Periphere arterielle Verschlusskrankheit

E. Minar
Univ.-Klinik für Innere Medizin II, Klin. Abteilung für Angiologie, Wien
(Stv. Leiter: Univ.-Prof. Dr. E. Minar)


Jeder sechste Diabetiker leidet an erheblichen Durchblutungsstörungen. Eine Makroangiopathie im Bereich der Extremitätenarterien bedeutet zugleich, dass die Lebensprognose dieser Patienten reduziert ist.

Epidemiologie

Nach den Daten der Framingham-Studie beträgt die jährliche Inzidenz der peripheren Verschlusskrankheit bei männlichen Diabetikern in der Altersstufe zwischen 60 und 69 Jahren 16,3‰ bei Nichtdiabetikern hingegen 5,4‰. Die entsprechenden Inzidenzraten bei Frauen liegen bei 13,1‰ bzw. 3,1‰. Im Vergleich zum Nichtdiabetiker tritt beim Diabetiker die Gefäßkrankheit etwa 10 Jahre früher auf. Das Vorliegen einer Makroangiopathie im Bereich der Extremitätenarterien bedeutet gleichzeitig, dass die Lebensprognose dieser Patienten reduziert ist. Dies ist auf den meist vorliegenden Generalisationsgrad der atherosklerotischen Erkrankung zurückzuführen.

Es konnte in mehreren epidemiologischen Studien gezeigt werden, dass die Dauer des NIDDM (nichtinsulinpflichtiger Diabetes mellitus) keinen Einfluss auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität hat. Der fehlende Einfluss der Diabetesdauer auf das Risiko kardiovaskulärer Komplikationen beim Typ-2-Diabetiker steht im Gegensatz zu der von der Diabetesdauer abhängigen Inzidenz makrovaskulärer Komplikationen beim Typ-1-Diabetiker.

 

Pathogenese

Akzelerierte Atherosklerose

Die beim Diabetiker beobachtete akzelerierte Atherosklerose ist sicherlich sehr komplex und multifaktoriell bedingt, wobei die unten aufgelisteten Faktoren miteinander interferieren.

Die Inzidenz der Makroangiopathie ist nicht direkt mit dem Ausmaß der Hyperglykämie assoziiert, sondern scheint eher von additiven Risikofaktoren determiniert, wobei die multifaktorielle Genese der Atherosklerose die Einschätzung des diabetesspezifischen Anteils erschwert. An pathobiochemischen Phänomenen sind im Rahmen der Hyperglykämie die Störung im Inosit/Sorbit-Stoffwechsel sowie die nicht-enzymatische Glykosylierung mit konsekutiver vermehrter Bildung von AGE (advanced glycosylation end products) von Bedeutung. Unter anderem findet sich bei Diabetikern in typischer Weise vermehrt glycosyliertes Kollagen, welches die Oxidation der LDL stimuliert. Im Rahmen der Lipidoxidation wird vermehrt Malondialdehyd produziert und dieses dürfte ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung der Atherosklerose von Diabetikern sein.

Metabolisches Syndrom – Kumulation von Risikofaktoren

In epidemiologischen Untersuchungen konnte die häufige Assoziation des Typ-2-Diabetes mit bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren klar belegt werden. Die bei Typ-2-Diabetikern und auch schon bei Patienten mit gestörter Glukosetoleranz beobachtete Kumulation von Risikofaktoren wird als metabolisches Syndrom zusammengefasst. Von entscheidender Bedeutung für dieses metabolische Syndrom ist die beim Typ-2-Diabetiker bestehende Insulinresistenz und Hyperinsulinämie, welche für die beschleunigte Entwicklung der Atherosklerose wahrscheinlich mitverantwortlich ist. Es gibt sehr viele Hinweise für die Beteiligung der Hyperinsulinämie bei der Entstehung der Makroangiopathie des Typ-2- Diabetes. Experimentell wurde nachgewiesen, dass hohe Insulinspiegel die Entwicklung atherosklerotischer Läsionen fördern und dass ihr atherogenes Potenzial bereits vor Auftreten eines manifesten Diabetes mellitus wirksam ist.

Endothelzelldysfunktion – Hämostasestörung

Einer gestörten Endothelfunktion und einer gesteigerten Plättchenaktivität wird große Bedeutung beigemessen. Die nicht-enzymatische Glykosylierung von Strukturproteinen und Enzymen sowie Veränderungen im Sorbit/Inosit-Stoffwechsel sind zumindest partiell für die bei der diabetischen Angiopathie beschriebene Endothelzelldysfunktion verantwortlich.

