Influenza
Schluss mit der Hysterie! |
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang
Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abteilung
für Infektionen und Tropenmedizin, MedUniWien |
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Zusammenfassung
des Vortrages von Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger, Leiter der
Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der
Univ.-Klinik für Innere Medizin I der MedUniWien, mit dem Titel
„Influenza” sowie der anschließenden Diskussion.
Einleitung
Die Influenza ist keine Erkrankung, die automatisch zum Tod
führt, auch wenn Vogelgrippe oder aktuell die „Neue
Grippe“ aufgrund gewisser medialer Berichterstattungen
immer wieder Angst in der Bevölkerung auslösen.
Tatsache ist: Gegen bestimmte Influenza-Viren ist eine Impfung
möglich. Doch auch ohne Impfung ist eine Influenza-Infektion
bei ansonsten gesunden Personen kein Todesurteil. Zu diskutieren
ist daher, wer geimpft werden soll, welche Rolle antivirale
Medikamente spielen und welche Präventionsmaßnahmen
sinnvoll sind.
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Blick
in die Geschichte Das
Thema Influenza begleitet die Menschheit bereits seit Jahrzehnten.
Zu der ersten großen Welle kam es im Jahre 1918, als viele
Menschen an der so genannten spanischen Grippe erkrankten und
starben. Der Name täuscht, denn das damalige Influenza-Virus
kam nicht aus Spanien, sondern aus den USA. US-Präsident
Thomas Woodrow Wilson wird für die massive Verbreitung
der Grippe in Europa mitverantwortlich gemacht, denn aufgrund
seines ausgeprägten Sparkurses waren die Feldlazarette
im 1. Weltkrieg in einem katastrophalen Zustand und bildeten
so die Basis für eine rasche Verbreitung.
Über die erste große Grippewelle, die über zehn
Monate andauerte, wurden Untersuchungen durchgeführt und
festgestellt, dass vor allem jene Betroffenen an der Grippe
starben, die vorher im Zuge einer Masernepidemie schon erkrankt
waren. |
Influenza
heute Die
Zahl der Toten durch Influenza ist gesunken. Einer der Gründe
dafür ist, dass die Situation bei Patienten, die durch
das Grippevirus ein geschädigtes respiratorisches Epithel
haben und dadurch anfällig für die bakterielle Superinfektion
sind, weitgehend beherrscht wird. Die spanische Grippe war deswegen
so detremental, weil keine Antibiotika vorhanden waren, und
nicht etwa weil das Grippe-Virus selbst so pathogen war. In
Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei Menschen, die bei
der Grippewelle 1918 starben, Zeichen der Reparatur im Respirationstrakt
vorhanden waren, das heißt, die virale Infektion wurde
gerade überwunden. Dennoch starben viele: Die Alveolen
waren allerdings nicht mit Viren, sondern mit Bakterien und
Leukozyten verstopft und damit war die Ursache für den
Tod eine klassische alveoläre Pneumonie im Gefolge der
viralen Superinfektion. Dies ist eine mögliche Erklärung
für die heutzutage viel geringere Letalität. Fazit:
Panikmache ist nicht angebracht, denn durch Antibiotika kann
die Sterblichkeit aufgrund von Folgeerkrankungen der Influenza
deutlich eingedämmt werden.
Tatsache ist aber auch, dass eine Influenza nicht ausrottbar
ist – dazu müssten alle Hühner und Schweine
ausgerottet werden. Influenza-Viren zirkulieren nämlich
in Schweinen und Vögeln, daher kommen die Viren aus jenen
Teilen der Erde, wo die Tiere am engsten mit Menschen zusammenwohnen. |
Impfung:
Pro und Contra Österreich
ist mit einer Durchimpfungsrate von 10 bis 20% kein besonders
impffreudiges Volk. In der Schweiz und den USA liegt die Impfrate
mit über 50% deutlich höher. Ein wichtiger Grund für
die Impfung ist vielen Österreichern nicht oder noch zu
wenig bewusst: Es geht nicht nur um einen persönlichen
Schutz, es geht auch um den Schutz der anderen! Daher sollten
beispielsweise Angehörige der Gesundheitsberufe geimpft
sein, um niemanden anzustecken. Darüber hinaus ist die
Impfung vor allem Kindern, älteren Menschen, Schwangeren
sowie Risikogruppen wie Dauer-Kortisonpatienten, Dialysepatienten,
Transplantierte Patienten, HIV-Infizierten und Magersüchtigen
anzuraten.
