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        | 
 
             
              | Dosierung von 
                Antibiotika im Kindesalter - Schnittstelle zwischen Pharmakokinetik 
                und Pharmakodynamik |  
             
              | J.P. GuggenbichlerUniv.-Klinik für Kinder und Jugendliche der Universität 
                  Erlangen/Nürnberg
 (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. W. Rascher)
 |  
 
 
             
              | Schlüsselwörter: Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, 
                Resorptionseinbuße, subinhibitorische Konzentrationen
 |  
             
              | Zusammenfassung
 Es bestehen 
                  erhebliche Unterschiede in der Resorption, Verteilung und im 
                  Metabolismus von Antibiotika in verschiedenen Lebensabschnitten. 
                  Durch eine beschleunigte Peristaltik im Säuglingsalter 
                  sowie bei verschiedenen Grundkrankheiten kommt es zu Resorptionseinbußen 
                  von 50%, gemessen an der Fläche unter der Resorptionskurve 
                  und der im Harn wiederentdeckten Wirkstoffmenge. Auch Resorptionseinbußen 
                  durch gleichzeitige Verabreichung von Nahrung sind zu berücksichtigen. 
                  Dadurch kann man nicht mit einer regulären Pharmakokinetik, 
                  wie sie bei Erwachsenen zur Definition von effektiven Tagesdosen 
                  und Dosierungsintervallen geführt hat, rechnen. Ein weiterer 
                  wichtiger Faktor bei der Infektionsbehandlung von Säuglingen 
                  und Kleinkindern besteht in der Beachtung der Pharmakodynamik 
                  von Antibiotika, d.h. Wirkstoffkonzentrationen auch über 
                  einen ausreichenden Zeitraum am Infektionsort aufrechtzuerhalten. 
                  Für das Kindesalter werden Wirkstoffkonzentrationen über 
                  dem MHK-Wert von 75-90% der Zeit bis zur nächsten Dosis 
                  empfohlen. Dies resultiert in einer raschen Keimelimination 
                  und klinischen Heilung sowie Verhinderung der Resistenzentwicklung. 
                  Im Gegensatz dazu sind subinhibitorische Konzentrationen von 
                  Antibiotika mit verzögerter klinischer Besserung, dem Übergang 
                  in eine chronisch schwelende Infektion und der Induktion/Selektion 
                  von resistenten Mikroorganismen verbunden. Die Beachtung der 
                  für Säuglinge und Kleinkinder relevanten Besonderheiten 
                  ermöglicht eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse. 
                 |  
             
              | Key-words:
 Pharmacokinetics, 
                pharmacodynamics, impairment of absorption, subinhibitory concentrations
 |  
             
              | Summary
 Substantial 
                  differences are seen in the absorption, distribution, metabolism 
                  and elimination of antimicrobial substances in infants and children. 
                  Due to a faster transit time in the intestinal tract in infants 
                  and due to acute and chronic diarrhea, frequently seen with 
                  infections of the respiratory tract, a reduction of absorption 
                  of 50%, determined by the area under the curve and the urinary 
                  recovery of the antimicrobial substance is observed. Also a 
                  significant impairment of absorption of antibiotics with concomitant 
                  administration of food has to be taken into consideration for 
                  various substances. Of critical importance in the selection 
                  and evaluation of any antiinfective drug regimen is also the 
                  conjoint consideration of the drug action i.e. the pharmacodynamics 
                  of the antibiotic. This means that adequate concentrations of 
                  an antimicrobial substance must be present at the site of the 
                  infection for a sufficient period of time. For children optimum 
                  eradication of microorganisms is achieved by surpassing the 
                  MIC for a minimum of 75 to 90% of the time until the next dose. 
                  This results in a rapid eradication of the infectious agent, 
                  fast improvement of the clinical condition and the prevention 
                  of emergence of resistant microorganisms. In contrast subinhibitory 
                  concentrations result in functional disturbances with chronic 
                  smolderig infections and selection of less sensitive or resistant 
                  microorganisms. The observation of this unique situation for 
                  infants and children has been largely neglected in the past 
                  for the determination of the total daily dose and dosage intervals 
                  in these age groups. Proper attention to the pharmacokinetic-pharmacodynamic 
                  interface unique to children results in an improved clinical 
                  outcome and prevention of therapeutic failures. |  
 
             
              | Einleitung
 Infektionen 
                  spielen in der Kinderheilkunde eine wesentliche Rolle. Es ist 
                  selbstverständlich, dass die erfolgreiche Behandlung einer 
                  Infektion die Wahl eines wirksamen Antibiotikums voraussetzt. 
                  Sie erfolgt nach Isolierung des Keimes durch die Empfindlichkeitsprüfung 
                  mittels Hemmhofbestimmung oder MHK-Testung. Meist erfolgt die 
                  Wahl eines Antibiotikums jedoch nach klinischen Gesichtspunkten 
                  noch vor dem Vorliegen mikrobiologischer Ergebnisse als empirische 
                  oder kalkulierte Therapie. Dies ist jedoch in den letzten Jahren 
                  durch das Auftreten resistenter Mikroorganismen auch im ambulanten 
                  Bereich erheblich schwieriger geworden [1, 2].
                  Der therapeutische 
                  Erfolg der Behandlung einer Infektion, aber auch die Entwicklung 
                  resistenter Mikroorganismen werden entscheidend dadurch beeinflusst, 
                  dass antimikrobiell wirksame Konzentrationen im Gewebe, in Körperhöhlen, 
                  in Körperflüssigkeiten wie dem interstitiellen Flüssigkeitskompartment 
                  und in der die Mukosa bedeckenden Schleimschicht (Epithelial 
                  Lining Fluid, ELF), 
                  d.h. am Infektionsort für eine ausreichend lange Zeit aufrechterhalten 
                  werden. Durch das Überschreiten von Wirkstoffkonzentrationen, 
                  die über dem MHK-Wert liegen, ist eine schnelle und effiziente 
                  Elimination der pathogenen Mikroorganismen möglich, woraus 
                  ein rascher Rückgang der Entzündungsreaktion resultiert. 
                  Damit ist einerseits eine rasche klinische Heilung und die Vermeidung 
                  des Übergangs einer akuten Infektion in eine chronisch 
                  schwelende Infektion verbunden. Zusätzlich kann die Induktion 
                  und Selektion resistenter Mikroorganismen verhindert werden 
                  [3].
                  Eine wichtige 
                  Orientierungsgröße für die Wirksamkeit eines 
                  Antibiotikums ist die Pharmakokinetik, d.h. 
                  die Bioverfügbarkeit eines Medikamentes, die durch die 
                  Messung der Serum- und Gewebskonzentrationen und ihre Beeinflussung 
                  durch Resorptions-, Diffusions- und Exkretionsvorgänge 
                  bestimmt wird. Die Pharmakodynamik beschreibt 
                  einerseits die Wirkung eines Antibiotikums auf den Keim, vor 
                  allem aber den Zeitraum, während dem ausreichende Wirkstoffkonzentrationen 
                  am Ort der Infektion für eine erfolgreiche Keimelimination 
                  notwendig sind. 
                  Dabei unterscheiden 
                  sich alle oben genannten Parameter bei Kindern erheblich von 
                  denen Erwachsener. Aber selbst im Kindesalter sind wesentliche 
                  Unterschiede in den einzelnen Lebensabschnitten – z.B. 
                  zwischen Früh- und Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern 
                  zwischen 2 und 6 Jahren, Schulkindern und Adoleszenten – 
                  zu beobachten, bei denen sich die pharmakologischen und pharmakokinetischen 
                  Parameter dem Erwachsenenalter annähern. Zudem sind besondere 
                  Grundkrankheiten zu berücksichtigen, die die oben genannten 
                  Parameter zusätzlich überlagern [4]. 
                   |    
             
