Seit der Entdeckung
von Erythromycin 1952 nimmt diese Gruppe infolge der guten Verträglichkeit
und des breiten Spektrums eine immer wichtigere Stellung in der
Pädiatrie ein. Josamycin hat zusätzlich noch den wesentlichen
Vorteil einer ausgezeichnet wohlschmeckenden Kinderform.
Die Makrolide
wirken gegen grampositive und gramnegative Kokken, zellwandlose
Keime (Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae/trachomatis,
Ureaplasma urealyticum) und Legionellen. Die Wirksamkeit gegen
Haemophilus influenzae ist mäßig, allerdings finden
sich durch die gute Penetrationsfähigkeit am Wirkort z.B. in
der Epitheliallinine fluid (ELF) oft hohe Konzentrationen, die um
das 4- bis 10-fache über den MHK-Werten liegen.
Für das
16-gliedrige Makrolid Josalid gibt es neue Erkenntnisse über
eine bessere Wirksamkeit bei resistenten Pneumokokken- und Streptococcus
pyogenes-Stämmen.
Ein zusätzlicher
günstiger Effekt von Makrolid-Antibiotika ist die schnelle
Besserung der mukoziliären Clearance, das heißt, die
Viskosität des
Schleimteppichs wird vermindert bzw. normalisiert. Die Elastizität
und die Menge des Sputums nehmen ab, gleichzeitig sinken die Entzündungsmarker.
Makrolide haben auch antientzündliche Eigenschaften, die Wirkmechanismen
sind noch nicht gänzlich bekannt.
Im Gegensatz
zu den Betalaktamen, bei denen die Anreicherung am Wirkort über
hohe Konzentrationen im Serum erfolgt, findet man bei Makroliden
niedrige Serumspiegel, durch starke Anreicherung im Gewebe entstehen
jedoch hohe Konzentrationen am Wirkort. Zwischen den einzelnen Makroliden
gibt es große pharmakokinetische Unterschiede. Die Messung
der Resorption wird durch starke metabolische Vorgänge und
schnelle Umlagerung ins Gewebe erschwert, die Konzentrationen an
den Wirkorten sind überhaupt erst seit kurzer Zeit messbar.
Die gern zitierte
Ratio zwischen Serum- und Gewebskonzentrationen ist oft irreführend.
Bei dieser Berechnung führt eine niedrige Serumkonzentration,
verursacht durch schlechte Resorption, zu einer gut aussehenden
Ratio. Entsprechend dieser Tatsache sollten zur Interpretation der
Tauglichkeit eines Makrolid-Antibiotikums daher besser die gemessenen
Gewebskonzentrationen bzw. die Bioverfügbarkeit herangezogen
werden.
Ein spezielles
Problem ist die Beantwortung der Frage, warum ein Mensch, der sein
Leben lang physiologisch mit Pneumokokken besiedelt
ist, plötzlich an einer Pneumokokkeninfektion erkrankt. Der
Grund dafür ist wahrscheinlich eine durch virale Infektionen
ausgelöste Schwächung
der unspezifischen Abwehr. Dabei kommt es zur Blockierung der Zilientätigkeit,
zur Störung der mukoziliären Clearance, zu einer Änderung
der Viskosität und der Adhärenzfaktoren - an einer virusinfizierten
Epithelzelle haften um das Vielfache mehr Keime als an einer gesunden
Zelle. Diese und andere Vorgänge führen zur Überwucherung
durch die Pathogene. Pneumokokken können nach Adhärenz
ausgesprochen schnell in die Tiefe eindringen und ein hochakutes
Krankheitsbild verursachen.
Die antimikrobielle
Behandlung der Mittelohrentzündung ist ein zur Zeit strittiges
Thema. Bei Erwachsenen profitiert nur ein Teil von der Antibiotikagabe.
Die Frage, ob Antibiotika bei Otitis media sinnvoll sind, wird daher
immer wieder diskutiert. Bei Kindern gelten jedoch andere Regeln.
Bis zum dritten Lebensjahr sollte man, um gefährliche Komplikationen
wie Mastoiditis zu vermeiden, bei Mittelohrentzündungen unbedingt
ein Antibiotikum verabreichen. Bei älteren Kindern kann man
durchwegs 24 bis 36 Stunden zuwarten, allerdings muss dann nach
spätestens 36 Stunden nachkontrolliert und die Entscheidung
bestätigt oder revidiert werden. Wird eine Entscheidung zur
Antibiotikagabe getroffen, sind Makrolide wie Josamycin, Roxithromycin
oder Clarithromycin zur Therapie gut geeignet. Bei Tonsillitis können
Makrolide
ebenfalls eingesetzt werden, obwohl diese Infektion sicher optimal
mit Penicillin zu behandeln ist. Penicillin wirkt am schnellsten,
das Kind sollte innerhalb von 24 Stunden entfiebern. Unter Makroliden
dauert es etwas länger, besonders mit Azithromycin - hier kann
der Heilungsprozess deutlich verzögert sein.
Ein Problem
ist die Möglichkeit der Resistenzinduktion. Nach etwa 14-16
Tagen Kontakt mit Makroliden in subinhibitorischen Konzentrationen
kommt es bei vielen Bakterien zur Entwicklung einer Resistenz. Zwar
verlieren diese Keime in Antibiotika-freier Umgebung diese sehr
rasch
wieder, entwickeln aber bei neuerlicher Gabe von Makroliden viel
schneller wieder einen Resistenzmechanismus. Glücklicherweise
werden so lange anhaltende, subinhibitorische Konzentrationen nur
von einem Makrolid mit extrem hoher Halbwertszeit - wie z.B. Azithromycin
- verursacht.
Die beiden häufigsten
Erreger von Infekten der unteren Atemwege können auch nach
ihrem klinischen Erscheinungsbild unterschieden werden. Pneumokokken
teilen sich alle 12 - 15 Minuten, die Krankheit beginnt daher abrupt;
Mykoplasmen teilen sich alle 4-6 Stunden, der Beginn der Infektion
verläuft protrahiert. Mykoplasmen verursachen eine terminale
Bronchiolitis mit Obstruktion des zugehörigen Alveolarbaumes
und eingeschränktem bis abgeschwächtem Atemgeräusch
und eine Volumsverminderung - Pneumokokken hingegen verursachen
eine akute Alveolitis mit hochfebrilem Zustandsbild.
Neue Studien
zeigen, dass bei den für virale Infekte typischen, obstruktiven
Pneumonien in einem hohen Prozentsatz Mykoplasmen bzw. Chlamydien
beteiligt sind. Aus diesem Grund und auch um bakterielle Superinfektionen
zu vermeiden, ist man durchaus berechtigt, auch bei Viruspneumonien
ab dem dritten bis vierten Tag Makrolide zu geben. Bordetella
pertussis, der Erreger des Keuchhustens, spricht ebenfalls auf
Makrolide an.
Makrolide sind
in der Kinderheilkunde sehr hoch geschätzte und gern eingesetzte
Antibiotika. Die neuen Ergebnisse bezüglich der besseren Wirksamkeit
des 16-gliedrigen Makrolids Josamycin bei resistenten Erregern sind
sehr interessant und werden zu einer Neubewertung dieses speziellen
Makrolids führen.
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