Neue Aspekte der Pneumonien |
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M. Götz
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde mit Infektionskrankheiten, Wilhelminenspital
der Stadt Wien |
Zusammenfassung Virale und atypische Pneumonien stellen in den frühen Kindesjahren
diagnostisch und therapeutisch schlecht differenzierbare Einheiten dar. Die vorliegende
Übersicht versucht klinische Leitlinien und entsprechende diagnostische Möglichkeit
darzusteIlen. Bei viralen Pneumonien sind die therapeutischen Möglichkeiten nach wie vor
beschränkt, hingegen nehmen für atypische Pneumonien die Makrolide einen hohen
Stellenwert ein. |
Key-words:
Viral pneumonia, atypical pneumonia, virus diagnostics, macrolides |
Summary In comparison with the classical bacterial infections viral and atypical
pneumonias present a less well defined clinical picture and cannot easily be
differentiated from bacterial pneumonias. Nasal secretions offer the possibility of rapid
viral diagnosis whereas the diagnosis of atypical pneumonias caused by Mycoplasma or
Chlamydia is usually dependent on more time consuming procedures. Treatment of viral
pneumonias is still limited. In contrast macrolides have been shown to be effective in
atypical pneumonias and are considered treatment of choice for some pneumonias from
preschool age onwards. As their safety profile is excellent they may weIl become first
line drugs for community acquired infections of the lower respiratory tract. At present
the resistance pattern in Austria is still excellent and with judicious use should remain
so. |
Einleitung Akute
respiratorische Infektionen (ARI) der oberen und unteren Luftwege zählen neben
Durchfallserkrankungen zu den "drei großen Killern" der frühen Kindheit.
Niederes Geburtsgewicht, Malnutrition und Innenraum-Schadstoffbelastung stellen die
entscheidenden Risikofaktoren für schwere respiratorische Infektionen bei Kindern dar.
In den Entwicklungsländern sind bei Kindern unter 5 Jahren 43% der
Gesamtmortalität entsprechend 6,5 Millionen Todesfällen pro Jahr auf Pneumonien
zurückzuführen. In unseren Breiten kann man davon ausgehen, daß bei Kindern unter 5
Jahren 50% aller Erkrankungen akute respiratorische Infektionen sind, 5% betreffen den
unteren Respirationstrakt. Kinder im ersten Lebensjahr sind besonders gefährdet.
Tabelle 1 stellt virale und atypische Erreger dar. Nicht immer sind
die Beziehungen zwischen Erreger und Erkrankungsbild so klar wie bei RSV-Infektionen und
Bronchiolitis, da das gleiche Syndrom von unterschiedlichen Erregern ausgelöst sein und
der gleiche Erreger ganz unterschiedliche klinische Bilder verursachen kann. Trotz genauer
Diagnostik bleiben 40-50% der kindlichen Pneumonien ohne ätiologische Klärung.
Kindliche Pneumonien vor dem 7. Lebensjahr führen (ebenso wie
Keuchhusten) gehäuft zu Verminderungen der Lungenfunktion bei Erwachsenen.
Tabelle 1: Wichtige Erreger viraler
und atypischer Pneumonien im Kindes- und Jugendalter |
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Virale Pneumonien |
Atypische Pneumonien |
|
Respiratory syncytial Viren |
Mycoplasma pneumoniae |
|
Parainfluenza Typ 3 |
Chlamydia pneumoniae |
|
Parainfluenza Typ 1 |
Legionella pneumoniae |
|
Influenza A |
Pneumocystis carinii |
|
Influenza B |
Ureaplasma urealyticum |
|
Parainfluenza Typ 2 |
Chlamydia psittaci |
|
Adenoviren |
Coxiella burnetti (Q-Fieber) |
|
Masernvirus |
Francisella tularensis (Tularämie) |
|
Herpes-Virus-Gruppe: Herpes simplex,
Varicella-Zoster-Virus, Cytomegalovirus, Epstein-Barr-Virus |
andere (Wurminfektionen) |
|
Picornaviren (bes. Rhinoviren) |
|
|
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Klinische
Präsentation Im allgemeinen kann die
Diagnose einer unkomplizierten Pneumonie ( sogen. "community acquired
pneumonia", CAP) aus Anamnese, physikalischer Untersuchung, klinischer Beurteilung
der Immunkompetenz, Alter des Kindes, Jahreszeit, sozialem Hintergrund einschließlich
Kontaktpersonen und Laborergebnissen vermutet werden. Kindliche Pneumonien kommen gehäuft
bei Grunderkrankungen wie congenitalen Herzfehlern, chronischen Lungenerkrankungen (BPD,
cystische Fibrose, schweres Asthma), Sichelzellanämie, Immunmangelzuständen und
respiratorischen Problemen bei neuromuskulären Erkrankungen oder geistiger Retardation
vor.
