesländern
durchschnittlich 7 Patienten mit Lyme-Borreliose pro Jahr diagnostiziert.
Das heißt, dass wir mit höheren Zahlen von Patienten
rechnen müssen, die an Lyme-Borreliose erkrankt sind, nämlich
mit etwa 6.000 in den 3 westlichen Bundesländern Vorarlberg,
Tirol und Salzburg und mit etwa 57.000 Fällen an Lyme-Borreliose
pro Jahr in den verbleibenden Bundesländern. Somit ergibt
sich eine Inzidenz von etwa 74 bis 700 Patienten pro 100.000
Einwohner pro Jahr (0,07% bis 0,7%). Mehr Klarheit könnten
wir über die Inzidenz erhalten, wenn sich mehr als nur
1,9% der kontaktierten Ärzte an den laufenden Mitteilungen
beteiligen würden.
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