E. Schmutzhard, B. Pfausler, H.
Spiss, K. Engelhardt
Univ.-Klinik für Neurologie, Neurologische Intensivstation,
Innsbruck
(Leiter: Univ.-Prof. Dr. E. Schmutzhard)
|
Definition
Eine akute purulente Meningitis ist
eine akute (bis subakute) Infektion der Leptomeningen, die durch
die Bluthirnschranke überwindende Bakterien oder, in seltenen Fällen,
Protozoen (frei lebende Amöben) verursacht wird und mit charakteristischen
chemischen und zellulären Veränderungen des Liquor cerebrospinalis
vergesellschaftet ist.
Theoretisch kann jedes Bakterium eine
akute Meningitis verursachen. Die wichtigsten bakteriellen Erreger
einer community-akquirierten bakteriellen Meningitis sind
- Haemophilus influenzae Typ
B (HlB),
- Neisseria meningitidis (Meningokokken)
und
- Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken).
Nicht bakterielle Erreger einer purulenten
Meningitis sind frei lebende Amöben der Spezies Naegleria fowleri.
|
Epidemiologie
Die Inzidenz der akuten purulenten
Meningitis beträgt 3-10/1 00.000 Menschen pro Jahr. Im ersten Lebensmonat
ist die altersspezifische Inzidenz am höchsten, ca. 2/3 aller sporadischen
purulenten Meningitisfälle werden bei Kindern unter 5 Jahren beobachtet,
ca. 3/4 aller purulenten Meningitisfälle bei Kindern und Jugendlichen
unter 15 Jahren. Es besteht ein leichtes Überwiegen weiblicher Patienten
(m:w = 1: 1,7). Neben den Alters- und Geschlechtsunterschieden sind
vor allem geographische Unterschiedlichkeiten sowohl in der Inzidenz
als auch im Erregerspektrum besonders hervorzuheben. Während Meningokokken
die einzigen Erreger sind, die größere bzw. bedrohliche Epidemien
einer bakteriellen Meningitis verursachen, können sporadisch auftretende
purulente Meningitiden theoretisch von jedem bakteriellen Erreger
ausgelöst werden. Die relative Häufigkeit, mit der die einzelnen
Bakterienspezies eine purulente Meningitis verursachen, ist eindeutig
altersabhängig. E. coli, Gruppe-B-Streptokokken, Listeria
Spezies sowie Pseudomonas Spezies spielen bei Neugeborenen (<
1 Monat) eine überwältigende Rolle. Bei Kindern wurde bis zur Einführung
der aktiven Immunisierung gegen HiB dieser Meningitiserreger am
häufigsten gesehen, bei ausreichendem HiB-Durchimpfungsgrad sind
derzeit Meningokokken, aber auch Pneumokokken die häufigsten Meningitiserreger
bei den unter 15-Jährigen. Im höheren Lebensalter sind Pneumokokken
(bis zu 50% aller Meningitisfälle), seltener Meningokokken,
sowie Listerien die häufigsten Erreger der community-akquirierten
Meningitis (in dieser Reihenfolge).
Tabelle 1 listet die altersbezogenen
prädisponierenden Faktoren.
Tabelle 1: Altersabhängige
prädisponierende Faktoren für eine akute bakterielle
Meningitis
|
Alter
< 5 Jahre
|
Erwachsene
|
|
Sichelzellerkrankung |
+
|
|
Immunglobulindefizienz |
+
|
+
|
Splenektomie |
+
|
+
|
Z.n. Schädelhirntrauma,
Liquorleck |
+
|
+
|
Paranasale
Infektion (Sinusitis, Otitis) |
+
|
+
|
Pneumonie |
|
+
|
Diabetes
mellitus |
|
+
|
Chronische
Alkoholkrankheit |
|
+
|
|
|
|
Pathogenese
Eine bakterielle community-akquirierte
Meningitis durch die drei wichtigsten Erreger (HiB, Meningokokken
und Pneumokokken, i.e. enkapsulierte Mikroorganismen) läuft entsprechend
einer typischen Abfolge von Ereignissen ab: Die initiale Kolonisierung
der Schleimhaut des oberen Respirationstraktes wird von einer hämatogenen
Streuung gefolgt, die Bluthirnschranke wird penetriert, und die
Erreger vermehren sich letztlich im Liquor-/Subarachnoidalraum.
Die Polysaccharidkapsel ist typisch für die wichtigsten 3 Meningitiserreger
(HiB, Meningokokken, Pneumokokken), aber auch für E. coli
oder Gruppe-B-Streptokokken (siehe Neugeborenenmeningitis). Diese
Kapselbildung ist ein wesentlicher Schutzmechanismus vor der Phagozytose
durch neutrophile Granulozyten und inhibiert auf verschiedene Weisen
die antikörperunabhängige komplementmediierte bakterizide Aktivität.
Im Affenexperiment konnte gezeigt werden, dass die initiale Eintrittspforte
von HiB in das zentrale Nervensystem der Plexus chorioideus ist,
der die frühesten histopathologischen Entzündungszeichen zeigt.
Nach dem Verlassen der entzündlich veränderten Plexus-chorioideus-Kapillaren
invadieren die Erreger die Seitenventrikel und letztlich den Subarachnoidalraum.
|
Mikrobiologie
Obwohl geographische/regionale Unterschiede
bestehen, sind weltweit gesehen ca. 75-80% aller community-akquirierten
bakteriellen Meningitiden den großen drei zuzuordnen: Haemophilus
influenzae Typ B (HiB), Neisseria meningitidis (Meningokokken)
und Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken), wenngleich die
unterschiedliche Gewichtung dieser Erreger nicht nur geographisch,
sondern auch im Verlauf der Zeit durch gesundheitspolitische Maßnahmen
(z.B. HiB-Impfung) beeinflusst wurde. Tabelle 2 listet die altersspezifische
Häufigkeit der wichtigsten Erreger auf.
Tabelle 2: Altersspezifische
Häufigkeit der wichtigsten Erreger einer akuten bakteriellen
Meningitis
|
|
|
|
H. influenzae |
Meningokokken |
Pneumokokken |
Gramnegative Bakterien |
Streptokokken |
Staphylokokken |
Listerien |
|
0
- 3
|
0
- 1
|
0
- 5
|
50
|
30
|
5
|
1
- 10
|
|
50
|
30
|
15
|
1
- 2
|
2
- 4
|
1
- 2
|
1
- 2
|
|
1
- 3
|
25
|
40
|
1
- 10
|
5
|
1
- 15
|
5
|
|
|
Einteilung der Meningokokken in
Serogruppen und Subtypen
Die Klassifizierung in Serogruppen
beruht auf strukturellen Unterschieden in den Kapselpolysacchariden
sowie auch unterschiedlichen Agglutinationsreaktionen mit spezifischen
Antisera. Die Serogruppenklassifizierung hat epidemiologische und
gesundheitspolitische Implikationen. Derzeit sind 13 Serogruppen
bekannt: A, B, C, D, H, I, K, L, X, Y, Z, 29 E und W 135. Serogruppen
A, B, C, y und W 135 stellen den überwiegenden Anteil an Meningokokkenerkrankungen.
In Mitteleuropa spielen vor allem Serogruppe-B-Meningokokken (in
jüngsten Jahren auch Serogruppe C) eine wesentliche Rolle, während
im so genannten Meningitisgürtel Afrikas, aber auch in Nordindien
und Nepal die letzten Epidemien durch Serogruppe-A-Meningokokken
bedingt waren.
|
Symptomatik
Neurologische Symptomatik (Tab.
