Granulozytäre und monozytäre Ehrlichiose in Europa - Diagnostische, therapeutische und epidemiologische Aspekte

F. Daxböck, H. Burgmann, W. Graninger
Universitätsklinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien

(Vorstand: Univ.-Prof DDr. W. Graninger)

Schlüsselwörter
Zusammenfassung
Key-words
Summary
Einleitung
Epidemiologie

Klinisches Erscheinungsbild der Ehrlichiosen
Diagnose und Therapie
Literatur

Schlüsselwörter:
Granulozytäre Ehrlichiose, monozytäre Ehrlichiose, Ehrlichia chaffeensis, HGE-Agens, Falldefinition, Zecken

 

Zusammenfassung

Der monozytären und der granulozytären Ehrlichiose wird seit ihrer 1987 respektive 1994 erfolgten Erstbeschreibung eine zunehmend größere Bedeutung als Zecken-assoziierte Erkrankungen zugeschrieben. Die monozytäre Ehrlichiose (HME) wird durch Ehrlichia chaffeensis hervorgerufen. Der Erreger der granulozytären Ehrlichiose (HGE) wurde noch nicht mit einem systematischen Namen versehen. Er wird zur Zeit als HGE-Agens bezeichnet. Beide Erkrankungen müssen bei jeder akuten, fieberhaften Erkrankung nach einem Zeckenstich differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Das Vorliegen einer Thrombozytopenie und einer Leukopenie ist ein bedeutender Hinweis auf das Vorliegen einer Ehrlichiose. Die definitive Diagnose stützt sich auf Serologie, PCR und die Untersuchung peripherer Blutausstriche auf Mikrokolonien des Erregers. Bei Ausbleiben einer antimikrobiellen Therapie beträgt die Mortalität von granulozytärer und monozytärer Ehrlichiose etwa 5%.

 

Key-words:
Human granulocytic Ehrlichiosis, human monocytic Ehrlichiosis, Ehrlichia chaffeensis, HGE agent, case definition, ticks

 

Summary

Human monocytic Ehrlichiosis and human granulocytic Ehrlichiosis are considered ernerging tickborne diseases. The causative agent of human monocytic Ehrlichiosis (HME) is Ehrlichia chaffeensis. Human granulocytic Ehrlichiosis (HGE) is caused by a still unnamed Ehrlichia-species called HGE agent. Both diseases must be considered in patients presenting with an acute, febrile illness after a tick-bite. Concomitant thrombocytopenia and leukopenia strongly suggest an infection with Ehrlichia sp. Definitive diagnosis is based on serology, PCR and the examination of peripheral blood smears for microcolonies of the pathogen. If no effective therapy with doxycycline is initiated, the mortality of granulocytic and monocytic Ehrlichiosis is around 5%.



Einleitung

Ehrlichia sp. sind seit mehreren Jahrzehnten als tierpathogene Bakterien bekannt. 1987 wurde mit der Beschreibung der monozytären Ehrlichiose die Bedeutung dieser Keime für die Humanmedizin evident [1]. Die granulozytäre Ehrlichiose ist seit 1994 als eigenständiges Krankheitsbild bekannt [2]. Es ist im Einzelfall nicht möglich, HME und HGE anhand des klinischen Bildes voneinander zu differenzieren. Beide Erkrankungen wurden zuerst in Nordamerika beschrieben. Durch die intensive Forschungstätigkeit der letzten Jahre wurde jedoch gezeigt, daß die granulozytäre Ehrlichiose in Europa weitaus häufiger ist.

Die monozytäre Ehrlichiose ist hier hingegen auf Einzelfälle beschränkt. Ehrlichia sp. sind gramnegative, 0,5 bis 1,5 µm große Organismen mit obligat intrazellulärer Lebensweise. Die Gattung enthält 9 anerkannte Arten. Die verschiedenen Ehrlichia-Spezies unterscheiden sich bezüglich ihres Zelltropismus, wobei die wichtigsten Zielzellen für E. chaffeensis Monozyten sind, das HGE-Agens hingegen vor allem in neutrophilen Granulozyten parasitiert. Der Grad der DNA-Homologie zwischen dem HGE-Agens und den nahe verwandten Spezies E. phagozytophila und E. equi ist so hoch, daß diese drei Organismen zur E. phagozytophila-Genogruppe zusammengefaßt werden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Charakteristika von granulozytärer und monozytärer Ehrlichiose und ihre Verbreitung in Europa. Eine dritte, sehr seltene Ehrlichiose ist in ihrem klinischen Verlauf dem Pfeifferschen Drüsenfieber ähnlich und wird durch E. sennetsu hervorgerufen. Diese Erkrankung ist in Europa nicht relevant.