              | Pharmakokinetik 
                / Bioverfügbarkeit Die Pharmakokinetik 
                  umfasst nach der klassischen Pharmakologie die Beschreibung 
                  der Absorption, der Verteilung (Distribution), 
                  des Metabolismus und der Elimination 
                  (ADME) von Medikamenten [5]. Bei der Verabreichung 
                  von Antibiotika ist dies jedoch in einem breiteren Sinn zu sehen, 
                  da zusätzliche „Variable“ wie der Mikroorganismus 
                  mit einer unterschiedlichen Empfindlichkeit, Inokulumgröße, 
                  die Entzündungsreaktion sowie die spezifische und unspezifische 
                  körpereigene Abwehr dazukommen. Zudem besteht in den verschiedenen 
                  Lebensabschnitten ein deutlicher Unterschied im Gesamtkörperwasser 
                  sowie in der Zusammensetzung der einzelnen Kompartments, was 
                  einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkstoffkonzentration hat: 
                  Während bei Erwachsenen das Gesamtkörperwasser 60% 
                  und das extrazelluläre Flüssigkeitskompartment ca. 
                  26% des Körpergewichtes ausmachen, beträgt dies bei 
                  Frühgeborenen < 1.500 g GG 80% und 45% respektive. Bei 
                  reifen Neugeborenen geht das extrazelluläre Flüssigkeitskompartment 
                  auf 40% zurück und pendelt sich im Laufe des ersten Lebensjahres 
                  auf 26-28% des Körpergewichts ein. Dementsprechend ist 
                  das Verteilungsvolumen von ß-Laktam-Antibiotika in diesen 
                  Lebensabschnitten um > 40% größer und es sind 
                  die erreichbaren maximalen Wirkstoffkonzentrationen bei äquimolarer 
                  Resorption um den entsprechenden Faktor niedriger [6].
                  Eine Vielzahl 
                  von pharmakokinetischen Parametern wie die Absorption und die 
                  Bestimmung der Invasionshalbwertszeit, die Fläche unter 
                  der Konzentrationskurve (AUC) sowie die Bestimmung der im Harn 
                  wiedergefundenen Wirkstoffmenge als Maß der Bioverfügbarkeit 
                  eines Medikamentes, die Eliminationshalbwertszeit, die Verteilung 
                  in verschiedenen Körper-Kompartmenten und das Verteilungsvolumen, 
                  der „First Pass Effect“ wie auch die Biotransformation 
                  von Prodrugs im Darmlumen sind für die Wahl der Tagesdosis 
                  und der Dosierungsintervalle zu beachten.
                  Alle diese 
                  Parameter bestimmen – abgesehen von unterschiedlichen 
                  Empfindlichkeiten von Mikroorganismen – die Wirksamkeit 
                  und Sicherheit von Antibiotika, die Wahl einer korrekten Tagesdosis 
                  und die Dosierungsintervalle. 
                  
                  Orale 
                  Therapie und Bioverfügbarkeit
                  Vor allem 
                  im ambulanten Bereich erhält die Mehrzahl der Patienten 
                  Antibiotika oral, wobei das Ausmaß von Resorption und 
                  Bioverfügbarkeit wesentlich zum therapeutischen Erfolg 
                  beiträgt. Untersuchungen der Bioverfügbarkeit erfolgten 
                  bisher im Rahmen der Zulassungsuntersuchungen von Antibiotika 
                  an gesunden, nüchternen Probanden. In der Praxis werden 
                  die Präparate an Säuglinge und Kleinkinder mit verschiedenen 
                  Grundkrankheiten ohne Rücksicht auf den Füllungszustand 
                  des Magens verabreicht.
                 
                  
                    | Die Resorption hängt von
 |  
                    | - dem 
                      Füllungszustand und der Entleerungszeit des Magens, - dem pH-Wert im Magen,
 - der intestinalen Oberfläche und Permeabilität,
 - der Peristaltik des Dünndarms,
 - der Durchblutung im Splanchnikusgebiet,
 - der mikrobiellen Besiedelung
 |  
                    | ab 
                      [7]. |  Bei der 
                  Erhebung pharmakokinetischer Daten von Säuglingen und Kleinkindern 
                  ergibt sich eine Reihe von Schwierigkeiten. Bei den wenigen 
                  bisher in der Literatur zur Verfügung stehenden Untersuchungen 
                  konnten erhebliche Unterschiede in den einzelnen Lebensabschnitten 
                  beobachtet werden, was die Notwendigkeit entsprechender klinischer 
                  und pharmakologischer Untersuchungen unterstreicht. Aus ethischen 
                  Gründen ist die Erhebung eines kompletten pharmakokinetischen 
                  Profils mit Bestimmung der Invasions- und Eliminationshalbwertszeit, 
                  des Verteilungsvolumens etc. oft nicht möglich, da dies 
                  Blutabnahmen von 2 ml in 1/2-stündlichen Intervallen bis 
                  zu 6 Stunden erfordern würde.    Als 
                  Ausweg aus diesem Dilemma bieten sich an:
                  a) Die 
                  Untersuchung erfolgt im Rahmen einer Therapieüberwachung 
                  als therapeutisch gerechtfertigtes Drugmonitoring. Die Konzentrationsbestimmung 
                  erfolgt aus Einzelproben von verschiedenen Patienten, die in 
                  bestimmten Zeitabständen entnommen werden. Einzelwerte 
                  von zahlreichen Patienten, die zu unterschiedlichen Zeiten gewonnen 
                  wurden, werden gepoolt und ergeben ein Gesamtbild der Bioverfügbarkeit 
                  eines Präparates. Diese Daten sind für die Beantwortung 
                  fast aller klinisch relevanter Fragestellungen ausreichend [8, 
                  9].
                  b) Die 
                  Reduktion des Probenvolumens und die Bestimmung der Serumkonzentration 
                  aus einer für Kinder akzeptablen geringen Blutmenge. Bereits 
                  mit einem Probenvolumen von 50 µl konnte mit einer mikrobiologischen 
                  Methode in einem Doppeldiffusionsagar die Konzentrationsbestimmung 
                  mit Mehrfachbestimmungen durchgeführt werden, wobei die 
                  Nachweisgrenze für ß-Laktam-Antibiotika bei 0,1 µg/ml 
                  und einer Fehlerquote <10% lag. Diese Blutmenge wurde – 
                  gleichzeitig mit einer diagnostisch notwendigen Blutabnahme 
                  – aus einem Fingerprick abgenommen, wobei die Stichstelle 
                  mit Heparin Vaseline verschlossen wurde. Dies erlaubte Mehrfachentnahmen 
                  ohne erneuten Stich. Die Bestimmung der im Harn wiederentdeckten 
                  Wirkstoffmenge ist ohne wesentliche Belastung für den Patienten 
                  möglich. Die Gewinnung des Harnes und die genaue Bestimmung 
                  der Harnmenge über die entsprechenden Zeiträume bedürfen 
                  jedoch bei Säuglingen und Kleinkindern einer sorgfältigen 
                  Betreuung. Das Legen eines Dauerkatheters ist nicht zulässig, 
                  aber auch nicht nötig. Diese Methode ist nur bei Präparaten 
                  mit vorwiegend renaler Elimination bzw. bei bekannter renaler 
                  Eliminationsmenge bei Erwachsenen oder älteren Kindern 
                  zielführend (Abbildung 1) [10]. 
                 
