Makrolid-Resistenz bei Streptococcus pyogenes in Österreich:
Prävalenz, Phänotypen und Resistenz-Gene

C. Jebelean und H. Mittermayer
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen Linz,
Nationales Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz
(Vorstand: Univ.-Prof. Dr. H. Mittermayer)

Einsender und beteiligte Laboratorien
1. F. Allerberger; BBSUA Innsbruck
2. L. Binder, M. Haditsch, R. Watschinger; Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, A.ö. KH der Elisabethinen Linz
3. G. Feierl, I. Kriebernegg; Hygiene-Institut der Universität Graz
4. K. Fuchs; Institut für Pathologie, LKH Vöcklabruck
5. U. Gruber-Mösenbacher; Institut für Pathologie, LKH Feldkirch
6. E. Grund; BBSUA Klagenfurt
7. M. Halabi; Institut für Pathologie, A.ö. KH der Barmherzigen Schwestern Ried
8. M. Hell; BBSUA Salzburg
9. A. Hirschl; Klinische Abteilung für Bakteriologie, AKH Wien
10. W. Öhlinger; Institut für Pathologie, A.ö. KH Krems
11. W. Prammer, E. Ziegler; Institut für Pathologie II, A.ö. KH der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz Wels


 


Schlüsselwörter:
S. pyogenes, Makrolide, Resistenz-Gene, Josamycin

Zusammenfassung
Wir haben die Erythromycin- und Tetrazyklin-Resistenz bei S. pyogenes ab 1994 in Linz periodisch untersucht. In den Jahren 1999 und 2000 weiteten wir diese Untersuchung auf verschiedene Regionen in ganz Österreich aus. Dabei haben wir auch die Phänotypen der Makrolid-Resistenz und die genetischen Determinanten dieser Resistenz bei S. pyogenes näher charakterisiert.
Ergebnisse: Bei den Untersuchungen der Stämme aus unserem Einzugsgebiet in Linz fanden wir eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz in den Jahren 1994, 1995, 1996, 1997 und 1998 von 18%, 9%, 12%, 19% und 14% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 8%, 14%, 12%, 5% und 14%. Bei den Untersuchungen an Stämmen, die in den Jahren 1999 und 2000 aus verschiedenen Regionen Österreichs eingesandt wurden, stellten wir eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von insgesamt 11% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 24% fest. Die Prävalenz der Erythromycin-Resistenz zeigte große regionale Unterschiede: Wir fanden eine hohe Makrolid-Resistenz in Graz (23%), Salzburg (17%) und Feldkirch (17%) und eine niedrige Makrolid-Resistenz in Innsbruck (9%), Linz (7%) und Wien (6%). Bei den 41 Erythromycin-resistenten Stämmen aus der letzten Untersuchung, die wir phänotypisch und genetisch untersucht haben, fanden wir folgende Phänotypen und Gene: einen Stamm mit einem MLSB-Phänotyp und einer Kombination von erm + mef-Genen; 29 Stämme wiesen einen M-Phänotyp und mef-Gene auf; 2 Stämme hatten einen MLSB-Phänotyp und erm-Gene, und bei 9 Stämmen ließen sich ein induzierbarer MLSB-Phänotyp und ermTR-Gene nachweisen.

Key-words:
S. pyogenes, macrolides, resistance genes, Josamycin

Summary
We investigated the erythromycin and tetracycline resistance of S. pyogenes strains isolated in Linz since 1994. During 1999 and 2000 we collected strains from different regions of Austria and investigated the erythromycin and tetracycline resistance. We also determined the phenotype and the genetic determinants of macrolide resistance of the S. pyogenes strains. In the S. pyogenes strains isolated in Linz in 1994, 1995, 1996, 1997 and 1998, we found an erythromycin resistance prevalence of 18%, 9%, 12%, 19% and 14%, respectively, as well as a tetracycline resistance prevalence of 8%, 14%, 12%, 5% and 14%, respectively. The last investigation of strains collected from various regions of Austria in 1999 and 2000 yielded an overall tetracycline resistance prevalence of 24% and an erythromycin resistance prevalence of 11%, respectively. The erythromycin resistance prevalence showed significant variations among the different regions: it was high in Graz (23%), Salzburg (17%) and Feldkirch (17%) and was low in Innsbruck (9%), Linz (7%) and Vienna (6%). In the 41 erythromycin-resistant strains from the last investigation we were able to detect the following phenotypes and genes: 29 strains with M/mef; 2 strains with MLSB/erm; 9 strains with inducible MLSB/ermTR and 1 strain with a MLSB phenotype and a combination of erm + mef genes.