Tabelle 1: Vergleich von granulozytärer und monozytärer Ehrlichiose
     HGE    HME
   Erreger    Ehrlichia chaffeensis    HGE-Agens
   Vektor    Ixodes ricinus    Amblyomma americanum,
   Dermacentor variabilis
   bekannte
   Verbreitung in
   Europa
   Deutschland
   Schweiz
   Slowenien
   Italien
   England
   Norwegen
   Schweden
   Bulgarien
   Frankreich
   Belgien
   Portugal
   wichtigste Zielzellen    neutrophile Granulozyten    Monozyten
   Inkubationszeit    8 Tage    9 Tage
   Krankheitsdauer ohne
   Therapie
   3 bis 11 Wochen    ca. 3 Wochen
   Mortalität    5%    2 bis 3%
   Therapie der Wahl    Doxycyclin    Doxycyclin

 

 

Epidemiologie

Die granulozytäre Ehrlichiose (HGE) wird durch den Stich von infizierten Zecken der Spezies Ixodes ricinus auf den Menschen übertragen. Der Vektor der Erkrankung ist somit identisch mit jenem der Lyme- Borreliose und der FSME. Infektionen des Menschen ereignen sich vor allem in den Sommermonaten [3] .

Tierexperimentelle Studien haben für Ixodes scapularis, einen Vektor der HGE in Nordmerika, gezeigt, daß eine Infektion unwahrscheinlich ist, wenn die entsprechenden Zecken innerhalb von 40 Stunden entfernt werden [4]. Für das HGE-Agens stellt der Beginn der Blutmahlzeit der Zecke einen Stimulus zur Replikation dar, wodurch sich das Infektionsrisiko mit der Dauer des Kontakts zwischen Parasit und Wirtsorganismus stark erhöht. Bezüglich der Durchseuchung der Zecken in Europa mit dem HGE-Agens liegen nicht viele Daten vor. Eine deutsche Forschungsgruppe konnte den Erreger in 2 von 60 Exemplaren von Ixodes ricinus, die in der Nähe von München gesammelt wurden, mittels PCR nachweisen [5]. Das stimmt mit einem Ergebnis aus Slowenien überein, demzufolge 3 von 101 Zecken aus einem Waldgebiet bei Lubljana infiziert waren [6]. Slowenische Isolate des HGE-Agens von Zecken und Patienten sind bezüglich bestimmter Gensequenzen identisch, unterscheiden sich jedoch von nordamerikanischen Isolaten. Als Marker für die genetische Verwandtschaft der Stämme wurde das groESL heat shock operon-Gen sequenziert [6]. Ergebnisse aus den USA zeigen, daß der Prozentsatz infizierter Zecken und damit das Infektionsrisiko regional stark variieren, sodaß sich Daten über die Durchseuchung der Zecken mit dem HGE-Agens nur bedingt auf benachbarte Gebiete übertragen lassen [7] .

In Nordamerika, wo Ixodes scapularis als Vektor der HGE fungiert, sind Rehe ein bedeutendes Reservoir für das HGE-Agens. Bei 64% der Tiere ist der Erreger mittels PCR im Blut nachweisbar [8]. In drei Fällen konnte eine Infektion des Menschen mit dem HGE-Agens auf den Kontakt mit dem Blut infizierter Rehe zurückgeführt werden [8]. Der Verzehr von gekochtem Rehfleisch birgt kein Infektionsrisiko. Auch ein Fall von transplazentarer Übertragung der granulozytären Ehrlichiose wurde beschrieben [9].

Bezüglich der Häufigkeit von Infektionen des Menschen mit dem Erreger der granulozytären Ehrlichiose liegen Daten aus vielen europäischen Ländern vor. In Süddeutschland beträgt die Seroprävalenz von Antikörpern gegen das HGE-Agens bei gegenüber Zecken exponierten Personen 14% [5]. Es muß hinzugefügt werden, daß diese Antikörper nach einer durchgemachten Infektion nur etwa drei Jahre lang nachweisbar sind. Im Norden der Schweiz wurde sogar eine Seroprävalenz von 17,1% ermittelt [10], allerdings bei Patienten mit einem Zeckenstich in der Anamnese. In Slowenien wurden mehrere Fälle von granulozytärer Ehrlichiose beschrieben [11]. Ferner wurden seroepidemiologische Studien in Italien [12], Großbritannien [13], Norwegen [14], Schweden [15] und Bulgarien [16] durchgeführt.
In all diesen Ländern wurde das Vorhandensein von Antikörpern gegen granulozytotrope Ehrlichia sp. in der Bevölkerung dokumentiert. Patienten, die für Borrelia burgdorferi und das FSME-Virus seropositiv sind, weisen zu 12,7% respektive 19,5% auch Antikörper gegen das HGE-Agens auf [17]. Diese in der Schweiz erhobenen Daten entsprechen aufgrund des gemeinsamen Vektors dieser Krankheiten den Erwartungen.

