Behandlung der Lyme-Borreliose

G. Stanek
Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie, Infektionsimmunologie und Mikrobiologie
Medizinische Universität Wien


Adäquate antibiotische Behandlung

Unter adäquater antibiotischer Behandlung versteht man die Verwendung von Antibiotika, die sowohl in vitro (Bardaran & Stanek 1996, Morgenstern et al. 2009, Rödel et al. 2007, Hunfeld und Brade 2006, Hunfeld et al. 2005, Hunfeld et al. 2003, Hunfeld et al. 2000) als auch in klinischen Studien ihre Wirksamkeit gegenüber Borrelien bzw. einer Infektion durch Borrelia burgdorferi sensu lato gezeigt haben und in der Regel die Krankheitserreger vernichten, was in Folge zur Ausheilung der Infektionskrankheit führt.

Je früher die antibiotische Behandlung nach Infektionsbeginn eingeleitet wird, desto erfolgreicher wirkt sie sich auf die Verkürzung des Krankheitsverlaufs aus und unterbindet Defektheilungen bei systemischen Manifestationen wie z.B. bei Lyme-Neuroborreliose (Kristoferitsch et al. 1987, Kristoferitsch 1989, Ljostad et al. 2009). Die Therapie richtet sich nach den klinischen Symptomen. Antibiotika der Wahl sind Penicillin V, Amoxicillin, Doxycyclin und Ceftriaxon. Aufgrund des Vektor-abhängigen Infektionswegs ist eine Resistenzentwicklung gegen diese Antibiotika praktisch ausgeschlossen. Allerdings ist Borrelia burgdorferi sensu lato natürlicherweise gegen zahlreiche Antibiotika wie Gyrasehemmer, Fosfomycin und Sulfonamide resistent. Auch Makrolid-Antibiotika sind zur Behandlung der Lyme-Borreliose nur bedingt geeignet. Das Azalid Azithromycin wird nur eingeschränkt empfohlen, nämlich dann, wenn insbesondere bei Kindern Überempfindlichkeit gegenüber β-Laktam-Antibiotika besteht.

Die in Tabelle 2 zusammengefassten Therapieempfehlungen basieren weitgehend auf den Ergebnissen kontrollierter klinischer Studien.

Das Erythema migrans und das Borrelienlymphozytom werden mit oral zu verabreichenden Antibiotika behandelt. Eine Behandlungszeit von 10 Tagen hat sich in mehreren Studien auch aus jüngerer Zeit als ausreichend erwiesen. In der Praxis sind 14 Tage die übliche verordnete Behandlungszeit. Aufgrund der Ergebnisse kontrollierter klinischer Studien, eigener langjähriger Erfahrung und in Übereinstimmung mit KollegInnen aus Schweden ist Penicillin zur Behandlung der frühen Manifestationen der Lyme-Borreliose besonders geeignet. Doxycyclin darf nicht an Kinder, Schwangere und Stillende verabreicht werden. Dazu ist darauf zu achten, Sonne-exponierte Körperstellen während der Behandlungszeit mit Schutzcremen abzudecken, um einer Überempfindlichkeit der Haut gegenüber Sonnenlicht vorzubeugen. Azithromycin soll nur dann an Kinder, Stillende oder Schwangere verabreicht werden, wenn bei diesen eine gesicherte Überempfindlichkeit gegenüber β-Laktam-Antibiotika besteht.

Zur Behandlung der Lyme-Neuroborreliose hat Wolfgang Kristoferitsch mit zwei – in der Tat einmaligen – Studien (2 x 10 Mio Penicillin G bzw. Ceftriaxon 2 g täglich) beigetragen, indem er die klinischen Daten aller behandelten Patienten mit denen verglichen hat, die vor der Entdeckung der Krankheitserreger einen Spontanverlauf einer Meningopolyneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth erlitten hatten. Eine frühe signifikante Besserung im Rahmen der Therapie konnte nur bei jenen Patienten erreicht werden, bei denen die Behandlung innerhalb von 5 Wochen nach Krankheitsbeginn begonnen worden ist (Kristoferitsch et al. 1986). Bei späterem Therapiebeginn war kein statistischer Unterschied hinsichtlich der rascheren Besserung der Beschwerden zu beobachten. Der Spontanverlauf einer Meningopolyneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth, das heißt der Zeitraum bis zu einer vollständigen oder weitgehenden Ausheilung ohne Behandlung oder nach verspätetem Behandlungsbeginn, beträgt durchschnittlich 25 Wochen. Die Behandlung der akuten Lyme-Neuroborreliose kann nicht nur erfolgreich mit 2 g intravenösem Ceftriaxon, sondern mit gleichem Erfolg auch oral mit täglich 200 mg Doxycyclin über 14 Tage durchgeführt werden, sofern die Behandlung früh nach Krankheitsbeginn einsetzt (Karlsson et al. 1994, Ljøstad et al. 2008).

Die Prognose der Lyme-Arthritis ist im Allgemeinen ebenfalls sehr gut. Eine orale antibiotische Therapie der Lyme-Arthritis ist meist ausreichend (Krause und Fingerle 2009). Empfohlen werden begleitende antiphlogistische Maßnahmen, allerdings sollten intra-artikuläre Glukokortikoid-Injektionen nicht gemacht werden, da sie möglicherweise den Krankheitsverlauf verlängern können. Nach Andreas Krause beträgt die Erfolgsquote der ersten Antibiotikatherapie etwa 80%. Eine zweite und ausnahmsweise auch eine dritte Behandlung mit einem parenteralen Antibiotikum sollte nur dann durchgeführt werden, wenn der Patient auch mehrere Wochen nach Therapie nicht beschwerdefrei sein sollte.

Der Begriff „antibiotikaresistente Lyme-Arthritis“ kommt aus den USA und ist ein Phänomen in den USA, das dort bei etwa 10% der Patienten beobachtet wird. Hier ist eine symptomatische Behandlung angezeigt.


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