Einleitung

Makrolid-Antibiotika sind eine wichtige therapeutische Alternative in der Therapie der Streptokokkeninfektionen bei Patienten mit einer Allergie gegen Penicillin und andere Betalactam-Antibiotika. Berichte aus mehreren Ländern Europas zeigten in den letzten Jahren einen Anstieg der Makrolid-Resistenz bei den S. pyogenes-Stämmen.

Die Makrolid-Resistenz bei Streptokokken beruht hauptsächlich auf zwei Mechanismen:

1. Enzymatische Veränderung des Angriffspunkts an den Ribosomen, die von einem erm-Gen kodiert wird.
Diese Stämme produzieren eine Methylase, welche Adenin im Angriffspunkt der 23S RNA der 50S-Untereinheit des Ribosoms dimethyliert. Solche Stämme sind resistent gegenüber allen Makroliden und auch gegenüber Lincosamiden und Streptogramin B (MLSB-Resistenz). Dabei wird die Methylase entweder konstitutiv (also ständig) produziert, oder erst nachdem die Synthese durch ein Makrolid induziert wurde. Diese Induktion ist jedoch mehr durch 14- oder 15-gliedrige Makrolide (Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin, Azithromycin) und weniger durch 16-gliedrige Makrolide (Josamycin) möglich.

2. Transport des Makrolids aus der Zelle, welcher von einem mef-Gen gesteuert wird.
Das mef-Gen führt nur zu einer Makrolid-Resistenz (M-Resistenz). Das Efflux-System betrifft nur 14- und 15-gliedrige Makrolide, nicht aber 16-gliedrige Makrolide wie Josamycin.
Bei S. pyogenes wurde das M-Resistenz-Muster erstmals 1989 in England von Scott et al. [1] und dann in Finnland 1993 von Helena Seppälä et al. [2] beschrieben: Seppälä fand damals eine Prävalenz von 60% konstitutiver MLSB-Resistenz, 2% induzierbarer MLSB-Resistenz und bei 38% der Stämme das neue M-Resistenz-Muster. Sutcliffe et al. [3] zeigten später (1996), dass der M-Resistenz-Typ auf einem Efflux-System basiert und das mefA-Gen für die verantwortlichen Proteine kodiert.
Ein neues erm-Gen, genannt ermTR, wurde bei S. pyogenes von Seppälä et al. 1998 beschrieben [4].
In dieser Arbeit werden die Ergebnisse mehrerer Untersuchungen bezüglich der Antibiotika-Empfindlichkeit der S. pyogenes-Stämme zusammengefasst, die in Linz im Laufe der Jahre, beginnend 1994, an Linzer Stämmen durchgeführt wurden. Zusätzlich werden die Ergebnisse einer größeren Untersuchung von S. pyogenes-Stämmen vorgestellt, die in den Jahren 1999-2000 in verschiedenen Regionen Österreichs gesammelt wurden. In diesen Untersuchungen wurden auch die Phänotypen der Makrolid-Resistenz und die genetischen Determinanten dieser Resistenz bei S. pyogenes näher charakterisiert.

 


Material und Methoden

Wir haben die Makrolid-Resistenz der S. pyogenes-Stämme untersucht, die beginnend im Jahr 1994 bis Anfang des Jahres 2000 in unserem Labor in Linz isoliert wurden.
323 Bakterienstämme, konsekutiv isoliert aus klinischem Material (1994 bis 1999), wurden mittels einer Agardilutions-Methode auf Erythromycin-, Clindamycin- und Tetrazyklin-Empfindlichkeit getestet.
In den Jahren 1999-2000 konnten 389 S. pyogenes-Stämme aus ganz Österreich gesammelt werden. Die Verteilung der Stämme auf die verschiedenen Regionen ist in Diagramm 1 dargestellt.