Die monozytäre Ehrlichiose (HME) ist in Europa selten. Als Vektoren für E. chaffeensis dienen die Zeckenspezies Amblyomma americanum und Dermacentor variabilis. In Frankreich, Belgien und Portugal sind Fälle dieser Erkrankung beschrieben worden [18, 19, 20]. Eine Aussage über die tatsächliche Relevanz der HME in Europa läßt sich derzeit nicht treffen.

 

Klinisches Erscheinungsbild der Ehrlichiosen

Ehrlichia sp. leben obligat intrazellulär. Die Zielzellen des Erregers der granulozytären Ehrlichiose sind vor allem neutrophile Granulozyten. Aber auch in Endothelzellen, Fibroblasten und Makrophagen wurde dieser Keim nachgewiesen. Innerhalb der befallenen Zellen bildet der Erreger Mikrokolonien, die in den Granulozyten eines peripheren Blutausstrichs manchmal als morulaähnliche Strukturen erkennbar sind. An granulozytärer Ehrlichiose können Personen jeden Alters erkranken, die Manifestationsrate steigt jedoch mit dem Lebensalter an. Im Gegensatz zur monozytären Form ist ein Auftreten der HGE als opportunistische Infektion bei HIV-Patienten nicht bekannt. Die Erkrankung hinterläßt keine lebenslange Immunität [21].

Die Inkubationszeit der granulozytären Ehrlichiose beträgt ungefähr acht Tage. Oft präsentiert sich die Erkrankung bei therapeutisch nicht beeinflußtem Verlauf als selbstlimitierend innerhalb von 3 bis 11 Wochen. Die Symptomatik umfaßt Fieber, Schüttelfrost, Myalgien und Kopfschmerzen, weniger häufig sind Erbrechen, Husten, Arthralgien und Nackensteife [22]. Typische Blutbildveränderungen im Rahmen der HGE sind eine Leukopenie und Thrombozytopenie, wobei letztere den konstanteren Befund darstellt. Eine Anämie ist ebenfalls häufig vorhanden. Die Serumaktivität der hepatischen Transaminasen ist fast immer erhöht. Typische Symptome und Laborbefunde der HGE sind in Tabelle 2 zusammengefaßt.

Tabelle 2: Symptome und Laborbefunde der granulozytären Ehrlichiose.

-
Fieber
Schüttelfrost
Myalgien
Kopfschmerzen
Erbrechen
Husten
Arthralgien
Nackensteife

Thrombozytopenie
Leukopenie
Anämie

erhöhte Serumaktivität
der hepatischen Transaminasen
98%
98%
98%
80%
34%
29%
27%
22%

92%
50%
50%


91 %

 

Bei 80% der Patienten mit HGE sind Autoantikörper gegen Thrombozyten nachweisbar [23]. Diese Antikörper könnten an der Genese der mit dieser Erkrankung fast stets einhergehenden Thrombozytopenie beteiligt sein. Weiters weisen Patienten, die an dieser Ehrlichiose leiden, häufiger als gesunde Kontrollpersonen antinukleäre und antizytoplasmatische Antikörper auf. Die genaue Entstehung all dieser Autoantikörper und ihre Relevanz für die Pathogenese der granulozytären Ehrlichiose sind nicht genau bekannt.
Diese immunologischen Phänomene könnten die Erklärung dafür sein, warum die HGE im Gegensatz zu der durch den gleichen Vektor übertragenen Lyme-Borreliose eher eine Erkrankung der älteren Menschen ist.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die granulozytäre Ehrlichiose selbstlimitierend verlaufen kann. Welche Gefahr bringt eine Infektion mit dem HGE-Agens nun tatsächlich mit sich? Mehr als die Hälfte der Patienten müssen aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes hospitalisiert werden. Wie auch bei der HME gilt, daß hohes Lebensalter und das Vorhandensein von Mikrokolonien des Erregers im peripheren Blutausstrich Indikatoren für einen schweren Verlauf der Erkrankung und eine notwendige stationäre Betreuung sind. Bei Ausbleiben einer adäquaten antimikrobiellen Therapie stellt die granulozytäre Ehrlichiose eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung dar. Der Grund dafür ist, daß die Infektion mit dem HGE-Agens zu einer Immunsuppression führt, die den Patienten für opportunistische Infektionen anfällig macht. Dieser Umstand erklärt, daß diese Krankheit mit einer Mortalität von rund 5% behaftet ist. Die unmittelbare Todesursache stellen dann interkurrierende Infektionen dar, die sich auf dem Boden der durch das HGE-Agens induzierten Immunschwäche entwickeln. Unter anderem wurden eine disseminierte Candidiasis, Pneumonien durch Cryptococcus neoformans und invasive pulmonale Aspergillose als letale Folgeerkrankungen der granulozytären Ehrlichiose beschrieben. Auch ein Fall von letaler Pankarditis durch das HGE-Agens ist bekannt [24]. Ferner kann die granulozytäre Ehrlichiose neurologische Komplikationen wie Polyneuropathie nach sich ziehen [25].