3)
Mehr als die Hälfte der
Patienten mit einer community-akquirierten bakteriellen Meningitis
berichten über Symptome des oberen Respirationstraktes im Sinne
eines grippalen Infektes, einer Pharyngitis, oder auch Otitis media,
die der eigentlichen Erkrankung vorausgehen. Der Übergang in die
meningitische Symptomatik geht bei bis zu 50% der Patienten in einem
Zeitraum von 1- 7 Tagen vor sich, so dass die Frühdiagnose bei diesen
Patienten oft schwierig zu stellen ist. In den übrigen 50 (-75)%
der Patienten ist der Krankheitsbeginn akut bis perakut, mit einer
Dauer von wenigen Stunden bis 1 Tag. Nach einer kurzen Phase von
uncharakteristischen Symptomen wie Nausea, all- gemeinem Krankheitsgefühl,
Muskelschmerzen entwickelt sich ein charakteristischer Symptomenkomplex,
der als meningeales Syndrom bezeichnet wird.
Tabelle 3: Typische neurologische
und allgemeine/systemische Symptomatik bei bakterieller Meningitis
Alter |
Neurologische
Symptomatik |
Systemische
Symptomatik |
|
<
5 Jahre |
Menigismus
Beeinträchtigung der Bewusstseinslage
Kopfschmerzen
Reizbarkeit/organisches Psychosyndrom
Erbrechen/Nausea
Zerebrale Anfälle
Ataxie
Neurologische Herdsymptome
Hirnnervenläsion |
Fieber
Zeichen einer Infektion des oberen Respirationstraktes
Petechien od. Purpura
Veränderungen von:
Qualität des Schreiens
Hautfarbe
Hydrationszustand
Antwort auf sozialen Stimulus |
|
15
- 50 Jahre |
Menigismus
Veränderung der Bewusstseinslage, Desorientiertheit
Verwirrtheit
Erbrechen/Nausea
Photophobie
Hirnnervenläsionen |
Fieber
Symptome des oberen Respirationstraktes
Petechien/Purpura
Sepsissyndrom |
|
>
50 Jahre |
Menigismus
Desorientiertheit, Verwirrtheit
Bewusstseinstrübung-Koma
Kopfschmerzen
Zerebrale Krampfanfälle bis zum Status epilepticus
Neurologische Herdsymptome
Hirnnervenläsionen
Hirnstammsymptomatik |
Fieber
Symptome des oberen Respirationstraktes
Sepsissyndrom |
|
|
Meningeales Syndrom (charakteristischer
Symptomenkomplex)
- Kopfschmerzen
- Photophobie
- Nackensteifigkeit bis zum Opisthotonus
- Positives Lasègue-Zeichen
- Positives Kernig-Zeichen und positives
Brudzinski-Zeichen
- Vegetative Störungen
- Hyperpathie der Haut
- Im Verlauf - psychomotorische Beeinträchtigung
Die klassische Trias der bakteriellen
Meningitis mit Nackensteifigkeit, Fieber und Veränderung der Bewusstseinslage
findet man bei maximal 2/3 der Patienten mit community-akquirierter
bakterieller Meningitis. Allerdings ist in nahezu allen Fällen zumindest
eines der drei Symptome deutlich ausgeprägt
Zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung
weisen 80% der erwachsenen Patienten mit bakterieller Meningitis
eine Beeinträchtigung des Bewusstseins oder der Bewusstheit auf.
Ca. die Hälfte der Patienten sind zu diesem Zeitpunkt verwirrt,
desorientiert oder somnolent, 1/5 der Patienten zeigt einen Sopor,
nur auf stärkere äußere Reize bzw. Schmerzreize antwortend/reagierend,
mindestens 5% der Patienten sind zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung
bereits komatös. Das Ausmaß der Bewusstseinsstörung zum Zeitpunkt
des Therapiebeginns beeinflusst eindeutig die Prognose. Neben der
Beeinträchtigung der Bewusstseinslage sind beim Erwachsenen, insbesondere
bei Pneumokokkenmeningitis, und bei Kindern mit HiB-Meningitis bei
nahezu einem Drittel der Patienten tonisch klonisch generalisierte
Anfälle zu beobachten. Bei 10-20% der Patienten, häufiger bei Pneumokokken-
als HiB- oder Meningokokkenmeningitis, finden sich fokale neurologische
Ausfälle. Nur selten treten neurologische Herdsymptome in der Frühphase
der bakteriellen Meningitis (insbesondere Pneumokokkenmeningitis)
auf, eventuell als so genannte Todd' sche Parese nach einem fokal
eingeleiteten, sekundär generalisierten tonisch klonischen Anfall.
Erst im Verlaufe einer bakteriellen (bes. Pneumokokken-) Meningitis
(Tag 4 - 7) finden sich vaskulär-ischämisch bedingte Herdsymptome
(bei Arteriitis) bzw. Herdsymptome (und eventuell auch fokale und/oder
generalisierte tonisch klonische Anfälle) als Folge einer septischen
Sinusvenenthrombose. Ca. ein Drittel aller intrakraniellen Komplikationen
sind zerebrovaskulärer Natur, sie inkludieren Vasospasmus, vaskulitische
Verschlüsse, aneurysmatische Ausweitungen, Extravasation des Kontrastmittels
sowie Thrombose der kortikalen Venen oder der zerebralen Sinus.
Ein diffuses Hirnödem, ein Hydrocephalus
occlusus oder aresorptivus führt zur raschen Entwicklung der klinischen
Symptome eines erhöhten Hirndrucks mit Störung der Pupillenmotorik,
der Optomotorik, dem Auftreten von Koma, vegetativen Symptomen (Bradykardie,
Atemregulationsstörung) und letztlich dem Auftreten von Dekortikations-
und Dezerebrationsmustern. Aufgrund der raschen Dynamik, mit der
sich die Hirndruckerhöhung entwickelt, ist fundoskopisch praktisch
nie eine Stauungspapille zu sehen. Das Vorhandensein einer solchen
weist immer auf andere eigenständige oder auch mit der aktuellen
Infektionskrankheit in Zusammenhang stehende Erkrankungen, wie subdurales
Empyem oder Hirnabszess hin.
Andere Organmanifestationen (Tab.
3)
25 bis 50% der erwachsenen Patienten mit Pneumokokkenmeningitis
zeigen zum Zeitpunkt der Aufnahme eine Pneumonie. Eine Otitis media
oder paranasale Sinusitis wird bei bis zu einem Drittel der Pneumokokkenmeningitis-Patienten
gesehen. Andere parameningeale infektiöse Foci oder ein Liquorleck
nach Schädelhirntrauma sind ebenfalls wesentliche prädisponierende
Faktoren.
Petechien oder eine purpura fulminans,
die hauptsächlich im Bereich der Extremitäten, aber auch - insbesondere
im Verlaufe - am Stamm lokalisiert sind, letztlich im Bereich der
Schleimhäute ebenfalls zur Beobachtung kommen, weisen in Zusammenhang
mit Fieber und Meningismus und dem typischen Alter (2-6 Jahre, bzw.