Beim Diabetes mellitus liegt offenbar eine sehr komplexe Störung der pro- und antikoagulatorischen Fähigkeiten des Endothels vor. So konnten z.B. folgende Befunde als Ausdruck einer gestörten Endothelfunktion erhoben werden: verminderte Prostazyklinfreisetzung – bei gleichzeitig gesteigerter Thromboxan-A2-Synthese; gesteigerte Plasmakonzentration des Von-Willebrand-Faktors; verminderte fibrinolytische Aktivität bei erhöhter PAI(Plasminogenaktivatorinhibitor)-Konzentration; verminderte Aktivität der Lipoproteinlipase. Die gesteigerte Plättchenaktivität konnte durch den Nachweis einer gesteigerten Adhäsivität und Spontanaggregationsneigung der Thrombozyten dokumentiert werden. Eine gesteigerte Spontanaggregation war in der PARD-Studie der wichtigste Prädiktor für die Entwicklung einer PAVK. Auch ein gesteigerter Arachidonsäuremetabolismus, überhöhte Plasmakonzentrationen von Plättchenproteinen und eine verkürzte Thrombozytenlebenszeit sprechen für die beim Diabetiker pathologisch gesteigerte Plättchenaktivität.

Durch eine Modifikation der Zusammensetzung der Plasmaproteine – insbesondere Erhöhung von Alpha-2-Makroglobulin und Fibrinogen – kommt es zu einer gestörten Hämorheologie mit konsekutiver Erhöhung der Plasmaviskosität und der Erythrozytenaggregation.

 

Besonderheiten der Makroangiopathie des Diabetikers

Während die Mikroangiopathie diabetesspezifisch und ihre Ausprägung mit der Güte der Stoffwechseleinstellung assoziiert ist, unterscheidet sich die Makroangiopathie histologisch nicht von der Atherosklerose des Nichtdiabetikers. Der Nachweis einer diabetes-spezifischen Arterienläsion oder einer spezifischen Variante der Atherosklerose konnte bisher weder für den Typ-1- noch für den Typ-2-Diabetes erbracht werden.

Die Makroangiopathie des Diabetikers weist allerdings einige typische Besonderheiten auf, welche bei der Diagnosestellung und Therapie berücksichtigt werden müssen. Neben dem im Vergleich zu Nichtdiabetikern früheren Beginn und der rascheren Progression der Verschlusskrankheit ist im Bereich der Extremitätenarterien die periphere Lokalisation (Makroangiopathie vom Unterschenkeltyp) mit diffusen unregelmäßigen Stenosierungen und Verschlüssen typisch (siehe Abbildung 1). Dies hat insbesondere für die zu planende Therapie große Konsequenzen. Neben Veränderungen im Bereich der Unterschenkelarterien finden sich in typischer Weise auch Stenosen bzw. Okklusionen im Bereich des Plantarbogens sowie im Bereich der Metatarsalarterien.

Ebenso typisch ist beim Diabetiker die häufige Mitbeteiligung der Arteria profunda femoris. So fanden sich in einer Studie angiographisch ausgeprägte atherosklerotische Veränderungen dieser Arterie bei 43% der Diabetiker gegenüber 2% der Nichtdiabetiker. Charakteristisch ist die bei Frauen und Männern gleich häufige Prävalenz der Verschlusskrankheit.

Eine für den Langzeitdiabetiker typische, aber nicht spezifische Gefäßwandveränderung stellt die Mönckebergsche Mediasklerose dar, die im Röntgen als lineare röhrenförmige Verkalkung imponiert. Eine ausgeprägte Mediaverkalkung der Unterschenkelarterien findet sich bei etwa 10% der unausgewählten Diabetiker, wobei eine deutliche Korrelation mit der Diabetesdauer besteht. So lässt sich eine Mediasklerose bei einer Diabetesdauer von mehr als 20 Jahren bei 20% nachweisen. Die Mediasklerose an sich bedingt keine Einschränkung der Durchblutung, es findet sich jedoch bei etwa 50% dieser Patienten gleichzeitig eine hämodynamisch relevante Durchblutungsstörung.