E. chaffeensis, der Erreger der monozytären Ehrlichiose, parasitiert in Monozyten. Es liegt demnach ein anderer pathogenetischer Mechanismus vor als bei der HGE. In experimentell mit E. chaffeensis und dem HGE-Agens infizierten HL-60-Zellen halten sich diese Keime in chemisch unterschiedlich charakterisierten zytoplasmatischen Einschlüssen auf [26]. Trotzdem ist die HME im Einzelfall klinisch nicht von der HGE zu unterscheiden.

Bei einem Drittel der mit E. chaffeensis infizierten Patienten wird die monozytäre Ehrlichiose klinisch manifest [27]. Insgesamt werden rund 60% der erkrankten Patienten hospitalisiert. Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich 9 Tage. Ohne Therapie dauert die Krankheit im Fall eines selbstlimitierenden Verlaufs etwa 3 Wochen. In schweren Fällen kann es zu respiratorischer Insuffizienz, Niereninsuffizienz oder einer disseminierten intravasalen Gerinnung kommen. Letztere kann sich unter anderem als gastrointestinale Blutung manifestieren. Diese Komplikationen treten zumeist gegen Ende der ersten Krankheitswoche auf [27]. Mit neurologischen Komplikationen, vor allem einer Meningitis, ist in Einzelfällen zu rechnen. Auch eine Herzinsuffizienz ist als Komplikation einer Infektion mit E. chaffeensis beschrieben [28]. Die Mortalität der monozytären Ehrlichiose beträgt 2 bis 3%.

Bei 36% der Patienten treten im Verlauf der Erkrankung Hauterscheinungen auf [27]. Das ist vor allem bei pädiatrischen Patienten der Fall. Das Erscheinungsbild des Ausschlags ist vielgestaltig und niemals pathognomonisch.

Die Laborbefunde sind jenen der HGE ähnlich. Die Thrombozytopenie ist der konstanteste Befund (68%), eine Leukopenie ist bei rund 60% der Patienten vorhanden. Im Gegensatz zur Leukopenie, die sich erst nach dem dritten Krankheitstag entwickelt, setzt der Abfall der Thrombozyten bereits zu Beginn der Erkrankung ein. Beide Parameter normalisieren sich nach einer durchgemachten HME innerhalb weniger Tage. Das Knochenmark zeigt in aller Regel eine der peripheren Leukopenie angemessene Reaktion. Eine Anämie kann sich während der ersten Krankheitswoche ebenfalls ausbilden, allerdings seltener als bei der granulozytären Ehrlichiose.

Die Serumaktivitäten von GOT und G PT sind bei 86% respektive 80% der Patienten erhöht [27].

 

Diagnose und Therapie

Die Ehrlichiosen werden zumeist serologisch diagnostiziert. Die am öftesten angewandte Methode zum Nachweis spezifischer Antikörper ist der Immunfluoreszenztest, wobei zur sicheren Diagnose der Infektion ein zumindest vierfacher Titeranstieg gefordert wird. Früher fanden im Rahmen der serologischen Diagnose der HGE Antigene von E. equi, einer nahe verwandten Ehrlichia-Spezies, Verwendung. Inzwischen wurden auch menschliche Isolate des HGE-Agens als Antigen eingesetzt. Die Sensitivität der Tests erhöht sich dadurch aber nicht [29]. Generell ist zu beachten, daß nicht alle Stämme des HGE-Agens mit jedem Testantigen reagieren. Kreuzreaktionen mit Antikörpern gegen Rickettsia rickettsii [29] und E. chaffeensis [3] kommen vor. Die serologische Diagnostik der Ehrlichiosen ist prinzipiell problematisch, weil nur bei rund einem Viertel der Patienten während der akuten Infektion bereits Antikörper nachweisbar sind. Meistens setzt deren Bildung erst nach dem Abklingen der Krankheitssymptome ein. Aufgrund dieser Tatsache ist die Serologie oft nur zur Bestätigung der zuvor mit anderen Methoden gestellten Diagnose geeignet.

