Der diabetische Fuß:
Fußamputationen reduzieren!

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hölzenbein
Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie, LKH Salzburg


Zusammenfassung des Vortrages von Univ.-Prof. Dr. Thomas Hölzenbein, Universitätsklinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie, LKH Salzburg, mit dem Titel „Der diabetische Fuß”.


 

Einleitung

Bei der Behandlung des diabetischen Fußes ist die Kooperation mehrerer Fachrichtungen von großer Bedeutung.

Der diabetische Fuß ist eine Indikation, bei deren Therapie verschiedene Fachrichtungen beteiligt sind. Zunächst der Allgemeinmediziner, aber auch konservative Fächer wie Diabetologie, Chemotherapie, Nephrologie, Geriatrie, Neurologie sowie operative Fächer wie Plastische Chirurgie, Gefäßchirurgie und Orthopädie. Grundsätzlich funktioniert die Behandlung nur in Form eines Miteinanders, zu dem auch Pflege, Orthopädietechnik, Diätwissenschaft, Wundexperten, Physikalische Medizin und andere gehören.

 

Klinische Untersuchung

Zuerst muss abgeklärt werden, ob es sich um einen neuropathischen oder ischämischen Fuß handelt. Als nächster Schritt werden folgende Punkte geklärt:

  • Ulzerationen + Knochenbeteiligung
  • Gangrän – Superinfektion
  • Cellulitis – Osteomyelitis
  • Charcot’sche Erkrankung

Dann gilt es, die Keime zu ermitteln, und zwar in der Tiefe, denn sie sind für die Behandlung des diabetischen Fußes von Bedeutung. Dafür müssen für den Abstrich Proben aus der Tiefe entnommen, eventuell sogar Gewebestückchen und Knochen an den Bakteriologen geschickt werden, damit eine gute Diagnostik und – wenn notwenig – eine gezielte Antibiotikatherapie möglich gemacht werden.

Um Durchblutungsstörungen festzustellen, wird der Dopplerindex gemessen. Auch die Rheographie kommt als Untersuchungsmethode zum Einsatz. Beim Semmes-Weinstein-Test wird mit dünnen Federn, die bei entsprechendem Druck knicken, überprüft, ob der Patient spitz oder stumpf spüren kann.

Weiters kommen unter anderem bei der Abklärung folgende Verfahren zum Einsatz: Fußröntgen, Ultraschall der Schlagader, invasive Verfahren wie Angiographie oder moderne MRA.

 

Débridement

Beim Débridement gilt es folgende Punkte zu beachten:

  • Ist die Durchblutung gut, dann sollte das Débridement großzügig durchgeführt werden.
  • Ist die Durchblutung schlecht, sollte sparsam debridiert werden, weil zunächst das Bein revaskularisiert werden muss.
  • Amputation nur bei feuchter Gangrän (Gasbildung), denn gasbildende Keime können nicht kontrolliert werden.
  • Sämtliche Knochenanteile müssen aus der Wunde entfernt werden, denn diese verursachen letztendlich das Problem.
  • Die Wundränder müssen locker sein, daher nicht zunähen (allenfalls Sit-Naht)!
  • Kein Einsatz lokaler Antibiotika!

 

Pathogenese der plantaren Ulcera

Der behandelnde Arzt muss sich Zeit nehmen, um den Grund für die Entstehung der Ulzerationen zu suchen.

Mögliche Ursachen:

  • Instabilität des Knochengerüstes (Übergewicht, Schuhe, Neuropathie)
  • Chronische Erhöhung des lokalen Druckes auf die Plantarhaut
  • Lokale Hautnekrose durch Erosion
  • Knocheninfektion durch Freiliegen

PLANTARES ULCUS:

  • Verlust der Propriozeption
  • Verlust der normalen Fußarchitektur
  • Abnorm erhöhter chronischer Druck auf die Plantarhaut
  • Lokale chronische Ischämie
  • PERFORATION

Wichtig sind lokale Entlastung und definitive Versorgung nach der Abheilung. Der Fuß verändert sich auch noch nach der Abheilung, folglich können auch frisch angepasste Schuhe nach kurzer Zeit bereits wieder drücken. Laufende Kontrollen sind daher wichtig.

 

Schuh-assoziierte Probleme

Folgende Maßnahmen sind hier zu ergreifen.