 

Diagramm 1: Zahl der getesteten S. pyogenes-Stämme aus verschiedenen Regionen Österreichs

Diese Bakterien wurden anschließend mit einer Agardilutions-Methode auf Antibiotika-Empfindlichkeit getestet: Davon 244 Stämme auf Clindamycin-, Erythromycin- und Josamycin-, Tetrazyklin-Empfindlichkeit und 145 Stämme auf Clindamycin-, Erythromycin-, Clarithromycin-, Roxithromycin-, Azithromycin- und Josamycin-, Tetrazyklin-Empfindlichkeit.

Bei der Agardilutions-Methode nach NCCLS erfolgt die Testung auf Mueller-Hinton-Agar mit 5% Schafblut-Zusatz, der mit ansteigenden Konzentrationen der gewählten Antibiotika versetzt wurde.
Das Inokulum, entsprechend einer Trübung von 0,5 McFarland, wird mit einem Multipoint-Inokulator auf die Platten aufgebracht. Die Platten werden bei 37°C 20-24 Stunden aerob inkubiert.

Der Nachweis des MLSB oder M-Phänotyps erfolgte mittels Doppel-Blättchen-Test. Dabei wurden Erythromycin (15 µg)- und Clindamycin (2 µg)-Testblättchen 20 mm voneinander entfernt auf einem mit Streptokokken beimpften Mueller-Hinton-Blutagar platziert. Die Ablesung der Platten erfolgte nach 24-48 Stunden Inkubation. Das induzierbare Resistenzmuster zeigt eine Abflachung des Clindamycin-Hemmhofes in der Nähe des Erythromycin-Blättchens (Abbildungen 1, 2 und 3). Mit einer PCR-Methode [5] wurden die für die Makrolid-Resistenz verantwortlichen erm-, ermTR- und mef-Gene nachgewiesen.

Abbildung 1: Das MLSB-Resistenz-Muster (Erythromycin-Blättchen in der Mitte, Clindamycin und Josamycin an den Seiten) Abbildung 2: Das induzierbare MLSB-Resistenz-Muster (Erythromycin-Blättchen in der Mitte, Clindamycin und Josamycin an den Seiten) Abbildung 3: Das M-Resistenz-Muster (Erythromycin-Blättchen in der Mitte, Clindamycin und Josamycin an den Seiten)

 


Ergebnisse

Prävalenz der Erythromycin- und Tetrazyklin-Resistenz

Einzugsgebiet Linz
Als wir [6] 1997 die Antibiotika-Resistenz der S. pyogenes-Stämme in unserem Labor untersucht haben, fanden wir eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz in den Jahren 1994, 1995 und 1996 von 18%, 9% und 10% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 8%, 14% und 12%, wie aus Tabelle 1 zu entnehmen ist.
Die Untersuchung (1999-2000) der Linzer Stämme aus den Jahren 1997, 1998 und 1999 ergab eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von 19%, 15% und 10% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 5%, 15% und 14% (Tabelle 1).

 

Tabelle 1: Prävalenz der Erythromycin-(E-r) und Tetrazyklin-Resistenz (T-r) der S. pyogenes-Stämme, isoliert im KH der Elisabethinen Linz in den Jahren 1994 bis 1999

Jahre
Anzahl
E-r
E-r %
T-r
T-r %
1994
39
7
18
3
8
1995
22
2
9
3
14
1996
59
6
10
7
12
1997
59
11
19
9
5
1998
72
11
15
11
15
1999
72
7
10
10
14
Total
323
44
14%
43
13%

Einzugsgebiet österreichweit
Aus den Untersuchungen [7] an Stämmen, die in den Jahren 1999 und 2000 aus mehreren Regionen Österreichs eingesendet wurden, zeigte sich eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von insgesamt 11% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 24% mit großen regionalen Unterschieden (siehe Tabelle 2 und Diagramm 2).