                  
                    | Abbildung 
                        1: Unterschiede in der Bioverfügbarkeit 
                        zwischen den einzelnen Lebensabschnitten bei einer Dosierung 
                        des Kaliumsalzes von Phenoxymethylpenicillin von 12.500 
                        IE pro Kilogramm Körpergewicht [11] 
 |   Schulkinder 
                  im Alter von ca. 6 Jahren resorbieren Oralpenicillin sehr gut, 
                  die maximale Serumkonzentration wird bereits nach 30 Minuten 
                  erreicht, die Halbwertszeit beträgt ca. 50 Minuten. Die 
                  Bioverfügbarkeit bei Schulkindern entspricht weitgehend 
                  der Bioverfügbarkeit von Adoleszenten und Erwachsenen. 
                  Neugeborene haben zwar wegen des größeren Verteilungsvolumens 
                  niedrigere Spitzenkonzentrationen, wenn man jedoch die im Harn 
                  ausgeschiedene Wirkstoffmenge als Maß der Bioverfügbarkeit 
                  heranzieht, resorbieren Neugeborene sogar um ca. 40% mehr als 
                  Schulkinder. Dies beruht möglicherweise auf einer erhöhten 
                  Membranpermeabilität des Intestinaltraktes bei Früh- 
                  und Neugeborenen mit besserer Penetration des Wirkstoffes im 
                  Darm. Als weitere Möglichkeit kommen auch eine verzögerte 
                  Magenentleerung und eine verminderte intestinale Motilität 
                  im Neugeborenenalter in Betracht. Auch die Fläche unter 
                  der Kurve ist bei Neugeborenen größer. Dies hängt 
                  nicht zuletzt mit einer durch die Unreife der Nierenfunktion 
                  bedingten verzögerten renalen Elimination zusammen. Bisweilen 
                  ist aber die Darmmotilität unvorhersagbar, wodurch eine 
                  exakte Vorausberechnung der Resorption nicht möglich ist 
                  [12].
                  Die Bioverfügbarkeit 
                  hängt neben der Membranpermeabilität wesentlich von 
                  der Größe der resorptiven Oberfläche und der 
                  Peristaltik ab. Oralpenicilline und Aminopenicilline werden 
                  im Magen, im Duodenum und in den obersten 25-30 cm Jejunum resorbiert. 
                  Da bei Säuglingen zwischen dem 2. und dem 15. Lebensmonat 
                  eine um das 2- bis 3fach beschleunigte Passagezeit besteht, 
                  kommt es zu einer substanziellen Verminderung der Resorptionsmenge 
                  [13].
                  Auch bei 
                  Azlozillin, Amoxicillin + Clavulansäure sowie bei Sulbactam 
                  Ampicillin konnte eine ähnliche Resorptionsminderung in 
                  diesem Lebensabschnitt festgestellt werden (Tabelle 1).
                 
                  
                    | Tabelle 
                        1: Mittelwert aus 12 Patienten, 2 Stunden nach 
                        Gabe von jeweils 17,5 mg/kg KG des Antibiotikums 
                        
                          | 
                               
                                | Antibiotikum | Alter |   
                                |  | 3 
                                    - 15 Monate | 6 
                                    Jahre |  |  
                          | 
                               
                                | Amoxicillin 
                                  + Clavulansäure | 2,20 µg/ml | 6,5 µg/ml |   
                                | Sulbactam 
                                  Ampicillin | 1,36 
                                    µg/ml* | 5,0 
                                    µg/ml |  |  
                          | 
                               
                                | * 
                                  Bei 3 von 12 Patienten < 12 Monate lag die 
                                  Wirkstoffkonzentration unter der Nachweisgrenze 
                                  von 0,20 µg/ml [14]. |  |  |  Cefalexin, 
                  Cefaclor, Cefadroxil und Loracarbef werden im gesamten Intestinaltrakt 
                  resorbiert. Dabei besteht keine Resorptionsminderung im Säuglingsalter. 
                  Für oral verabreichte Cephalosporine der III. Generation 
                  wie Cefixim, Ceftibuten, Cefpodoxim-Proxetil werden unterschiedliche 
                  Resorptionsraten beschrieben. Nach Gabe von Cefixim und Ceftibuten 
                  werden nur ca. 50% der verabreichten Dosis, von Cefetamet-Pivotil 
                  und Cefpodoxim-Proxetil werden 75% der verabreichten Menge resorbiert 
                  [15]. In der Literatur wird über eine verminderte Bioverfügbarkeit 
                  von Prodrugs = veresterten Substanzen auf Grund der im frühen 
                  Säuglingsalter verminderten Ausstattung mit intestinalen 
                  Hydrolasen berichtet. Dies konnte von uns in Einzeluntersuchungen 
                  in Form eines Drug-Monitorings bei Säuglingen zwischen 
                  3 und 6 Monaten für Cefpodoxim-Proxetil nicht bestätigt 
                  werden [16].   Makrolid-Antibiotika, 
                  vor allem die neueren Makrolide wie Roxithromycin, Clarithromycin 
                  und Josamycin, zeigen eine gute Bioverfügbarkeit in Form 
                  von bakterizid wirksamen Serumkonzentrationen. Im Gegensatz 
                  zu ß-Laktam-Antibiotika, die sehr rasch über die 
                  Blutbahn in das interstitielle Kompartment verteilt werden, 
                  füllen Makrolid-Antibiotika nach der Resorption zuerst 
                  das interstitielle und intrazelluläre Flüssigkeitskompartment 
                  auf, und erst der nicht gewebegebundene „Überlauf“ 
                  ist im Blut nachweisbar. Daher sind Gewebskonzentrationen um 
                  das 100fache, Konzentrationen in der ELF um das 10fache höher 
                  als die Serumkonzentrationen. Roxithromycin zeichnet sich durch 
                  die höchsten Serumkonzentrationen (10 µg/ml Spitzenkonzentration), 
                  Clarithromycin durch die höchsten ELF- (50 µg/ml) 
                  und Gewebskonzentrationen (500 µg/g alveoläre Makrophagen) 
                  aus [17]. Azithromycin hingegen wird sowohl als Kapsel als auch 
                  in Saftform schlecht resorbiert und resultiert in Serumkonzentrationen 
                  von ca 0,1-0,25 µg/ml und ELF-Konzentrationen um 1-2 µg/ml. 
                  Die intrazellulären Wirkstoffmengen z.B. in alveolären 
                  Makrophagen betragen 40 µg/g alv. Makrophagen und überschreiten 
                  die MHK-Werte für Infektionen der Atemwege durch intrazelluläre 
                  Mikroorganismen. Trimethoprim und Trimethoprim-Sulfonamid-Kombinationen 
                  besitzen eine nahezu 100%ige Bioverfügbarkeit [18].
                  
                  
                  Resorptionsbeeinflussung durch Nahrungsmittel
                  Gleichzeitige 
                  Nahrungsaufnahme – insbesondere von Milch mit einem hohen 
                  Kalziumgehalt – führt zu substanziellen Resorptionseinbußen 
                  von ß-Laktam-Antibiotika. Dies ist gerade im Säuglingsalter 
                  mit den üblichen 5 Milchmahlzeiten von besonderer Relevanz.
                  Abbildung 
                  2 zeigt die Resorptionseinbußen von Penicillin VK bei 
                  Schulkindern nüchtern und nach einer Milchmahlzeit. 
                 
                   
                    | Abbildung 
                        2: Resorptionseinbußen von Penicillin VK 
                        bei Schulkindern nüchtern und nach einer Milchmahlzeit 
 |  Penicillin 
                  VK liegt als Salz vor, dissoziiert aber im Magen zu Phenoxymethylpenicillin 
                  und Kalzium. Wenn gleichzeitig Milch mit dem Antibiotikum verabreicht 
                  wird, rekombiniert sich das Phenoxymethylpenicillin mit dem 
                  im Überschuss in der Milch vorhandenen Kalzium, und es 
                  entwickelt sich ein schwer lösliches Kalziumsalz, das schlecht 
                  resorbiert wird. Auch Cefaclor wird in der Bioverfügbarkeit 
                  – individuell unterschiedlich zwischen 10% und >50% 
                  – durch die Nahrung beeinträchtigt. Es werden jedoch 
                  bei weitem nicht alle Antibiotika in ihrer Bioverfügbarkeit 
                  verändert. Das Benzathinsalz des Penicillin V wird, da 
                  weniger gut wasserlöslich, unabhängig vom Füllungszustand 
                  des Magens resorbiert; Cefalexin und Loracarbef werden in ihrer 
                  Bioverfügbarkeit nicht beeinflusst. Auch die Resorption 
                  von Cefpodoxim-Proxetil wird durch gleichzeitige Verabreichung 
                  von Nahrungsmitteln nicht beeinflusst. Makrolid-Antibiotika 
                  zeigen mit Ausnahme von Azithromycin bei gleichzeitiger Verabreichung 
                  mit Milch sogar höhere Wirkstoffkonzentrationen [19, 20]. 
                  Auch die 
                  Art der Nahrung hat einen Einfluss auf die Resorption: Klare 
                  Flüssigkeit und Fruchtsäfte steigern die Resorption 
                  von ß-Laktam-Antibiotika, Fett und Eiweiß beeinträchtigen 
                  die Resorption stärker als Kohlenhydrate. 
                  
