Makrolide - sind sie alle gleich?

A. Georgopoulos
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abt. für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien
(Leiter: Univ.-Prof. DDr. W. Graninger)


Makrolide sind seit etwa 40 Jahren etablierte Antibiotika. Der erste Wirkstoff dieser Gruppe war Erythromycin. Aufgrund von Nebenwirkungen und mangelhafter Penetration in die Zellen des Makroorganismus haben Forscher weitere synthetische, 14-gliedrige Makrolide, wie Clarithromycin, bzw. 15-gliedrige Substanzen, wie Azithromycin, entwickelt. Von den 16-gliedrigen Makroliden ist Josamycin zunehmend bedeutend, es gibt auch 17-gliedrige, die aber ohne klinische Relevanz sind (Tabelle 1).

 

Tabelle 1: Strukturunterschiede der Makrolide

14-gliedriger Laktonring
Clarithromycin
Erythromycin
15-gliedriger Laktonring
Azithromycin
16-gliedriger Laktonring
Josamycin (Josalid®)

Alle Makrolide greifen destruktiv in die Enzymaktivität der bakteriellen Ribosomen ein. Die Bakterien versuchen aber bei Selektionsdruck infolge antimikrobieller Therapie durch verschiedene Abwehrmechanismen dem Antibiotika-Stress zu entgehen: Manche verhindern das intrazelluläre Eindringen der Antibiotika, andere synthetisieren Enzyme und hydrolysieren die Antibiotika. Es besteht auch die Möglichkeit der Modifikation der angegriffenen Proteine am Ribosom.

Ein wichtiger Resistenzmechanismus der Makrolide ist ein Effluxsystem, durch das die eindringenden antimikrobiellen Substanzen aktiv von einem speziellen, genetisch codierten Membranprotein wieder aus der Bakterie "herausgepumpt" werden. Dieser Effluxmechanismus ist gegen 14- und 15-gliedrige Makrolide wie Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin effektiv, gegen 16-gliedrige Makrolide wie Josamycin aber völlig wirkungslos (Tabelle 2).

Tabelle 2: Genetisch determinierte Resistenzmechanismen

Typ Gen Mechanismus Resistent gegen
MLSB-Typ
 
M-Typ
erm-Gen
 
mef-Gen
ribosomale Modifikation
 
Efflux-Mechanismus
14-, 15- und 16-gliedrige Makrolide,
Clindamycin, Streptogramin B
nur 14- und 15-gliedrige Makrolide
erm = erythromycin ribosome methylation
mef = macrolide efflux

Österreich gehört - im Gegensatz zu anderen Regionen - zu den Ländern, in denen die Resistenzlage noch relativ günstig ist. Man kann annehmen, dass zur Zeit etwa 8 - 9% der Streptokokken-Stämme gegen Makrolide unempfindlich sind. Der Unterschied zwischen dem 16-gliedrigen Makrolid Josamycin und den anderen Vertretern dieser Antibiotika-Klasse ist, laut einer aktuellen Studie der Universitätsklinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie im AKH Wien, dennoch relevant - im Gegensatz zu einer Resistenzrate von 8,5% bei 14- und 15-gliedrigen Makroliden sind gegen Josamycin nur 2,3% der Streptococcus pyogenes- und Pneumokokken-Stämme unempfindlich (Tabelle 3).

Tabelle 3: Untersuchung an 288 Streptococcus pyogenes- und 195 Pneumokokken-Isolaten

Streptococcus
pyogenes
-Isolate
Induzierte Resistenz
resistente
Streptococcus
pyogenes
-Isolate
resistente
Pneumokokken-
Isolate
Josalid®
andere Makrolide*
1 %
--
1,4 %
8,3 %
3,6 %
8,7 %
* untersucht wurden Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin

 

Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Apostolos Georgopoulos
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abt. für Infektiologie und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20

 

Redaktionell bearbeitet*

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