Neue Aspekte der Pneumonien

M. Götz
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde mit Infektionskrankheiten, Wilhelminenspital der Stadt Wien

Schlüsselwörter
Zusammenfassung
Key-words
Summary

Einleitung
Klinische Präsentation
Erregernachweis
Virale oder bakterielle Erreger?
Virale Pneumonien

Pneumonien durch Respiratory syncytial Viren (RSV)
Epidemiologie
Diagnose
Therapie
Adenovirus-Pneumonien
Behandlung viraler Pneumonien

Atypische Pneumonien
Chlamydien-Pneumonie
Behandlung
Pneumonien durch Mycoplasma pneumoniae

Epidemiologie
Diagnostik
Behandlung
Legionellen-Pneumonien
Behandlung

Schlüsselwörter:
Virale Pneumonien, atypische Pneumonien, Diagnostik, Therapie

 

Zusammenfassung

Virale und atypische Pneumonien stellen in den frühen Kindesjahren diagnostisch und therapeutisch schlecht differenzierbare Einheiten dar. Die vorliegende Übersicht versucht klinische Leitlinien und entsprechende diagnostische Möglichkeit darzusteIlen. Bei viralen Pneumonien sind die therapeutischen Möglichkeiten nach wie vor beschränkt, hingegen nehmen für atypische Pneumonien die Makrolide einen hohen Stellenwert ein.

 

Key-words:
Viral pneumonia, atypical pneumonia, virus diagnostics, macrolides

 

Summary

In comparison with the classical bacterial infections viral and atypical pneumonias present a less well defined clinical picture and cannot easily be differentiated from bacterial pneumonias. Nasal secretions offer the possibility of rapid viral diagnosis whereas the diagnosis of atypical pneumonias caused by Mycoplasma or Chlamydia is usually dependent on more time consuming procedures. Treatment of viral pneumonias is still limited. In contrast macrolides have been shown to be effective in atypical pneumonias and are considered treatment of choice for some pneumonias from preschool age onwards. As their safety profile is excellent they may weIl become first line drugs for community acquired infections of the lower respiratory tract. At present the resistance pattern in Austria is still excellent and with judicious use should remain so.



Einleitung

Akute respiratorische Infektionen (ARI) der oberen und unteren Luftwege zählen neben Durchfallserkrankungen zu den "drei großen Killern" der frühen Kindheit. Niederes Geburtsgewicht, Malnutrition und Innenraum-Schadstoffbelastung stellen die entscheidenden Risikofaktoren für schwere respiratorische Infektionen bei Kindern dar.

In den Entwicklungsländern sind bei Kindern unter 5 Jahren 43% der Gesamtmortalität entsprechend 6,5 Millionen Todesfällen pro Jahr auf Pneumonien zurückzuführen. In unseren Breiten kann man davon ausgehen, daß bei Kindern unter 5 Jahren 50% aller Erkrankungen akute respiratorische Infektionen sind, 5% betreffen den unteren Respirationstrakt. Kinder im ersten Lebensjahr sind besonders gefährdet.

Tabelle 1 stellt virale und atypische Erreger dar. Nicht immer sind die Beziehungen zwischen Erreger und Erkrankungsbild so klar wie bei RSV-Infektionen und Bronchiolitis, da das gleiche Syndrom von unterschiedlichen Erregern ausgelöst sein und der gleiche Erreger ganz unterschiedliche klinische Bilder verursachen kann. Trotz genauer Diagnostik bleiben 40-50% der kindlichen Pneumonien ohne ätiologische Klärung.

Kindliche Pneumonien vor dem 7. Lebensjahr führen (ebenso wie Keuchhusten) gehäuft zu Verminderungen der Lungenfunktion bei Erwachsenen.

Tabelle 1: Wichtige Erreger viraler und atypischer Pneumonien im Kindes- und Jugendalter
Virale Pneumonien Atypische Pneumonien
Respiratory syncytial Viren Mycoplasma pneumoniae
Parainfluenza Typ 3 Chlamydia pneumoniae
Parainfluenza Typ 1 Legionella pneumoniae
Influenza A Pneumocystis carinii
Influenza B Ureaplasma urealyticum
Parainfluenza Typ 2  Chlamydia psittaci
Adenoviren Coxiella burnetti (Q-Fieber)
Masernvirus Francisella tularensis (Tularämie)
Herpes-Virus-Gruppe: Herpes simplex, Varicella-Zoster-Virus, Cytomegalovirus, Epstein-Barr-Virus andere (Wurminfektionen)
Picornaviren (bes. Rhinoviren)
andere

 

Klinische Präsentation

Im allgemeinen kann die Diagnose einer unkomplizierten Pneumonie ( sogen. "community acquired pneumonia", CAP) aus Anamnese, physikalischer Untersuchung, klinischer Beurteilung der Immunkompetenz, Alter des Kindes, Jahreszeit, sozialem Hintergrund einschließlich Kontaktpersonen und Laborergebnissen vermutet werden. Kindliche Pneumonien kommen gehäuft bei Grunderkrankungen wie congenitalen Herzfehlern, chronischen Lungenerkrankungen (BPD, cystische Fibrose, schweres Asthma), Sichelzellanämie, Immunmangelzuständen und respiratorischen Problemen bei neuromuskulären Erkrankungen oder geistiger Retardation vor.

Nichtinfektiöse, differentialdiagnostisch wichtige Ursachen für Pneumonien im Kindesalter sind in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2: Nichtinfektiöse Ursachen pneumonischer Veränderungen im Thoraxröntgenbild
Thymus Bronchusstenosen bronchogene Zysten
Atelektasen Bronchomalazien cystisch adenomatoide Malformationen
Asthma Neoplasien
Aspiration Sequester andere

Meist besteht mehrere Tage ein Infekt der oberen Luftwege mit Husten und eventuell Giemen. Fieber, Azidose, Dehydratation und Malnutrition können entscheidend zum Schweregrad beitragen. Es besteht eine gewisse jahreszeitliche (Tabelle 3) und altersabhängige (Tabelle 4) Häufung einzelner viraler und atypischer Pneumonien. Pneumonien im frühesten Kindesalter können sich untypisch präsentieren und mit Sepsis, Meningitis oder Harnwegsinfektionen verwechselt werden.