                  Resorptionsbeeinflussung 
                  bei verschiedenen Grundkrankheiten
                  Wie bereits 
                  beschrieben, wird die Resorption oral verabreichter Antibiotika 
                  durch verschiedene Grundkrankheiten wesentlich beeinflusst. 
                  So hat die Durchblutung des Splanchnikusgebiets für die 
                  Resorption einen entscheidenden Einfluss. Bei Fieber über 
                  39,5°C wird Blut in die Peripherie zur Wärmeabstrahlung 
                  umgeleitet und es resultiert eine Minderdurchblutung im Intestinaltrakt 
                  mit einer Resorptionseinbuße von bis zu 40%.
                  Auch eine 
                  Änderung der Peristaltik zeigt einen erheblichen Einfluss 
                  auf die Resorption: Akute und chronische Durchfallerkrankungen, 
                  oft Begleiterscheinungen von Infektionen der oberen und unteren 
                  Luftwege oder von Harnwegsinfektionen, führen zu einer 
                  erratischen Resorption, insgesamt jedoch zur deutlichen Einschränkung 
                  der Bioverfügbarkeit, wobei die Spitzenkonzentrationen 
                  um 50%, die Fläche unter der Kurve um bis zu 25% reduziert 
                  ist [21].
                  Bei chronischen 
                  Durchfallerkrankungen, wie z.B. bei Zottenatrophie durch Zöliakie, 
                  beobachtet man ebenfalls eine Verminderung der Resorption um 
                  50% insgesamt, durch Änderung der Magenentleerung können 
                  aber noch nach Stunden unerwartet Resorptionsspitzen auftreten 
                  [22].
                  Bei Mukoviszidose 
                  wurde als Ursache für niedrigere Serumspitzenspiegel eine 
                  Resorptionsminderung durch das zähflüssige Intestinalsekret 
                  vermutet. Weitere Untersuchungen konnten jedoch die beobachteten 
                  niedrigen Serumkonzentrationen auf eine beschleunigte renale 
                  Elimination für Isoxazolylpenicilline und Aminopenicillin 
                  zurückführen. Cephalosporine werden zwar langsamer 
                  resorbiert und resultieren in niedrigeren Serum-Spitzenkonzentrationen, 
                  die Fläche unter der Kurve und die im Harn wiederentdeckte 
                  Menge entsprechen jedoch denen der Kontrollpatienten [23].
                  Es ist 
                  von großer Bedeutung, bei der Wahl der Tagesdosis und 
                  der Dosierungsintervalle diese resorptionsmindernden Faktoren 
                  zu berücksichtigen. Bei oraler Verabreichung von Antibiotika 
                  fehlt einerseits die nicht resorbierte Wirkstoffmenge am Infektionsort, 
                  andererseits führt sie im Intestinaltrakt zur Störung 
                  der normalen Flora und zu osmotischer Diarrhoe. Damit ergibt 
                  sich ein „Circulus vitiosus“ aus verminderter Resorption, 
                  gesteigerter Peristaltik und damit wieder verminderter Resorption.
                  
                  
                  Halbwertszeit
                  Durch die 
                  im frühen Säuglingsalter bestehende Unreife der Leber 
                  kommt es bei verschiedenen Präparaten zu einer verzögerten 
                  Glukuronierung und Ausscheidung und damit zu einer verlängerten 
                  biologischen Halbwertszeit. Die Unreife der Nierenfunktion bei 
                  Früh- und Neugeborenen bzw. eine Dehydratation durch Erbrechen 
                  im Rahmen eines Infektes oder einer begleitenden Durchfallerkrankung 
                  führt zu einer verzögerten renalen Clearance und einer 
                  Verlängerung der Halbwertszeit.
                  Präparate 
                  mit einer unerwartet langen Halbwertszeit, wie z.B. Azithromycin 
                  mit einer Halbwertszeit von 4 Tagen, resultieren in subinhibitorischen 
                  Wirkstoffkonzentrationen in der ELF für ca. 5-6 Wochen. 
                  Dies hat einen bemerkenswerten Einfluss auf die Stabilität der normalen Rachenflora und bedingt eine Selektion/Induktion 
                  Makrolid-resistenter Mikroorganismen (Abbildung 3) [24].
 
                   
                    | Abbildung 
                        3: Subinhibitorische Wirkstoffkonzentrationen 
                        führen im selektiven Fenster einerseits zu einer 
                        verminderten Virulenz und einer besseren Phagozytierbarkeit 
                        von Mikroorganismen, andererseits zu einer erheblichen 
                        Steigerung der Resistenz 
 |    
                  
                  Metabolismus
                  Die Metabolisierung 
                  eines Medikamentes ist vielfach notwendig, damit ein Präparat 
                  renal oder über die Galle besser ausgeschieden werden kann. 
                  Dies bedeutet eine Veränderung des Moleküls, meist 
                  eine Steigerung der Hydrophilie. Durch Veränderungen des 
                  Moleküls, z.B. Phosphorylierung von Acyclovir, kommt es 
                  zu einer Aktivierung des initial inerten Wirkstoffes [25]. Bisweilen 
                  bleibt die antimikrobielle Wirksamkeit auch bei Metaboliten 
                  (Josamycin und Clarithromycin) oft mit synergistischer Wirksamkeit 
                  erhalten. Meist kommt es jedoch zur Abnahme – Cefotaxim 
                  wird zum weniger aktiven Desacetylcefotaxim – oder zur 
                  Aufhebung der Wirksamkeit [26].
                  Wenig ist 
                  über klinische Konsequenzen aus einem veränderten 
                  Metabolismus antimikrobieller Substanzen im frühen Säuglings- 
                  und Kleinkindesalter im Vergleich zu älteren Kindern bekannt. 
                  Bei Neugeborenen ist eine verminderte Eiweißbindung von 
                  antimikrobiellen Substanzen beschrieben, die zu Verdrängungsmechanismen 
                  bei Bilirubin führt. Bei intravenöser Verabreichung 
                  von Ceftriaxon mit einer Eiweißbindung von 98% kann dies 
                  möglicherweise zu einem Kernikterus beitragen, bei oral 
                  verabreichten Präparaten spielt dies jedoch nur eine untergeordnete 
                  Rolle. Viele Medikamente, einschließlich Antibiotika, 
                  werden durch Cytochrom P-450 metabolisiert. Da dieses Enzym 
                  induzierbar ist, bestehen neben einer großen intraindividuellen 
                  Variabilität auch erhebliche Unterschiede in den einzelnen 
                  Lebensabschnitten und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten 
                  [27]. Die verminderte Glukuronierung von oral verabreichten 
                  Präparaten in der Leber im Neugeborenenalter ist klinisch 
                  nicht relevant. Zu beachten ist eine höhere Toxizität 
                  von Trimethoprim im ersten Trimenon, was die Verabreichung dieses 
                  Präparates in diesem Lebensalter ausschließt. Bei 
                  Chloramphenicol wurde als schweres toxisches Erscheinungsbild 
                  das Gray-Syndrom beschrieben. Da das Präparat gegenwärtig 
                  nur noch bei besonderen Indikationen verabreicht wird, spielt 
                  diese Nebenwirkung heute praktisch keine Rolle mehr.
                  Zu beachten 
                  ist außerdem die Interaktion von Antibiotika mit gleichzeitig 
                  verabreichten anderen Präparaten. Die Verabreichung von 
                  Erythromycin z.B. gleichzeitig mit Theophyllin kann zu toxischen 
                  Theophyllinkonzentrationen mit Erbrechen und Krampfanfällen 
                  führen. Für neuere Makrolid-Antibiotika wie Clarithromycin 
                  oder Roxithromycin gilt diese Interaktion jedoch in einem erheblich 
                  geringeren Maße und ist bei der üblichen niedrigeren 
                  Dosierung von 10 mg/kg KG nicht mehr zu erwarten. Verschiedene 
                  Makrolid-Antibiotika reduzieren jedoch die Wirksamkeit von Antiepileptika 
                  [28, 29].
                  Die Annahme, 
                  dass veresterte Präparate wie Cefuroxim-Axetil oder Cefpodoxim-Proxetil 
                  – sog. Prodrugs – wegen der verminderten intestinalen 
                  Enzymausstattung im ersten Trimenon weniger gut resorbiert werden, 
                  hat sich in eigenen Untersuchungen im Rahmen eines therapeutischen 
                  Drug-Monitorings nicht bestätigt.
                  Die Unreife 
                  der Niere im Neugeborenenalter bis ins erste Trimenon hinein 
                  in Verbindung mit einem Flüssigkeitsverlust kann zu einer 
                  verzögerten renalen Clearance und dadurch zu einer Verlängerung 
                  der Halbwertszeit führen.
                  