Die PCR bietet beim Nachweis der aktuellen Infektion die größere diagnostische Sicherheit. Dabei wird die DNA der Keime in Granulozyten respektive Monozyten nachgewiesen. Auch diese Methode erlaubt nicht in jedem Fall den Nachweis einer akuten Infektion.

Abbildung 1: Mikrokolonien des Erregers der granulozytären Ehrlichiose (HGE-Agens) in HL-60-Zellen

Abbildung 1

Die Kultivierung des HGE-Agens in HL-60-Zellen wurde erstmals 1996 von J. L. Goodman erfolgreich durchgeführt [30]. Diese ist allerdings, obwohl sie als Goldstandard für die Verifizierung einer granulozytären Ehrlichiose gilt, für die Routinediagnostik zu aufwendig. Abbildung 1 zeigt einen intrazellulär in HL-60-Zellen kultivierten Stamm des HGE-Agens. Eine weitere diagnostische Annäherung an granulozytäre und monozytäre Ehrlichiose ist die Untersuchung peripherer Blutausstriche auf morulaähnliche Strukturen in Granulozyten respektive Monozyten.

Diese entsprechen den Mikrokolonien, die Ehrlichia sp. in zytoplasmatischen Einschlüssen innerhalb dieser Zellen bilden.

Bei 25% der Patienten mit HGE sind derartige Strukturen nachweisbar. Im Rahmen der monozytären Ehrlichiose ist dies seltener der Fall. Die Inspektion peripherer Blutausstriche ist demnach keine sensitive Methode.

All diese diagnostischen Verfahren sind noch nicht ausreichend standardisiert. Um aufgrund der Ergebnisse der genannten Tests eine definitive Diagnose stellen zu können, wurde für die granulozytäre Ehrlichiose die "New-York-State-Definition" geschaffen.
Darin werden exakte Kriterien für das Vorliegen einer wahrscheinlichen respektive gesicherten HGE-Infektion festgelegt [31]. Den genauen Inhalt dieser Definition gibt Tabelle 3 wider.

Tabelle 3: Die New- York-State-Definition für gesicherte HGE und wahrscheinliche HGE

-

Ein gesicherter Fall von granulozytärer Ehrlichiose ist anzunehmen bei Vorliegen

einer akuten Erkrankung mit Fieber und mindestens einem der folgenden Symptome:
Myalgien, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl
sowie
einem vierfachen Anstieg des Antikörpertiters gegen E. equi oder das HGE-Agens (IFA)
oder
einem positiven Ergebnis der PCR
oder
dem Vorliegen intrazytoplasmatischer Morulae in Granulozyten im peripheren Blutausstrich, im
Knochenmark oder im Liquor cerebrospinalis und eines Antikörpertiters von mindestens 1:64 (IFA)

Ein wahrscheinlicher Fall von granulozytärer Ehrlichiose ist anzunehmen bei Vorliegen

einer akuten Erkrankung mit Fieber und mindestens einem der folgenden Symptome:
Myalgien, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl
sowie
einem Antikörpertiter von 1:64 gegen E. equi oder das HGE-Agens (IFA)
oder
dem Vorliegen intrazytoplasmatischer Morulae in Granulozyten im peripheren Blutausstrich,
im Knochenmark oder im Liquor cerebrospinalis

Das Mittel der Wahl zur Therapie der Ehrlichiosen ist Doxycyclin (1 x 200 mg pro Tag). Vor allem bei der Behandlung von Schwangeren bietet sich Rifampicin als Alternative an [32]. Die Ehrlichiosen sprechen in der Regel rasch auf diese antimikrobielle Therapie an. Bei den meisten Patienten kommt es innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Behandlung zu einer deutlichen Besserung des klinischen Bildes respektive zur Entfieberung. Ferner wurde Chloramphenicol vielfach mit Erfolg zur Therapie der monozytären Ehrlichiose angewendet [27]. Weder E. chaffeensis noch das HGE-Agens spechen auf ß-Laktamantibiotika an. Auch Chinolone haben bei der Behandlung von Infektionen mit E. chaffeensis keinen Stellenwert.

 

Literatur:

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Anschrift des Verfassers:
Dr. Florian Daxböck
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie,
Allgemeines Krankenhaus der Stadt
Wien A-1090 Wien, Währinger Gürtel18-20

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