Tabelle 3: Jahreszeitliche Verteilung viraler und atypischer Pneumonien
Jahreszeit virale Erreger atypische Erreger
Winter, Frühjahr RS- Virus, Influenza
Herbst, Winter Parainfluenza 1 M. pneumoniae (kleinere Epidemien)
endemisch Adenoviren C. pneumoniae

 

Tabelle 4: Altersabhängige Ätiologien viraler und atypischer Pneumonien
Alter Frequenz Erreger
bis 3. Lebenswoche
selten
CMV, Adenoviren (nichtinfektiöse Ursachen!)
Herpes simplex (selten!), (bakterielle Ursachen!)
3. Woche - 4. Monat
häufiger
C. pneumoniae, RSV, Parainfluenza 3 und 1, U. urealyticum, P. carinii (auch bei Immunkompetenten!?)
4. Monat - 5 Jahre
häufiger
RSV, Parainfluenza 1 (und 3), Adenovirus Typ 3 und 7, Influenzavirus, M. pneumoniae (selten)
5 Jahre -15 Jahre weniger häufig M. pneumoniae, Viren (selten)

Neugeborene und Säuglinge zeigen oft nur unspezifische Hinweise wie Apathie, Trinkunlust, Erbrechen, Stöhnen und sogar isoliert auftretende Apnoen. Entsprechend den Empfehlungen der WHO werden interkostale oder / und subkostale Einziehungen, Nasenflügel, Tachypnoe, Cyanose, Fütterungsschwierigkeiten, sowie Giemen als Hauptmerkmale für Pneumonien definiert. Bis zum 4. Lebensjahr werden Fieber und Tachypnoe (über 50/min) als charakteristisch erachtet. Die Temperaturen viraler und atypischer Pneumonien erreichen jedoch meist keine hohen Werte. Der Husten ist sowohl trocken als auch feucht. Die Auskultation kann wenig ergiebig sein, da die "typischen" fein- und mittelblasigen Rasselgeräusche wenig ausgeprägt bleiben können, auch abgeschwächte Atemgeräusche kommen vor. Die Perkussion ist über größeren Infiltrationen verkürzt, über überblähten Arealen gelegentlich hypersonor. Mit zunehmender Pneumonie kommt es zu Hypoxämie, die sich als Fütterungsschwierigkeit ankündigen kann.

Die radiologische Abklärung ist nicht imstande, zwischen viralen und bakteriellen Ätiologien zu unterscheiden. Häufige Zeichen viraler Pneumonien sind vor allem Überblähung, abgeflachtes Zwerchfell, streifige Infiltrate oder fleckförmige, segmentale Atelektasen. Ältere Kinder zeigen viral bedingte, beidseitige diffuse Infiltrate, selten auch mit lobärer Beteiligung. Auch bei viralen und atypischen Pneumonien können Ergüsse vorkommen, sie sind jedoch deutlich geringer als bei bakteriellen Infektionen.

 

Erregernachweis

In derganz überwiegenden Zahl unkom- plizierter Pneumonien wird eine Therapie aufgrund wahrscheinlicher Erreger durchgeführt. Blut- und Sputumkultur, serologische Methoden wie Komplementbindungsreaktionen oder Hämagglutinationshemmtests für bakterielle und virale Erreger, sowie besonders bei viralen Erregern verschiedene Enzymimmunoassays, Immunfluoreszenztechniken, Virusantigen (im Nasensekret), Virusisolierung, Nukleinsäurenachweis durch die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) sind seltener gebrauchte Techniken. Die Standardmethode der Diagnostik von Influenza A und B, Parainfluenza 1-3, RSV und Adenoviren ist der Virusantigen-Nachweis im Nasensekret. Ein Ergebnis liegt innerhalb von Stunden vor, und die Notwendigkeit wiederholter Blutabnahmen zur zeitaufwendigen Beobachtung serologischer Titerverläufe entfallt. Die für den ätiologischen Nachweis pulmonaler Infektionen zur Verfügung stehenden Methoden sind für Viren in Tabelle 5 und für atypische Erreger in Tabelle 6 zusammengefaßt.

Tabelle 5: Nachweismethoden einiger wichtiger viraler Erreger respiratorischer Infektionen
Erreger Untersuchungs
material
Züchtung Serologie IgM / IgG (ELISA) erweiterte Diagnostik
RS-Viren NPS (Zellkultur) KBR Virusantigen NPS, PCR
Parainfluenza-Viren NPS (Zellkultur) KBR Virusantigen NPS
Influenza-Viren NPS (Zellkultur) KBR Virusantigen NPS
Masern-Virus Blut (Zellkultur) KBR ja / ja
Mumps-Virus Blut (Zellkultur) KBR ja / ja
Adenovirus NPS (Zellkultur) KBR Virusantigen NPS
PCR in Ausarbeitung
Herpes simplex V Rachenabstrich Zellkultur KBR ja / ja PCR
VZV Bläscheninhalt (Zellkultur) KBR ja / ja PCR
CMV Blut (bei TX), BAL (Zellkultur) KBR ja / ja Histozytologie
PCR in situ
EBV Blut (Ko-Kultivierung) Paul-Bunnell-Test ja / ja IFT: EA, EBNA, VCA
Rhinoviren NPS (Zellkultur) (NT)
Coronaviren NPS Zellkultur PCR
Hantaviren ja / ja (IFT)
NPS = Nasopharyngealsekret, BAL = bronchoalveoläre Lavage; NT = Neutralisationstest; KBR = Komplementbindungsreaktion;
ELlSA = Enyme Linked Immuno Sorbent Test; PCR = Polymerase-Kettenreaktion; IFT = Immunfluoreszenztest; EA = Early antigen;
EBNA = Epstein-Barr Nuclear Antigen; VCA = Virus Capsid Antigen