                  
                  Gewebsverteilung
                  Nach der 
                  Resorption eines Antibiotikums aus dem Intestinaltrakt verteilt 
                  sich das Antibiotikum in verschiedenen Körper-Kompartmenten. 
                  Es ist von Bedeutung, dass ausreichend hohe aktive Wirkstoffkonzentrationen 
                  am Infektionsort erreicht werden. Dabei ist jedoch entscheidend, 
                  in welchem Kompartment sich die Infektionserreger befinden. Für 
                  intrazellulär gelegene Mikroorganismen wie Mykoplasmen 
                  und Chlamydien, Legionellen, aber auch Listerien, Borrelien, 
                  Leptospiren und Rickettsien, sind intrazelluläre Wirkstoffkonzentrationen 
                  von entscheidender Bedeutung. Zur Eradikation von Mikroorganismen, 
                  die im interstitiellen Flüssigkeitskompartment oder in 
                  Körperhöhlen zu Infektionen führen (Staphylokokken, 
                  Pneumokokken, H. influenzae, Streptokokken), sind besonders 
                  interstitielle Wirkstoffkonzentrationen wichtig. Hohe, überwiegend 
                  intrazelluläre Wirkstoffkonzentrationen sind dabei sogar 
                  hinderlich. Zur Eradikation von Mikroorganismen an Epitheloberflächen 
                  muss die Wirkstoffkonzentration im Epithelial-Lining-Fluid ausreichend 
                  groß sein.
  Bei der 
                  Bestimmung von Gewebskonzentrationen muss man berücksichtigen, 
                  dass in einer Gewebsprobe die gesamte Wirkstoffkonzentration 
                  gemessen wird. Sie besteht aus 5% Wirkstoff im Blutkompartment, 
                  35% im interstitiellen Flüssigkeitskompartment und 60% 
                  im intrazellulären Kompartment. Konzentrationen im interstitiellen 
                  Flüssigkeitskompartment werden am besten in der Hautblasenflüssigkeit 
                  gemessen. Die verschiedenen Antibiotikagruppen verteilen sich 
                  jedoch nicht gleichmäßig im Gewebe. Lipid-unlösliche 
                  Substanzen, wie alle ß-Laktam-Antibiotika, verteilen sich 
                  weitgehend im interstitiellen Flüssigkeitskompartment, 
                  in Körperhöhlen und Exsudaten. Lipidlösliche 
                  Substanzen wie Makrolide, Chinolone und Rifampin erreichen hohe 
                  Wirkstoffkonzentrationen intrazellulär. Außer der 
                  Lipid-Löslichkeit wird die Gewebsgängigkeit eines 
                  Präparates auch von der Eiweißbindung, von aktiven 
                  Transportmechanismen und der unterschiedlichen Fensterung des 
                  Kapillarbettes in bestimmten Organen gesteuert. Während 
                  ß-Laktam-Antibiotika gut ins Mittelohrsekret penetrieren 
                  – es werden ca 30% der gleichzeitig gemessenen Serumkonzentrationen 
                  auch im Mittelohrsekret gefunden –, besteht für die 
                  Meningen im Rahmen der Blut-Liquor-Schranke eine besonders geringe 
                  Durchlässigkeit. Die sog. „tight junctions“ 
                  sind jedoch bei akuten Entzündungsprozessen weit geöffnet 
                  und erlauben eine Penetration von Antibiotika in den Liquorraum 
                  im akuten Stadium (erster Behandlungstag) einer Meningitis von 
                  40% gleichzeitig gemessener Serumkonzentrationen. Chloramphenicol 
                  ist das einzige Antibiotikum, das auch zu Wirkstoffkonzentrationen 
                  im Gehirn führt.
                  Granulozyten 
                  und alveoläre Makrophagen tragen aktiv Wirkstoffe in den 
                  Infektionsort. Dies ist jedoch mengenmäßig eher zu 
                  vernachlässigen.Wesentlich bei der Betrachtung der Verteilung und Gewebspenetration 
                  von Antibiotika ist auch eine „balanzierte“ Kinetik, 
                  d.h. eine ausreichende Wirkstoffkonzentration in allen Kompartmenten.
 |    
             
              | Pharmakodynamik Es ist bemerkenswert, 
                  dass man gerade in der pädiatrischen klinischen Praxis 
                  Situationen beobachtet, bei denen ein in der traditionellen 
                  Wirksamkeitsprüfung als empfindlich getesteter Mikroorganismus 
                  nicht eliminiert werden kann oder bei gleicher antimikrobieller 
                  Wirksamkeit von 2 Präparaten ein deutlich besseres Behandlungsergebnis 
                  mit dem einen Antibiotikum im Vergleich zu einem zweiten Präparat 
                  zu beobachten ist, ohne dass sich dieses durch die traditionelle 
                  antimikrobielle Wirksamkeitsprüfung mittels MHK-Wert erklären 
                  ließe [30]. Die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration 
                  (MHK) gibt einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Wirksamkeit 
                  eines Antibiotikums. Von großem Interesse ist jedoch auch, 
                  für welchen Zeitraum Wirkstoffkonzentrationen über 
                  dem MHK-Wert am Infektionsort aufrechterhalten werden müssen. 
                  Dies wird als Pharmakodynamik bezeichnet und besteht in einer 
                  Kompilation von Pharmakokinetik und MHK-Wert. Sie erfasst die 
                  Wirkstoffmenge, die über eine bestimmte Zeitspanne am Infektionsort 
                  nötig ist, um eine effiziente Eradikation der Bakterien 
                  zu gewährleisten. Diese Daten sind zwar auch für die 
                  Auswahl eines Antibiotikums, in einem viel höheren Maße 
                  jedoch für die Wahl der Tagesdosis und der Dosierungsintervalle 
                  von Bedeutung [31, 32].
                  