Nichtinfektiöse, differentialdiagnostisch wichtige Ursachen für
Pneumonien im Kindesalter sind in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2: Nichtinfektiöse Ursachen
pneumonischer Veränderungen im Thoraxröntgenbild |
|
Thymus |
Bronchusstenosen |
bronchogene Zysten |
Atelektasen |
Bronchomalazien |
cystisch adenomatoide Malformationen |
Asthma |
Neoplasien |
|
Aspiration |
Sequester |
andere |
|
Meist besteht mehrere Tage ein Infekt der oberen Luftwege mit Husten
und eventuell Giemen. Fieber, Azidose, Dehydratation und Malnutrition können entscheidend
zum Schweregrad beitragen. Es besteht eine gewisse jahreszeitliche (Tabelle 3) und
altersabhängige (Tabelle 4) Häufung einzelner viraler und atypischer Pneumonien.
Pneumonien im frühesten Kindesalter können sich untypisch präsentieren und mit Sepsis,
Meningitis oder Harnwegsinfektionen verwechselt werden.
Tabelle 3: Jahreszeitliche Verteilung
viraler und atypischer Pneumonien |
|
Jahreszeit |
virale Erreger |
atypische Erreger |
|
Winter, Frühjahr |
RS- Virus, Influenza |
|
Herbst, Winter |
Parainfluenza 1 |
M. pneumoniae (kleinere Epidemien) |
endemisch |
Adenoviren |
C. pneumoniae |
|
Tabelle 4: Altersabhängige Ätiologien viraler und
atypischer Pneumonien
|
|
Alter |
Frequenz |
Erreger |
bis 3. Lebenswoche
|
selten
|
CMV, Adenoviren (nichtinfektiöse Ursachen!)
Herpes simplex (selten!), (bakterielle Ursachen!) |
3. Woche - 4. Monat
|
häufiger
|
C. pneumoniae, RSV, Parainfluenza 3 und 1, U.
urealyticum, P. carinii (auch bei Immunkompetenten!?) |
4. Monat - 5 Jahre
|
häufiger
|
RSV, Parainfluenza 1 (und 3), Adenovirus Typ 3 und 7,
Influenzavirus, M. pneumoniae (selten) |
5 Jahre -15 Jahre |
weniger häufig |
M. pneumoniae, Viren (selten) |
Neugeborene und Säuglinge zeigen oft nur unspezifische Hinweise wie
Apathie, Trinkunlust, Erbrechen, Stöhnen und sogar isoliert auftretende Apnoen.
Entsprechend den Empfehlungen der WHO werden interkostale oder / und subkostale
Einziehungen, Nasenflügel, Tachypnoe, Cyanose, Fütterungsschwierigkeiten, sowie Giemen
als Hauptmerkmale für Pneumonien definiert. Bis zum 4. Lebensjahr werden Fieber und
Tachypnoe (über 50/min) als charakteristisch erachtet. Die Temperaturen viraler und
atypischer Pneumonien erreichen jedoch meist keine hohen Werte. Der Husten ist sowohl
trocken als auch feucht. Die Auskultation kann wenig ergiebig sein, da die
"typischen" fein- und mittelblasigen Rasselgeräusche wenig ausgeprägt bleiben
können, auch abgeschwächte Atemgeräusche kommen vor. Die Perkussion ist über
größeren Infiltrationen verkürzt, über überblähten Arealen gelegentlich hypersonor.
Mit zunehmender Pneumonie kommt es zu Hypoxämie, die sich als Fütterungsschwierigkeit
ankündigen kann.
