Experimentelle Untersuchungen der Adhärenz und Blockierung der Adhärenz von pathogenen Mikroorganismen durch saure Galakturonide am humanen terminalen Ileum

S. Guggenbichler
Med. Fakultät der Universität Innsbruck
(Vorstand: Univ.-Prof. Dr. H. Grunicke)



Schlüsselwörter:
Escherichia coli, Gefrierschnitte, Adhärenz, Blockierung der Adhärenz


Zusammenfassung

Es wird ein In vitro-Testsystem zur Testung der Adhärenz pathogener Mikroorganismen vorgestellt. Dieses Testsystem eignet sich außerdem auch zur Testung verschiedener Kohlenhydrate, die die Adhärenz pathogener Mikroorganismen blockieren.
Zur Testung werden Gefrierschnitte menschlichen terminalen Ileums verwendet. Die Blockierung der Adhärenz ist durch saure Oligogalakturonide möglich, welche durch Fermentation aus Pektin gewonnen werden. Der klinische Einsatz geht von Sondennahrung in der Intensivmedizin bis zu Tierfuttermittelzusätzen als antibiotischer Leistungsfördererersatz.


Key-words:
Escherichia coli, frozen sections, adherence, blockage of adherence


Summary

An in vitro test model for investigations of adherence of pathogenic microorganisms has been developed. This test system can also be used for the investigations of various carbohydrates expected to block the adherence of pathogenic microorganisms. Frozen sections of human terminal ileum obtained by operations were used in this assay. The blockage of adherence can be achieved by acidic oligogalacturonides, which are fermented from pectin. Isomaltose and D-mannose did not show any reduction of adherence in this blinded investigation. Acidic oligogalacturonides can be used for tube feeding in critically ill patients e.g. after bone marrow transplantation in exchange of selective bowel decontamination. These substances also can be used instead of antibiotic growth promoters in veterinary medicine and are valuable alternatives in the food chain.



Einleitung

Die Entstehung einer bakteriellen Infektion ist ein komplexes Geschehen, das von unterschiedlichen Faktoren sowohl auf Seiten des Erregers als auch auf der des Wirtes abhängt. Bisher wurde die Virulenz pathogener Mikroorganismen weitgehend auf die Bildung von Toxinen reduziert, die zum Zelltod oder zu schweren funktionellen Störungen von Körperfunktionen Anlass geben.

Die Adhärenz pathogener Mikroorganismen an Schleimhautoberflächen wurde jedoch als essenzieller, initialer Schritt für eine Infektion erkannt [1]. Nur Bakterien, die an Epithelzellen adhärieren und dadurch nicht von der unspezifischen körpereigenen Abwehr wie der mukoziliären Clearance, Peristaltik, Sekretfluss etc. beseitigt werden können, entwickeln die Fähigkeit zur lokalisierten Proliferation, die die Besiedelung von Epitheloberflächen ermöglicht; dadurch werden Toxine direkt an den Rezeptor herangebracht. Bakterien, die an der intestinalen Mukosa adhärieren, können über Signalproteine zur proteolytischen Auflösung der angrenzenden Schleimhaut oder durch Freisetzung von Toxinen zu einer lokalen oder systemischen Entzündung bzw. zu funktionellen Störungen führen. Eine bereits toxisch oder degenerativ vorgeschädigte Schleimhaut verliert die Barrierefunktion, was zum Eindringen von Mikroorganismen in den Körper führt. Dieser Vorgang wird als bakterielle Translokation bezeichnet.

Die Adhärenz wird heute als gleichwertiger Virulenzfaktor wie z.B. die Bildung von Toxinen oder die Gewebszerstörung durch bakterielle Enzyme gewertet. Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass Toxin-bildende Mikroorganismen (ETEC) nur in Kombination mit dem Kolonisationsfaktor zur Manifestation einer Erkrankung führen. Ein weiterer Hinweis für die klinische Bedeutung der Adhärenz kann darin gesehen werden, dass pathogene Mikroorganismen (z.B. EHEC) isoliert wurden, die zwar imstande sind, spezifische Toxine wie zum Beispiel das Verotoxin zu bilden, jedoch ohne Adhärenzfaktoren apathogen bleiben.