  • Vermeidung von zu engem Schuhwerk
  • Schuhwechsel zwei- bis dreimal pro Tag
  • Keine „Basteleien“
  • Professionelle Schuhkorrektur (Dehnung, Sohle etc)
  • Liberaler Umgang mit geeignetem Entlastungsschuhwerk

 

Behandlung von neuropathischen Läsionen
  • Vitaminsubstitution (Vitamin B-Komplex)
  • Bewegungstherapie
  • Vorbeugende Schuhauswahl
  • Thioctan (a-liponic acid)
  • Chirurgische Fußrekonstruktion
  • ZIEL:
    Vorbeugung von Läsionen

 

Die Rolle des Gefäßchirurgen

Aufgabe des Gefäßchirurgen ist es, möglichst distale Bypässe zu konzipieren und das Blut möglichst knapp an die Läsionen im Fußbereich heranzuführen.

Der femoro-distale Venenbypass zählt zu den am häufigsten durchgeführten Operationen in der Gefäßchirurgie. Im Laufe der Entwicklung wurde die Technik so weit verfeinert, dass Abschlüsse auf sehr distale Arteriensegmente möglich wurden. Die Fragen, mit denen sich die moderne Gefäßchirurgie konfrontiert sieht, sind folgende: Wo ist die technische „Grenze“ für derartige Eingriffe? Sind die Resultate ausreichend, um sie als Behandlungsstrategie in der Routine vertreten zu können?

 

Amputation versus Bypass

Es steht außer Frage, dass Patienten den Bypass gegenüber der Amputation bevorzugen. Die Mortalität der Amputation ist höher als bei einer Bypass-OP. Die 30-Tage-Mortalität der OSCH-Amputation beträgt etwa 50%. Eine Frequenzsteigerung bringt alleine keine Reduktion der Amputationsrate. Die Major-Amputationsrate wird nur durch die Einführung des pedalen Bypasses gesenkt.

 

Der pedale Bypass

Wenn möglich sollten immer Venen verwendet werden. Kunststoff sollte hier nicht zum Einsatz kommen, denn wenn der Fuß bereits infiziert ist, erscheint es kontraproduktiv, zusätzlich Plastik in das Bein einzubringen.

Bei ca. 50% haben die Fuß-Bypässe eine Lebensdauer von 10 Jahren. Der Beinerhalt liegt nach 10 Jahren ungefähr bei 60 bis 70%.

PROBLEME DES PEDALEN BYPASS:

  • Diabetische Angiopathie
  • Limitierter Run-off
  • Angiographisches Know-how
  • Nähe zum Infekt
  • Autologes Konzept

 

Lokale Behandlung
  • Débridement: Gleichgültig, welche Methode – chirurgisch, chemisch (z. B. Metalloproteinase-Inhibitor),
    biologisch (Madentherapie) – angewandt wird, wichtig ist, dass das Débridement gründlich gemacht wird.
  • Granulationsfördernde Maßnahmen (chemisch, mechanisch, V.A.C.)
  • Feuchtes Wundmilieu
  • Lokale Antisepsis (z. B. Silberverbände, aber keine lokale Antibiotika- Behandlung)
  • Sekundärer Verschluss (direkt, Lappen)

Wichtig: kontinuierliche Dokumentation, regelmäßige Fotoaufnahmen.

 

Fußläsion bei Diabetikern

Wenn bei einem Diabetiker eine Fußläsion vorhanden ist, muss überprüft werden, ob Fußpulse vorhanden sind und je nachdem müssen die Chemotherapeuten involviert werden. Chirurgen sollen dies nicht alleine entscheiden, denn diese Patienten benötigen eine lang dauernde Therapie. Daher ist es besonders wichtig, diese Therapie im Gesamtbild des Krankenhauses zu betrachten.

 

Zusammenfassung
  • Diabetische Fußprobleme werden durch die steigende Inzidenz von Diabetes, Lebensstil und Alter der Bevölkerung häufiger.
  • Die Therapie richtet sich nach der Hauptursache der Läsion und ist entweder angiopathisch oder neuropathisch.
  • Extremitätenverlust ist sowohl bei Angiopathie als auch Neuropathie möglich.
  • Therapeutisches Ziel ist ein vitaler, belastbarer Fußstumpf ohne Läsion.
  • Viele der Patienten sind „krank“ und weisen eine Vielzahl von medizinischen Problemen auf.
  • Amputation hat eine höhere Mortalität als die Bypassoperation.
  • Benötigt ein Patient einen pedalen Bypass, ist er mit großer Wahrscheinlichkeit Diabetiker.
  • Der Bypass auch zu den Fußarterien ist sicher und kann mit akzeptabler Morbidität und Mortalität durchgeführt werden.

 

Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hölzenbein
Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie
LKH Salzburg
5020 Salzburg, Müllner Hauptstraße 48
Email: t.hoelzenbein@salk.at


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