                  
                  Unterscheidung in zeitabhängige und konzentrationsabhängige 
                  Wirksamkeit von Präparaten
                  Bezüglich 
                  ihrer Wirksamkeit unterscheidet man zwischen Präparaten, 
                  deren Wirksamkeit durch die Fläche unter der Serum- oder 
                  Gewebskonzentrationskurve (zeitabhängige Wirksamkeit, T 
                  >MIC), und anderen Präparaten, deren Wirksamkeit von 
                  ihrer Spitzenkonzentration (konzentrationsabhängige Wirksamkeit) 
                  bestimmt wird [33]. Bei zeitabhängiger Wirksamkeit wird 
                  eine maximale Absterbegeschwindigkeit bereits bei Konzentrationen 
                  wenig über dem MHK-Wert beobachtet, die jedoch durch eine 
                  höhere Dosis nicht mehr steigerbar ist [34]. Als wesentliches 
                  Merkmal ergibt sich, dass diese Konzentrationen für eine 
                  ausreichende Zeit über dem MHK-Wert aufrechterhalten werden 
                  müssen. Je kürzer die Zeitspanne über dem MHK-Wert 
                  liegt, umso eher kommt es zum Wiederanwachsen der Mikroorganismen 
                  [35]. Inwieweit ein postantibiotischer Effekt eine Rolle spielt, 
                  ist für die Klinik noch nicht abschließend geklärt. 
                  Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der postantibiotische 
                  Effekt nicht zuletzt der Aktivität der körpereigenen 
                  Abwehr zuzuschreiben ist.
                  Typische 
                  Beispiele von Präparaten, bei denen die Fläche unter 
                  der Kurve ausschlaggebend ist, sind ß-Laktam-Antibiotika 
                  und Glykopeptide. 
                  Bei den 
                  konzentrationsabhängigen Präparaten (Cmax/MIC), 
                  die vor allem von Aminoglykosiden und Fluorochinolonen repräsentiert 
                  werden, ist die Dosissteigerung direkt proportional mit einer 
                  schnelleren Keimelimination. Auch Metronidazol gehört zu 
                  dieser Gruppe von Antibiotika. Während man bei zeitabhängigen 
                  Präparaten durch eine Verkürzung der Dosierungsintervalle 
                  bis hin zur Dauerinfusion eine Verbesserung der antimikrobiellen 
                  Wirksamkeit erzielt, ist bei den konzentrationsabhängigen 
                  Präparaten durch eine Steigerung der Initialdosis vor allem 
                  zu Beginn der Behandlung eine bessere Wirksamkeit zu erzielen. 
                  Dadurch ist eine Verlängerung der Dosierungsintervalle 
                  möglich [36]. Bei subinhibitorischen Konzentrationen dieser 
                  Präparate kommt es jedoch zu einer Steigerung der adaptiven 
                  Resistenz.
                  Makrolid-Antibiotika 
                  liegen zwischen zeit- und konzentrationsabhängigen Präparaten. 
                  Es ist einerseits eine Wirkstoffkonzentration über dem 
                  MHK-Wert über einen ähnlichen Zeitraum wie bei der 
                  Verabreichung von ß-Laktam-Antibiotika aufrechtzuerhalten, 
                  anderseits kann man durch Dosissteigerung eine raschere Keimeradikation 
                  bzw. eine bakterizide Wirkung erzielen. 
                  
                 In 
                  vitro-Untersuchung der Absterbegeschwindigkeit unter dem 
                  Einfluss von in vivo beobachteten Wirkstoffkonzentrationen
                  In einem 
                  noch an der Kinderklinik Innsbruck entwickelten kinetischen 
                  Modell wurden In vitro-Wirkstoffkonzentrationen, die 
                  in vivo erreicht werden, mit einer künstlichen 
                  Niere nachgeahmt und stündlich Keimzahlbestimmungen durchgeführt. 
                  Je nach Durchflussgeschwindigkeit in den Kompartmenten konnte 
                  man Konzentrationsverläufe nachahmen, die in vivo 
                  z.B. im Serum, im interstitiellen Flüssigkeitskompartment 
                  oder im Mittelohrsekret beobachtet wurden. Die Keimelimination 
                  wurde unter dem Einfluss zahlreicher Antibiotika aus verschiedenen 
                  Wirkstoffgruppen unter dem Einfluss verschiedener Konzentrationsverläufe 
                  bestimmt [38, 39].
                  Abbildung 
                  4a zeigt die stündliche Messung der Keimzahlen (CFU) von 
                  Staphylococcus aureus (MHK-Wert 0,25 µg/ml) unter 
                  2,5 µg/ml, 25 µg/ml, 250 µg/ml Cefamandol. 
                  Die obere Kurve zeigt die Absterbegeschwindigkeit unter fixen 
                  Konzentrationen, die untere Kurve die Absterbegeschwindigkeit 
                  und das Wiederanwachsverhalten bei einer Eliminations-Halbwertszeit 
                  von 1 Stunde. Es zeigt sich, dass auch bei 10-, 100- und 1.000facher 
                  Überschreitung der MHK-Werte gleich schnelle Absterbegeschwindigkeiten 
                  von S. aureus zu beobachten sind. Sobald der MHK-Wert 
                  im Kulturmedium jedoch unterschritten wird, kommt es zum Wiederanwachsen 
                  der Keime, bei niedrigeren Konzentrationen früher als bei 
                  höheren Konzentrationen.
                  Abbildung 
                  4b zeigt die Absterbegeschwindigkeit von S. aureus 
                  unter dem Einfluss verschiedener Konzentrationen von Gentamicin. 
                  Bei fixen Konzentrationen ist durch eine Verdoppelung der Wirkstoffkonzentration 
                  eine erheblich beschleunigte Absterbegeschwindigkeit zu beobachten. 
                  Bei abnehmenden Konzentrationen kann man ein Wiederanwachsen 
                  nach Unterschreiten des MHK-Wertes beobachten. Bei einer 10 
                  x höheren Dosis ist jedoch eine komplette Keimelimination 
                  zu sehen. 
                 
                   
                    | Abbildung 
                        4a:Stündliche Messung der Keimzahlen (CFU) 
                        von Staphylococcus aureus /MHK-Wert 0,25 µg/ml) 
                        unter 2,5 µg/ml, 25 µg/ml, 250 µg/ml 
                        Cefamandol
 
 | Abbildung 
                        4b: Absterbegeschwindigkeit von S. aureus unter fixen 
                        Konzentrationen von Gentamicin (oben) und fallenden Konzentrationen 
                        (unten), Halbwertszeit 1 Stunde
 
 |  Gleichzeitig 
                  wurde auch eine Beobachtung der Veränderung der Morphologie 
                  eines Mikroorganismus unter dem Einfluss von Antibiotika durchgeführt. 
                  Ein Antibiotikum 
                  wird der Nährlösung (Isosensitest Bouillon + Faktor 
                  X + NADH + Supplement B) mit 10 CFU/ml H. influenzae (MHK-Wert 0,25 µg/ml) zugegeben. 
                  Im vorliegenden Experiment wurde initial eine Konzentration 
                  von 25 µg/ml Amoxicillin gewählt, das mit einer Halbwertszeit 
                  von 1 Stunde mittels einer künstlichen Niere eluiert wurde. 
                  Stündlich wurden Wirkstoffkonzentrationen von Amoxicillin, 
                  die Keimzahlen und die morphologischen Veränderungen bestimmt 
                  (Abbildung 5). 
                   