Die radiologische Abklärung ist nicht imstande, zwischen viralen
und bakteriellen Ätiologien zu unterscheiden. Häufige Zeichen viraler Pneumonien sind
vor allem Überblähung, abgeflachtes Zwerchfell, streifige Infiltrate oder fleckförmige,
segmentale Atelektasen. Ältere Kinder zeigen viral bedingte, beidseitige diffuse
Infiltrate, selten auch mit lobärer Beteiligung. Auch bei viralen und atypischen
Pneumonien können Ergüsse vorkommen, sie sind jedoch deutlich geringer als bei
bakteriellen Infektionen. |
Erregernachweis In derganz überwiegenden Zahl unkom- plizierter Pneumonien wird eine
Therapie aufgrund wahrscheinlicher Erreger durchgeführt. Blut- und Sputumkultur,
serologische Methoden wie Komplementbindungsreaktionen oder Hämagglutinationshemmtests
für bakterielle und virale Erreger, sowie besonders bei viralen Erregern verschiedene
Enzymimmunoassays, Immunfluoreszenztechniken, Virusantigen (im Nasensekret),
Virusisolierung, Nukleinsäurenachweis durch die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) sind
seltener gebrauchte Techniken. Die Standardmethode der Diagnostik von Influenza A und B,
Parainfluenza 1-3, RSV und Adenoviren ist der Virusantigen-Nachweis im Nasensekret. Ein
Ergebnis liegt innerhalb von Stunden vor, und die Notwendigkeit wiederholter Blutabnahmen
zur zeitaufwendigen Beobachtung serologischer Titerverläufe entfallt. Die für den
ätiologischen Nachweis pulmonaler Infektionen zur Verfügung stehenden Methoden sind für
Viren in Tabelle 5 und für atypische Erreger in Tabelle 6 zusammengefaßt.
Tabelle 5: Nachweismethoden einiger
wichtiger viraler Erreger respiratorischer Infektionen |
|
Erreger |
Untersuchungs
material |
Züchtung |
Serologie |
IgM / IgG (ELISA) |
erweiterte Diagnostik |
|
RS-Viren |
NPS |
(Zellkultur) |
KBR |
|
Virusantigen NPS, PCR |
|
Parainfluenza-Viren |
NPS |
(Zellkultur) |
KBR |
|
Virusantigen NPS |
|
Influenza-Viren |
NPS |
(Zellkultur) |
KBR |
|
Virusantigen NPS |
|
Masern-Virus |
Blut |
(Zellkultur) |
KBR |
ja / ja |
|
|
Mumps-Virus |
Blut |
(Zellkultur) |
KBR |
ja / ja |
|
|
Adenovirus |
NPS |
(Zellkultur) |
KBR |
|
Virusantigen NPS
PCR in Ausarbeitung |
|
Herpes simplex V |
Rachenabstrich |
Zellkultur |
KBR |
ja / ja |
PCR |
|
VZV |
Bläscheninhalt |
(Zellkultur) |
KBR |
ja / ja |
PCR |
|
CMV |
Blut (bei TX), BAL |
(Zellkultur) |
KBR |
ja / ja |
Histozytologie
PCR in situ |
|
EBV |
Blut |
(Ko-Kultivierung) |
Paul-Bunnell-Test |
ja / ja |
IFT: EA, EBNA, VCA |
|
Rhinoviren |
NPS |
(Zellkultur) |
(NT) |
|
|
|
Coronaviren |
NPS |
Zellkultur |
|
|
PCR |
|
|
NPS = Nasopharyngealsekret,
BAL = bronchoalveoläre Lavage; NT = Neutralisationstest; KBR =
Komplementbindungsreaktion;
ELlSA = Enyme Linked Immuno Sorbent Test; PCR = Polymerase-Kettenreaktion;
IFT = Immunfluoreszenztest; EA = Early antigen;
EBNA = Epstein-Barr Nuclear Antigen; VCA = Virus Capsid Antigen |
Tabelle 6: Diagnosemöglichkeiten
für einige wichtige Erreger atypischer Pneumonien |
|
Erreger |
Färbung |
Antigene |
Züchtung |
DNA |
Serologie |
|
M. pneumoniae |
|
ELISA |
Spezialnährmedien |
PCR |
ELISA, HA, KBR |
|
U. urealyticum |
|
|
Spezialnährmedien |
(PCR) |
Stoffwechselhemmtest |
|
L. pneumophila |
|
IF, ELISA (Harn) |
Spezialnährmedien |
PCR |
IIFT, ELISA |
|
Chlamydia pneumoniae |
|
|
Zellkultur |
PCR |
ELISA |
|
C. psittaci |
|
|
Zellkultur |
(PCR) |
ELISA, KBR |
|
C. trachomatis |
|
ELISA |
Zellkultur |
PCR, LCR |
ELISA |
|
Pneumocystis carinii |
Kalkofluor,
Giemsa, Silber |
IF |
|