 

Tabelle 6: Diagnosemöglichkeiten für einige wichtige Erreger atypischer Pneumonien
    
Erreger Färbung Antigene Züchtung DNA Serologie
M. pneumoniae ELISA Spezialnährmedien PCR ELISA, HA, KBR
U. urealyticum Spezialnährmedien (PCR) Stoffwechselhemmtest
L. pneumophila IF, ELISA (Harn) Spezialnährmedien PCR IIFT, ELISA
Chlamydia pneumoniae Zellkultur PCR ELISA
C. psittaci Zellkultur (PCR) ELISA, KBR
C. trachomatis ELISA Zellkultur PCR, LCR ELISA
Pneumocystis carinii Kalkofluor,
Giemsa, Silber
IF (PCR)
Francisella tularensis Spezialnährmedien (PCR) Aggl., ELISA
KBR = Komplementbindungsreaktion, ELISA = Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay, IF = Immunfluoreszenz (direkt), IlF = Immunfluoreszenz (indirekt), Aggl. = Agglutinationstest; HA = Hämagglutinationstest; PCR = Polymerase-Kettenreaktion; LCR = Ligase-Kettenreaktion

Infektionen der unteren Atemwege verlaufen bei Säuglingen und Kleinkindern teilweise anders als bei größeren Kindern, da die Klinik primär nicht auf eine Pneumonie hinweisen kann. Für neonatale Pneumonien sind Lethargie und Anorexie bereits wichtige Hinweise. Man achte besonders auf Stöhnen, Nasenflügel, Zyanose, Erbrechen, Tachy- oder Bradykardie sowie subkostale Einziehungen. Der physikalische Befund kann unergiebig, die radiologischen Veränderungen können eindrucksvoll sein. Bis zu 48 Stunden postpartal wirken pneumonische Kinder oft septikämisch. Die Mortalität perinatal erworbener Pneumonien liegt bei 20%. Ätiologisch stehen dabei bakterielle Erreger ganz im Vordergrund, auch Chlamydien sind innerhalb der ersten drei Lebensmonate wahrscheinlich wesentlich häufiger, als der Nachweis gelingt.

 

Virale oder bakterielle Erreger?

Die häufigsten viralen Erreger in Pädiatrie und Adoleszenz sind RS-Viren (bis zu 70%), Parainfluenza-Viren (Typ 3 und 1), Adenoviren und Influenzaviren. Corona-, Rhino- und Nicht-Polio-Enteroviren sind seltene Pneumonieerreger. Selten führt auch Cytomegalovirus (CMV) bei Säuglingen und das Epstein- Barr-Virus (EBV) bei älteren Kindern oder Jugendlichen zu Pneumonien.

Virale Pneumonien sind vor der 3. Lebenswoche generell ungewöhnlich (außer eventuell CMV oder RSV). Immunsupprimierte Personen weisen ein größeres virales Erregerspektrum auf.

Die Beziehungen zwischen viralen und bakteriellen Infektionen werden kontrovers diskutiert. Doppelinfektionen dürften häufiger (über 60%) sein, als allgemein angenommen. Initiale virale Infektionen bahnen durch Störung normaler pulmonaler Clearancemechanismen den Weg für bakterielle Ko- oder Superinfektionen durch Keime aus dem oberen Respirationstrakt. Auch hämatogene Streuungen bakterieller asymptomatischer Besiedelungen des oberen Respirationstrakts sind möglich. Die Schädigung des Respirationstraktes erfolgt durch die zytopathische Wirkung des Virus und der Immunreaktion, gefolgt von gewebszerstörenden bakteriellen Proteasen und anderen Exoprodukten.

Virämien treten nur selten auf (häufiger bei Adenoviren). Klinische Unterscheidungen zwischen bakteriellen und viralen / atypischen Pneumonien sind praktisch nicht möglich, auch die Labordiagnostik erweist sich nur als bedingt hilfreich (Tabelle 7). Finnische Autoren konnten in großen Studien mit aufwendiger Diagnostik keine signifikanten Unterschiede im Bereich von Klinik, Labor oder Radiologie zwischen bakteriellen und viralen Infektionen sichern. So sind auch Leukozytose und C-reaktives Protein für die klare Differenzierung in bakterielle oder virale Pneumonien nur bedingt verwertbar. Überdies zeigt auch die Adenovirusinfektion häufig deutlich erhöhte Werte des C-reaktiven Proteins. Im klinischen Alltag werden jedoch unverändert rascher Beginn, produktiver Husten, toxisches Aussehen, Leukozyten > 20.000/mm3 und ausgeprägte radiologische Veränderungen als eher bakterielle Infektion gewertet. Allmählicher Beginn, unproduktiver Husten und geringfügige Auskultationsbefunde oder Giemen sprechen eher für eine virale Ätiologie.

Tabelle 7: Differenzierung zwischen klassischer bakterieller und viraler / atypischer Pneumonie
Symptom/Befund bakterielle Pneumonie virale/atypische Pneumonie
Beginn
Fieber 
Tachykardie (> 120/min)
Tachypnoe (> 40/min)
-
Thoraxschmerz
Sputum
Exsudat
radiolog. Infiltrat
Leukozytose
CRP
akut
hoch
häufiger
häufig
-
häufiger
mehr
häufiger
lobär/segmental
häufiger
erhöht 
über Tage
mäßig
selten
selten
RSV: häufig
selten
wenig
seltener
interstitiell/alveolär
seltener (Adeno-V: möglich)
weniger erhöht bis normal

 

Virale Pneumonien

Übersichten zu Diagnostik und spezifischer Therapie viraler Pneumonien finden sich in den Tabellen 5 und 8.