Escherichia coli, Salmonellen, Campylobacter jejuni und andere Mikroorganismen werden häufig bei bakteriellen Infektionen gefunden. Klinisch manifestieren sich diese als akuter oder protrahierter Durchfall, als Harnwegsinfekt, Tonsillitis, Pneumonie, Bronchitis etc. [2]. E. coli, vor allem „p“-Fimbrien-tragende Stämme mit besonderer Haftfähigkeit, werden bei Infektionen der oberen Harnwege isoliert [3].

Bakterien adhärieren durch hoch spezifische Mechanismen an Epithelzellen: mit Hilfe von Pili, Fimbrien oder Fibrillen stellen sie einen festen Kontakt mit der Wirtszelle her [4]. Auf der Seite des Wirtes sind Adhärenzrezeptoren Glykolipide mit einem Tetrasaccharid als Kohlenhydratanteil [5]. Diese Tetrasaccharide bestehen aus 1 Molekül Glukose und 3 Molekülen Galaktose, die in Globoserie angeordnet sind. „p“-Fimbrien nützen Gal alpha1-4 Gal-Sequenzen als Bindungsstelle, Bakterien mit Typ I-Fimbrien D-Mannose. Darüber hinaus sind jedoch noch eine Reihe von Spezies-spezifischen Oberflächenstrukturen bekannt, die für die Adhärenz, eher aber für die weitere feste Bindung nach dem Erstkontakt des Keimes mit der Epitheloberfläche verantwortlich gemacht werden. Auch für invasive Erreger ist eine feste Bindung an die Wirtszelle zu Beginn der Infektion von entscheidender Bedeutung [6]. Wenn der initiale Schritt der Adhärenz unterbunden werden kann, ist das Risiko für das Angehen einer Infektion wesentlich geringer.

Die Untersuchung der Adhärenz bakterieller Mikroorganismen als Virulenzfaktor wurde bisher jedoch weitgehend vernachlässigt. Für die Untersuchung der Adhärenz von ETEC und EPEC sind Referenzmodelle mit Zellkulturlinien bekannt (Hep-2-Zellen für EPEC, CaCo-2-Zellen für ETEC). Für EHEC existiert jedoch keine Referenz-Zelllinie.

Für die Untersuchung der bakteriellen Adhärenz wird ein Modell benötigt, welches einen guten Einblick in die Verhältnisse in vivo zulässt. Die Möglichkeit, in Zellkulturen eine große Zahl an Versuchszellen gleichzeitig zur Verfügung zu haben und damit viele verschiedene Proben unter gleichen Bedingungen zu untersuchen, macht die Verwendung von Zellkulturen attraktiv.

Jedoch bestehen hierbei einige gravierende Probleme:

  • Nichtpolarisierte Zellen wie HeLa-, Hep-2- oder MadinDary-Nieren-Zellen spiegeln die Verhältnisse im menschlichen Körper in keiner Weise wider.
  • Immortalisierte Zellen von menschlichen intestinalen Tumoren wie CaCo-2 und HAT-29 sind zwar in der Lage zu differenzieren und können sogar eine apikale und basolaterale Seite ausbilden. Die Expression von Membranproteinen und intestinalen Enzymen hängt jedoch vom Differenzierungsgrad ab und ist ebenso nicht mit den In-vivo-Verhältnissen vergleichbar.
  • Die Bildung von Rezeptor-Epitopen ist stark von der Kultivierungsdauer und von Wachstumsbedingungen wie dem Nährmedium abhängig.
  • Gesunde menschliche Enterozyten sind schwierig zu isolieren und variieren sehr stark von Spender zu Spender.