(PCR) |
|
|
Francisella tularensis |
|
|
Spezialnährmedien |
(PCR) |
Aggl., ELISA |
|
KBR = Komplementbindungsreaktion, ELISA
= Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay, IF = Immunfluoreszenz (direkt), IlF =
Immunfluoreszenz (indirekt), Aggl. = Agglutinationstest; HA = Hämagglutinationstest; PCR
= Polymerase-Kettenreaktion; LCR = Ligase-Kettenreaktion |
Infektionen der unteren Atemwege verlaufen bei Säuglingen und
Kleinkindern teilweise anders als bei größeren Kindern, da die Klinik primär nicht auf
eine Pneumonie hinweisen kann. Für neonatale Pneumonien sind Lethargie und Anorexie
bereits wichtige Hinweise. Man achte besonders auf Stöhnen, Nasenflügel, Zyanose,
Erbrechen, Tachy- oder Bradykardie sowie subkostale Einziehungen. Der physikalische Befund
kann unergiebig, die radiologischen Veränderungen können eindrucksvoll sein. Bis zu 48
Stunden postpartal wirken pneumonische Kinder oft septikämisch. Die Mortalität perinatal
erworbener Pneumonien liegt bei 20%. Ätiologisch stehen dabei bakterielle Erreger ganz im
Vordergrund, auch Chlamydien sind innerhalb der ersten drei Lebensmonate wahrscheinlich
wesentlich häufiger, als der Nachweis gelingt. |
Virale oder bakterielle Erreger? Die häufigsten viralen Erreger in Pädiatrie und Adoleszenz sind RS-Viren
(bis zu 70%), Parainfluenza-Viren (Typ 3 und 1), Adenoviren und Influenzaviren. Corona-,
Rhino- und Nicht-Polio-Enteroviren sind seltene Pneumonieerreger. Selten führt auch
Cytomegalovirus (CMV) bei Säuglingen und das Epstein- Barr-Virus (EBV) bei älteren
Kindern oder Jugendlichen zu Pneumonien.
Virale Pneumonien sind vor der 3. Lebenswoche generell ungewöhnlich
(außer eventuell CMV oder RSV). Immunsupprimierte Personen weisen ein größeres virales
Erregerspektrum auf.
Die Beziehungen zwischen viralen und bakteriellen Infektionen werden
kontrovers diskutiert. Doppelinfektionen dürften häufiger (über 60%) sein, als
allgemein angenommen. Initiale virale Infektionen bahnen durch Störung normaler
pulmonaler Clearancemechanismen den Weg für bakterielle Ko- oder Superinfektionen durch
Keime aus dem oberen Respirationstrakt. Auch hämatogene Streuungen bakterieller
asymptomatischer Besiedelungen des oberen Respirationstrakts sind möglich. Die
Schädigung des Respirationstraktes erfolgt durch die zytopathische Wirkung des Virus und
der Immunreaktion, gefolgt von gewebszerstörenden bakteriellen Proteasen und anderen
Exoprodukten.
Virämien treten nur selten auf (häufiger bei Adenoviren).
Klinische Unterscheidungen zwischen bakteriellen und viralen / atypischen Pneumonien sind
praktisch nicht möglich, auch die Labordiagnostik erweist sich nur als bedingt hilfreich
(Tabelle 7). Finnische Autoren konnten in großen Studien mit aufwendiger Diagnostik keine
signifikanten Unterschiede im Bereich von Klinik, Labor oder Radiologie zwischen
bakteriellen und viralen Infektionen sichern. So sind auch Leukozytose und C-reaktives
Protein für die klare Differenzierung in bakterielle oder virale Pneumonien nur bedingt
verwertbar. Überdies zeigt auch die Adenovirusinfektion häufig deutlich erhöhte Werte
des C-reaktiven Proteins. Im klinischen Alltag werden jedoch unverändert rascher Beginn,
produktiver Husten, toxisches Aussehen, Leukozyten > 20.000/mm3 und ausgeprägte
radiologische Veränderungen als eher bakterielle Infektion gewertet. Allmählicher
Beginn, unproduktiver Husten und geringfügige Auskultationsbefunde oder Giemen sprechen
eher für eine virale Ätiologie.
