| Durch Zecken 
              übertragene Krankheitserreger rufen in der Bevölkerung 
              immer mehr Interesse hervor und stellen daher auch ein Alltagsproblem 
              für niedergelassene und klinisch tätige Ärzte dar. 
              Durch das Phänomen der globalen Erwärmung können 
              insbesondere Schildzecken ihren Entwicklungszyklus in kürzerer 
              Zeit durchführen, da durch die höheren mittleren Jahrestemperaturen 
              auch durchgehend Blutwirte zur Verfügung stehen, von denen 
              einige obendrein als Reservoire von Borrelien, Ehrlichien (Anaplasmen), 
              FSME-Virus, Rickettsien, Tularämie-Erregern und Babesien dienen. 
              Durch die Erhaltung eines Naturherdes wird gleichzeitig auch die 
              Verbreitung verschiedener Krankheitserreger durch die Überträger-Zecken 
              unterstützt. In Europa spielt die Schildzecke Ixodes ricinus, der gemeine 
              Holzbock, unter allen hier vorkommenden Zeckenarten die bedeutendste 
              Rolle als Überträger viraler, bakterieller und durch Protozoen 
              verursachter Infektionen des Menschen. Und unter all den Infektionskrankheiten 
              hat die Lyme-Borreliose bei weitem die höchste Inzidenz, etwa 
              0,7% in bestimmten geographischen Gebieten, und daher besteht auch 
              das höchste Risiko, nach Zeckenstich an Lyme-Borreliose zu 
              erkranken, in etwa 4%.
 Nach mehr als 2 Jahrzehnten Forschungsarbeit auf dem Gebiet der 
              Lyme-Borreliose ist das Bild viel komplexer geworden. Heute kennen 
              wir 11 verschiedene Genospezies von Borrelia burgdorferi 
              sensu lato und zumindest 3 verschiedene, die Infektionen des Menschen 
              verursachen. Welche Pathogenitätsfaktoren dabei die entscheidende 
              Rolle spielen, ist noch nicht geklärt, ebenso wenig sind die 
              diagnostischen Möglichkeiten zufrieden stellend, noch die Effizienz 
              einer kürzesten möglichen Behandlungsdauer einwandfrei 
              überprüft worden.
 Neben Borrelien haben sich noch andere Krankheitserreger ins Bild 
              gestellt, wie das FSME-Virus, das in einigen Nachbarländern 
              Österreichs, welche keine landesweite Impfung empfehlen, zahlreiche 
              schwere Krankheitsfälle verursacht. Dann überträgt 
              Ixodes ricinus auch die Erreger der humanen granulozytären 
              Ehrlichiose (HGE) sowie der Hasenpest (Tularämie). Schließlich 
              werden in unseren Breiten von Schildzecken auch Rickettsien übertragen.
 Alle diese neuen Möglichkeiten gehören nun auch ins diagnostische 
              Spektrum nach Zeckenexposition, was auch den Aufenthalt in einem 
              Zeckengebiet einschließt, ohne eine Zecke selbst am eigenen 
              Körper entdeckt zu haben. Für die tägliche Praxis 
              bedeutet dies also, noch mehr Erkrankungs-Möglichkeiten nach 
              Zeckenstich in Betracht zu ziehen.
 Der ANTIBIOTIKA MONITOR hat seit vielen Jahren in einer gewissen 
              Regelmäßigkeit von durch Zecken übertragenen Krankheitserregern 
              berichtet (ANTIBIOTIKA MONITOR V [1986], VI/2 [1990], VII/2 [1991], 
              VIII/1 [1992], IX/4 [1993], XI/4 [1995], XIII/4 [1997], XV/3/4 [1999], 
              XVI/3 [2000]) und seinen ärztlichen Lesern in meist gut bebilderten 
              Übersichten und höchster Druckqualität zumindest 
              einen ersten Einblick und oft auch einen Leitfaden für die 
              Praxis gegeben. Dieses Heft verfolgt denselben Zweck und bietet 
              den Lesern selbstverständlich an, Einzelfälle mit dem 
              Autor zu besprechen.
 Univ.-Prof. 
              Dr. G. StanekKlinisches Institut für Hygiene und
 Medizinische Mikrobiologie der Universität Wien
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