 

Abbildung 1: Links: Angiogramm eines Diabetikers mit Makroangiopathie vom Unterschenkeltyp: hochgradige Stenosen der A. tibialis posterior proximal sowie Verschluss ab dem mittleren Abschnitt. Multiple, teilweise hochgradige Stenosen der A. interossea (s. Pfeile), multiple Veränderungen (kurzstreckige Verschlüsse, hochgradige Stenosen) der A. tibialis anterior. Rechts: Angiogramm nach PTA im Bereich der A. interossea

 

Makroangiopathie und diabetischer Fuß

Die Extremität des Diabetikers ist in erster Linie durch die Entwicklung des so genannten „diabetischen Fußes“ gefährdet (siehe Abbildung 2). Die Ätiopathogenese ist komplex, wobei die Makroangiopathie einen wichtigen Faktor darstellt.

In etwa 50% aller Patienten mit dem Problem eines diabetischen Fußes ist die PAVK mitbeteiligt, und in etwa 30% ist sie der Hauptbefund. Bei kritischer Ischämie (systolischer Knöchelarteriendruck < 50 mm Hg) führen schon geringe Druckbelastungen und Weichteilverletzungen rasch zur lokalen Dekompensation der grenzwertigen Durchblutungssituation. Ist erst einmal ein Ulkus entstanden, wird die Wundheilung durch die Ischämie behindert.

Das Vorliegen einer peripheren Verschlusskrankheit ist der wichtigste Faktor für die Prognose eines diabetischen Fußulkus.

 

Abbildung 2: Diabetischer Fuß mit ischämischer und neuropathischer Komponente

 

"Bei 40% der Diabetiker mit Beinamputation wird im weiteren Krankheitsverlauf auch die Amputation der kontralateralen Extremität notwendig."

Aus therapeutischen und auch prognostischen Gründen ist es wichtig, zwischen ischämisch und neuropathisch verursachten Ulzera zu differenzieren, was meistens allein durch die klinische Untersuchung möglich ist.

Für die beim Diabetiker gehäufte Amputationsrate ist in erster Linie der Schweregrad der Makroangiopathie verantwortlich, wobei insbesondere auch das Ausmaß der Begleitinfektion eine wesentliche Rolle spielt. Der Diabetiker ist zusätzlich gefährdet, durch die Entwicklung eines diabetischen Fußes auf Basis der Makroangiopathie beide Extremitäten zu verlieren. So ergibt sich bei 40% der Diabetiker mit Beinamputation im weiteren Krankheitsverlauf die Notwendigkeit der Amputation auch der kontralateralen Extremität.

 

Diagnostisches Vorgehen bei PAVK

Das diagnostische Vorgehen zur Abklärung einer Verschlusskrankheit unterscheidet sich beim Diabetiker prinzipiell nicht vom Nichtdiabetiker. Im Vordergrund steht die Anamnese und klinische Untersuchung des Patienten. Die Anamnese liefert beim Auftreten einer Claudicatio-Symptomatik bereits wesentliche Anhaltspunkte über die Verschlusslokalisation. Wegen der typischen, oft isolierten Beteiligung der Unterschenkelarterien werden öfters belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Fußsohle angegeben. Dem gegenüber tritt wegen der peripheren Verschlusslokalisation die Wadenclaudicatio als Leitsymptom im Gegensatz zur meist proximal lokalisierten Verschlusskrankheit des Nichtdiabetikers in den Hintergrund.

Allerdings kann das klinische Bild der PAVK durch eine begleitende diabetische Polyneuropathie erheblich verfälscht werden. Der Verlust der Schmerzsensibilität kann die belastungsinduzierten ischämischen Wadenschmerzen und den Ruheschmerz verschleiern, womit diese alarmierenden Krankheitszeichen nicht wahrgenommen werden. Daher muss betont werden, dass gerade beim Diabetiker sehr häufig das Auftreten einer Gangrän die Erstmanifestation der Durchblutungsstörung darstellt, wobei der Patient vorher niemals an einer Claudicatio-Symptomatik gelitten hat.

Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung des Diabetikers mit peripherer Verschlusskrankheit ist sicherlich die wichtigste diagnostische Maßnahme. Bei der Inspektion ist insbesondere auf kleinste akrale Läsionen zu achten, da diese oft rasch progredient zum Ausgangspunkt einer schweren Infektion werden können. Palpatorisch werden die typischen Pulslokalisationen untersucht, wobei beim Diabetiker insbesondere die Pulspalpation der Arteria poplitea für die Abschätzung der möglichen Therapiemaßnahmen von großer Bedeutung ist.

"Die klinische Untersuchung des Diabetikers mit peripherer Verschlusskrankheit gilt als wichtigste diagnostische Maßnahme - Lokalisation und Schweregrad können ausreichend sicher berurteilt werden."