14-20 Jahre) unter allen Umständen auf eine Meningokokkenerkrankung
hin. Ca. 50% aller Patienten mit einer Meningokokkenmeningitis zeigen
diese Hautveränderungen. Bei schweren Verläufen entwickeln sich
Nekrosen der Haut, eventuell Gangrän von Zehen, Fingern und in seltenen
Fällen der Extremitäten. 10 bis 20% der Patienten mit einer Meningokokkeninfektion
(Meningitis plus Bakteriämie) entwickeln ein Waterhouse-Friderichsen-Syndrom,
das durch den plötzlichen Beginn einer fieberhaften Erkrankung,
große konfluierende Petechien und Ekchymosen der Haut und Schleimhäute,
inklusive Gangränentwicklung der Extremitäten oder Finger/Zehen
gekennzeichnet ist, außerdem besteht ein septischer Schock mit massivster
Hypotonie, Tachykardie, eine schwerste disseminierte intravasale
Gerinnungsstörung und eine Nebennierennekrose.
|
Diagnostik
Neurologische Diagnostik
Eine bakterielle Meningitis muss bei jedem Patienten mit der typischen
Trias des meningealen Syndroms - Nackensteifigkeit, Fieber, Veränderung
der Bewusstseinslage - vermutet werden. Bei älteren Menschen, bei
bestimmten Erregern (gramnegativen) sowie bei komatösen Patienten
können allerdings der typische Meningismus und die meningealen Irritationszeichen
fehlen. Nur zwei Drittel der Patienten mit community-akquirierter
bakterieller Meningitis zeigen diese klassische Trias, allerdings
ist praktisch in jedem Fall zumindest eines dieser drei Symptome
deutlich ausgeprägt.
Lumbalpunktion
Zur Sicherung der Diagnose einer bakteriellen Meningitis ist die
Lumbalpunktion essentiell. Allerdings muss bei Vorhandensein einer
Bewusstseinsstörung (Verdacht auf erhöhten intrakraniellen
Druck) und insbesondere bei eindeutig fassbaren neurologischen Herdsymptomen
(Verdacht auf Hirnabszess, subdurales Empyem) einer Lumbalpunktion
eine bildgebende Untersuchung, z.B. eine zerebrale Computertomographie,
vorausgehen. Die in der Diagnostik der akuten bakteriellen Meningitis
wesentlichen Liquorparameter sind in Tabelle 4 aufgelistet.
Tabelle 4: Wesentliche Liquorparameter
|
Akute
Phase |
Proliferationsphase
(subakut) |
Reparationsphase |
|
Farbe |
Eitrig
trüb |
Trüb
bis klar |
Klar |
|
Zellzahl |
Zu Beginn
evtl. < 300/µl,
rasch > 1000/µl |
> 100/µl |
30 - 90/µl |
|
Zellbild |
Überwiegend
segmentkernige, neutrophile Granulozyten, auch monozytäre
und histioetikuläre Zellen, selten lymphozytäre
Zellen |
Abfall
der segmentkernigen Granulozyten, Anstieg der monozytären
und lymphozytären Zellen, einzelne Plasmazellen |
Gemischtzellig,
lymphozytäre Zellen |
|
Eiweiß |
> 100
mg/dl |
ca. 100
mg/dl |
Normal |
|
Zucker |
< 40
mg/dl |
Normalisierung |
Normal |
|
Liquor/Serum
Glukose-Ratio |
< 0,4 |
< 0,4 |
Normal |
|
Laktat |
> 3,8
mmol/l |
Normalisierung |
Normal |
|
|
Mikrobiologische Diagnostik
Bei der akuten bakteriellen Meningitis muss bei der Lumbalpunktion
immer auch die Asservierung einer maximal sterilen Probe zur Liquorkultur
gefordert werden. Während bei unbehandelten Patienten mit bakterieller
Meningitis das Ergebnis der Liquorkultur in 70 bis 90% ein positives
Ergebnis bringt, sinkt dieser Prozentsatz nach antibiotischer Vorbehandlung
auf 30 bis 50%. Neben der Liquorkultur sind bei Patienten mit community-akquirierter
Meningitis auch Blutkulturen und Rachenspülflüssigkeitskulturen
vor dem Beginn der antibiotischen Therapie zu gewinnen.
Die Untersuchung des Liquors mittels
Gramfärbung erlaubt eine rasche und akkurate Identifizierung des
Erregers. Wenn der Liquor trüb ist, wird er zur Gramfärbung nativ
verwendet, bei klarem Liquor sollte er vor der Gramfärbung zentrifugiert
werden.
Während des Krankheitsverlaufes
sind folgende Symptome unbedingte Indikationen zur Durchführung
einer zerebralen CT (oder MRT):
- Persistierendes Fieber
- Neu sich entwickelndes Fieber
- Prolongiertes neurologisches Defizit
oder Bewusstseinstrübung
- Neu auftretende rezidivierende zerebrale
Anfälle
- Zeichen des erhöhten Hirndrucks
- Neuentwicklung fokaler neurologischer
Defizite
Typische CT-Befunde:
- Anspeicherungen der Leptomeningen
und des Ventrikelependyms
- Hirnödem mit Verstreichung der Gyri-Sulci-Zeichnung
und Aufhebung des kortikomedullären Kontrastes
- In Einzelfällen - ein Hydro-/Pyocephalus
|
Komplikationen
Neurologische und nicht neurologische
Komplikationen tragen zur nach wie vor beträchtlichen Morbidität
und Mortalität der community-akquirierten bakteriellen Meningitis
bei. Nur knapp mehr als die Hälfte der Patienten wird nach einer
bakteriellen Meningitis wieder vollständig hergestellt sein. Akute
Komplikationen (Frühkomplikationen), die in den ersten wenigen
Tagen der akuten bakteriellen Meningitis auftreten, intermediäre
Komplikationen, die nach 3-8 Tagen typischerweise den Verlauf
prägen, und Langzeitkomplikationen, die auch nach mikrobiologischer
vollständiger Heilung persistieren, erschweren den Krankheitsverlauf.
Neurologische und nicht neurologische
Komplikationen stellen gleichermaßen oft unüberwindliche Anforderungen
an das Behandlungsteam. In einem unselektionierten Patientengut
von 86 konsekutiven adulten Meningitisfällen traten bei 15,1%
zerebrovaskuläre Komplikationen auf, bei 14% ein Hirnödem, bei je
11,6% ein Hydrocephalus und septisches Schockgeschehen, bei 8,1%
eine disseillinierte intravasale Koagulopathie, 8,1% entwickelten
eine transtentorielle Herniation und bei 3,5% verkomplizierte ein
ARDS den Verlauf. Insbesondere früh irn Krankheitsverlauf sind bestimmte
bakterielle Erreger typisch für einzelne Komplikationen (Tab. 5).
Tabelle 5: Komplikation
der akuten bakteriellen Meningitis
|
Hörverlust/Taubheit |
HiB, Meningokokken,
Streptococcus sius |
Anfälle |
Pneumokokken, HiB,
Gruppe-B-Streptokokken |
Neurologische Herdsymptomatik
(vaskulär/ischämisch) |
Pneumokokken |
Hirnvenen-/Sinusvenenthrombose |
HiB |
Hydrocephalus |
HiB, Gruppe-B-Streptokokken,
Pneumokokken |
Hirnnervenläsionen |
Meningokokken, Listerien |
Panophtalmitis |
Meningokokken, Pneumokokken,
HiB |
Subduraler Erguss |
HiB, Pneumokokken |
Septische Arthritis |
Meningokokken, Staphylococcus
aureus |
Herpes labialis |
Pneumokokken, Meningokokken |
Purpura, Petechien |
Meningokokken, Pneumokokken,
Listerien |
Schocksyndrom |
Meningokokken, andere
gramnegative Bakterien |
|
HiB: Haemophilus
influenzae Typ B |
|
|
|
Differentialdiagnose
Tabelle 6 listet die wesentlichen
Differentialdiagnosen der akuten bakteriellen Meningitis auf.