Bei dem gefährlichen Influenza-Virus A gibt es zwei Determinanten,
über die das Virus charakterisiert wird: Hämagglutinin
und Neuraminidase. Ein Antigenshift – im Gegensatz zur
Antigendrift wird hier ein ganzes Gensegment ausgetauscht –
führt zum Auftreten neuer pathogener Varianten: Ein neuer
Stamm entsteht. Daher muss die Influenza-Impfung jedes Jahr
erfolgen, um gegen die jeweiligen Varianten geimpft zu sein. |
Warnung
vor „Grippepartys“ Auch
die derzeit aktuelle, so genannte Schweinegrippe ist von den
USA nach Mexiko gelangt und hat sich von dort aus – aufgrund
des regen Flugverkehrs – auf der ganzen Welt verbreitet.
Der Name der neuen Grippe ist irreführend, denn Schweinegrippe
bezeichnet zunächst einmal die Influenza der Schweine,
die mit AH1N1 – die korrekte Bezeichnung für die
aktuelle „Neue Grippe“ – nichts zu tun hat.
Ob es sich bei AH1N1 um eine harmlose Form der Influenza handelt,
kann zurzeit noch nicht festgestellt werden. Auch 1918 trat
die hohe Sterblichkeitsrate erst in einer zweiten Grippewelle
nach einer Latenzphase auf. Es könnte durchaus sein, dass
es auch bei AH1N1 in einigen Wochen zu einem solchen Peak kommt;
das heißt, eine seriöse Prognose über die Gefährlichkeit
der aktuellen Influenza-Variante kann erst in etwa einem Jahr
abgegeben werden. Zu warnen ist daher auch vor so genannten
„Grippepartys“, zu denen ein Influenza-Patient eingeladen
wird, um – absichtlich – andere Teilnehmer anzustecken.
Die Idee dahinter: Die „Neue Grippe“ sei eine harmlosere
Variante, wer daran erkrankt, entwickle eine Immunität
und brauche dann längere Zeit nicht geimpft werden. Ein
gefährliches Spiel mit dem Feuer, sind sich Experten einig! |
Prävention
& Therapie Die
Vogelgrippe – Influenza-Virus AH5N1 – ist eine rein
animalische Grippeform, Menschen können zwar daran erkranken,
sie aber nicht weitergeben, da ein Mensch nicht der richtige
Wirt ist. Auch in Bezug auf die Vogelgrippe ist Panik nicht
angebracht. Die einzige berechtigte Sorge ist, dass sich der
Vogelgrippevirus mit einem anderen verbindet, zum Beispiel H5N1
kombiniert mit H1N1.
Bei der Prävention ist häufiges Händewaschen
ein wichtiger Faktor, da die Viren über Speichel und Auswurf
übertragen werden. Ein Milliliter Rachensekret enthält
bis zu einer Million Viren. Das heißt, durch das Handvorhalten
beim Niesen gelangt das Grippevirus auf die Hand, hält
sich dort 24 Stunden und wird beim Händeschütteln
übertragen. Händewaschen ist daher das wichtigste
Mittel gegen die Grippeübertragung. Atemschutz kann helfen
Ansteckung zu vermeiden; die richtige Anwendung will jedoch
gelernt sein, daher ist hier Aufklärungsarbeit zu leisten.
Antivirale Medikamente sind als Prävention nur für
immunsupprimierte Personen sinnvoll und für Gesunde nicht
notwendig. |
Anschrift
des Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I
Klin. Abteilung für Infektionen und
Tropenmedizin
1090 Wien,Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: wolfgang.graninger@meduniwien.ac.at
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