Es ist also nicht möglich, selbst für alle Vertreter der E. coli-Familie (ETEC, EPEC, EHEC und „p“-Fimbrien-tragende E. coli) eine Zelllinie zu definieren, die alle erforderlichen Eigenschaften besitzt, um ihre Adhärenz in vergleichenden Studien zu untersuchen. Deshalb wird die Forderung nach einem verbesserten Testmodell erhoben:
Menschliches intestinales Dünndarmgewebe entspricht der In-vivo-Situation am besten und wird daher für die weiteren Untersuchungen ausgewählt. Dieses Gewebe wird in Gefrierschnitten präpariert, um die physiologischen Verhältnisse so gut wie möglich erhalten zu können und damit die Testung der Adhärenz wie in vivo zu ermöglichen. Dieses Testsystem kann auch für Untersuchungen zur Blockierung der Adhärenz pathogener Mikroorganismen verwendet werden.

 

Material und Methode

Bakterienstämme

Folgende Bakterienstämme wurden in die Untersuchung einbezogen:

Es sind dies einerseits Referenzstämme, die in der internationalen Literatur (1-3) beschrieben sind, Referenzstämme vom Salmonella-Referenzzentrum Hamburg (4-6), Referenzstämme vom EHEC-Referenzzentrum Würzburg (7) sowie frische klinische Isolate aus der Klinik
für Kinder und Jugendliche in Erlangen (8-12).

1. ETEC: human pathogenic strain H10407 serotype O78:H11 with CFA/I

2. ETEC H1407g Nataro, Institute for Vaccine development, Maryland

3. EPEC P2348, Serotype O127:H6 (Cravioto)

4. SATH Dt104c

5. SAEN 2

6. Sat 02-01427

7. EHEC 9436/46

8. Salmonella typhimurium (frisches klinisches Isolat) SaTh1

9. Salmonella typhimurium (frisches klinisches Isolat) SaTh2

10. ETEC 117/86

11. EPEC 25496

12. EHEC W3674/92

 

Wachstums- und Kulturbedingungen der Keime

  • Die Stämme werden bei -70°C in Mikrobanken (ProLab Diagnostics, Neston GB) gelagert.
  • 1 Einheit dieser tiefgefrorenen Kei-me wird in TSB-Y(30 g Trypcase Soja + 10 g Hefeextrakt/l Aqua bidest)-Bouillon angezüchtet: Bebrütung erfolgt bei 37°C über 12 Stunden.
  • 0,3 ml der trüben Bouillon wird in 10 ml TSB-Y eingebracht und für 3 Stunden im Shaker bei 37°C bebrütet. Dies resultiert in einer Ausgangskeimzahl von 5 x 10 CFU/ml.
  • Die Bouillon wird zentrifugiert (1500 rpm, 10 min, in Raumtemperatur) der Überstand wird abgekippt. Die Zellsuspension wird 1 x in 10 ml NaCl 0,9% gewaschen und anschließend in 1 ml Blockierungspuffer zur Hemmung der unspezifischen Adhärenz resuspendiert. Der Blockierungspuffer enthält 2% Mannose + 0,05% Tween 20 in NaCl 0,9%.
  • Eine Keimzahl von 10 CFU/ml in der Testlösung wird durch Verdünnung mit NaCl 0,9% hergestellt. Trübungsmessung bei 475 nm im Photometer ergibt bei einer OD von 0,15 die gewünschte Inokulumdichte von 10 CFU/ml.

 

Gefrierschnitte

Gefrierschnitte aus dem terminalen Ileum von Patienten wurden zur Untersuchung verwendet. Die Gewebsproben wurden bei einer Operation – z.B. Resektion eines Tumors im Colon ascendens, Reoperation eines Ileostomas – gewonnen. Das Gewebe wurde im Gesunden abgesetzt und histologisch als unversehrt dokumentiert. Die Patienten weisen präoperativ keine Minderdurchblutung der Darmschleimhaut auf.