Tabelle 6: Differentialdiagnose
einer akuten bakteriellen, eitrigen Meningitis
Diagnose |
Differentialdiagnostisches
Stichwort |
Differentialdiagnostische
Untersuchung |
|
Virale
Meningitis |
Saisonale
Verteilung,
Leukozyten, CRP, Liquor |
Liquor,
Blutbild, CRP |
Akute
syphilitische Meningitis |
Schanker,
makulopapulöses Exanthem,
generalisierte Lymphadenopathie |
Liquor,
THPA, VDRL |
Neuroborreliose |
Zeckenstich,
Erythema migrans,
saisonale Verteilung |
Liquor,
Serologie |
Leptospirenmeningitis |
Exposition,
biphasischer Verlauf, Konjunktivitis |
Liquor,
Serologie |
Rickettsien |
Exposition,
Arthropodenstich, Hautmanifestation |
Hautbiopsie |
Tuberkulöse
Meningitis |
Exposition,
Krankheitsverlauf
(subakut bis chronisch) |
Liquor,
deutlich erhöhtes Liquoreiweiß,
Bildgebung: basale Meningitis, Hydrocephalus |
Pilzmeningitiden |
Subakut
bis chronisch, Exposition;
Immunsuppression |
Liquor,
Tuschepräparat,
Antigen-Detektion |
Akute
purulente Meningitis durch frei lebende Amöben
(Naegleria fowleri) |
Schwimmbadexposition,
Jahreszeit (Sommer),
warmes Klima |
Ausschließlich
Granulozyten,
negative Gramfärbung im Liquor;
Trophozoiten im Nativ-Liquor |
Septische
Herdenzephalitis bei bakterieller Endokarditis |
Embolische
Hirninfarkte,
mykotische Aneurysmen |
Bildgebung,
Blutkultur, Echokardiographie,
Gramfärbung aus Hautabstrichen |
Chemische
Meningitis |
Kraniopharyngeom,
Epidermoidtumor
(insbes. hintere Schädelgrube) |
Bildgebung |
Hypersensivitätsreaktion
(eine Meningitis ist in seltenen Fällen das
führende Symptom) |
Medikamentenexposition |
Anamnese,
Eosinophilie |
Systemischer
Lupus erythematodes |
Grundkrankheit,
Hautläsionen |
Antinukleäre
Antikörper |
Behçet-Syndrom |
Urogenitale
Ulzera, Uveitis, Arthritis |
HLA B
27 |
Mollaret-Meningitis |
Rezidivierende
mononukleäre Pleozytose |
Epitheliale/endotheliale
Zellen im Liquor |
Hirnabszess |
Initiale
Herdsymptomatik |
Bildgebung
Cave: Lumbalpunktion |
Epi-,
subdurales Empyem |
Frühzeitig
ausgeprägte Herdsymptomatik,
einseitiger Kopfschmerz |
Bildgebung
Cave: Lumbalpunktion |
Septische
Sinusvenenthrombose |
Parameningeale
Infektion,
hämorrhagische venöse Infarzierung |
Bildgebung,
Kernspintomographie,
evtl. zerebrale Panangiographie |
Zerebrale
Malaria |
Tropenaufenthalt,
Fiebertyp,
normale Leukozytenzahl |
Blutausstrich |
Malignes
Neuroleptikasyndrom |
Neuroleptikatherapie,
Rigor aller Extremitäten,
Rhabdomyolyse |
CPK, Myoglobinurie |
Subarachnoidalblutung |
Plötzliche
Kopfschmerzen,
kein Fieber |
Zerebrale
Computertomographie,
blutiger (xantochromer) Liquor,
zerebrale Panangiographie |
|
|
|
Therapie bzw. Management
Die Tabellen 7 - 11 listen die empirische
bzw. fokussierte antibiotische Therapie und ihre Dosis. Abbildung
1 stellt den empfohlenen Management-Algorithmus dar.
Abbildung 1: Empfohlener
Management-Algorithmus
VERDACHT
AUF BAKTERIELLE MENINGITIS
|
|
Hautinspektion
Vitalparameter kontrollieren
Atmung sicherstellen, rechtzeitige Intubation
Schocktherapie, wenn erforderlich
Etablierung eines venösen Zuganges
|
|
Beeinträchtigung
der Bewusstseinslage (Somnolenz, Stupor, Koma)
oder
Papillenödem bei Fundoskopie
oder
Fokal-neurologisches Defizit
|
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NEIN
|
|
|
|
|
JA
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
BLUTKULTUR
RACHENSPÜLFLÜSSIGKEITSKULTUR
|
BLUTKULTUR
RACHENSPÜLFLÜSSIGKEITSKULTUR
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Empirische
Antibiotikatherapie
|
|
|
|
|
|
|
|
CCT
(evtl. mit i.v. Kontrastmittelapplikation)
|
|
|
|
|
|
Keine
Raumforderung
|
Raumforderung
|
|
|
|
|
Lumbalpunktion
|
|
Hirnabszess,
Epiduralabszess, Subduralempyem
Neurochirurgische und HNO-Untersuchung
und evtl. Intervention (mit Keimgewinnung)
|
GRAMFÄRBUNG
UND LIQUORKULTUR
|
|
|
|
|
Antibiose gezielt
oder empirisch,
inkl. Anaerobier
|
Liquor
typisch für bakterielle Meningitis
|
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|
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|
|
|
|
NEIN
|
JA
|
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|
|
|
Differentialdiagnosen
|
Gramfärbung
(oder Antigentest)
|
|
|
|
|
|
|
|
NEGATIV
|
POSITIV
|
|
|
|
|
|
|
Empirische
Antibiotikatherapie
|
Gezielte
Antibiotikatherapie
|
|
|
|
|
Behandlung
von Komplikationen (DIC, Schock, SIADH, Hirnödem,
zerebrale Krampfanfälle,
zerebrale Ischämie, septische Sinusvenenthrombose,
Hydrocephalus, Pyocephalus etc.)
|
|
|
Behandlungsdauer der antibiotischen
Therapie:
- Meningokokken: 7 - 10 Tage
- Pneumokokken: 10 - 14 Tage
- HiB: 7 - 14 Tage
- Listerien: 3 - 6 Wochen
- Gruppe-B-Streptokokken,
- Staphylokokken,
- gramnegative Stäbchen: bis zu 3
Wochen
Eine Lumbalpunktion 24 - 48 Stunden
nach Antibiotikabeginn ist zu empfehlen, vor allem um die Sterilisierung
des Liquors feststellen zu können. Zu diesem Zeitpunkt ist die Zellzahl
im Liquor nicht selten noch weiter angestiegen, und die Gramfärbung
kann noch positiv sein, wenngleich die Kultur negativ bleibt, da
die in der Gramfärbung gesehenen Erreger nicht mehr vermehrungsfähig
sind. Die nach Beendigung der Antibiotikatherapie durchgeführte
abschließende Lumbalpunktion unterstützt den klinischen Eindruck,
die Afebrilität und die Normalisierung der Entzündungsparameter
im Serum (Leukozytenzahl, CRP). Ein persistierendes Fieber über
10 Tage ist praktisch nie durch die Meningitis selbst bedingt, sondern
muss Anlass geben, nach anderen Ursachen zu suchen, wie z.B. subdurales
Empyem, extrazerebrale infektiöse Foci, medikamenteninduziertes
Fieber etc. (Tab. 12).
Ein guter Therapieerfolg ist gegeben,
wenn der Liquor innerhalb von 24 Stunden steril wird, die Liquorglukose
nach 3 Tagen 40 mg/dl erreicht und das Liquoreiweiß nach 5 - 7 Tagen
wieder im Normbereich ist, Fieberfreiheit besteht und die Zellzahl
im Liquor unter 30/mm3 liegt. Zur Entlassung aus dem Krankenhaus
muss eine komplette Normalisierung der Laborwerte nicht abgewartet
werden, entscheidend ist, neben den o. a. Laborparametern, der klinische
Verlauf und Zustand.