 

Pneumonien durch Respiratory syncytial Viren (RSV)

RS-Viren werden wie Influenza- und Parainfluenza-Viren, Masernvirus und Mumpsvirus zu den Myxoviren gezählt. Das RS-Virus ist die häufigste Ursache für schwere Infektionen des unteren Respirationstraktes bei Säuglingen und Kleinkindern, mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 2. und 6. Lebensmonat für Bronchiolitiden sowie dem 2. -3. Lebensjahr für RSV-Pneumonien und den Monaten November bis April. In den ersten Lebenswochen können, besonders bei Frühgeborenen, nur minimale respiratorische Symptome vorhanden sein. Das klinische Krankheitsbild mit möglichen lebensbedrohlichen Verläufen, die Rolle des Immunsystems in der Entwicklung schwerer pulmonaler Erkrankungen sowie die Möglichkeit der Reinfektion unterscheiden RS-Viren von anderen Infektionserregern. Durch Fortschritte in der Schnelldiagnostik sind zumindest epidemiologische Informationen rasch verfügbar geworden.

 

Epidemiologie

Enge Wohn- und Lebensverhältnisse begünstigen das Auftreten von RSV-Infektionen. Zahlen zur Prävalenz beziehen sich meist auf Hospitalisierungen. Diese betreffen vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder aus schlechten sozioökonomischen Bedingungen. So werden etwa 25 von 1.000 Säuglingen zwischen 1 und 3 Monaten wegen RSV-Infektionen hospitalisiert, pro Jahr kommt es durch RSV-Infektionen in den USA zu 4.500 Todesfällen bei Kindern und Jugendlichen. Trotz hoher Durchseuchung kommt es bei Reexposition in bis zu 75% zur Reinfektion, wenn auch Zweit- und Folgeinfektionen klinisch leichter verlaufen. Der Nachweis von RSV-Antikörpern stellt somit keinen ausreichenden Schutz dar.

Die Übertragung erfolgt bei einer Inkubationszeit von rund einer Woche durch infizierte nasopharyngeale Sekrete (Schmierinfektion) oder durch Tröpfcheninfektionen. Körperliche Nähe fördert die Infektionsübertragung ganz entschieden. Trotz großer viraler Labilität kann RSV auf Händen und Gegenständen seine Infektiosität durch mehrere Stunden behalten.

Ob die bei RSV-Bronchiolitis noch nach Jahren nachweisbaren statistisch signifikanten Lungenfunktionsveränderungen auch bei RSV-Pneumonien eintreten, ist offen. Unklar bleibt auch, warum nur ein Teil der RSV-Infizierten schwere Erkrankungsabläufe zeigen. Es wird diskutiert, daß Säuglinge mit angeborenen engen Atemwegen eine besondere Disposition zu Erkrankungen der unteren Atemwege für Bronchiolitis aufweisen. Asthmaexacerbationen durch RSV-Infektionen sind möglich. Es ist wahrscheinlich, daß zwischen RSV-Infektionen (besonders der RSV-Bronchiolitis) und kindlichem Asthma ätiologische und pathologische Beziehungen bestehen, da RSV eine Aktivierung der Th2-Zellen induziert, welche, ähnlich wie die Bildung von IgE, zur Ausbildung von virusspezifischem IgA führt.

RSV-bedingte Pneumonien und Bronchiolitiden kommen oft gemeinsam vor und sind klinisch schlecht differenzierbar. Bei zugrundeliegender bronchopulmonaler Dysplasie oder bei kongenitalen zyanotischen Vitien sowie bei Immunmangelzuständen oder Immunsuppression besteht eine besondere Gefahrdung. Charakteristisch sind Tachypnoe und -kardie, ausgeprägte Hypoxämien, Nasenflügel, Einziehungen. Schwere Verlaufsformen können eine muskuläre Erschöpfung nach sich ziehen. Innerhalb der ersten Lebenswochen können ganz unspezifische Hinweise wie Lethargie, Fütterungsschwierigkeiten und Irritabilität vorliegen. Apnoische Episoden sind ein wichtiger Hinweis auf RSV-Infektionen der frühen Säuglingszeit. Die Auskultation zeigt Giemen und diffuse Rasselgeräusche. Auch Infektionen mit Bakterien, Mykoplasmen und anderen Viren können ähnlich klingen. Radiologisch bestehen diffuse Infiltrate, Überblähungen sind sehr häufig, auch Atelektasen im rechten Mittellappen oder Oberlappen sind nicht selten. Ältere Kinder und Jugendliche zeigen meist Infektionen der oberen Atemwege, die relativ blande verlaufen.

 

Diagnose

Der Virusnachweis erfolgt durch Isolation, Identifizierung viraler Antigene und serologische Methoden. In der Kultur bilden sich die namensgebenden Synytien aus. Zum ganz überwiegenden Teil wird die Diagnose heute durch Virus-Antigennachweis im Naso pharyngealsekret gestellt (Tab. 5). Indirekte Immunfluoreszenz, ELISA oder Enzym-Immunoassay-Schnelltests weisen hohe Spezifität und Sensitivität (90-100%) auf. Serologische Methoden wie die Komplementbindung kommen nur mehr selten zum Einsatz.

 

Therapie

1) Symptomatische Therapie: Hospitalisierte Kinder sollten in größerer Distanz zueinander oder am besten getrennt behandelt werden, bei schweren Verläufen ist Isolierpflege im Inkubator mit Sauerstoffzufuhr nötig. Optimale Handhygiene und Schürzenpflege sind besonders wichtig. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Hyperventilation!), körperliche Schonung und transcutanes Monitoring von Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz sind die prinzipiellen Maßnahmen. Der Einsatz von inhalativen Bronchodilatatoren und inhalierten oder systemischen Steroiden erbrachte ebenso wie bei der RSV-Bronchiolitis keine überzeugenden Ergebnisse. Schwerste RSV-Infektionen benötigen eine Respiratortherapie, in Ausnahmefällen kann sogar eine extracorporeale Membranoxygenierung erforderlich werden. Seitdem intensivmedizinische Therapiemöglichkeiten für schwere RSV-Infektionen zur Verfügung stehen, konnte die Letalität bei hospitalisierten Kindern von rund 5% auf etwa 1 % gesenkt werden.