Tabelle 7: Differenzierung zwischen
klassischer bakterieller und viraler / atypischer Pneumonie |
|
Symptom/Befund |
bakterielle Pneumonie |
virale/atypische Pneumonie |
Beginn |
Fieber |
Tachykardie (> 120/min) |
Tachypnoe (> 40/min) |
- |
Thoraxschmerz |
Sputum |
Exsudat |
radiolog. Infiltrat |
Leukozytose |
CRP |
|
akut |
hoch |
häufiger |
häufig |
- |
häufiger |
mehr |
häufiger |
lobär/segmental |
häufiger |
erhöht |
|
über Tage |
mäßig |
selten |
selten |
RSV: häufig |
selten |
wenig |
seltener |
interstitiell/alveolär |
seltener (Adeno-V: möglich) |
weniger erhöht bis normal |
|
|
Virale
Pneumonien Übersichten zu Diagnostik und
spezifischer Therapie viraler Pneumonien finden sich in den Tabellen 5 und 8. |
Pneumonien durch Respiratory syncytial Viren (RSV) RS-Viren werden wie Influenza- und Parainfluenza-Viren, Masernvirus und
Mumpsvirus zu den Myxoviren gezählt. Das RS-Virus ist die häufigste Ursache für schwere
Infektionen des unteren Respirationstraktes bei Säuglingen und Kleinkindern, mit einem
Erkrankungsgipfel zwischen dem 2. und 6. Lebensmonat für Bronchiolitiden sowie dem 2. -3.
Lebensjahr für RSV-Pneumonien und den Monaten November bis April. In den ersten
Lebenswochen können, besonders bei Frühgeborenen, nur minimale respiratorische Symptome
vorhanden sein. Das klinische Krankheitsbild mit möglichen lebensbedrohlichen Verläufen,
die Rolle des Immunsystems in der Entwicklung schwerer pulmonaler Erkrankungen sowie die
Möglichkeit der Reinfektion unterscheiden RS-Viren von anderen Infektionserregern. Durch
Fortschritte in der Schnelldiagnostik sind zumindest epidemiologische Informationen rasch
verfügbar geworden. |
Epidemiologie Enge Wohn- und Lebensverhältnisse begünstigen das Auftreten von
RSV-Infektionen. Zahlen zur Prävalenz beziehen sich meist auf Hospitalisierungen. Diese
betreffen vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder aus schlechten sozioökonomischen
Bedingungen. So werden etwa 25 von 1.000 Säuglingen zwischen 1 und 3 Monaten wegen
RSV-Infektionen hospitalisiert, pro Jahr kommt es durch RSV-Infektionen in den USA zu
4.500 Todesfällen bei Kindern und Jugendlichen. Trotz hoher Durchseuchung kommt es bei
Reexposition in bis zu 75% zur Reinfektion, wenn auch Zweit- und Folgeinfektionen klinisch
leichter verlaufen. Der Nachweis von RSV-Antikörpern stellt somit keinen ausreichenden
Schutz dar.
Die Übertragung erfolgt bei einer Inkubationszeit von rund einer
Woche durch infizierte nasopharyngeale Sekrete (Schmierinfektion) oder durch
Tröpfcheninfektionen. Körperliche Nähe fördert die Infektionsübertragung ganz
entschieden. Trotz großer viraler Labilität kann RSV auf Händen und Gegenständen seine
Infektiosität durch mehrere Stunden behalten.
Ob die bei RSV-Bronchiolitis noch nach Jahren nachweisbaren
statistisch signifikanten Lungenfunktionsveränderungen auch bei RSV-Pneumonien eintreten,
ist offen. Unklar bleibt auch, warum nur ein Teil der RSV-Infizierten schwere
Erkrankungsabläufe zeigen. Es wird diskutiert, daß Säuglinge mit angeborenen engen
Atemwegen eine besondere Disposition zu Erkrankungen der unteren Atemwege für
Bronchiolitis aufweisen. Asthmaexacerbationen durch RSV-Infektionen sind möglich. Es ist
wahrscheinlich, daß zwischen RSV-Infektionen (besonders der RSV-Bronchiolitis) und
kindlichem Asthma ätiologische und pathologische Beziehungen bestehen, da RSV eine
Aktivierung der Th2-Zellen induziert, welche, ähnlich wie die Bildung von IgE, zur
Ausbildung von virusspezifischem IgA führt.
RSV-bedingte Pneumonien und Bronchiolitiden kommen oft gemeinsam vor
und sind klinisch schlecht differenzierbar. Bei zugrundeliegender bronchopulmonaler
Dysplasie oder bei kongenitalen zyanotischen Vitien sowie bei Immunmangelzuständen oder
Immunsuppression besteht eine besondere Gefahrdung. Charakteristisch sind Tachypnoe und
-kardie, ausgeprägte Hypoxämien, Nasenflügel, Einziehungen. Schwere Verlaufsformen
können eine muskuläre Erschöpfung nach sich ziehen. Innerhalb der ersten Lebenswochen
können ganz unspezifische Hinweise wie Lethargie, Fütterungsschwierigkeiten und
Irritabilität vorliegen. Apnoische Episoden sind ein wichtiger Hinweis auf
RSV-Infektionen der frühen Säuglingszeit. Die Auskultation zeigt Giemen und diffuse
Rasselgeräusche. Auch Infektionen mit Bakterien, Mykoplasmen und anderen Viren können
ähnlich klingen. Radiologisch bestehen diffuse Infiltrate, Überblähungen sind sehr
häufig, auch Atelektasen im rechten Mittellappen oder Oberlappen sind nicht selten.