Adjuvante Therapie
Bakteriolytisch wirkende Antibiotika setzen bakterielle Zellwandbestandteile
in überwältigender Menge frei, diese führen zu einer akuten Stimulation
der inflammatorischen Kaskade mit Freisetzung von Zytokinen (TNF-alpha,
lnterleukin-1 u.a.) und Prostaglandinen. Aus diesem Grunde könnte
es möglich sein, dass eine Reduktion der Entzündungsantwort im Subarachnoidalraum
mittels antiinflammatorischer Agenzien, gemeinsam mit der Antibiotikatherapie,
den Verlauf und das Langzeitergebnis bei einem Patienten mit einer
community-akquirierten bakteriellen Meningitis günstig beeinflusst.
Unter dieser Vorstellung wurde in bisher 9 randomisierten doppelblinden
Studien Dexamethason verabreicht. Bei Säuglingen und Kindern ist
Dexamethason imstande, die postmeningitische Hörminderung/Taubheit
(sensonneurale) signifikant zu reduzieren. Eine tägliche Dosis von
10 bis 12 mg/m2 Körperoberfläche (= 0,6 mg/kg Körpergewicht),
auf 4 Tagesdosen aufgeteilt, wird für die Dauer von 3 bis 4 Tagen
empfohlen. Wenn Kortikosteroide verabreicht werden, sollen sie unmittelbar
vor oder zumindest gleichzeitig mit der ersten intravenösen Dosis
des Antibiotikums verabreicht werden. Eine Studie zeigte, dass erwachsene
Patienten, die Dexamethason erhielten, eine geringgradig niedrigere
Mortalitätsrate bei Pneumokokkenmeningitis aufwiesen. Weitere Studien
sind derzeit im Laufen, die Ergebnisse müssen abgewartet werden,
bevor eine definitive Empfehlung zum Gebrauch von Dexamethason bei
erwachsenen Patienten mit einer community-akquirierten Meningitis
gegeben werden kann.
Neben den Kortikosteroiden wurden
nichtsteroidale antiinflammatorische Substanzen, Prostaglandininhibitoren,
Antiendotoxin-bindende Substanzen, monoklonale Antikörper gegen
Endotoxin, Adhäsionsmoleküle, Zytokine etc., Tumor-Nekrose-faktor,
Alpha-Antagonist (Pentoxifyllin), Thalidomid, das imstande ist,
die TNF-alpha-Freisetzung zu blockieren, sowie Antioxidantien verabreicht,
ohne jedoch das Ergebnis zu beeinflussen. Die maximal mögliche Flüssigkeitsrestriktion
bei Kindern führt eher zu einer Verschlechterung des Verlaufs und
der Langzeitergebnisse einer kindlichen bakteriellen Meningitis.
Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass es bei bakterieller Meningitis
durch multiresistente Pneumokokken durch eine Reduktion der meningealen
Inflammation und damit Reduktion der Durchlässigkeit der Bluthirnschranke
(z.B. durch Steroide) nicht möglich ist, ausreichende Liquor-Vancomycinspiegel
zu erreichen.
Interdisziplinäre Therapie
Ein Patient mit einer bakteriellen Meningitis und einem begleitenden
Sepsissyndrom bedarf aggressiver und invasiver intensivmedizinischer
Maßnahmen, wie z.B. zentralvenöser Katheter, eventuell sogar Pulmonalis-Katheter
(Swan-Ganz-Katheter), frühzeitige Intubation und kontrollierte Beatmung,
ausreichendes und kontrolliertes Flüssigkeits- und Elektrolytmanagement,
ausreichende Analgosedierung und frühzeitige parenterale, so rasch
wie möglich jedoch auf enteral umgestellte Ernährung.
Tabelle 7: Antibiotische
Therapie der bakteriellen Meningitis, Alter als Hinweis für
Erreger
Alter |
Antibiotische
Therapie |
Erreger |
|
0 - 4
Wochen |
Ampicillin
+ Cefotaxim oder
Ampicillin + Aminoglykosid |
Gruppe-B-Streptokokken,
E. coli,
Listerien |
|
4 Wochen
- 3 Monate |
Ampicillin
+ Cefotaxim/Ceftriaxon |
Gruppe-B-Streptokokken,
E. coli,
Listerien, H. influenzae |
|
3 Monate
- 18 Jahre |
Penicillin
G oder
Cefotaxim/Ceftriaxon |
Neisseria
meningitidis,
Streptococcus pneumoniae,
H. influenzae |
|
> 18
Jahre |
Penicillin
G oder
Cefotaxim/Ceftriaxon |
Neisseria
meningitidis,
Streptococcus pneumoniae |
|
> 50
Jahre |
Ampicillin
+ Cefotaxim/Ceftriaxon |
Streptococcus
pneumoniae,
Listerien,
Neisseria meningitidis,
Gramnegative Stäbchen
|
|
|
Tabelle 8: Zugrunde liegende
Erkrankung oder begleitende Akutsymptomatik als Hinweis auf
bestimmte Erreger (antibiotische Therapie siehe Tabelle 11)
AIDS |
Listerien,
Nokardien, Mycobacterium tuberculosis |
Alkoholismus |
Streptococcus
pneumoniae |
Baden
im Süßwasser |
Amöben |
Defekt
der zellulären Immunität |
Listeria
monocytogenes, gramnegative Stäbchen |
Dermalsinus |
Gramnegative
Stäbchen, Staphylokokken |
Diabetes
mellitus |
Streptococcus
pneumoniae, gramnegative Stäbchen, Staphylokokken |
Endokarditis |
Streptococcus
pneumoniae, Enterococcus, Staphylococcus aureus,
Bacteroides spp. |
Familiäre
Belastung |
Neisseria
meningitidis, Haemophilus influenzae |
Gehirnabszess |
Anaerobier,
Citrobacter (Kinder), Staphylococcus aureus,
Enterobacteriaceae |
Hautblutungen |
Neisseria
meningitidis |
Hypogammaglobulinämie |
Neisseria
meningitidis, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus
influenzae |
Intensivpatient |
Gramnegative
Stäbchen, Staphylococcus aureus |
Intrakranialer
Shunt |
Staphylococcus
epidermidis, Staphylococcus aureus, gramnegative
Stäbchen |
Intravenöser
Drogenmissbrauch |
Staphylococcus
aureus, andere Staphylokokken, gramnegative
Stäbchen,
Enterococcus, Pseudomonas aeruginosa |
Leukämie |
Gramnegative
Stäbchen, Staphylococcus aureus |
Liquor-Rhinorrhoe
(Liquor-Leck) |
Streptococcus
pneumoniae, gramnegative Stäbchen, Haemophilus
influenzae |
Lymphom |
Listerien |
Offene
Schädelfraktur oder
Kraniotomie |
Gramnegative
Stäbchen, Staphylokokken, Streptococcus
pneumoniae,
Haemophilus influenzae |
Otitis,
paranasale Sinusitis |
Streptococcus
pneumoniae, Haemophilus influenzae, Anaerobier |
Pneumonie |
Streptococcus
pneumoniae, andere Streptokokken, Neisseria
meningitidis |
Sichelzellanämie |
Streptococcus
pneumoniae, Salmonellen, Neisseria meningitidis,
Haemophilus influenzae |
Splenektomie |
Streptococcus
pneumoniae, Neisseria meningitidis, Haemophilus
influenzae |
Rezidivierende
Meningitis |
Streptococcus
pneumoniae, Haemophilus influenzae, Neisseria
meningitidis |
|
|
Tabelle 9: Semiempirische
Therapie der community-akquirierten Meningitis (nach Gramfärbung)
Gramfärbung |
Antibiotische
Therapie |
|
Grampositive
Kokken |
Drittgenerations-Cephalosporin,
evtl. Penicillin,
USA: Vancomycin + Drittgenerations-Cephalosporin |
Gramnegative
Kokken |
Penicillin
G |
Grampositive
Stäbchen |
Ampicillin |
Gramnegative
Stäbchen |
Breitspektrum-Cephalosporin
(+ evtl. Aminoglykosid) oder Carbapenem |
|
|
Tabelle 10: Erregerorientierte
antibiotische Therapie
Erreger |
Therapie
der 1. Wahl |
Alternativtherapie |
|
Bacteroides
fragilis |
Metronidazol |
Chloramphenicol |
Enterobacteriaceae |
Cephalosporin
der 3. Generation +
Aminoglykosid |
Carbapenem |
Enterokokken |
Ampicillin
+ Aminoglykosid |
Vancomycin |
H.