2) Ribavirin: Nach ursprünglichen enthusiastischen Berichten sind an der Ribavirin-Therapie deutliche Zweifel aufgekommen: Hohe Kosten, Anwendungsart, widersprüchliche Untersuchungsergebnisse und potentielle Toxizität des freigesetzten Aerosols haben heute zu Einschränkungen in der Indikation geführt.

3) In den USA ist bei Kindern unter 24 Monaten mit bronchopulmonaler Dysplasie oder Frühgeburtlichkeit in der Vorgeschichte zur Verhütung von RSV-Erkrankungen eine Immunprophylaxe mit RSV-Immunglobulin intravenös (RSV-IVIG) zugelassen geworden.

4) Risikokinder können seit kurzem auch mit Palivizumab in der RS-Risikozeit einmal monatlich prophylaktisch therapiert werden. Diese Therapie scheint trotz hoher Kosten die sicherste und effektivste zu sein.

 

Adenovirus-Pneumonien

Bis zum Alter von 2 Jahren haben viele Kinder bereits eine klinisch inapparente Adenovirus-lnfektion durchgemacht. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion oder durch Stuhl oder Urin. Adenoviren lösen vor allem respiratorische und gastrointestinale Erkrankungen aus. Die Adenovirustypen 1, 2 und 5 kommen bei Kleinkindern am häufigsten als Auslöser von Erkältungserkrankungen und Pharyngitiden vor. Vor allem die Typen 1, 3,4, 7, 11 und 21 lösen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen akute respiratorische Infektionen einschließlich Pneumonien aus. Für letztere sind nekrotisierende Entzündungen im Bronchial- und besonders Bronchiolarbereich charakteristisch, zusätzlich auch eine Alveolitis. Das Lungenparenchym hingegen erscheint weniger häufig betroffen. Dies dürfte dem primär inhalativen Infektionsweg entsprechen. Nach abgelaufenen Infektionen zeigen die regenerierten Epithelzellen einen bleibenden Zilienverlust und im Falle von Nekrosen teilweise narbige Umwandlungen. Nicht so seltene Bronchiektasien und obliterierende Bronchiolitiden nach schweren Adenovirusinfektionen machen die Prognose gerade dieser Virusinfektion unsicher. Deutlich mehr als die Hälfte aller Adenoviruspneumonien bei Kindern hinterlassen klinische, funktionelle oder radiologische Folgezustände. Die Adenovirustypen 7 und 21 können sowohl zur Bronchiolitis obliterans als auch zu tödlich verlaufenden fulminanten Pneumonien führen. Adenoviruspneumonien können auch nach Immunsuppression durch Masern auftreten, die zu follikulären Bronchiektasien führen.

Klinisch können Adenoviruspneumonien durch rasch ansteigendes hohes Fieber und entsprechende Laborhinweise an bakterielle Infektionen erinnern: So kommen Leukozytose, deutlich erhöhte Senkungsreaktionen und erhöhte C-reaktive Proteinwerte vor. Die physikalische Untersuchung ergibt trockene und feuchte Rasselgeräusche, das Thoraxröntgen unspezifische fleckige interstitielle Infiltrationen, vorwiegend in den unteren Lungenanteilen, sowie Zeichen der Überblähung.

Das Syndrom der einseitigen hyperluzenten Lunge (gelegentlich auch beidseitig) ist als Folge nekrotisierender Entzündungsprozesse bei Adenoviruspneumonien interpretiert geworden. Dieses auch als Swyer-James-Syndrom oder MacLeod-Syndrom bezeichnete Bild ist meist ein Zufallsbefund nach stattgehabten Adenovirusinfektionen, kommt aber auch nach Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae, Tuberkulose und Fremdkörper-Aspirationen vor.

Der Virusantigennachweis im Nasensekret ist beweisend, serologische Methoden verlangen deutliche Titeranstiege. Ein PCR-Nachweis befindet sich in Ausarbeitung. Histologische Hinweise auf Adenovirusinfektionen ergeben sich durch intranukleäre Einschlüsse, die auch an Herpes erinnern können.

Es gibt keine spezifische Therapie für Adenoviruspneumonien, auch eine Vaccine ist noch nicht in Sicht.

 

Behandlung viraler Pneumonien

Virale Pneumonien werden primär symptomatisch behandelt: Ausreichende Hydratation, Antipyrese, wenn nötig Sauerstoff, parenterale Ernährung sowie gelegentlicher Einsatz von Bronchodilatatoren bei giemenden Kindern (keine gesicherte Therapiemaßnahme!). Pflege und Überwachung sowie transcutanes Sauerstoff-Monitoring besonders im ersten Lebensjahr zur Sicherstellung einer adäquaten Sauerstoffzufuhr und Entlastung der Atemarbeit stellen die vordringlichsten Maßnahmen dar. Details siehe auch im Abschnitt über RSV-Pneumonien. Tabelle 8 gibt einen Überblick über derzeit zur Verfügung stehende spezifische antivirale Therapeutika.

Tabelle 8: Spezifische Therapeutika bei virusbedingten Infektionen des unteren Respirationstrakts
Substanz pulmonale Indikationen Wirkungsweise Nebenwirkungen
Ganciclovir
5 mg/kg alle 12 Stunden
(Induktion); 5 mg/kg/d
(Erhaltung)
Immunkompromittierte
Personen mit
CMV-Pneumonien
Prodrug mit kompetitiver
Hemmung der viralen
DNS-Polymerase
Knochenmarkssuppression
Neutropenie und
Thrombopenien
Aciclovir
5-10 mg/kg/d i.v. oder p.o.

