Plastisch-chirurgisches
Vorgehen
Verschluss der
Wunden mit Spalthaut
Liegt nur ein oberflächlicher Defekt
an der Fußsohle oder einer Zehe vor und ist der Wundgrund
sauber, kann man in seltenen Fällen mit dünner Spalthaut, entnommen
vom kontralateralen Oberschenkel, einen Wundverschluss erzielen.
Eine Bettruhe von wenigen Tagen mit Thromboseprophylaxe ist unerlässlich.
Am Fußrücken gelten in der
Behandlung von offenen Wunden oder Entzündungen dieselben Prinzipien
wie an der Fußsohle, mit dem entscheidenden Unterschied, dass hier
keine Belastungszonen vorliegen. Freiliegende Sehnen mit Verlust
des Peritendineums und andere freiliegende funktionelle Strukturen
erfordern im Prinzip den Einsatz einer Lappenplastik. In Abhängigkeit
vom Allgemeinzustand des Patienten empfiehlt sich jedoch häufig
eine Resektion der freiliegenden Sehnen mit anschließender Spalthautdeckung
des Wundbettes. Sollten Defekte mit Spalthaut verschlossen werden,
muss allerdings auf ihre höhergradige Vulnerabilität durch Schuhwerk
mittels Applikation eines Schaumstoffpolsters Rücksicht genommen
werden.
Verschluss der
Wunden mit Lappenplastiken
Ist nach dem Weichteil- und Knochendebridement
diabetischer Ulzera die Defektdeckung mit Lappenplastiken möglich,
so bieten sich im Wesentlichen drei Verfahrensweisen an, deren Anwendung
Kenntnisse über die Durchblutung von Haut, Faszien und Muskeln voraussetzt.
Zu unterscheiden sind in dieser Lokalisation Haut-, fasziokutane
sowie Muskel- bzw. myokutane Lappenplastiken, die jeweils gestielt
oder mikrovaskulär transplantiert werden können. Eine sensible Versorgung
ist stets anzustreben, gegebenenfalls mit Hilfe eines neurovaskulären
Gewebetransfers.
- Die Hautlappen werden entsprechend
ihrer Gefäßversorgung in zwei Typen eingeteilt – „random pattern“-
(zufällige Gefäßversorgung) und „axial pattern“-Lappen (in der
Längsachse verlaufende Gefäße).
- Fasziokutane Lappen werden
durch ein Gefäßsystem versorgt, das aus Perforansgefäßen besteht,
die von den regionalen Arterien entlang der intermuskulären Fasziensepten
zum tiefen Muskel-Faszienblatt verlaufen. Diese Lappenform ist
wegen ihrer Gefäßversorgung sicherer als kutane Lappen und weist
eine bessere mechanische Stabilität auf.
- Die Muskellappen werden
hauptsächlich in mechanisch geringer belasteten Arealen zur Defektdeckung
freiliegender Knochen oder offenen Gelenken verwendet. Die Blutversorgung
des Muskel- bzw. myokutanen Lappens erfolgt hauptsächlich über
die Versorgung des darunterliegenden Muskels. Diese Lappenart
weist einen hohen Wirkungsgrad bei der Vorbeugung und Behandlung
von Infektionen, vor allem von Osteomyelitis im Empfängergebiet
auf. Trotz dieses Vorteils muss der in Betracht kommende Muskel
im Spendergebiet so gewählt werden, dass nur ein minimaler Funktionsverlust
eintritt.
Im Bereich des proximalen Fußrückens
und der Knöchelregion kommen zum Verschluss kleinerer Defekte
mit freiliegenden funktionellen Strukturen Muskellappen vom Extensor
digitorum, Abductor hallucis, Flexor hallucis brevis und des Abductor
digiti minimi in Betracht.
Liegt ein Weichteildefekt mit freiliegenden
Sehnen oder Knochen vor, kann je nach Lokalisation folgendes Vorgehen
Anwendung finden:
An der Zehe …
Nach Entfernung des Ulkusgrundes werden unter Umschneidung des Zehennagels
die Weichteile vom Knochen abpräpariert, wobei auf die Schonung
der plantar seitlich gelegenen Gefäßnervenbündel zu achten ist.