Die Darmabschnitte werden sofort zur Herstellung der Gefrierschnitte vorbereitet, mit Kohlensäureschnee tiefgefroren und mit einem Gefriermikrotom in 6 µm dicke Schnitte geschnitten und auf Objektträger aufgenommen. Die Lagerung der Schnitte erfolgt bei -70°C.

Es ist sichergestellt, dass jeweils mindestens 300 sequenzielle Proben, die zur Untersuchung eines Keimes notwendig sind, von einem Patienten stammen.

 

Untersuchungsgang

Untersuchung der Adhärenz
Die Gefrierschnittprobe auf dem Objektträger wird mit einem Daco Pen (DACO A/S Dänemark) eingekreist, anschließend werden 200 µl der Bakteriensuspension auf den Gefrierschnitt aufgebracht.

EPEC, ETEC und Salmonellen werden für 30 Minuten mit dem Gefrierschnitt inkubiert, EHEC für 60 Minuten. Nach der entsprechenden Kontaktzeit wird der Gefrierschnitt mit PBS sorgfältig gewaschen, getrocknet und nach Pappenheim gefärbt.

Nach der Färbung wird der Gefrierschnitt mit einem Deckglas zur Auszählung und weiteren Aufbewahrung geschützt.

 

Kohlenhydrate

3 verschiedene Kohlenhydrate (Galfres, Isomalt, Mannose) werden geblindet in doppelter Ausführung hergestellt. Die Konzentration beträgt 2% in der Ausgangslösung, um mit der 1:1 Keimverdünnung eine ultimative Konzentration von 1% zu erreichen. Der pH-Wert von 6 der Probe mit dem Kohlenhydrat stellt sich nach 1:1 Mischung mit der Keimsuspension auf ca. 6,5-6,7 ein.

Untersuchung der Blockierung der Adhärenz durch Kohlenhydrate
150 µl Keimsuspension + 150 µl Kohlenhydratsuspension werden in Mikrotiterplatten eingebracht und 1 Stunde bei 37°C vorinkubiert. Die weitere Untersuchung erfolgt wie bei der Adhärenztestung.

 

Auszählung der Proben

Die Keime, die in 20 aneinander liegenden Krypten liegen, werden gezählt und der Mittelwert der Keimzahl pro Krypte kalkuliert. Bei einer Schnittdicke von 6 µm liegen die auszuzählenden Krypten in den entsprechenden Proben aneinander und ermöglichen dadurch den direkten Vergleich. Die Auswahl der Gefrierschnitte erfolgt so, dass ein direkter Vergleich zwischen Adhärenz und Blockierung der Adhärenz durch aufeinander folgende Schnitte möglich ist.

 

Ergebnisse

Adhärenzuntersuchungen

Die Adhärenzmuster unterschiedlicher Mikroorganismen werden als diffus, lokalisiert oder aggregativ auf die Epithelschicht bezogen beschrieben. Im darunter liegenden Bindegewebe werden keine adhärierenden Mikroorganismen beobachtet. Für die einzelnen Bakterienstämme zeigen sich charakteristische Adhärenzmuster, die für die jeweilige Bakterienart typisch und reproduzierbar sind. Durch die Verwendung des Gefrierschnittmodells und nach ausführlicher Testung der jeweiligen Bakterienstämme konnte die Adhärenz standardisiert werden. So konnte gezeigt werden, dass ETEC nur an der Oberfläche der Epithelzellen haftet, EHEC aber den Verband der Epithelzellen zerstört und in das Stroma unter der Epithelschicht vordringt; EPEC zerstört den Mikrovillisaum und wird intrazellulär beobachtet (Abbildung 1a, 1b, 1c).

Abbildung 1a: EPEC intrazellulär

Abbildung 1b: ETEC an der Epitheloberfläche

Abbildung 1c: Aggregative Adhärenz von EHEC

 

Blockierung der Adhärenz

In den geblindeten Untersuchungen konnte eindeutig das „wirksame“ Galfres von den Proben mit Isomalt und Mannose unterschieden werden. Bei den von uns untersuchten Kohlenhydraten konnten die Proben mit „Galfres“, einem sauren Oligogalakturonid [7, 8], die Adhärenz fast vollständig reduzieren. Dies ist dadurch zu erklären, dass dieses Kohlenhydrat die Rezeptorstrukturen an den Fimbrien der Bakterien besetzt, wodurch die Bakterien keine Möglichkeit mehr haben zu adhärieren.