Immunsuppression: HSV- und
VZV-Infektion
ohne Immunsuppression:
neonatale HSV-Infektion
Hemmung der HS DNS-
Polymerase

Phlebitis, Nierenschädigung
Nephro- und Neurotoxizität

Amantadine
200 mg/Tag (ab 10. Lebensjahr)
4-9 mg/kg/d (1.-9. Lebensjahr,
max. 150 mg/Tag)
Prophylaxe und Therapie von
Influenza-A-Infektionen
einschließlich Pneumonien
hemmt intra-zelluläre
Freisetzung viraler RNS

Verwirrtheit, Schlafstörungen
Mundtrockenheit, Harnverhaltung
Rimantadine wie Amantadine Influenza A Amantadine-Analog praktisch keine
Ribavirin
nur als Aerosol zugelassen
(> 18 Stunden/d, 20 mg/ml)
RSV-Infektion
(Influenza A- und B-Infektionen??)
hemmt virale RNS-
Polymerase
Aerosol: Ausschläge, Giemen,
Konjunktivitis
Die genaue Überprüfung von Dosierungen, Anwendungsweise, Indikationen und Nebenwirkungen ist erforderlich!

Neuraminidase-Hemmer wie Zanamivir (Relenza®) sind hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei Influenza-Pneumonien noch wenig definiert.

Die Frage der Verwendung eines Antibiotikums wird dadurch erschwert, daß ausschließlich virale Ursachen nur selten als gesichert angesehen werden können. Folgende Empfehlungen mögen für die Entscheidung hilfreich sein:

1. Bei mildem Krankheitsverlauf ohne Otitis, jedoch radiologischen Zeichen der Überblähung und Giemen kann die virale Genese als so wahrscheinlich angenommen werde, daß mit einem Antibiotikum zugewartet werden kann.

2. Bei ähnlicher Klinik, jedoch mit diffusen oder lokalisierten Infiltraten ohne Erguß sollte Amoxicillin (oder Amoxicillin/Clavulansäure) verwendet werden.

3. Bei klinischem Kranksein und radiologischen Infiltraten, mit oder ohne Erguß, muß an die Mitbeteiligung von bakteriellen Erregern gedacht und ein Antibiotikum eingesetzt werden. Ab dem 5. Lebensjahr wird eine Infektion mit M. pneumoniae deutlich häufiger, sodaß Makrolide als Therapeutika der ersten Wahl erwägenswert sind.

 

Atypische Pneumonien

Der Begriff der "primär atypischen Pneumonien" entstand in den Jahren nach 1940 und bezeichnete eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen einerseits die Erreger nicht identifiziert werden konnten und andererseits primär nicht-bakterielle Pneumonien vorlagen, die auf die antimikrobielle Therapie dieser Zeit nicht ansprachen. Im gängigen Sprachgebrauch umfaßt der Begriff der atypischen Pneumonien auch heute noch eine Reihe von Erkrankungen, die bei eher spärlichem Auskultationsbefund eine mehr oder minder ausgeprägte pneumonische Infiltration im Röntgen nachweisen lassen.

Unter den atypischen Pneumonien sind Erkrankungen durch Chlamydien, Mykoplasmen (und Ureaplasma urealyticum), Legionellen sowie Protozoen wie Pneumocystis carinii zusammengefaßt.

Tabelle 6 gibt einen Überblick über die diagnostischen Schritte zur ätiologischen Klärung, Tabelle 9 stellt die aktuelle Therapie atypischer Pneumonien bei Kindern und Jugendlichen dar (siehe auch bei den einzelnen Krankheitserregern).

Tabelle 9: Therapie häufiger atypischer Pneumonien
Erreger Therapie der 1. Wahl Therapiealternativen
Mykoplasmen





Erythromycin 30 mg/kg/Tag
10-14 Tage
Clarithromycin 30 mg/kg/Tag
7 Tage
Azithromycin 30 mg/kg/Tag
5- 7 Tage
andere Makrolide wie Josamycin
Doxycyclin 2 mg/kg/Tag
(ab dem 9. Lebensjahr)
10-14 Tage



Chlamydien


Erythromycin bis 50 mg/kg/Tag
10-14 Tage
Clarithromycin wie oben
Azithromycin wie oben
Doxycyclin wie oben


Legionellen



Clarithromycin wie oben
Azithromycin wie oben
Erythromycin 50 mg/kg/Tag
14-21 Tage

Rifampicin 20 mg/kg/Tag plus Erythromycin
Ofloxacin (2 x 0,2 g/Tag)
Ciprofloxacin 30 mg/kg/Tag
(Fluorochinolone bei Kindern noch nicht zugelassen) TMP/SMX
Pneumocystis carinii

TMP/SMX 20 mgTMP/kg/Tag durch
2 Wochen (Prophylaxe: 5 mgTMP/kg
3-7mal/Woche)
Pentamidin-Isethionat 4 mg/kg/Tag i.v.
durch 14 Tage
Dosierungen, Therapiedauer, Anwendungsmodus und Nebenwirkungen müssen vor Gebrauch genau überprüft werden

 

Chlamydien-Pneumonie

Das Genus Chlamydia umfaßt C. trachomatis (Erreger des Trachoms, der neonatalen Ophthalmie, neonataler Pneumonien sowie des Lymphogranuloma venereum), C. psittaci (Erreger der Ornithose oder Papageienkrankheit) sowie C. pneumoniae. Chlamydien sind obligat intrazelluläre gramnegative Bakterien, die einen besonderen Lebenszyklus aufweisen. Das extrazelluläre infektiöse Elementarkörperchen ist metabolisch nicht aktiv, die intrazelluläre Form ist größer und als Initialkörperchen (oder Retikulärkörper) nicht infektiös, aber metabolisch aktiv und teilt sich. Nach Teilung werden die Initialkörperchen von einer Glykogenschicht umschlossen und als Einschlußkörperchen bezeichnet. Initialkörperchen sind intrazellulär nicht stabil. Gegen Ende des Lebenszyklus wandeln sie sich in Elementarkörper, die mit der Zell-Lyse freigesetzt werden. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von Stoffwechsel und Atmung der Wirtszellen (es wird kein eigenes ATP gebildet) werden sie auch als Energieparasiten bezeichnet. Ein Vermehrungszyklus dauert rund 72 Stunden. Der Mensch ist für Chlamydien offenbar das einzige Reservoir. Nach C. pneumoniae-lnfektion kommt es nicht zur Ausbildung einer Immunität, und wiederholte Infektionen sind möglich.