influenzae Typ B
Beta-Lactamase negativ
Beta-Lactamase positiv |
Ampillicin
Cephalosporin der 3. Generation |
Cephalosporin
der 3. Generation |
Listeria
monocytogenes |
Ampicillin |
Penicillin
G |
Neisseria
meningitidis |
Penicillin |
Ampicillin
oder Cephalosporin der 3. Generation |
Pseudomonas
aeruginosa |
Ceftazidim
+ Aminoglykosid |
Piperacillin
+ Aminoglykosid oder
Ciprofloxacin (oder Carbapenem) |
Staphylococcus
aureus,
epidermidis |
Oxacillin
+ evtl. Rifampicin oder Fosfomycin |
Fosfomycin
+ Rifampicin (oder
Vancomycin + Rifampicin |
Koagulase
neg. Staphylokokken |
Vancomycin |
|
Streptococcus
pneumoniae
Penicillin-empfindlich |
Penicillin
G |
Cephalosporin
der 3. Generation |
S.
pneumoniae teilresistent
gegenüber Penicillin |
Cephalosporin
der 3. Generation |
Chloramphenicol |
S.
pneumoniae Penicillin-resistent |
Vancomycin
+ Cephalosporin der 3. Generation |
Chloramphenicol |
Gruppe-B-Streptokokken |
Penicillin
G |
Ampicillin
oder Cephalosporin der 3. Generation |
|
|
Tabelle 11: Dosierung
der antibiotischen Therapie
|
Erwachsene
(Tagesdosis und
Dosierungsintervall
|
Kinder
(Tagesdosis in mg/kg KG und
Dosierungsintervall)
|
|
Ampicillin |
6
- 20 g (4 Std.)
|
300
- 400 (4 Std.)
|
Azlozillin |
15
- 20 g (6 - 8 Std.)
|
|
Cefotaxim |
6
- 12 g (8 Std.)
|
200
(6 Std.)
|
Ceftazidim |
6
- 12 g (8 Std.)
|
200
(8 Std.)
|
Ceftriaxon |
2
- 4 g (24 Std.)
|
80
- 100 (24 Std.)
|
Chloramphenicol |
3
- 4 g (6 Std.)
|
100
(6 Std.)
|
Ciprofloxacin |
800
- 1.200 mg (8 - 12 Std.)
|
|
Cotrimoxazol |
960
mg (12 Std.)
|
|
Flucloxacillin |
10
- 20 g (4 Std.)
|
|
Fosfomycin |
12
- 24 g (8 Std.)
|
200
- 300 (8 Std.)
|
Gentamicin,
Tobramycin |
240
- 360 mg (8 Std.)
|
5
(8 Std.)
|
Meropenem |
6
g
|
|
Metronidazol |
2000
mg
|
15,
über 1 Std., dann 30 (6 Std.)
|
Mezlozillin |
15
- 20 g
|
|
Penicillin
G |
20
- 40 Mio E (4 Std.)
|
250.000
E (4 Std.)
|
Piperacillin |
12
- 20 g (8 Std.)
|
200
- 300 (8 Std.)
|
Rifampicin |
600
mg (1-mal)
(10 mg/kg KG)
|
|
Teicoplanin |
400
mg (8 Std.)
|
|
TMP-SMZ |
480
mg + 2.400 mg (8 Std.)
|
10
/ 50 (8 Std.)
|
Vancomycin |
2
- 3 g (6 Std.)
|
40
(6 Std.)
|
|
|
|
Tabelle 12: Ursache für
ein prolongiertes Fieber bei einer akuten bakteriellen Meningits
Resistenter
Erreger |
Fehler
in der antibiotischen Therapie (Unterdosierung,
zu kurze Dauer) |
Keimwechsel |
Intrakranielle
Komplikationen: |
|
Subduraler
Erguss |
|
Sub-,
epidurales Empyem |
|
Zerebritis,
Hirnabszess |
|
Schädelosteomyelitis,
Mastoiditis |
|
Hydro(Pyo)-cephalus
mit gestörter Liquordynamik |
|
Septische
Sinusvenenthrombose |
|
Zirkumskripte
Meningitis |
|
Septische
Absiedlun in andere Organe |
|
|
Pleuraempyem |
|
|
Endokarditis |
|
|
septische
Arthritis |
|
|
Perikarditis |
Medikamentenunverträglichkeit
(sogenanntes "drug induced fever" |
Rezidiv
nach Beendigung der Antibiotikatherapie |
|
|
|
Therapie der Komplikationen
Erhöhter Hirndruck
Wenngleich nur ca. 5% der Patienten mit einer akuten bakteriellen
Meningitis massiverhöhte Hirndruckwerte (bis zu 50 mm Hg) aufweisen,
besteht eine leichte bis mäßiggradige Hirndruckerhöhung beim Großteil
dieser Patienten. Rechtzeitiges Erkennen und ebenso rechtzeitige
Therapie sind essentiell. Ein erhöhter Hirndruck kündigt sich mit
Bewusstseinsstörung, vegetativen Symptomen (Erbrechen) an, bei Fortschreiten
wird der Patient komatös, eine Mydriasis mit fehlender Lichtreaktion
der Pupillen, Dekortikations- und Dezerebrationsschablonen sowie
Sistieren der Hirnstammreflexe sind die entsprechenden klinisch-neurologischen
Korrelate des weiteren Fortschreitens des intrakraniellen Druckes.
Da die Hirndruckentwicklung sehr rasch vor sich geht, ist eine Stauungspapille
(Papillenödem) nur sehr selten (< 1 %) zu sehen. Bei erhöhtem
intrakraniellem Druck führt eine Lumbalpunktion zur Beschleunigung
der transtentoriellen und letztlich transforaminelIen Herniation.
Neben dem für eine bakterielle Meningitis typischen diffusen Hirnödem
kann ein Hydrocephalus (Pyocephalus) für eine Hirndruckerhöhung
hauptverantwortlich sein. Dieser erfordert schnellstmöglich eine
externe Ventrikeldrainage zur Hirndruckreduzierung. Die Therapie
des zur Hirndruckerhöhung führenden Hirnödems ist in Tabelle 13
angeführt.
Tabelle 13: Behandlung
des erhöhten Hirndrucks
1. |
Hydro-, Pyocephalus:
externe Ventrikeldrainage |
2. |
Oberkörperhochlagerung
(30 °) |
3. |
Hyperventilation,
PaCO2 zwischen 30 und 35 mmHg |
4. |
Osmotherapie: z.B.
