Karl-Hermann-Spitzy-Preis 2000
Forschungspreis zum siebten Mal verliehen

Mit der 1987 erfolgten Stiftung des Karl-Hermann-Spitzy-Preises leistet Bayer Austria Healthcare einen aktiven Beitrag zur Förderung und Auszeichnung akademischer Grundlagenforschung und schafft damit einen zusätzlichen Anreiz für forschende Mediziner.

Der Forschungspreis wird für klinisch relevante Arbeiten auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und der antimikrobiellen Chemotherapie verliehen. Der Preis ist mit 200.000 Schilling dotiert und wurde im Jahr 2000 zum siebten Mal vergeben. Die vier Preisträger erhielten je 50.000 Schilling.

Die Verleihung fand am 11. Oktober 2000 in der Gesellschaft der Ärzte in Wien statt. Die Preise wurden von Dr. Martin Hagenlocher, Geschäftsbereichsleiter von Bayer Austria Healthcare, übergeben.

Ausgezeichnet wurde Dr. Nora Bayer (Institut für Pathophysiologie, Universität Wien) für ihr Projekt: „Internalisieren Rhinoviren-spezifische Membranrezeptoren Clathrin-abhängig?“ Dr. Bayer: „Die Anheftung von Viren an bestimmte zelluläre Oberflächenstrukturen geschieht in hochspezifischer Weise. Dieser folgt der Transport ins Innere der Zelle. Im Fall der Schnupfenviren soll untersucht werden, welche Mechanismen diesen Transportvorgängen zugrunde liegen. Außerdem soll geklärt werden, ob die Funktion aller beteiligten Rezeptoren von dem Protein Clathrin abhängig ist.“

Für das Projekt: „Comparison of continous versus intermittent administration of imipenem/cilastatin in critically ill patients“ wurde Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer (Universitätsklinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie, Wien) der Preis zuerkannt. Dazu erläutert der Preisträger: „Die optimale Applikation von Antibiotika zur Therapie bakterieller Infektionen wird kontroversiell diskutiert. Im Gegensatz zu den Aminoglykosiden entwickeln Betalaktamantibiotika ihre maximale antimikrobielle Aktivität bei Konzentrationen, die das 4- bis 5-fache der minimalen Hemmhofkonzentration (MHK) des Zielpathogens über einen möglichst langen Abschnitt des Dosierungsintervalls betragen. Die Studie untersucht

(1) die Pharmakokinetik von Imipenem/Cilastatin bei kontinuierlicher Applikation im Vergleich zur 8-stündlichen Gabe als Kurzinfusion und

(2) ob bei kontinuierlicher Verabreichung des Antibiotikums auch klinisch eine schnellere bzw. höhere Erfolgsrate im Vergleich zur Standardgabe zu erzielen ist.“

Univ.-Prof. Dr. Georg Wick (Österreichische Akademie für Wissenschaften, Institut für Biomedizinische Altersforschung, Wien) erhielt den Preis für die Forschungsarbeit: „Endothelial cytotoxicity mediated by serum antibodies to heat shock protein of Escherichia coli and Chlamydia pneumoniae.“ Die Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Georg Wick am Institut für Biomedizinische Altersforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck hat ein neues Konzept für die Entstehung der Atherosklerose entwickelt und experimentell und klinisch untermauert. Dieses Konzept beruht auf der Beobachtung, dass alle Menschen eine Reaktion gegen Infektionserreger, d.h. Bakterien, Viren oder Parasiten, aufweisen.

Derartige Mikroorganismen produzieren nach Stress, wenn sie zum Beispiel milder Hitze unterworfen werden, so genannte Stressproteine (= Hitzeschockproteine), und das menschliche Immunsystem erkennt diese und reagiert. Auch die Zellen, welche die menschlichen Arterien auskleiden, reagieren auf Stressfaktoren, wie die klassischen Atherosklerose-Risikofaktoren, durch die Produktion von Hitzeschockproteinen. Erstaunlicherweise sind Hitzeschockproteine von Mikroorganismen und Menschen chemisch sehr ähnlich. Dies kann zu einer „Verwechslungsreaktion“ führen, bei der sich die bereits existierende, schützende Immunreaktion gegen bakterielle Hitzeschockproteine nun auch gegen die gestressten körpereigenen Gefäßzellen wendet und in der innersten Schicht der Arterien zu einer Entzündungsreaktion führt. Man bezeichnet diese Art von Krankheiten als Selbstangriffskrankheiten oder Autoimmunerkrankungen.

Wenn Atherosklerose-Risikofaktoren, wie hohe Blutcholesterinwerte, bei diesen Menschen weiter bestehen bleiben, kommt es schließlich auf der Basis dieser anfänglichen Entzündungsreaktion zur voll ausgeprägten Atherosklerose mit den bekannten Folgeerscheinungen, wie Herzinfarkt und Gehirnschlag. Der Mensch muss also für seine schützende Immunreaktion gegen Infektionserreger durch das frühe entzündliche Stadium der Atherosklerose „bezahlen“, falls er sein Gefäßsystem durch Atherosklerose-Risikofaktoren, wie hoher Blutdruck, hohes Blutcholesterin, Rauchen etc., stresst. Dieses Konzept eröffnet völlig neue Perspektiven für die Prävention, Diagnose und Behandlung der Atherosklerose.“

Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss (Universitätsklinik für Innere Medizin, Innsbruck) wurde für seine Forschungsarbeit: „Associations between cellular immune effector function, iron metabolism and disease activity in patients with chronic hepatitis C virus infection“ geehrt. „Die Hepatitis C ist eine chronisch verlaufende Viruserkrankung, die häufig in einem Leberversagen endet und von der in Europa ca. 3-5 Millionen Menschen betroffen sind. Aufgrund der Beobachtung, dass hohe Eisenkonzentrationen in der Leber mit einem schlechten therapeutischen Ansprechen bei Hepatitis C vergesellschaftet sind, und der von uns früher entdeckten Tatsache, dass Eisen die Aktivität von Interferon-gamma, einem zentralen Immunbotenstoff, der bei der Abwehr von Virusinfektionen eine entscheidende Bedeutung hat, haben wir bei Patienten mit Hepatitis C den Zusammenhang zwischen Eisenmetabolismus, Immunabwehr und Krankheitsverlauf untersucht.

Es konnte gezeigt werden, dass bei Hepatitis-C-Infektionen hohe Eisenkonzentrationen mit einem rascheren Krankheitsverlauf, einer vermehrten Leberschädigung und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Übergangs der Erkrankung in eine Leberzirrhose assoziiert sind. Eine wesentliche Ursache für Letzteres dürfte der Umstand sein, dass Eisen zu einer Änderung der Immunitätslage führt, und zwar in dem Sinne, dass anti-entzündliche Immunabwehrmechanismen, wie die Bildung von Interleukin-4 stimuliert werden, während anti-virale Effektormechanismen, wie die Bildung von Stickstoffmonoxid, Sauerstoffradikalen oder proinflammatorischen Zytokinen deutlich reduziert sind, was insgesamt eine für die Bekämpfung von Viruserkrankungen ungünstige Konstellation darstellt.

Aus diesem Grund wird es nunmehr interessant zu untersuchen, inwieweit der Entzug von Eisen durch therapeutische Applikation neu zu entwickelnder Eisenchelatoren (eisenbindende Substanzen) den Verlauf einer Hepatitis-C-Infektion günstig beeinflussen kann“, erklärte Professor Weiss.

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