So liegt z.B. bei tastbarem Popliteapuls und fehlenden Fußpulsen eine Makroangiopathie vom Unterschenkeltyp vor, welche therapeutisch wegen der eingeschränkten Möglichkeiten einer lumeneröffnenden Therapie in diesem Bereich viel schwieriger zu beeinflussen ist als z.B. eine weiter proximal gelegene Verschlusskrankheit. Das Vorliegen einer Gangrän bei noch tastbaren Fußpulsen kann auf eine ganz periphere Makroangiopathie im Bereiche der Metatarsal- und Zehenarterien zurückzuführen sein bzw. auf einen thrombotischen Verschluss kleiner Gefäße im Rahmen einer Infektion.

Doppler-Ultraschall

Es soll besonders betont werden, dass das Vorliegen einer peripheren Verschlusskrankheit sowie deren Lokalisation und Schweregrad allein durch die klinische Untersuchung mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden können. Die apparative Zusatzdiagnostik dient in erster Linie zur Objektivierung und Dokumentation. Die im Rahmen der Routineuntersuchung am häufigsten eingesetzte und wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Messung der Arteriendrucke mit dem Doppler-Ultraschall. Es muss jedoch gerade bei der Untersuchung des Diabetikers berücksichtigt werden, dass beim Vorliegen einer Mediasklerose sich die Arterien nur sehr eingeschränkt oder gar nicht komprimieren lassen, weshalb im Vergleich zu einer invasiven Messung falsch hohe Druckwerte gemessen werden. Bei einer Diskrepanz zwischen dem klinischen Bild und der Doppler-Druckmessung muss immer an diese Möglichkeit gedacht werden. In diesen Fällen empfiehlt sich die zusätzliche Messung des Zehendruckes, da die Mediasklerose an den Arteriae digitales propriae kaum in Erscheinung tritt (siehe Abbildung 3). Allerdings lässt sich auch beim Vorliegen einer Mediasklerose der Schweregrad der Durchblutungsstörung durch eine qualitative Beurteilung der mittels Doppler-Ultraschall registrierten Flusskurven abschätzen. Im Gegensatz zur Doppler-Druckmessung ist die Doppler-Geschwindigkeitsmessung durch die mangelnde Komprimierbarkeit der Gefäßwand nicht beeinträchtigt.  

Abbildung 3: Mediasklerose im Bereiche der Metatarsal- und Digitalarterien

Zur weiteren Abklärung von Störungen im Bereich der Mikrozirkulation kommen spezielle Verfahren wie die Kapillarmikroskopie, die Laser-Doppler-Flussmessung sowie die transkutane Sauerstoffdruckmessung in Frage.

Die Wahrscheinlichkeit für das Abheilen eines diabetischen Fußulkus kann durch die nichtinvasive apparativ-funktionelle Diagnostik gut abgeschätzt werden.

In den letzten Jahren hat die (Farb-) Duplexsonographie die Angiographie für die primäre Lokalisationsdiagnose der Verschlusskrankheit zunehmend verdrängt. Allerdings ergeben sich gerade beim Diabetiker deutliche Einschränkungen dieser Methode. Darunter sind die eingeschränkte Beurteilbarkeit bei ausgedehnten Gefäßwandverkalkungen sowie die oft nur schwierige oder gar nicht mögliche morphologische Darstellung im Bereich der Unterschenkel- und Vorfußarterien zu erwähnen. Dies reduziert die Einsatzmöglichkeiten der Duplexsonographie beim Diabetiker, wo oft ausgedehnte Gefäßwandverkalkungen vorliegen und außerdem gerade die Unterschenkelarterien massiv betroffen sein können. Daher ist die Angiographie nach wie vor als diagnostischer Goldstandard der morphologischen Diagnostik der peripheren Verschlusskrankheit beim Diabetiker zu werten. Da es sich um eine invasive Untersuchung handelt, ist sie allerdings nur bei entsprechender Therapiekonsequenz indiziert. Vor der Kontrastmittelangiographie muss darauf geachtet werden, dass der Diabetiker ausreichend hydriert ist, um einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion vorzubeugen.

"Kleinste akrale Läsionen sind zu beachten, die oft rasch progredient und zum Ausgangspunkt schwerer Infektionen werden können."

In der letzten Zeit sind die Möglichkeiten und insbesondere auch die Verfügbarkeit der MR-Angiographie wesentlich verbessert worden, sodass in Hinkunft diese nichtinvasive Methode die invasive Kontrastmittelangiographie verdrängen wird.