Mannit (250-500 mg/kg KG jeweils bei Bedarf als
Bolus) |
5. |
Barbiturattherapie
(evtl. Propofol):
initiale Dosis 1 mg/kg KG/Minute
Gesamtdosis bis zu 500 mg
Erhaltungsdosis 1-3 mg/kg KG/Stunde
Titrierung der Erhaltungsdosis nach EEG |
6. |
Steroide (Dexamethason)? |
|
|
Bei einer akuten bakteriellen Meningitis
ist ein diffuses Hirnödem meist eine Kombination eines vasogenen,
zytotoxischen und interstitiellen Ödems. Ein zusätzliches Sepsissyndrom
aggraviert die vasogene, ein Hydrocephalus die interstitielle Komponente.
Sowohl ein Sepsissyndrom als auch eine beginnende Hirndruckerhöhung
sind absolute Indikationen für ein frühzeitiges intensivmedizinisches
Management, insbesondere rasche Intubation und mechanische Ventilation.
Obwohl eine aggressive Hyperventilation (PaC02
< 25 mmHg) zu einer vorübergehenden weiteren Hirndrucksenkung beitragen
kann, ist großer Wert darauf zu legen, dass PaC02-
Werte < 30 mmHg nicht erreicht werden, da im Rahmen der Entzündungskaskade
die zusätzliche, durch die Hyperventilation erreichte Vasokonstriktion
den Vasospasmus aggravieren und zur fokalen oder diffusen Hirnparenchym-Ischämie
führen könnte. Eine Osmotherapie mit Mannit (oder Glyzerol oder
Sorbit) darf nur als Bolustherapie unter Aufrechterhaltung einer
Serumosmolarität um 320 mOsm/L durchgeführt werden. Eine mehr als
48 Stunden lange Mannittherapie führt durch Einwanderung der osmotisch
wirksamen Mannitmoleküle in den intrazellulären Raum zum Reboundphänomen
und möglicherweise zur Verschlechterung des Hirnödems in der Spätphase.
Eine Barbiturattherapie (Pentobarbital, Thiopental) wird nur unter
engmaschigster EEG-Kontrolle - bis zum Erreichen eines "burst suppression"-Musters
- durchgeführt. Größter Wert ist auf die Hautpflege zur Vermeidung
von "Barbituratblasen" zu legen. Wenngleich Steroide (Dexamethason)
imstande sind, zumindest unter den experimentellen Bedingungen des
Tierversuches das vasogene und interstitielle Ödem günstig zu beeinflussen,
ist der Einsatz von Dexamethason zur Hirnödemtherapie bei schwerster
bakterieller Meningitis derzeit (noch) nicht gerechtfertigt. Die
Permeabilität zerebraler Kapillarendothelien (Bluthirnschranke)
wird durch Dexamethason gesenkt und damit das vasogene Hirnödem
reduziert. Möglicherweise führt dieser Mechanismus jedoch zu einer
Verschlechterung der Penetration der Antibiotika durch die Bluthirnschranke.
Da bei deutlich gesteigertem intrakraniellem Druck der Perfusionsdruck
nur schwer aufrechterhalten werden kann, vor allem bei Patienten,
die im Rahmen eines begleitenden Sepsissyndroms eine arterielle
Hypotonieneigung zeigen und auch auf hohe Dosen von Katecholaminen
nicht mehr ausreichend ansprechen, kommt es zur Minderperfusion
des Gehirns und damit zu einer doppelt bedingten Reduktion des Antibiotika-Angebotes
im intrakraniellen Raum.
Eine bilaterale Kraniotomie mit Duraerweiterungsplastik
ist im Einzelfall als Ultima ratio zu diskutieren.
Hydrocephalus (Pyocephalus)
Ein Hydrocephalus aresorptivus bzw. ein Hydrocephalus occlusus (Pyocephalus)
führt zu rasch steigendem, lebensbedrohlichem intrakraniellem Druck.
Eine raschestmögliche externe Ventrikeldrainage, die bei PyocephaIus
eventuell bilateral angelegt werden muss (bei Okklusion des 3. Ventrikels),
führt zur prompten Hirndrucksenkung.
Zerebrale Krampfanfälle
Bei bis zu 30% der Patienten (besonders Kinder und Erwachsene mit
Pneumokokkenmeningitis) kommt es in den ersten Tagen ihrer Erkrankung
zu meist generalisierten tonisch klonischen Anfällen. Schwere
bzw. lang dauernde Anfälle, insbesondere ein generalisierter
tonisch klonischer Status epilepticus sind per se lebensbedrohliche
Krankheitsbilder und verschlechtem die Prognose. Eine raschest mögliche
Applikation von Diazepam 10-20 mg i.v. bei Bereithaltung des Intubationsinstrumentariums
unterbricht den tonisch klonischen Anfall. Sollten die tonisch klonischen
Aktivitäten nach 20 mg Diazepam (oder Lorazepam) nicht sistieren,
wird Diphenylhydantoin in der Dosis von 250 mg intravenös gegeben.
Diese Dosis kann bis zur Gesamtdosis von 1.000 mg wiederholt werden.
Wenn das Anfallsgeschehen auch mit dieser sequentiellen Therapie
nicht unterbrochen werden kann, bedarf es einer Barbituratnarkose.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der Patient intubationspflichtig.
Flüssigkeits- und Elektrolytmanagement
Eine Flüssigkeitsrestriktion ist unter keinen Umständen indiziert,
sie führt zur Verschlechterung der Prognose. Andererseits führt
ein SIADH (bei Kindern nicht selten beobachtet) zur Hyponatriämie,
deren Ausmaß und Dauer mit dem Auftreten neurologischer Langzeitschäden
korreliert. Aus diesem Grunde ist eine nur auf Intensivstationen
durchzuführende ausgewogene Bilanzierung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes
essentiell. Engmaschigste Elektrolytkonzentrationsmessungen im Serum
und im Harn sind unabdingbar notwendig. Bei Hyponatriämien von <
130 mEq/l ist die Natriumzufuhr vorsichtig, aber kontinuierlich
notwendig, 1 -bis 2-stündliche Elektrolytkontrollen verhindern zu
rasches Anheben des Serum-Natriumspiegels und damit die Gefahr einer
pontinen Myelinolyse.
Subdurale Ergüsse
In seltenen Fällen kompliziert ein raumfordernd wirksamer subduraler
Erguss eine bakterielle Meningitis. Dieser, oder wenn Hinweise für
ein subdurales Empyem (siehe dort) bestehen, erfordert nur bei raumfordernder
Wirkung eine neurochirurgische Intervention (externe Ableitung).
Therapie der Vaskulitis (Arteriitis)
Neben dem diffusen Hirnödem führt eine Lumenseinengung im Rahmen
vaskulitischer Prozesse zu einer zusätzlichen Reduktion der zerebralen
Perfusion und damit zur Ischämiegefahr. Bevor das Fortschreiten
des intrakraniellen Druckes zu einem Zusammenbrechen der zerebralen
Autoregulation führt, kann eine Vaskulitis(Vasospasmus )-bedingte
Lumenseinengung der Gefäße eventuell mit einer Triple-H-Therapie
(Hypertonie, Hypervolämie, Hämodilution) - in Anlehnung an die Vasospasmustherapie
der Subarachnoidalblutung - behandelt werden. Kardiopulmonales Monitoring
(evtl. mit Swan-Ganz-Katheter) ist bei der Triple-H-Therapie unerlässlich.