Ältere Kinder und Jugendliche zeigen meist Infektionen der oberen Atemwege, die relativ
blande verlaufen. |
Diagnose Der Virusnachweis erfolgt durch Isolation, Identifizierung viraler Antigene
und serologische Methoden. In der Kultur bilden sich die namensgebenden Synytien aus. Zum
ganz überwiegenden Teil wird die Diagnose heute durch Virus-Antigennachweis im Naso
pharyngealsekret gestellt (Tab. 5). Indirekte Immunfluoreszenz, ELISA oder
Enzym-Immunoassay-Schnelltests weisen hohe Spezifität und Sensitivität (90-100%) auf.
Serologische Methoden wie die Komplementbindung kommen nur mehr selten zum Einsatz. |
Therapie 1) Symptomatische Therapie: Hospitalisierte Kinder sollten in größerer
Distanz zueinander oder am besten getrennt behandelt werden, bei schweren Verläufen ist
Isolierpflege im Inkubator mit Sauerstoffzufuhr nötig. Optimale Handhygiene und
Schürzenpflege sind besonders wichtig. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
(Hyperventilation!), körperliche Schonung und transcutanes Monitoring von
Sauerstoffsättigung und Pulsfrequenz sind die prinzipiellen Maßnahmen. Der Einsatz von
inhalativen Bronchodilatatoren und inhalierten oder systemischen Steroiden erbrachte
ebenso wie bei der RSV-Bronchiolitis keine überzeugenden Ergebnisse. Schwerste
RSV-Infektionen benötigen eine Respiratortherapie, in Ausnahmefällen kann sogar eine
extracorporeale Membranoxygenierung erforderlich werden. Seitdem intensivmedizinische
Therapiemöglichkeiten für schwere RSV-Infektionen zur Verfügung stehen, konnte die
Letalität bei hospitalisierten Kindern von rund 5% auf etwa 1 % gesenkt werden.
2) Ribavirin: Nach ursprünglichen enthusiastischen Berichten sind an der
Ribavirin-Therapie deutliche Zweifel aufgekommen: Hohe Kosten, Anwendungsart,
widersprüchliche Untersuchungsergebnisse und potentielle Toxizität des freigesetzten
Aerosols haben heute zu Einschränkungen in der Indikation geführt.
3) In den USA ist bei Kindern unter 24 Monaten mit bronchopulmonaler Dysplasie oder
Frühgeburtlichkeit in der Vorgeschichte zur Verhütung von RSV-Erkrankungen eine
Immunprophylaxe mit RSV-Immunglobulin intravenös (RSV-IVIG) zugelassen geworden.
4) Risikokinder können seit kurzem auch mit Palivizumab in der RS-Risikozeit einmal
monatlich prophylaktisch therapiert werden. Diese Therapie scheint trotz hoher Kosten die
sicherste und effektivste zu sein. |
Adenovirus-Pneumonien Bis zum Alter von 2 Jahren haben viele Kinder bereits eine klinisch
inapparente Adenovirus-lnfektion durchgemacht. Die Übertragung erfolgt durch
Tröpfcheninfektion oder durch Stuhl oder Urin. Adenoviren lösen vor allem
respiratorische und gastrointestinale Erkrankungen aus. Die Adenovirustypen 1, 2 und 5
kommen bei Kleinkindern am häufigsten als Auslöser von Erkältungserkrankungen und
Pharyngitiden vor. Vor allem die Typen 1, 3,4, 7, 11 und 21 lösen bei Jugendlichen und
jungen Erwachsenen akute respiratorische Infektionen einschließlich Pneumonien aus. Für
letztere sind nekrotisierende Entzündungen im Bronchial- und besonders Bronchiolarbereich
charakteristisch, zusätzlich auch eine Alveolitis. Das Lungenparenchym hingegen erscheint
weniger häufig betroffen. Dies dürfte dem primär inhalativen Infektionsweg entsprechen.
