Zecken sind " klassische " Schrecken der
Menschheit und dies im wörtlichen Sinn. Schon im klassischen Altertum waren Zecken und
andere "Lästlinge " nicht nur bekannt sondern wurden zur Abwehr von Feinden
eingesetzt. Ungeziefer aller Art inklusive Zecken wurde körbeweise den Angreifern von den
Mauern auf den Kopf geschüttet. Klassisch ist noch das "febris ardens", mit dem
in seiner Beschreibung durch Hippokrates sehr wahrscheinlich das durch Borrelien
verursachte Rückfallfieber gemeint war. Zecken werden auch
heute noch zur Abwehr von Feinden eingesetzt, allerdings im umgekehrten Sinn. Ihre
plakative Darstellung dient heute dazu, auf die Gefahr der durch sie übertragbaren
Krankheitserreger und auf prophylaktische Maßnahmen hinzuweisen.
Auf unserem Planeten existiert eine Unzahl von Zecken. Deren Namen
sind allerdings den meisten Menschen unbekannt und nur schwer auszusprechen. Um es einfach
zu machen, Zecken sind keine Insekten. Zecken sind Spinnentiere (Arachnida, Chelicerata).
Zecken haben einen ungegliederten Körper (keinen Kopf, Rumpf). Es gibt Schildzecken (Ixodidae)
und Lederzecken (Argasidae). Lederzecken, auch Wanzen- oder Laufzecken genannt,
saugen an ihren Wirten schnell und wiederholt kleinere Mengen Blut. Ihre Verbreitung
erstreckt sich insbesondere auf wärmere Klimazonen, wo Zecken der Gattung Ornithodoros
z.B. Rückfallfieber-Borrelien auf Menschen übertragen können, wie Borrelia dutoni
durch die Zecke Ornithodoros moubata und viele andere
Rückfallfieber-Borrelienarten durch ebenso zahreiche andere Ornithodoros-Arten.
Schildzecken sind über alle Klimazonen verbreitet (Ixodidae).
Unter denen spielen die Gattungen Ixodes, Rhipicephalus, Dermacentor
und Amblyomma als Krankheitsüberträger die wichtigste Rolle. Wegen des
Chitinschilds, der ihren Rücken zum Teil oder ganz bedeckt, werden sie Schildzecken
genannt (siehe Umschlagbild). Sie saugen sich, mit ihren stechenden Mundwerkzeugen im
Wirtstier fixiert, mit Blut voll und fallen dann ab. Je nach Entwicklungsstadium dauert
diese Blutmahlzeit 1 Tag bis Wochen. Ihre Blutwirte sind Wirbeltiere jeder Art wie z.B.
Nager, Igel, Echsen, Schlangen, Hasen, Wild, Weidetiere, Haustiere und Vögel. Mit dem
Blut nehmen sie von Blutwirten, falls diese Reservoire sind, Krankheitserreger auf und
behalten sie während ihrer Entwicklung von der Larve zur Nymphe und zum adulten
weiblichen oder männlichen Tier. Für jede Verwandlung benötigen sie eine Blutmahlzeit.
Dabei werden zuvor aufgenommene Krankheitserreger auf den nächsten Wirt übertragen.
Gelegentlich kommt der Mensch in diesen natürlichen Kreislauf und kann infiziert werden.
Der Mensch ist ein Fehlwirt, denn an und in ihm wird der Lebenszyklus von Zecken und
Krankheitserregern gewöhnlich abgebrochen.
Schildzecken übertragen Viren, Bakterien und Protozoen: In
umschriebenen Gebieten Zentral- und Nordeuropas sowie Eurasiens das
Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus, die weltweit häufigste endemische
Enzephalitisform; in der ganzen nördlichen Hemisphäre Erreger der Lyme-Borreliose;
weiters Rickettsien, die Fleckfieber-Erreger; Ehrlichien, Erreger einer hochfieberhaften
thrombo- und leukozytopenischen Erkrankung nach Zeckenstich; gelegentlich auch die Erreger
der Hasenpest (Tularämie) und Babesien, Protozoen, die in Nordamerika fatale Infektionen
des Menschen bewirkten; und viele andere Krankheitserreger.
In diesem und im nächsten Heft des ANTIBIOTIKA MONITOR wird ein
Überblick über Zecken-assoziierte Erkrankungen gegeben und ausführlicher auf die
Ehrlichiose, die Lyme-Borreliose, die FSME und die Tularämie eingegangen.
Zecken-assoziierte Erkrankungen werden überwiegend beim
Erholungsaufenthalt in der Natur daheim oder auf Reisen erworben. Von Zecken übertragbare
Erkrankungen sind daher auch ein wichtiger Gegenstand der Reisemedizin. Eine gründliche
epidemiologische Erfassung der genannten Erkrankungen in Europa und anderswo ist jetzt
erforderlich, um Endemiegebiete beschreiben und immunprophylaktische Maßnahmen erproben
und einsetzen zu können.
Univ.-Prof Dr. Gerold Stanek
Hygiene-Institut der Universität Wien |