 

Therapie der PAVK beim Diabetiker

Beeinflussung der Risikofaktoren

Die Bedeutung einer Optimierung des Risikofaktorenprofils (insbesondere im Hinblick auf Fettstoffwechsel und Hypertonie) ist gut dokumentiert und soll hier nicht weiter diskutiert werden.

Medikamentöse Sekundärprophylaxe

Die günstige Beeinflussung kardiovaskulärer Komplikationen durch die Gabe von Thrombozytenfunktionshemmern konnte bei Patienten mit PAVK ausreichend dokumentiert werden. Es liegen jedoch nur sehr wenige Daten für Diabetiker vor. Die gerade bei Diabetikern gut dokumentierte gesteigerte Plättchenaktivität lässt jedoch auch bei diesen Patienten eine Wirksamkeit dieser Medikamente erwarten. Antikoagulantien kommen in der Sekundärprophylaxe nur bei speziellen Indikationen zur Anwendung, wobei insbesondere beim Diabetiker allfällige Kontraindikationen (z.B. proliferative Retinopathie) besonders beachtet werden müssen.

Verbesserung der Symptomatik der Durchblutungsstörung

Die Trainingstherapie stellt im Stadium II (Claudicatio intermittens) die Basis der Therapie dar. Als besonders günstige Voraussetzung für eine Verbesserung der schmerzfreien Gehstrecke ist der einseitige Ein-Etagen-Verschluss des Femoralis-Stromgebiets bei gleichzeitig nicht stenosierter Arteria profunda femoris als wichtigste Kollateralarterie anzusehen. Da jedoch gerade beim Diabetiker häufig auch ausgeprägte Veränderungen im Profunda-Stromgebiet vorliegen, muss die Möglichkeit einer fehlenden Besserung durch gleichzeitig vorliegende Profundastenosen in Betracht gezogen werden.

Vasoaktive Pharmaka

Mehrere kontrollierte randomisierte Studien konnten für einige vasoaktive Substanzen nachweisen, dass sie die schmerzfreie Gehstrecke von Patienten mit Claudicatio intermittens im Vergleich zu Plazebo signifikant verbessern können. Allerdings wurden im Rahmen dieser Studien Diabetiker nicht als eigenes Kollektiv untersucht. Für die schweren klinischen Stadien III (ischämischer Ruheschmerz) und IV (Nekrose) konnte bisher keine klinische Wirksamkeit gesichert werden. Lediglich für die Substanzgruppe der Prostanoide (Prostaglandin E1; Iloprost®) ließ sich auch im klinischen Stadium III/IV nach Fontaine eine klinische Wirksamkeit dokumentieren. Es wurden auch Studien bei Diabetikern im Stadium III/IV durchgeführt, wobei ebenfalls eine klinische Wirksamkeit gesichert werden konnte.

Lumeneröffnende Therapiemaßnahmen

Bei den mit Amputationsgefährdung einhergehenden schweren Stadien der PAVK sollte, sofern irgendwie möglich, eine lumeneröffnende Therapiemaßnahme – d.h. eine Beseitigung vorhandener Stenosen oder Verschlüsse – angestrebt werden. Die modernen nichtchirurgischen Verfahren der Katheterrekanalisation (in erster Linie die PTA, „perkutane transluminale Angioplastie“) haben in den letzten Jahren einen wesentlichen Fortschritt gebracht und ermöglichen eine lumeneröffnende Therapie ohne wesentliche Belastung und Gefährdung des Patienten. Eine Katheterrekanalisation kann beim Diabetiker mit der gleichen Erfolgschance wie beim Nichtdiabetiker durchgeführt werden, allerdings sind die Langzeitergebnisse beim Diabetiker schlechter. Dies hängt einerseits mit dem rascheren Fortschreiten der Atherosklerose beim Diabetiker zusammen sowie andererseits mit der meist schlechten peripheren Ausstrombahn. Prinzipiell ist es allerdings auch möglich, Veränderungen im Bereich der Unterschenkelarterien mit speziellen Kathetertechniken zu behandeln (siehe Abbildung 1).

Bei der Unmöglichkeit einer Katheter-Rekanalisation kommen gefäßchirurgische Eingriffe zur Anwendung.

 

Anschrift des Verfassers:
Univ.-Prof. Dr. Erich Minar
Univ.-Klinik für Innere Medizin II, Klin. Abteilung für Angiologie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20

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