Die zur Infektion führenden pathogenetischen Mechanismen sind unklar. Der Eintritt in die Zellen erfolgt in einem phagozytoseähnlichen Schritt. Das Krankheitsspektrum reicht von milden respiratorischen Zeichen bis zu schwerst verlaufenden Pneumonien.

Pneumonien durch C. trachomatis treten im Alter zwischen 3 Wochen und 4 Monaten häufiger auf als zu irgendeinem anderen Lebensabschnitt; für C. pneumoniae liegen die Erkrankungsmaxima zwischen 5 und 15 Jahren. Eine Rolle des Geburtskanales als Infektionsauslöser ist sehr wahrscheinlich.

Meist findet sich bei den Säuglingspneumonien eine vorhergehende Rhinitis oder Otitis, seltener auch eine Konjunktivitis, die typischerweise nach dem 4. postpartalen Tag auftritt. Die afebrilen Kinder sind auffällig tachypnoisch, teils apnoisch und husten staccatoartig, Giemen fehlt, die Auskultation zeigt Rasselgeräusche. Eine respiratorische Unterstützung für Säuglinge und Kleinkinder kann erforderlich werden, besonders bei den seltenen sehr schwer verlaufenden Formen. Radiologisch sind in allen Altersabschnitten Zeichen der Überblähung recht charakteristisch, die Mykoplasmeninfektionen ähneln. Zusätzlich finden sich diffuse Infiltrate verschiedener Ausprägung. Junge Erwachsene zeigen Infektionen mit C. pneumoniae (auch als TWAR Stamm bezeichnet) in Form milder Pneumonien, die an Mykoplasmeninfektionen erinnern. C. pneumoniae-lnfektionen können als entzündlicher Trigger für Asthma oder obstruktive Atemwegserkrankungen fungieren. Als intrazelluläre Erreger können Chlamydien möglicherweise sowohl entzündungsvermittelnde Reaktionen der Th1-Zellen (Produktion von Interferon-a) als auch eine Th2-Antwort mit IgE-Produktion und Mastzellaktivierung stimulieren.

Bei Pneumonien kann der Keim aus Nasopharyngealsekret, Sputum oder Tracheobronchialaspirat gewonnen werden. C. pneumoniae und trachomatis können durch PCR oder Zellkultur nachgewiesen werden (Tab. 6).

 

Behandlung

Chlamydien-Pneumonien sollten 2 bis 3 Wochen mit Erythromycin 50 mg/kg oder anderen Makroliden behandelt werden. Nach Dentitionsende (7.-10. Lebensjahr) stellen Tetracycline eine Alternative dar, da dann Schmelzdefekte nicht mehr auftreten können.

Perinatale Chlamydien-Infektionen können durch Screening schwangerer Frauen mit entsprechender Behandlung vermieden werden.

 

Pneumonien durch Mycoplasma pneumoniae

Mykoplasmen haben keine Zellwand und sind die kleinsten Organismen, die sich auf komplexen zellfreien Medien vermehren.

 

Epidemiologie

M. pneumoniae kommt endemisch, gelegentlich epidemisch, in allen Altersklassen mit Betonung der Vorschul- und besonders Schulzeit vor. Nur 3 bis 10% der infizierten Personen entwickeln tatsächlich eine Pneumonie, die meisten Infektionen laufen hingegen als mehr oder minder milde Infektionen der oberen Atemwege oder als Tracheobronchitiden ab. Der Anteil der Mykoplasmeninfektionen an Pneumonien generell beträgt etwa 15%, bei Kindern und Jugendlichen aber zwischen 30 und 60%. Die Verbreitung durch Tröpfcheninfektion erfolgt langsam in Gruppen, die Inkubationszeit beträgt etwa drei Wochen. Mykoplasmeninfektionen kommen bevorzugt in der kalten Jahreszeit vor.

Mykoplasmenpneumonien beginnen bei 50% der Betroffenen typischerweise langsam mit Fieber bis 40 Grad, unproduktivem Husten, Kopfschmerz, abdominellen Schmerzen, Kältegefühl und Abgeschlagenheit. Passagere Gelenksschmerzen und Hautausschläge unterstützen den klinischen Verdacht. Das bei viralen Infektionen nicht seltene Giemen wird auch bei Mykoplasmenpneumonien gefunden. Erhöhte Blutsenkungswerte bei normalem Blutbild und uncharakteristischem Verlauf des C-reaktiven Proteins können auf eine Mykoplasmen-Ätiologie hinweisen.

Es wird nur wenig mucoides Sekret produziert. Im Vergleich zu bakteriellen Pneumonien ist der Auskultationsbefund trotz des subjektiven Krankheitsgefühls spärlich. Rasselgeräusch stellt sich erst nach Tagen bei mehr als 70% der Kinder und Jugendlichen ein, weitere häufige Symptome sind Heiserkeit, Halsschmerz, Muskel- und Thoraxschmerzen. Auch ohne Behandlung kommt es nach 14 Tagen zum Abklingen, einzelne Personen können bis zu 6 Wochen krank sein. Der Husten kann sehr protrahiert sein, und die charakteristischen interstitiellen oder retikulonodulären Infiltrationen im Thoraxröntgen können mehrere Monate bestehen bleiben. Lobär wirkende Infiltrationen kommen vor.