 

Tabelle 2: Prävalenz der Erythromycin-(E-r) und Tetrazyklin-Resistenz (T-r) in verschiedenen Regionen Österreichs

Einsender
Anzahl
E-r
E-r %
T-r
T-r %
Feldkirch
35
6
17
9
26
Innsbruck
23
2
9
7
30
Klagenfurt
13
0
0
3
23
Graz
60
14
23
16
27
Wien
109
6
6
25
23
Krems
8
0
0
3
38
Linz
74
5
7
12
16
Wels
21
0
0
7
33
Salzburg
46
8
17
10
20
Total
389
41
10,5%
92
23,6%

 

Diagramm 2: Erythromycin- und Tetrazyklin-Resistenz in verschiedenen Regionen Österreichs

Graz, Salzburg und Feldkirch wiesen eine Prävalenz der Makrolid-Resistenz von 23%, 17% und 17% auf, im Vergleich zu Innsbruck, Linz und Wien, wo wir eine Prävalenz von 9%, 7% und 6% fanden.
Die Altersverteilung der Patienten, von denen die Stämme aus Graz, Wien, Salzburg und Linz isoliert wurden, ist in Tabelle 3 dargestellt. Insgesamt fanden wir bei 134 getesteten Stämmen, die von Kindern isoliert wurden, 22 Erythromycin-resistente Stämme (entspricht 16,5%) und bei 154 Stämmen, die von Erwachsenen isoliert wurden, 11 Erythromycin-resistente Stämme (7,14%). Bei Kindern fanden wir also viel häufiger Erythromycin-resistente Stämme als bei Erwachsenen.

Tabelle 3: Altersverteilung der Patienten aus Graz, Wien, Salzburg und Linz, von denen die Stämme isoliert wurden, und Anteil der Erythromycin-resistenten (E-r) Stämme pro Altersgruppe

 
Alter
Graz
Wien
Salzburg
Linz
Jahre
Anzahl
E-r
E-r%
Anzahl
E-r
E-r%
Anzahl
E-r
E-r%
Anzahl
E-r
E-r%
0-14
> 15
32
8
25
28
6
21,4
47
4
8,5
62
2
3,2
23
5
21,7
23
3
13
32
5
6,8
41
0
0
Total
60
14
23,3%
109
6
5,5%
46
8
17,3%
73
5
6,8%

 

Phänotypen und Makrolid-Resistenz-Gene

Bei den 44 Erythromycin-resistenten Stämmen aus Linz, die wir phänotypisch und genetisch untersucht haben, fanden wir folgende Phänotypen/Gene: 34 Stämme mit M/mef; 5 mit MLSB/erm; 2 mit induzierbaren MLSB/ermTR; 2 mit einer Kombination von erm + mef und 1 Stamm mit einer Kombination von ermTR + mef-Genen (Tabelle 4).

Tabelle 4: Prävalenz der Erythromycin-Resistenz-Gene in Linz in den letzten 6 Jahren

Jahre
Anzahl
E-r Stämme
mef
erm
ermTR
Komb.
1994
39
7
1995
22
2
1996
59
7
1997
59
11
1998
72
10
1999
72
7
7
0
0
0
1
0
0
1
4
1
1
1
8
2
0
1
9
1
0
0
5
1
1
0
Total
323
44
34
5
2
3


Bei den 41 Erythromycin-resistenten Stämmen aus der Untersuchung der österreichweit gesammelten Stämme fanden wir folgende Phänotypen/Gene: 29 Stämme mit M/mef; 2 mit MLSB/erm; 9 mit induzierbaren MLSB/ermTR und 1 Stamm mit einer Kombination von erm + mef + ermTR (Tabelle 5).