Katecholamine (Dopamin, Dobutrex, Arterenol, Neosynephrine ), Flüssigkeitsmengen
(Ringerlaktat, NaCl etc.) bis zu 10 (15) Liter pro Tag sowie Hämodilution
mit Hydroxyäthylstärke stellen das intensivmedizinische Grundgerüst
der Triple-H-Therapie dar. Neben dem kardiopulmonalen Monitoring
ist ein engstes Monitoring der Flüssigkeitsbilanz und der Elektrolyte
unbedingt notwendig.
Septische Hirn-/Sinusvenenthrombose
Obwohl keine etablierten Studien über die Wirksamkeit der bei blander
Sinusthrombose akzeptierten Vollheparinisierung bestehen, wird diese
empfohlen, da bei alleiniger antibiotischer Therapie die Mortalität
einer septischen Sinusvenenthrombose bei über 50% liegt.
|
Prognose
Die Prognose der bakteriellen Meningitis
wird durch das Alter des Patienten, den Erreger, die neurologische
Symptomatik (Bewusstseinsstörung), die systemische Hypotonie (Sepsissyndrom)
zum Zeitpunkt des Beginns der antibiotischen Therapie, vom Zeitraum
des Beginns der Erstsymptome bis zur Diagnosestellung, von der adäquaten
antibiotischen Therapie und vor allem von einer ausreichenden supportiven
Therapie bestimmt. Während in der Vorantibiotika-Ära Mortalitäten
von 70-100% bei bakterieller Meningitis beschrieben wurden, hängen
die Mortalitätsraten in der Antibiotika-Ära neben den oben angeführten
Prognose-verschlechternden Faktoren vor allem vom Erreger und vom
Alter des Patienten ab: Bei Säuglingen bestehen (erregerunabhängig)
Sterblichkeitsraten von 10 bis 25%, bei Kleinkindern und Kindern
von 3-7% und bei Erwachsenen von 10-25%. Erregerabhängig finden
sich Mortalitätsraten bei Pneumokokkenmeningitis von 19%, bei Meningokokkenmeningitis
von 13% (bei Meningokokkenmeningitis 5 -10%, bei begleitender oder
vorwiegender Meningokokkensepsis bis zu 25%) und bei HiB-Meningitis
von 3%; Diese Letalitätszahlen sind Durchschnittswerte, regionale
Letalitätsraten differieren zum Teil beträchtlich (Meningokokken:
4-10%, Pneumokokken: 12-24%, HiB: 2-5%). Die Mortalität steigt insbesondere
bei älteren Patienten, bei initial komatösen Patienten (Verdreifachung
der Mortalität) und bei initialen tonisch klonischen Anfällen. 98%
der Patienten, die an der bakteriellen Meningitis versterben, weisen
zumindest einen dieser drei Faktoren (Alter > 60, initiale Bewusstseinsstörung,
zerebrale Krampfanfälle) auf. Eine community-akquirierte Meningitis
trägt eine niedrigere Mortalität als eine nosokomiale Meningitis.
|
Meningokokken
Chemoprophylaxe
Die Meningokokkenübertragung erfolgt meist bei engem Kontakt, Kinder
unter 3 Jahren sind jedoch kaum Keimträger. Das Risiko einer Übertragung
von Meningokokken im engen familiären/häuslichen Bereich ist 500-
bis 800-fach erhöht, wobei der räumliche Abstand zur erkrankten
Person direkt mit dem Infektionsrisiko korreliert. Grundsätzlich
gilt, wie bei HiB, dass nur Patienten mit einem "Kissing mouth"-Kontakt
eine Chemoprophylaxe verabreicht bekommen sollen. Ein "Kissing mouth"-Kontakt
bedeutet, dass eine Person mit dem Indexfall mindestens vier Stunden
pro Tag kontinuierlich im seIben Raum verbracht hat. In Schulen,
Kindergärten, Heimen und Kasernen ist eine Prophylaxe nur bei einer
Häufung von Meningokokkenerkrankungen bzw. Epidemien indiziert.
Rifampicin, 2 x 600 mg durch 2 Tage hindurch, hat eine Keimträgereradikationsrate
von mehr als 90%. Eine Kombination mit Doxizyklin (2 x 100 mg bei
Erwachsenen) erreicht eine Eradikationsrate von über 99%. Als Alternativen
kommen Ciprofloxacin (2 x 400 mg täglich durch 4 Tage) oral, oder
Ceftriaxon (bei Schwangerschaft) in Frage. Da durch die konventionelle
Meningitistherapie (z.B. Penicillin G intravenös) die Meningokokken
nicht zuverlässig aus dem nasopharyngealen Raum eliminiert werden,
wird vor der Entlassung aus dem Krankenhaus eine Rifampicinprophylaxe
beim Patienten selbst empfohlen (Dosis siehe oben). Krankenhauspersonal
und notfallsmedizinische Erstversorger sollen nur bei engstem Kontakt
mit dem Patienten (z.B. Mund-zu-Mund-Beatmung, Intubation) einer
Chemoprophylaxe zugeführt werden.
Immunprophylaxe
Ein tetravalenter Impfstoff gegen die Gruppen A, C, Y und W
135 steht zur Verfügung. Nur exponierte Personen sollen geimpft
werden, z.B. Reisende in Epidemiegebiete oder Hochendemiegebiete
Afrikas, Südasiens und eventuell Südamerikas sowie engste Kontaktpersonen
eines an einem dieser vier Serotypen Erkrankten.
|
Pneumokokken
Chemoprophylaxe
Eine Chemoprophylaxe ist nur bei Kindern mit Mucoviszidose, bei
Splenektomierten, bei Patienten mit nephrotischem Syndrom, Sichelzellanämie
und anderen immunsuppressiven Erkrankungen bzw. Zuständen indiziert.
Für Patienten mit Liquorfistel zeigt eine Chemoprophylaxe keine
Wirksamkeit. Es wird Penicillin oral mit einer Dosis von 60.000
Einheiten/kg KG/Tag (aufgeteilt auf 3 Einzeldosen) für die Dauer
von 1 Woche verabreicht. Im Nasopharyngealraum kommt es nur bei
ca. 60% zu einer Kolonisierungsverhinderung.
Immunprophylaxe
Der 23-valente Impfstoff deckt die wesentlichen Serotypen (der insgesamt
84) ab, alle eine Meningitis verursachenden Serotypen sind inkludiert.
Bei unter 2-Jährigen ist der Antikörperanstieg unzuverlässig. Der
Impferfolg bei Erwachsenen beträgt 90-95%, der Impfschutz beträgt
5-8 Jahre. Die Immunisierung wird bei älteren Menschen, immunsupprimierten
Menschen, z.B. Diabetes mellitus, vor allem aber bei Patienten mit
angeborener Asplenie oder Zustand nach Splenektomie bzw. bei funktioneller
Hypo- oder Asplenie (z.B. bei Sichelzellanämie oder Thalassämie)
empfohlen. Der Impferfolg wurde bisher an der Reduktion von pulmonalen
Pneumokokkeninfekten gemessen, eine Reduktion der Pneumokokkenmeningitis
war nie Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung. Eine operative
Sanierung von Liquorfisteln, Knochen- oder Duralücken ist essentiell.
|
Literatur:
E. Schmutzhard: "Entzündliche
Erkrankungen des Nervensystems." Thieme Verlag, Stuttgart (2000).
|
Anschrift des Verfassers:
Univ.-Prof. Dr. Erich Schmutzhard
Univ.-Klinik für Neurologie, Neurologische Intensivstation
A-6020 Innsbruck, Anichstraße 35 |
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