Das diabetische Fußsyndrom
wurde für das Heft von ANTIBIOTIKA MONITOR tom. XVII, 1/2/2001 als
Thema gewählt, um zu unterstreichen, welche enorme Bedeutung dieser
Diabeteskomplikation zukommt. Fußamputationen werden bei Diabetespatienten
zehnmal häufiger durchgeführt als in der nichtdiabetischen Bevölkerung.
50% aller Fußamputationen weltweit erfolgen bei Diabetespatienten,
obwohl diese nur ca. 5% der Gesamtpopulation ausmachen. Patienten
mit Fußamputationen haben eine sehr schlechte Langzeitprognose. Nach
einer prospektiven Studie leben nach 5 Jahren nur mehr 27% dieser
Patienten (Apfelquist et al., J. Intern. Med. 233:485, 1993). Circa
9% aller Diabetespatienten erleben lebenslang zumindest einmal ein
Fußulkus. Diabetespatienten mit einem Fußulkus haben ein signifikant
erhöhtes Risiko eine Fußamputation zu erleiden. Eine spezielle Fußschulung
kann bei diesen Hochrisiko-Patienten die Amputationsrate von 12% auf
4% senken, wie in einer prospektiv randomisierten Studie gezeigt werden
konnte.
Im vorliegenden ANTIBIOTIKA MONITOR
wird diese bedrohliche Komplikation von führenden Experten unseres
Landes, die in verschiedenen Fachdisziplinen (Diabetologen, Angiologen,
Neurologen, Gefäßchirurgen, Infektiologen, orthopädische Chirurgen
und plastische Chirurgen) tätig sind, aus allen Blickwinkeln beleuchtet.
Die unbedingt notwendige interdisziplinäre Kooperation zur optimalen
Betreuung und Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom
geht aus den detaillierten Informationen zwingend hervor.
Eine erfolgreiche Prävention des
diabetischen Fußsyndroms wird allerdings nur dann erreicht werden,
wenn eine regelmäßige Fußinspektion – insbesondere bei Risikopatienten
– von allen mit Diabetespatienten konfrontierten Ärzten durchgeführt
wird. Bei frühzeitiger Erfassung und rechtzeitiger intensiver Behandlung
kann das rasche Fortschreiten des diabetischen Fußsyndroms bis hin
zur Amputation oft verhindert werden. Eine vor kurzem veröffentlichte
Studie aus Kopenhagen zeigt den eindrucksvollen Rückgang der Fußamputationen
im Zeitraum von 1981 bis 1995 von 27 auf 7 Fußamputationen pro 100.000
Menschen (Holstein et al., Diabetologia 43: 844, 2000).
Der Rückgang der Fußamputationen
um 75% war bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (Rückgang von 17,2 auf
2,8 pro 100.000 Menschen; 84%) noch ausgeprägter als bei Patienten
mit Typ-1-Diabetes (Rückgang von 10,0 auf 4,1 pro 100.000 Menschen;
59%). Der dramatische Rückgang der Fußamputation war mit der Einrichtung
einer multidisziplinären Diabetesfußklinik sowie mit vermehrten
Revaskularisationsmaßnahmen verknüpft. Ein infrapoplitealer arterieller
Bypass nahm im beobachteten Zeitraum von 0 auf 13/100.000 Menschen
zu, die gesamte Zahl an Revaskularisationsmaßnahmen stieg von 2,6
auf 19,2/100.000 Menschen an.
Gemeinsame intensive Anstrengungen
vom Hausarzt bis hin zum Diabeteszentrum sind unbedingt notwendig,
um die Rate der Fußamputationen um mindestens 50% (St.-Vincente-Deklaration)
zu senken.
Prim.
Univ.-Prof. Dr. G. Schernthaner
Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft
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