                    | Abbildung 
                        5: Absterbekinetik von H. influenzae 
                        unter fluktuierenden Konzentrationen von Amoxicillin in 
                        einem kinetischen Modell 
 |   Die Betrachtung 
                  der Mikroorganismen im Phasenkontrastmikroskop ergab, dass der 
                  erste Effekt eines ß-Laktam-Antibiotikums in einer Hemmung 
                  der Zellteilung an der vorgesehenen Teilungsstelle besteht. 
                  Somit bildet sich ein sog. Filament, das die vielfache Länge 
                  des ursprünglichen Mikroorganismus aufweist (Abbildung 
                  5a). 
                  Die nächste 
                  Wirkung des ß-Laktam-Antibiotikums besteht im Eingriff 
                  in den bakteriellen Stoffwechsel: Es kommt zur Blockade der 
                  Transpeptidase, welche die festen Zellwandbausteine aus Muraminsäure 
                  verschweißt. Dadurch entstehen Schwachstellen in der Zellwand, 
                  und bei fortgesetztem Bakterienwachstum entstehen in dieser 
                  Risse. Die Bakterienzelle wird an dieser Stelle nur noch durch 
                  die elastische Zellmembran zusammengehalten. Die Ausbuchtungen 
                  der Zelloberfläche werden als Sphäroplast bezeichnet. 
                  In der Folge platzt auch die Zellmembran (Abbildung 5d), was 
                  den Tod des Keimes zur Folge hat. Wenn die antimikrobielle Wirkstoffkonzentration 
                  schon frühzeitig einen kritisch niedrigen Spiegel – 
                  weitgehend identisch mit dem MHK-Wert – unterschreitet, 
                  kommt es zur Aufhebung der ersten Wirkung eines Antibiotikums, 
                  der Hemmung der Zellteilung und dadurch zur Abtrennung der Enden 
                  eines Bakteriums.
                  Die aus 
                  dem absterbenden Keim unter dem Einfluss von Antibiotika entstehenden 
                  neuen Tochterkeime zeichnen sich durch eine geringere Menge 
                  von Lipopolysacchariden und Lipooligosacchariden in der Zellwand 
                  aus. Dadurch wird das Bakterium etwas weniger virulent, da diese 
                  Zellwandbestandteile für die Entzündungsreaktion verantwortlich 
                  sind. Gleichzeitig haben Untersuchungen ergeben, dass diese 
                  Mikroorganismen wegen einer geringeren Elektronegativität 
                  der Oberfläche leichter durch Phagozyten aufgenommen werden 
                  können [40]. Ausreichende Wirkstoffkonzentrationen am Ort 
                  der Infektion über einen entsprechenden Zeitraum können 
                  dieses Phänomen verhindern.
                  Für 
                  welchen Zeitraum der MHK-Wert für eine effiziente Keimelimination 
                  überschritten werden muss, hängt von der erreichbaren 
                  Wirkstoffkonzentration am Infektionsort, vom MHK-Wert des Mikroorganismus 
                  und von der Funktionstüchtigkeit der körpereigenen 
                  Abwehr ab. Über den notwendigen Zeitraum gibt es aber nur 
                  Spekulationen und einzelne klinische Studien bzw. Untersuchungen 
                  im Tiermodell, die einen Hinweis erlauben. Daten aus der Literatur 
                  weisen darauf hin, dass der MHK-Wert am Infektionsort für 
                  ß-Laktam-Antibiotika für mindestens 50% der Zeit 
                  bis zur nächsten Dosis aufrechterhalten werden muss [41, 
                  42]. Dies stimmt vor allem für erwachsene Patienten mit 
                  intakter körpereigener Abwehr, die imstande sind, einen 
                  durch das Antibiotikum geschädigten Mikroorganismus zu 
                  eliminieren. Bei eingeschränkter spezifischer, aber auch 
                  unspezifischer körpereigener Abwehr sind für eine 
                  effiziente Keimelimination aber erheblich längere Wirkstoffkonzentrationen 
                  >MHK-Wert am Infektionsort aufrechtzuhalten.
                  Wir können 
                  heute annehmen, dass bei intakter körpereigener Abwehr 
                  bei einem Erwachsenen oder älteren Kindern und Adoleszenten 
                  mit einer „community acquired infection“ Wirkstoffkonzentrationen, 
                  die den MHK-Wert für 50-60% bis zur nächsten Dosis 
                  überschreiten, genügen. Bei Patienten, bei denen man 
                  sich auf eine intakte körpereigene Abwehr nicht verlassen 
                  kann, z.B. bei neutropenischen Patienten, Patienten unter Zytostatikatherapie 
                  und bei Früh- und Neugeborenen, ist die Überschreitung 
                  des MHK-Wertes für die gesamte Zeit bis zur nächsten 
                  Dosis erforderlich. Bei verminderter körpereigener Abwehr 
                  oder schweren Infektionen mit einem hohen Inokulum, die im Säuglings- 
                  und Kleinkindesalter häufig vorliegen, ist ebenfalls eine 
                  längere Dauer als bei Schulkindern und Adoleszenen, d.h. 
                  ein Zeitraum von 75%-90% Überschreitung des MHK-Wertes 
                  bis zur nächsten Dosis erforderlich.
                  
                 Klinische 
                  Beobachtung
                  Zwangsläufig 
                  ergibt sich die Frage, ob eine effektive Keimelimination in 
                  vitro mit besseren klinischen Ergebnissen korreliert. So 
                  ist von Interesse, ob bei längerer Aufrechterhaltung bakterizider 
                  Wirkstoffmengen in der Paukenhöhle, was mit einer rascheren 
                  Keimelimination einhergeht, bei einem geringeren Prozentsatz 
                  von Patienten mit einem persistierenden Tuben-Paukenhöhlenkatarrh 
                  zu rechnen ist [43].
                  Ein persistierender 
                  Tuben-Paukenhöhlenkatarrh ist ein multifaktorielles Geschehen: 
                  Obstruktion der Tubenmündung durch vergrößerte 
                  Adenoide, eine Tubenfunktionsstörung bei anatomischen Fehlbildungen 
                  (Gaumenspalte, abnormer Ansatz des M. tensor veli palatini, 
                  Knorpelschwäche) und einer spezifischen und unspezifischen 
                  Abwehrschwäche einschließlich einer verminderten 
                  Mukosa-Immunität spielen eine wichtige Rolle. Noch größere 
                  Bedeutung kommt aber einer ungenügenden antimikrobiellen 
                  Wirksamkeit sowie einer zu langsamen Eradikation von Mikroorganismen 
                  zu [44].
                  Die Untersuchungen 
                  von Gehanno bei akuter Otitis media geben dafür einen klinisch 
                  relevanten Hinweis: Bemerkenswert an dieser Studie war, dass 
                  alle Mikroorganismen sowohl auf Amoxicillin/Clavulansäure 
                  als auch auf Cefpodoxim empfindlich waren und der unmittelbare 
                  Behandlungserfolg am Therapieende mit 96% bei beiden Behandlungsregimen 
                  gleich gut war. Trotzdem belegt diese Studie nach Gabe von Cefpodoxim 
                  Proxetil einen erheblich niedrigeren Prozentsatz an Patienten 
                  mit persistierendem Tuben-Paukenhöhlenkatarrh, was auch 
                  mit einem niedrigeren Prozentsatz an Rezidiven korreliert [45] 
                  (Tabelle 2). 
                 
                   
                    | Tabelle 
                        2 : Cefpodoxim bei akuter Otitis media, Vergleich 
                        mit Amoxicillin und Clavulansäure, Studie 2 (6) [Gehanno 
                        et al. 1992] 
                         
                          | 
                               
                                | Befunde* | Cefpodoxim | Amoxicillin 
                                    u.Clavulansäure
 | Unterschied |  |   
                          | 
                               
                                | Normaler 
                                  oto- skopischer Befund
 | 81,1 
                                    % (90/111) | 63,8 
                                    % (60/94) | signifikant |  |   
                          | 
                               
                                | Normales Tympanogramm
 | 78,0 
                                    % (90/111) | 61,4 
                                    % (60/94) | signifikant |  |   
                          | 
                               
                                | Seröse 
                                  Otitis | 14,4 
                                    % (90/111) | 28,7 
                                    % (60/94) | signifikant |  |  
                          | 
                               