Sieben der zwölf getesteten Stämme konnten durch das Kohlenhydrat „Galfres“ komplett in ihrer Adhärenz gehemmt werden, bei weiteren drei konnte die Adhärenz um mindestens 80% gesenkt werden. Im Gegensatz dazu hatten die beiden Kontrollsubstanzen insgesamt nur geringe Hemmwirkung. Vier der zwölf getesteten Stämme ließen sich überhaupt nicht beeinflussen, weitere sechs Stämme zeigten eine Adhärenzreduktion durch Maltose zwischen 10 und 20%. Bei zwei Stämmen wurde eine Adhärenzreduktion um 50-60% beobachtet. Mannose hingegen zeigte bei vier Stämmen eine Adhärenzreduktion zwischen 15-25%. Es ist bemerkenswert, dass bei diesen Stämmen trotz des Einsatzes des 2%igen Mannose-Blockingpuffers zur Elimination der unspezifischen Mannose-empfindlichen Resistenz durch Typ-I-Fimbrien eine zusätzliche geringe Reduktion der Adhärenz erzielt werden konnte. Die Reduktion der Adhärenz der verschiedenen Bakterienstämme mit den unterschiedlichen Kohlenhydratproben wird in Abbildung 2 gezeigt.

Abbildung 2: Hemmung der Adhärenz der getesteten Mikroorganismen durch unterschiedliche Kohlenhydratproben

 

Diskussion

Infektionen stellen ein großes Prob-lem für die moderne Medizin dar. Nosokomiale Infektionen wie Sepsis, Pneumonie, Harnwegsinfekte und Durchfall stehen als Todesursache auf Platz eins bei kritisch Kranken auf Intensivstationen. Die Gesamtletalität an Sepsis auf einer Intensivstation beträgt 20%, die 30-Tage-Letalität bei einem Krankheitsbild mit Sepsis, septischem Schock und Organdysfunktion beträgt 30-50% [9]. Der Einsatz von Antibiotika hat einen positiven Effekt, kann aber die Sterblichkeit nicht nachhaltig reduzieren. Die Zahl der multiresistenten Bakterien, die auf Intensivstationen gefunden werden, steigt kontinuierlich. Um diese Probleme zu kontrollieren, ist die Prophylaxe unumgänglich.

Da die Adhärenz als ebenbürtiger Virulenzfaktor in der Entstehung von Infektionen betrachtet werden kann, kommt einer Blockierung der Adhärenz auch eine entscheidende Rolle zu. Die Blockierung der Adhärenz kann durch Rezeptoranaloga erreicht werden, wobei die Oberflächenantigene der Bakterien durch wasserlösliche Kohlenhydratstrukturen besetzt werden. Wie in unseren Untersuchungen gezeigt, sind saure Galakturonide, die durch Fermentation aus Pektin gewonnen werden, für die von uns untersuchten enteropathogenen Mikroorganismen in einem hohen Maße adhärenzhemmend.

Die Proben mit Mannose und Isomalt können die Adhärenz nicht wesentlich vermindern. Da weder der 6fachZucker D-Mannose noch die zwei Glukosemoleküle bei der Maltose in der Lage waren, die Strukturen, die zur Adhärenz benötigt werden, zu besetzen, können die Bakterien weiterhin an den Epithelzellen Halt finden. Es ist zwar in der Literatur bekannt, dass D-Mannose die Adhärenz von E. coli-Stämmen mit dem Fimbrientyp I blockieren kann, die klinisch relevanten, pathogenen E. coli-Stämme mit dem Fimbrientyp II können durch D-Mannose in ihrer Adhärenz nicht beeinflusst werden. Auch das Disaccharid Maltose hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Adhärenz der untersuchten Bakterienstämme, wie unsere Untersuchungen zeigen konnten.