 

Tabelle 5: Prävalenz der Erythromycin-Resistenz-Gene in verschiedenen Regionen Österreichs

Region
Anzahl
E-r Stämme
mef
erm
ermTR
Komb.
Feldkirch
35
6
Innsbruck
23
2
Klagenfurt
13
0
Graz
60
14
Wien
109
6
Linz
74
5
Salzburg
46
8
2
1
3
0
1
0
1
0
0
0
0
0
9
0
4
1
5
0
1
0
5
0
0
0
7
1
0
0
Total
360
41
29
2
9
1


Tabelle 6 enthält eine Gegenüberstellung der Erythromycin-resistenten Stämme mit ihren Resistenz-Genen und ihr Verhalten gegenüber Tetrazyklin. Daraus ist ersichtlich, dass alle Stämme, die ein erm-Gen aufwiesen (allein oder in Kombination mit anderen Genen), auch Tetrazyklin-resistent waren. 15,8% der Stämme mit mef-Gen und 81,2% der Stämme mit ermTR-Gen waren ebenfalls Tetrazyklin-resistent.

Tabelle 6: Erythromycin-resistente Stämme mit ihren Resistenz-Genen und ihr Verhalten gegenüber Tetrazyklin

Gene
Linz
E-r
T-r
Regionen
E-r
T-r
Total
E-r
T-r
%T-r
mef
ermTR
erm
erm+ermTR
erm+mef
erm+ermTR+mef
34
4
2
1
5
5
1
1
2
2
0
0
29
6
9
8
2
2
0
0
0
0
1
1
63
10
15,8
11
9
81,8
7
7
100
1
1
100
2
2
100
1
1
100
Total
44
13
41
17
85
30
37,6

 

Vergleich der Wirksamkeit mehrerer Makrolide bei 145 S. pyogenes-Stämmen

Die Erythromycin-resistenten Stämme aus dieser Untersuchung waren gleichzeitig resistent gegenüber Azithromycin, Clarithromycin und Roxithromycin (mit Ausnahme eines Stammes, der eine minimale Hemmkonzentration von 0,25 µg/ml gegen Clarithromycin aufwies). Die MHK gegenüber Josamycin war bei 14 aus den 16 Erythromycin-resistenten Stämmen < 0,25 µg/ml. Nur 2 Stämme mit konstitutiver MLSB-Resistenz zeigten eine MHK von > 8 µg/ml (Tabelle 7).

Tabelle 7: Empfindlichkeit gegenüber Makroliden bei 16 Erythromycin-resistenten Stämmen

Nr.
ID-Nr.
ERY
AZI
CLARI
ROXI
JOSA
CLIND
Phänotyp
Gen
1
29
>= 8
4
>= 4
>= 16
0,12
<= 0,06
M
mef
2
34
>= 8
4
2
8
0,12
<= 0,06
M
mef
3
39
4
2
1
4
0,12
<= 0,06
M
mef
4
47
>= 8
4
>= 4
>= 16
0,12
<= 0,06
M
mef
5
49
>= 4
>= 8
>= 4
>= 16
>= 8
>= 4
MLSB
erm
6
53
4
4
2
8
0,12
<= 0,06
M
mef
7
61
2
>= 8
1
8
0,25
<= 0,06
i MLSB
ermTR
8
63
1
2
0,5
4
0,12
<= 0,06
M
mef
9
65
2
>= 8
1
>= 8
0,12
<= 0,06
i MLSB
ermTR
10
67
1
2
0,25
2
0,12
<= 0,06
i MLSB
ermTR
11
120
>= 8
4
>= 4
>= 16
0,12
<= 0,06
M
mef
12
121
1
4
1
8
0,12
<= 0,06
i MLSB
ermTR
13
132
4
4
2
8
0,06
<= 0,06
M
mef
14
136
>= 8
4
2
8
0,06
<= 0,06
M
mef
15
149
1
4
0,5
4
0,25
<= 0,06
i MLSB
ermTR
16
151
>= 8
>= 8
>= 4
>= 16
>= 8
>= 4
MLSB
erm

In Tabelle 8 sind die Grenzwerte, die für die Beurteilung der Wirksamkeit der untersuchten Antibiotika angewendet wurden, aufgelistet. Bei insgesamt 37 Erythromycin-resistenten Stämmen, 25 mit mef-Gen, 9 mit ermTR-Gen, 2 mit erm-Gen und 1 Stamm mit erm + mef + ermTR-Genen, die auch auf Josamycin-Empfindlichkeit untersucht wurden, zeigten 35 Stämme eine MHK von < 0,5 µg/ml, waren also Josamycin-empfindlich. Nur jene zwei Stämme, die ein erm-Gen beherbergten, zeigten eine MHK von > 8 µg/ml und waren somit Josamycin-resistent.