Nach abgelaufenen Infektionen zeigen die regenerierten Epithelzellen einen bleibenden
Zilienverlust und im Falle von Nekrosen teilweise narbige Umwandlungen. Nicht so seltene
Bronchiektasien und obliterierende Bronchiolitiden nach schweren Adenovirusinfektionen
machen die Prognose gerade dieser Virusinfektion unsicher. Deutlich mehr als die Hälfte
aller Adenoviruspneumonien bei Kindern hinterlassen klinische, funktionelle oder
radiologische Folgezustände. Die Adenovirustypen 7 und 21 können sowohl zur
Bronchiolitis obliterans als auch zu tödlich verlaufenden fulminanten Pneumonien führen.
Adenoviruspneumonien können auch nach Immunsuppression durch Masern auftreten, die zu
follikulären Bronchiektasien führen.
Klinisch können Adenoviruspneumonien durch rasch ansteigendes hohes
Fieber und entsprechende Laborhinweise an bakterielle Infektionen erinnern: So kommen
Leukozytose, deutlich erhöhte Senkungsreaktionen und erhöhte C-reaktive Proteinwerte
vor. Die physikalische Untersuchung ergibt trockene und feuchte Rasselgeräusche, das
Thoraxröntgen unspezifische fleckige interstitielle Infiltrationen, vorwiegend in den
unteren Lungenanteilen, sowie Zeichen der Überblähung.
Das Syndrom der einseitigen hyperluzenten Lunge (gelegentlich auch
beidseitig) ist als Folge nekrotisierender Entzündungsprozesse bei Adenoviruspneumonien
interpretiert geworden. Dieses auch als Swyer-James-Syndrom oder MacLeod-Syndrom
bezeichnete Bild ist meist ein Zufallsbefund nach stattgehabten Adenovirusinfektionen,
kommt aber auch nach Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae, Tuberkulose und
Fremdkörper-Aspirationen vor.
Der Virusantigennachweis im Nasensekret ist beweisend, serologische
Methoden verlangen deutliche Titeranstiege. Ein PCR-Nachweis befindet sich in
Ausarbeitung. Histologische Hinweise auf Adenovirusinfektionen ergeben sich durch
intranukleäre Einschlüsse, die auch an Herpes erinnern können.
Es gibt keine spezifische Therapie für Adenoviruspneumonien, auch
eine Vaccine ist noch nicht in Sicht. |
Behandlung
viraler Pneumonien Virale Pneumonien werden
primär symptomatisch behandelt: Ausreichende Hydratation, Antipyrese, wenn nötig
Sauerstoff, parenterale Ernährung sowie gelegentlicher Einsatz von Bronchodilatatoren bei
giemenden Kindern (keine gesicherte Therapiemaßnahme!). Pflege und Überwachung sowie
transcutanes Sauerstoff-Monitoring besonders im ersten Lebensjahr zur Sicherstellung einer
adäquaten Sauerstoffzufuhr und Entlastung der Atemarbeit stellen die vordringlichsten
Maßnahmen dar. Details siehe auch im Abschnitt über RSV-Pneumonien. Tabelle 8 gibt einen
Überblick über derzeit zur Verfügung stehende spezifische antivirale Therapeutika.
Tabelle 8: Spezifische Therapeutika
bei virusbedingten Infektionen des unteren Respirationstrakts |
|
Substanz |
pulmonale Indikationen |
Wirkungsweise |
Nebenwirkungen |
|
Ganciclovir
5 mg/kg alle 12 Stunden
(Induktion); 5 mg/kg/d
(Erhaltung) |
Immunkompromittierte
Personen mit
CMV-Pneumonien
|
Prodrug mit kompetitiver
Hemmung der viralen
DNS-Polymerase
|
Knochenmarkssuppression
Neutropenie und
Thrombopenien
|
|
|
|
|
Aciclovir
5-10 mg/kg/d i.v. oder p.o.
|
Immunsuppression: HSV- und
VZV-Infektion
ohne Immunsuppression:
neonatale HSV-Infektion |
Hemmung der HS DNS-
Polymerase
|
Phlebitis, Nierenschädigung
Nephro- und Neurotoxizität
|
|
|
|
|
Amantadine
200 mg/Tag (ab 10. Lebensjahr)
4-9 mg/kg/d (1.-9. Lebensjahr,
max. 150 mg/Tag) |
Prophylaxe und Therapie von
Influenza-A-Infektionen
einschließlich Pneumonien
|
hemmt intra-zelluläre
Freisetzung viraler RNS
|
Verwirrtheit, Schlafstörungen
Mundtrockenheit, Harnverhaltung
|
|
|
|
|
Rimantadine wie Amantadine |
Influenza A |
Amantadine-Analog |
praktisch keine |
|
|
|
|
Ribavirin
nur als Aerosol zugelassen
(> 18 Stunden/d, 20 mg/ml) |
RSV-Infektion
(Influenza A- und B-Infektionen??) |
hemmt virale RNS-
Polymerase
|
Aerosol: Ausschläge, Giemen,
Konjunktivitis
|
|
Die genaue Überprüfung von Dosierungen,
Anwendungsweise, Indikationen und Nebenwirkungen ist erforderlich! |
Neuraminidase-Hemmer wie Zanamivir (Relenza®) sind hinsichtlich
ihrer Wirksamkeit bei Influenza-Pneumonien noch wenig definiert.
