Makrolid-Antibiotika in der Inneren Medizin

W. Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abt. für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien
(Leiter: Univ.-Prof DDr. W. Graninger)


Es wurde in den letzten Jahren nur mehr wenig in die Beforschung der Makrolide investiert, man konzentrierte sich auf die Nachfolge-Klasse,
die Ketolide. Es hat sich aber herausgestellt, dass die 16-gliedrigen Makrolide anders als der Rest dieser Antibiotika-Klasse sind und Josamycin diesen Ketoliden zumindest funktionell ähnlich ist.

Ursprünglich wurden die Makrolide primär in der Pädiatrie verwendet. Zunehmend eroberten diese Antibiotika aber auch Bereiche der inneren
Medizin. Sie wirken gut gegen Streptokokken bzw. Pneumokokken und Staphylokokken - in Abhängigkeit von der jeweiligen Resistenzsituation, sehr gut gegen Mykoplasmen und Chlamydien und sind bei Legionellen unverzichtbar. Gegen Haemophilus influenzae sind, vor allem wenn man die Wirkung anderer Antibiotika-Klassen betrachtet, alle Makrolide relativ unwirksam.

Bei Pneumonien findet man in erster Linie Pneumokokken, darum legt man auf die Wirksamkeit gegen diese Keime bei jeder empirischen Therapie einen so großen Wert. Mykoplasmen und Chlamydien sind auch wichtig, es gibt gegen diese Erreger aber kein Resistenzproblem. Die Häufigkeit von Infekten mit Mykoplasmen und Chlamydien wird sehr unterschiedlich angegeben. Der Grund dafür sind die heute noch mangelhaften Methoden zum Nachweis dieser Erreger. Auch serologische Tests sind mit Vorsicht zu interpretieren. Mykoplasmen und
Chlamydien spielen in Zukunft sicher noch eine größere Rolle. Daher empfehlen amerikanische und kanadische Autoren bei Pneumonien oft die Kombination von Betalaktam- und Makrolid-Antibiotika.

Mischinfekte sind wahrscheinlich häufiger als bisher angenommen. Die Häufigkeit einer Kombination von Streptokokken mit einem anderen
Erreger wird mit 11 -18% angegeben, liegt aber wahrscheinlich wesentlich höher. Bis heute ist unbekannt, warum Keime, wie Pneumokokken,
mit denen man sein ganzes Leben lang kolonisiert ist, plötzlich virulent werden und eine Pneumokokkenpneumonie verursachen. Vielleicht
spielen hier Kofaktoren wie eine Infektion mit Viren oder Chlamydien bzw. Mykoplasmen eine wichtige Rolle.

Eine relativ neue Indikation für die Langzeitgabe von Makroliden ist die Panbronchiolitis. Die Wirkung gegen diese Krankheit wird wahrscheinlich nicht direkt durch den antimikrobiellen Effekt vermittelt, der Mechanismus ist noch unklar.

Ein Problem der an sich gut verträglichen Makrolide sind die gastralen Nebenwirkungen, die bei Erythromycin am stärksten ausgeprägt sind. Es kann, vor allem bei Erythromycin und Clarithromycin, zur QT-Verlängerung kommen.

Ein wesentlicher Faktor bei neueren Makroliden ist die zu niedrige Dosierung. Um eine befriedigende Wirkung zu erreichen, müsste man bei Clarithromycin eigentlich die doppelte Dosierung (d. h. 1 Gramm täglich) verabreichen. Bei Azithromycin gilt das Gleiche, man kann aber aufgrund der Verträglichkeit die Dosis nicht steigern. Im Gegensatz dazu wurde bei Josamycin vor einiger Zeit bereits die Dosis erhöht, die empfohlene Dosierung von zweimal 750 mg ist ausreichend.

In manchen Ländern wie USA, Korea, Spanien oder Frankreich sind Makrolid-resistente Streptokokken ein echtes Problem. Noch ist die Resistenzsituation in Österreich relativ günstig, es kann aber, wie z. B. in Island, jederzeit ein resistenter Keim eingeschleppt werden. Durch eine - im Gegensatz zu Erythromycin, Clarithromycin, Azithromycin oder Roxithromycin - bessere Wirksamkeit gegen diese resistenten Erreger erscheint heute das 16-gliedrige Makrolid Josamycin in einem neuen Licht. Möglicherweise nimmt Josamycin bereits vorweg, was die Ketolide einmal leisten sollen.

 

Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abt. für Infektiologie und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20

 

Redaktionell bearbeitet*

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