                                | * 
                                  Befunde bei Nachuntersuchung (10-20 Tage nach 
                                  Behandlungsende) |  |  |  Diese Ergebnisse 
                  scheinen im Moment nach bisherigen Gesichtspunkten nicht erklärbar. 
                  Vergleicht man jedoch die Interaktion Pharmakokinetik und Pharmakodynamik 
                  bei Amoxicillin und Cefpodoxim Proxetil, kann man feststellen, 
                  dass nach Gabe von 50 mg/kg KG Amoxicillin, aufgeteilt auf 3 
                  Tagesdosen, der MHK-Wert für H. influenzae nur 
                  für 50% der Zeit bis zur nächsten Dosis im Mittelohrsekret 
                  überschritten wird, vorausgesetzt, dass das Präparat 
                  in 8-stündlichen Intervallen verabreicht wird. Nach Gabe 
                  von Cefpodoxim Proxetil in einer Tagesdosis von 12-15 mg/kg 
                  KG, aufgeteilt auf 2 Dosen, beobachtet man über dem MHK-Wert 
                  liegende Wirkstoffkonzentrationen für Moraxella catarrhalis 
                  für 90% der Zeit bis zur 2. Dosis, bei H. influenzae, 
                  Streptococcus pyogenes und Pneumokokken für 100% 
                  der Zeit [46]. 
  Abbildung 
                  6 zeigt den Konzentrationsverlauf von Amoxicillin im Mittelohrsekret 
                  nach Gabe von 20 mg/kg KG 8-stündlich (schwarze Linie) 
                  und mit dem sog. „Zweitschlag“, wobei eine zusätzliche 
                  Dosis nach 4 Stunden verabreicht wird (rote Linie). Bei einer 
                  8-stündlichen Verabreichung wird der MHK-Wert für 
                  H. influenzae nur für 50% der Zeit überschritten, 
                  beim „Zweitschlag“ über 100% der Zeit in den 
                  ersten 24 bzw. 32 Stunden.
                  Dieses 
                  Phänomen wurde in einer randomisierten, prospektiven klinischen 
                  Studie an 100 Patienten untersucht: Nach Gabe von 60 mg/kg KG 
                  Amoxicillin, auf 2 bzw. 3 Tagesdosen aufgeteilt, wurde bei 25% 
                  und 26,5% der Patienten resp. 18-24 Tage nach Therapieende ein 
                  persistierender Paukenhöhlenkatarrh beobachtet. Im Gegensatz 
                  dazu persistierte beim sog. „Zweitschlag“ mit Verabreichung 
                  einer zusätzlichen Dosis von 20 mg/kg KG 4 Stunden nach 
                  der ersten Gabe (80 mg/kg KG Tagesdosis am ersten Tag) nur bei 
                  8% der Patienten ein Tuben-Paukenhöhlenkatarrh. Eine Verdoppelung 
                  der Erstdosis kann hingegen zu einer Überschreitung des 
                  Resorptionsmaximums führen und hat keine wesentlich höheren 
                  Wirkstoffkonzentrationen in Serum und Paukenhöhlensekret 
                  zur Folge (Abbildung 7) [47]. 
                 
                   
                    | Abbildung 
                        6: Konzentrationsverlauf von Amoxicillin im Mittelohrsekret 
                        nach Gabe von 20 mg/kg KG 8-stündlich (schwarze Linie) 
                        und mit dem sog. Zweitschlag, wobei eine zusätzliche 
                        Dosis nach 4 Stunden verabreicht wird (rote Linie) 
 | Abbildung 
                        7:  Behandlungsergebnisse bei akuter Otitis media: 
                        Paukenhöhlenkatarrh 3 Wochen nach Therapieende, a) 
                        3x tägliche Gabe, b) "Zweitschlag" 4x20 
                        mg/kg KG 
 |  Bei Verabreichung 
                  von Makrolid-Antibiotika, z.B. von Clarithromycin, wird diese 
                  Dosierungsstrategie bereits durch die Gabe von Klacid pro® 
                  (Verdoppelung der Dosis am ersten Tag) erfolgreich praktiziert. 
                  Allerdings besteht für Clarithromycin kein Transportmaximum 
                  im therapeutischen Dosierungsbereich. 
                 |    
             
              | Rationelle 
                Wahl der Tagesdosis und Dosierungsintervalle unter besonderen 
                klinischen Bedingungen  
                 Leberfunktionsstörungen
                  Eine antimikrobielle 
                  Therapie kann einerseits eine bestehende Leberfunktionsstörung 
                  verstärken, andererseits durch die verminderte Glukuronierung 
                  und Ausscheidung der Substanz bei bestehender Leberfunktionsstörung 
                  zu Kumulation führen. Nachdem bisher keine Parameter beschrieben 
                  wurden, anhand derer eine Dosisanpassung bei eingeschränkter 
                  Leberfunktion möglich wäre, sind Antibiotika und Chemotherapeutika, 
                  die in der Leber metabolisiert werden, zu vermeiden. Zu diesen 
                  Substanzen gehören in erster Linie Makrolid-Antibiotika 
                  und Lincosamine, Rifampicin und praktisch alle Tuberkulostatika, 
                  Tetrazykline und Metronidazol. Bei Leberfunktionsstörungen 
                  sind meist auch die Wirkstoffkonzentrationen in der Galle vermindert, 
                  woraus eine eingeschränkte antimikrobielle Wirksamkeit 
                  bei Infektionen der Gallenwege resultiert.
                  
                  Nierenfunktionsstörungen
                  Nierenfunktionsstörungen 
                  resultieren in einer verminderten Elimination der Wirksubstanz. 
                  Dadurch kommt es zu Kumulation und Toxizität, die wiederum 
                  die Nierenfunktionsstörung verstärkt. So kann es bei 
                  eingeschränkter Nierenfunktion bereits durch therapeutische 
                  Dosen von Aminoglykosiden zu Innenohrschwerhörigkeit und 
                  neurologischen Reaktionen mit muskulärer Hypotonie, bei 
                  Verabreichung von Imipenem-Cilastatin zu Krampfanfällen, 
                  und nach Gabe von Penicillin zu neuromuskulärer Hyperexzitabilität 
                  kommen. Eine Nierenfunktionsstörung steigert die Nephrotoxizität 
                  von Amingoglykosiden und Glykopeptiden. Die toxische Wirkung 
                  von Aminoglykosiden kann durch Interaktion mit anderen Medikamenten, 
                  z.B. Furosemid, durch Kompetition in der Elimination verstärkt 
                  werden. Die gleichzeitige Gabe von Fosfomycin reduziert die 
                  Nephrotoxizität dieser Präparate. Eine Dosisanpassung 
                  erfolgt bei den meisten Medikamenten anhand der Kreatinin-Clearance 
                  durch Anpassung der Tagesdosis. Die Dosisanpassung kann aber 
                  auch dadurch erfolgen, dass als erste Dosis die Regeldosis verabreicht 
                  wird und entsprechend der Kreatinin-Clearance die Dosierungsintervalle 
                  verlängert werden. Die Feinabstimmung erfolgt durch die 
                  Bestimmung der Talspiegel. Aminoglykoside, Glykopeptide und 
                  Cephalosporine der I. Generation bedürfen im Fall einer 
                  Nierenfunktionsstörung unbedingt einer Dosisanpassung. 
                    |    
             
              | Schlussfolgerung Es bestehen erhebliche 
                  Unterschiede in der Resorption, Verteilung und im Metabolismus 
                  von Antibiotika in verschiedenen Lebensabschnitten. Dadurch 
                  kann man nicht mit einer regulären Pharmakodynamik, wie 
                  sie bei Erwachsenen zur Definition von effektiven Tagesdosen 
                  und Dosierungsintervallen geführt hat, rechnen. Dies führt 
                  nicht selten zu subinhibitorischen Konzentrationen von Antibiotika 
                  mit verzögerter klinischer Besserung, Übergang in 
                  eine chronisch schwelende Infektion und Induktion/Selektion 
                  von resistenten Mikroorganismen. Die Beachtung der für 
                  Säuglinge und Kleinkinder relevanten Änderungen ermöglicht 
                  eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse.
 |    
             
              | Literatur: 
                    
                   
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                  des Verfassers:Univ.-Prof. Dr. J. Peter Guggenbichler
 Klinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg
 D-91054 Erlangen, Loschgestraße 15
 E-Mail: prof.guggenbichler@gmx.de
 
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