Tabelle 8: National Committee for Clinical Laboratory Standards: Grenzwerte für Streptococcus spp. (andere als S. pneumoniae), Doc. M100-S11, Jänner 2001

 
Antibiotikum
Empfindlich
Mäßig empfindlich
Resistent
Tetrazyklin
<= 2
4
>= 8
Clindamycin
<= 0,25
0,5
>= 1
Erythromycin
<= 0,25
0,5
>= 1
Clarithromycin
<= 0,25
0,5
>= 1
Azithromycin
<= 0,5
1
>= 2
Roxithromycin*
<= 1
-
> 4
Josamycin*
<= 2
-
> 4
* Grenzwerte des Comité de l’Antibiogramme de la Société Française de Microbiologie

 


Diskussion

In der Untersuchung an Stämmen, die in ganz Österreich gesammelt worden waren, ergab sich für Linz eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von 7% und eine Prävalenz der Tetrazyklin-Resistenz von 16%. Bei allen Stämmen, die wir im Jahr 1999 in Linz isoliert hatten (85 Stämme, 8 Erythromycin-resistente, 12 Tetrazyklin-resistente), betrug die Prävalenz der Makrolid-Resistenz 9,4% und die der Tetrazyklin-Resistenz 14%.
In den letzten Jahren wurde bei S. pyogenes eine Erythromycin-Resistenz von 17% in Finnland [8], 34% in Spanien [9], 35% in Italien [10], 12,7% in Deutschland [11] und eine niedrigere Prävalenz von 6,2% in Frankreich [12] und 6,5% in Belgien [13] festgestellt. Im Vergleich dazu nimmt die Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von insgesamt 11% in Österreich einen mittleren Stellenwert ein.
Die Prävalenz der Erythromycin-resistenten Stämme war insgesamt höher (16,5%) bei Patienten unter 14 Jahren, im Vergleich mit Erwachsenen (7,1%). In jeder Region kann man diese Verteilung wieder erkennen (Tabelle 3). Auch andere Autoren wie Seppälä et al. [14] in Finnland und Bingen et al. [12] in Frankreich fanden in ihren Untersuchungen eine höhere Makrolid-Resistenz bei S. pyogenes-Stämmen von Kindern.
Die Prävalenz der Makrolid-Resistenz in verschiedenen Regionen Österreichs scheint sehr unterschiedlich zu sein, z.B. 6% in Wien und 23% in Graz. Kriebernegg et al. [15] fanden schon 1996 in Graz eine Erythromycin-Resistenz von 21,4%.
Die Erythromycin-resistenten Stämme aus dieser Untersuchung wurden von uns auf die Makrolid-Resistenz-Gene untersucht, wobei sich eine Verteilung von 98% mef-Gen und 2% ermTR-Gen ergab.
Die hohe Makrolid-Resistenz der S. pyogenes-Stämme aus Graz könnte unter dem Einfluss des Nachbarlandes Italien stehen. In Italien wurde bei S. pyogenes eine seit Jahren ansteigende Makrolid-Resistenz mit einer Verteilung der Erythromycin-Resistenz-Determinanten von 52% auf das mef-Gen, von 38% auf das erm-Gen und von 9% auf das ermTR-Gen berichtet [16].
Die hohe Prävalenz der ermTR-Gene, die wir in Graz gefunden haben, könnte aber auch ein Hinweis auf eine klonale Ausbreitung sein. Alle 5 Stämme aus Graz, die ein ermTR-Gen beherbergten, waren auch Tetrazyklin-resistent. In Italien wurde von einer Verbreitung des ermTR-Gens unter 9% berichtet. Die Assoziation mit Tetrazyklin-Resistenz wurde ebenfalls nachgewiesen [16]. Wir haben in derselben Zeit, 1999 bis 2000, auch S. pneumoniae aus mehreren Regionen Österreichs gesammelt. In dieser Untersuchung fanden wir eine Prävalenz der Makrolid-Resistenz bei S. pneumoniae-Stämmen von insgesamt 10%, vergleichbar also mit der, die wir bei S. pyogenes gefunden haben [17]. Die Makrolid-Resistenz war auch bei S. pneumoniae regional sehr unterschiedlich und in manchen Regionen im umgekehrten Verhältnis zur Makrolid-Resistenz bei S. pyogenes, somit der Annahme eines einfachen Selektionsmechanismus durch höheren Verbrauch der Makrolide in diesen Regionen widersprechend.
Die Makrolid-Resistenz, basierend auf mef-Genen, scheint sowohl in Linz bei Stämmen, die in den letzten 6 Jahren gesammelt worden sind (36 von 44 Stämmen), als auch in ganz Österreich (30 von 41 Stämmen) zu dominieren. Nur in Feldkirch konnten wir mehr ermTR-Gene (3 von 6) als mef-Gene (2 von 6) nachweisen. Eine Dominanz der neuen Phänotypen und der mef-Gene wurde auch aus Spanien [9], Italien [16] und Finnland [18] berichtet.
Die Erythromycin-resistenten Stämme mit M-Phänotypen und mef-Genen waren gleichzeitig resistent gegenüber allen 14- und 15-gliedrigen Makroliden und empfindlich gegenüber Josamycin, einem 16-gliedrigen Makrolid. Josamycin zeigte im Vergleich mit 14- und 15-gliedrigen Makroliden auch bei Stämmen mit induzierbarer MLSB-Resistenz eine niedrige MHK. Die Tetrazyklin-Resistenz zeigte in den meisten Regionen eine Prävalenz von über 20%, manchmal assoziiert mit einer hohen Prävalenz der Makrolid-Resistenz, wie z.B. in Graz (23% und 27%) und Feldkirch (17% und 26%), und manchmal mit einer niedrigen Prävalenz der Makrolid-Resistenz wie in Innsbruck (9% und 30%) und Wien (6% und 23%). In Wels, wo wir keine Erythromycin-resistenten Stämme gefunden haben, waren 7 von 21 Stämmen (33%) resistent gegen Tetrazyklin.