Die rechte Lunge und die basalen Abschnitte werden bevorzugt betroffen, bei einem Viertel sind beide Lungen involviert. Hilusbetonte beidseitige Infiltrationen werden als "schmetterlingsförmig" beschrieben. Geringe Pleuraergüsse sind bei einem Viertel nachzuweisen. Selten kommen auch schwerste Verläufe mit Progression zum adulten Respiratory Distress Syndrom und letalem Ausgang vor. Personen mit Sichelzellanämie können sehr schwere Verläufe entwickeln, bei Immundefizienzen kommen milde Verlaufsformen vor. Folgezustände nach Mykoplasmeninfektionen kommen praktisch nicht vor. Ähnliche Verläufe könnenbei viralen Pneumonien (Influenza), Psittacose sowie Legionellen auftreten. Lobäre radiologische Veränderungen können auch für bakterielle Ursachen sprechen. Auch tuberkulöse Veränderungen sehen manchmal wie Mykoplasmen aus und umgekehrt.

Extrapulmonale Komplikationen betreffen das ZNS (Meningoencephalitis, zerebellare Ataxie, Guillain-Barre-Syndrom und zentrale und periphere Neuropathien), Pericarditis, Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema nodosum und hämolytische Anämien durch Kälteagglutinine.

 

Diagnostik

Der Antikörpernachweis gegen M. pneumoniae beruht auf Komplementfixation, Hämagglutination, Enzym-Immunoassay (ELISA). Ein vierfacher Titeranstieg nach 2 -3 Wochen wird mit Infektion gleichgesetzt. Eine PCR steht zur Verfügung.

 

Behandlung

Neben der symptomatischen Behandlung stellen neuentwickelte Makrolidantibiotika wie Clarithromycin oder Azithromycin die Therapie der Wahl dar. Nach Abschluß des Zahnwachstums können Tetracycline verwendet werden (2 mg Doxycyclin/kg/Tag als Einmaldosis), in vitra liegt eine klare Überlegenheit der Makrolide vor. Sowohl Makrolide als auch Tetracycline zeigen keinen dramatischen Einfluß auf den Krankheitsverlauf. Die überwiegende Mehrzahl der Erkrankungen heilt spontan nach einer nicht näher definierbaren Zeit ab.

 

Legionellen-Pneumonien

Legianella pneumaphila ist ein saprophytischer Keim des Wassers, der mit rund 20 anderen Species für Krankheiten beim Menschen verantwortlich ist. Legionella, 1976 erstmals im Rahmen einer Pneumonie bei der Versammlung der Amerikanischen Legion nachgewiesen, ist ein langsam wachsender aerober gram-negativer kokkobazillärer Keim, der in infiziertem Gewebe oder Flüssigkeiten nachgewiesen werden kann (Silberfärbung). Durch eine einzelne polare Geißel wird die Pathogenität im Wasser gefördert.

Trotz des überwiegenden Vorkommens in Wasser dürfte die primäre Erregerquelle Erde sein. L. pneumaphila ist resistent gegen Temperaturen zwischen 0° und 63°C, gedeiht am besten bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad und kommt vor allem in Kühl- und Klimaanlagen, Whirlpools, Trinkwasserleitungen und Warmwassersystemen vor. Hotels und Spitäler stellen die Hauptvorkommensorte für sporadisches oder kleinepidemisches Vorkommen dar. Die Übertragung erfolgt durch kontaminiertes Wasser, auch in Aerosolform. Keime wie Pseudomonas, Alcaligenes, Acinetobacter u.a. fördern das Wachstum von Legionella. Mittels PCR kann Legionella in Wassersystemen rasch nachgewiesen werden. In Zentraleuropa sind Legionellen-Pneumonien bei Kindern außerordentlich selten.

Die Legionärs-Erkrankung beginnt nach einer Inkubation von 2 -10 Tagen mit Abgeschlagenheit und Fieber sowie Schüttelfrost und zunächst unproduktivem Husten als Ausdruck einer fibrinopurulenten Pneumonie. Rund 25% der Betroffenen zeigen gastrointestinale (Durchfall, Schmerzen) Symptome, eine extrapulmonale hämatogene Aussaat kommt vor (Niere, Leber, Myokard, Hirn etc. mit entsprechenden klinischen Symptomen). Extrapulmonale Infektionen werden als Pontiac-Fieber bezeichnet. Kinder sind selten betroffen, der bis dato jüngste Patient dürfte 3 Jahre alt sein. Immunkompromittierte Kinder (Neutropenie, AIDS) zeigen kein gehäuftes Vorkommen von Legionellen. Für 7-18jährige Probanden kann eine Seropositivität zwischen 28 und 35% gefunden werden, die mit zunehmendem Alter steigt. Eine klinische Differenzierung von anderen Pneumonien ist nicht möglich.

Kultur und Nachweis sind schwierig. Der Nachweis erfolgt über spezifische Antikörperreaktionen mittels immunologischer Methoden wie direkte oder indirekte Immunfluoreszenz (Tab. 6). Durch monoklonale Antikörper können Subtypen von L. pneumophila nachgewiesen werden. Einzelne Stellen können L. pneumophila-Antigen im Harn nachweisen. Eine PCR ist verfügbar.

 

Behandlung

Legionella ist gegenüber ß-Lactam-Antibiotika resistent. Die Therapie der Wahl sind Makrolide i. v., sodann oral, da sie intrazellulär aufgenommen werden (Tab. 9). Alternativen sind Tetracycline, Trimethoprim / Sulfonamide, Rifampicin in Kombination mit Erythromycin!, 5-Fluorochinolone.

Die Überwachung von Trinkwasserversorgungen besonders in Spitälern ist angezeigt. Temperaturerhöhungen des Wassers und Chlorzusatz haben sich als wirksam erwiesen.

 

Literatur beim Verfasser.

 

Anschrift des Verfassers:
Prim. Univ.-Prof. Dr. M. Götz
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde mit Infektionskrankheiten, Wilhelminenspital
A-1171 Wien, Montleartstraße 37

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