Sehnennekrosen müssen in jedem Fall entfernt werden. Dieser Haut-Weichteil-Mantel
dient nach Enukleation der Zehe im MTP-Gelenk zum lockeren Weichteilverschluss
über dem MT-Kopf. Wesentlich dabei ist, dass die meist minderdurchbluteten
Weichteile nicht genäht, sondern mit Fettgaze oder einer Situationsnaht
nur locker adaptiert werden sollen. Dies ist deshalb so wichtig,
da es nach jeder Operation zu einer lokalen Ödementwicklung und
dadurch zu einer relativen Minderdurchblutung an der Nahtstelle
kommt. Ein lockerer Stahlwolle-, Watteverband und ein täglich sorgfältig
durchzuführender Verbandwechsel sind Voraussetzung für eine Per-primam-Heilung
dieser Wunden. Bei freiliegendem oder zerstörtem Kopf des MT (meist
1 oder 5) kann man die Weichteile der Zehe nach Filetierung der
Zehenknochen zur Defektdeckung an der Fußsohle verwenden.
An der Fußsohle …
… ist nach sorgfältiger Nekrosektomie, die auch eine Entfernung
eines osteolytischen Knochen betreffen kann, darauf zu achten, dass
keine Sehnensequester zurückbleiben und dass auch avitale Plantaraponeurosenanteile
exakt debridiert werden. Entlang von Sehnenscheiden oder in der
Aponeurose können sich Entzündungen nach proximal ausbreiten bzw.
Phlegmonen entstehen.
Bei Phlegmonen ist eine präoperativ
zu beginnende Antibiotikatherapie wichtig. Nach der Nekrosektomie
erfolgt eine offene Wundbehandlung. Eine Inzision und Gegeninzision
am Fuß ohne breite Eröffnung des phlegmonösen Areals und Entfernung
aller Nekrosen ist heutzutage nicht mehr zu verantworten. Eine einzeitige
Behandlung mit Debridement und Defektdeckung ist nur bei nicht infizierten
Wunden indiziert. Liegt hingegen eine schwere Wundinfektion vor,
so erfolgt der Wundverschluss zweizeitig.
Nach Nekrosektomie kann die Wundheilung
mit der VAC-Behandlung (luftdicht abgeschlossener Verband mit Saugdrainage)
beschleunigt werden.
Lokale Lappenplastiken – Rotations-
und Instep-Insellappen – bieten als Vorteile eine geringe Operationsbelastung,
haben jedoch als Nachteile eine eingeschränkte Verfügbarkeit. Liegt
bei Patienten mit diabetischen Ulzera gleichzeitig eine periphere
Gefäßkrankheit vor, sind lokale Lappenplastiken ungeeignet.
Bei orthogradem Blutstrom durch den
medialen und lateralen plantaren Ast der A. tibialis posterior können
Wunden mit einem gestielten myokutanen Flexor-digitorum-brevis-
oder mit einem an der A. plantaris medialis gestielten Instep-Insellappen
rekonstruiert werden. Bei Fehlen dieses orthograden Blutflusses
im Endstromgebiet der A. tibialis posterior sowie bei Nachweis einer
kräftigen Unterschenkelarterie oder eines funktionierenden distalen
Bypasses besteht die Indikation für eine mikrovaskuläre Lappenplastik.
Dabei kommen vor allem der A.-radialis-, der laterale Oberarm- und
der Skapulalappen zur Anwendung. Im Gegensatz zu den distalen Fußarealen
sind an der Ferse zahlreiche regionale Lappenplastiken zur Deckung
diabetischer Ulzera möglich. Mit Ausnahme des lateralen A.-calcanea-Lappens
erfordern jedoch all diese lokalen Lappen einen orthograden Blutfluss
durch die A. tibialis posterior und deren medialen bzw. lateralen
plantaren Endast. Drei intrinsische Fußmuskeln werden zum Wundverschluss
an der Ferse eingesetzt – der M. abductor hallucis für Defekte der
Ferse am Innenknöchel, der M. abductor digiti minimi für lateral
gelegene Ulzera oder der M. flexor digitorum brevis für den Fußsohlen-/Fersenbereich.
Kleine Wunden im dorsalen Fersenbereich können sehr gut durch den
lateralen A.-calcanea-Lappen gedeckt werden, zumal die A. fibularis
als letzte atherosklerotische Veränderungen beim Diabetiker aufweist.
Weiters eignet sich neben dem Instep-Lappen ein an der A. plantaris
medialis gestielter fasziokutaner Lappen sowie der gestielte A.-dorsalis-pedis-Insellappen.
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