 


Schlussfolgerung

Wir haben bei S. pyogenes österreichweit eine Prävalenz der Erythromycin-Resistenz von insgesamt 11% und der Tetrazyklin-Resistenz von 24% gefunden. Die Prävalenz der Makrolid-Resistenz zeigt große Unterschiede in verschiedenen Regionen Österreichs. Der Mechanismus der Makrolid-Resistenz beruht bei S. pyogenes-Stämmen aus Österreich überwiegend auf mef-Genen.
Josamycin war bei allen S. pyogenes-Stämmen mit M-Resistenz-Muster und auch bei einem Teil der Stämme mit induzierbarem MLSB-Muster in vitro wirksamer als 14- und 15-gliedrige Makrolide. Die Kenntnis der Epidemiologie der Makrolid-Resistenz und der vorherrschenden Resistenzmechanismen ist für eine adäquate Antibiotikatherapie und für die Wahl der geeigneten Substanzen aus der Gruppe der Makrolide von großer Bedeutung.

 

Literatur:

1. Scott R.J., Naidoo J., Lightfoot N.F., George R.C.: „A community outbreak of group A beta haemolytic streptococci with transferable resistance to erythromycin.“ Epidemiol. Infect. 102 (1989) 85-91.

2. Seppälä H., Nissinen A., Yu Q., Huovinen P.: „Three different phenotypes of erythromycin-resistant S. pyogenes in Finland.“ J.A.C. 32 (1993) 885-891.

3. Sutcliffe J., Tait-Kamradt A., Wondrack L.: „Streptococcus pneumoniae and Streptococcus pyogenes resistant to macrolides but sensitive to clindamycin: a common resistance pattern mediated by an efflux system“ A.A.C. 40 (1996) 1817-1824.

4. Seppälä H., Skurnik M., Soini H., Roberts M.C., Huovinen P.: „A novel erythromycin re- sistance methylase gene (ermTR) in Streptococcus pyogenes.“ A.A.C. 42 (1998) 257-262.