 

Ausblick

Saure Galakturonide können sowohl in der Humanmedizin als auch in der Veterinärmedizin zum Einsatz kommen. In der Humanmedizin können sie bei bakteriellen Durchfallerkrankungen und Fehlbesiedelungen oberer Dünndarmabschnitte und zur Stabilisierung der physiologschen Flora dienen. Bei schwer kranken Patienten oder nach Knochenmarksablation können saure Galakturonide die bakterielle Translokation aus dem Darm günstig beinflussen und so zu einer rascheren Genesung des Patienten und zur Einsparung von Antibiotika führen. Von besonderer Bedeutung dieser Therapie ist das Fehlen einer Resistenzinduktion durch diese sauren Galakturonide.

In der Tiermedizin ist an einen Ersatz von Antibiotika als Leistungsförderer zu denken, nachdem Antibiotika als Leistungsförderer ab dem Jahr 2006 in der EU untersagt werden [10, 11].

Das Potenzial saurer Oligogalakturonide kann im In vitro-Modell nur erahnt werden. Das Einsatzgebiet muss in prospektiven klinischen Studien ausgelotet werden, um einen möglichst breiten Einsatz auf der gesamten Anwendungsbreite zu ermöglichen.

 

Literatur:

1. Evans D.G., Silver R.P., Evabs D.J., Chase D.G., Gorbach S.L.: „Plasmid controlled colonization factor associated with virulence in ETEC for humans.“ Infect. Immun. 12 (1975) 656-667.
2. Sack R.B.: „Enterotoxigenic Escherichia coli: identification and characterization.“ J. Infect. Dis. 142 (1980) 279-286.
3. Dominigue G.J., Roberts J.A., Laucirica R., Reiner M.H., Bell D.P., Suarez G.M., Kallenius G., Svenson S.B.: „Pathogenic significance of P-fimbriated E. coli in urinary tract infections.“ J. Urol. 133 (1985) 983-989.
4. Donneberg M.S.: „Interaction between en-teropathogenic Escherichia coli and epithelial cells.“ Clin. Infect. Dis. 28 (1999) 451-455.
5. Cravioto A., Gross R.J., Scotland S.M., Ropwe B.: „An adhesive factor found in strains of Escherichia coli belonging to the traditional infantile enteropathic serotypes.“ Curr. Microbiol. 3 (1997) 95-99.
6. Yamamoto T., Endo S., Yokozta T., Eccheveria P.: „Characteristics of adherence of enteroaggregative Escherichia coli to human and animal mucosa.“ Infect. Immun. 59 (1991) 3722-3739.
7. Zopf D., Roth S.: „Oligosaccharides as anti-infective agents.“ Lancet 347 (1996) 1017-1021.
8. Kastner U., Glasl S., Follrich B., Guggenbichler J.P., Jurenitsch J.: „Saure Oligosaccharide als Wirkprinzip von wässerigen Zubereitungen aus der Karotte in der Prophylaxe und Therapie von gastrointestinalen Erkrankungen.“ Wiener Med. Wochenschr. 152 (2002) 379-381.
9. Vincent J.L.:„Nosocomial infections in adult intensive care units.“ Lancet 361 (9374) (2003) 2068-77.
10. Gorbach S.L.: „Antimicrobial use in animal feed – time to stop.“ N. Engl. J. Med. 345 (2001) 1202-1203.
11. Awad-Massalmeh M., Sagmeister H., Willinger H.: „Untersuchungen zur Immunprophylaxe der Colidiarrhoe des Absetzferkels.“ ZBL Vet. Med. 32 (1985) 751-758.

Anschrift des Verfassers:
Cand. med. Siegmund Guggenbichler
A-6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 7

E-Mail: siegmund.guggenbichler@chello.at


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