5. Sutcliffe J., Grebe T., Tait-Kamradt A., Wondrack L.: „Detection of Erythromycin-Resistant Determinants by PCR.“ A.A.C. 40 (1996) 2562-2566.

6. Jebelean C., Watschinger R., Haditsch M., Binder L., Mittermayer H.: „Erythromycin resistance of Streptococcus pyogenes strains from Upper Austria.“ ICC 1997, Sydney, Australien.

7. Jebelean C., Kriebernegg I., Feierl G., Bocksrucker A., Watschinger R., Haditsch M., Binder L., Mittermayer H.: „Prevalence, phenotypes and genetics of macrolide-resistant S. pyogenes in Austria.“ ECCMID 2000, Stockholm.

8. Kataja J., Huovinen P., Muotiala A., Vuopio-Varkila J., Efstratiou A., Hallas G., The Finnish Study Group for Antimicrobial Resistance, Seppälä H.: „Clonal spread of group A Streptococcus with the new type of erythromycin-resistance.“ J. Infect. Dis. 177 (1998) 786-789.

9. Perez-Trallero E., Marimon J.M., Montes J.M., Orden B., de Pablos M.: „Clonal differences among erythromycin-resistant Streptococcus pyogenes in Spain.“ Emerg. Infect. Dis. 3 (1999) 235-240.

10. Cornaglia G., Ligozzi M., Mazzariol A., Masala L., Lo Cascio G., Orefici G., The Italian Surveillance Group for Antimicrobial Resistance, Fontana R.: „Resistance of Streptococcus pyogenes to erythromycin and related antibiotics in Italy.“ Clin. Infect. Dis. 27 (1998) 87-92.

11. Arvand M., Hoeck M., Hahn H., Wagner J.: „Antimicrobial resistance in Streptococcus pyogenes isolates in Berlin.“ J.A.C. 46 (2000) 621-624.

12. Bingen E., Fitoussi F., Doit C., Cohen R., Tanna A., George I., Loukil C., Brahimi L., Le Thomas I., Deforche D.: „Resistance to macrolides in Streptococcus pyogenes in France in Pediatric Patients.“ A.A.C. 44 (2000) 1453-1457.

13. Descheemaeker P., Chapelle S., Lammens C., Hauchecorne M., Wijdooghe M., Vandamme P., Ieven M., Goossens H.: „Macrolide resistance and erythromycin resistance determinants among Belgian Streptococcus pyogenes and Streptococcus pneumoniae isolates.“ J.A.C. 45 (2000) 167-173.

14. Seppälä H., Klaukka T., Lehtonen R., Nenonen E., Huovinen P.: „Erythromycin resistance of group A streptococci from throat samples is related to age.“ Pediatr. Infect. Dis. J. 16 (1997) 651-656.

15. Kriebernegg I., Feierl G., Grisold A., Marth E.: „In-vitro Susceptibility of group A Beta-haemolytic Streptococci (GABHS) to Penicillin, Erythromycin, Clarithromycin and Azithromycin in Styria, Austria.“ ZBl. Bakteriol 287 (1998) 33-39.

16. Giovanetti E., Montanari M.P., Mingoia M., Varaldo P.E.: „Phenotypes and genotypes of erythromycin-resistant Streptococcus pyogenes strains in Italy and heterogeneity of inducibly resistant strains.“ A.A.C. 43 (1999) 1935-1940.

17. Jebelean C., Allerberger F., Feierl G., Bocksrucker A., Watschinger R., Haditsch M., Mittermayer H.: „Antibiotic Susceptibility of Pneumococci Varies in Different Regions of Austria.“ ECCMID, 2000, Stockholm.

18. Kataja J., Huovinen P., Skurnik M., The Finnish Study Group for Antimicrobial Resistance, Seppälä H.: „Erythromycin resistance genes in group A streptococci in Finland.“ A.A.C. 43 (1999) 48-52.

 

Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Crista Jebelean
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, Krankenhaus der Elisabethinen Linz
A-4010 Linz, Fadingerstr. 1

zurück zum Inhalt