Die Frage der Verwendung eines Antibiotikums wird dadurch erschwert,
daß ausschließlich virale Ursachen nur selten als gesichert angesehen werden können.
Folgende Empfehlungen mögen für die Entscheidung hilfreich sein:
1. Bei mildem Krankheitsverlauf ohne Otitis, jedoch radiologischen
Zeichen der Überblähung und Giemen kann die virale Genese als so wahrscheinlich
angenommen werde, daß mit einem Antibiotikum zugewartet werden kann.
2. Bei ähnlicher Klinik, jedoch mit diffusen oder lokalisierten Infiltraten ohne Erguß
sollte Amoxicillin (oder Amoxicillin/Clavulansäure) verwendet werden.
3. Bei klinischem Kranksein und radiologischen Infiltraten, mit oder ohne Erguß, muß an
die Mitbeteiligung von bakteriellen Erregern gedacht und ein Antibiotikum eingesetzt
werden. Ab dem 5. Lebensjahr wird eine Infektion mit M. pneumoniae deutlich
häufiger, sodaß Makrolide als Therapeutika der ersten Wahl erwägenswert sind. |
Atypische
Pneumonien Der Begriff der "primär
atypischen Pneumonien" entstand in den Jahren nach 1940 und bezeichnete eine Gruppe
von Erkrankungen, bei denen einerseits die Erreger nicht identifiziert werden konnten und
andererseits primär nicht-bakterielle Pneumonien vorlagen, die auf die antimikrobielle
Therapie dieser Zeit nicht ansprachen. Im gängigen Sprachgebrauch umfaßt der Begriff der
atypischen Pneumonien auch heute noch eine Reihe von Erkrankungen, die bei eher
spärlichem Auskultationsbefund eine mehr oder minder ausgeprägte pneumonische
Infiltration im Röntgen nachweisen lassen.
Unter den atypischen Pneumonien sind Erkrankungen durch Chlamydien,
Mykoplasmen (und Ureaplasma urealyticum), Legionellen sowie Protozoen wie Pneumocystis
carinii zusammengefaßt.
Tabelle 6 gibt einen Überblick über die diagnostischen Schritte
zur ätiologischen Klärung, Tabelle 9 stellt die aktuelle Therapie atypischer Pneumonien
bei Kindern und Jugendlichen dar (siehe auch bei den einzelnen Krankheitserregern).
Tabelle 9: Therapie häufiger
atypischer Pneumonien |
|
Erreger |
Therapie der 1. Wahl |
Therapiealternativen |
Mykoplasmen
|
Erythromycin 30 mg/kg/Tag
10-14 Tage
Clarithromycin 30 mg/kg/Tag
7 Tage
Azithromycin 30 mg/kg/Tag
5- 7 Tage
andere Makrolide wie Josamycin |
Doxycyclin 2 mg/kg/Tag
(ab dem 9. Lebensjahr)
10-14 Tage
|
Chlamydien
|
Erythromycin bis 50 mg/kg/Tag
10-14 Tage
Clarithromycin wie oben
Azithromycin wie oben |
Doxycyclin wie oben
|
Legionellen
|
Clarithromycin wie oben
Azithromycin wie oben
Erythromycin 50 mg/kg/Tag
14-21 Tage
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Rifampicin 20 mg/kg/Tag plus Erythromycin
Ofloxacin (2 x 0,2 g/Tag)
Ciprofloxacin 30 mg/kg/Tag
(Fluorochinolone bei Kindern noch nicht zugelassen) TMP/SMX |
Pneumocystis carinii
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TMP/SMX 20 mgTMP/kg/Tag durch
2 Wochen (Prophylaxe: 5 mgTMP/kg
3-7mal/Woche) |
Pentamidin-Isethionat 4 mg/kg/Tag i.v.
durch 14 Tage
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Dosierungen, Therapiedauer,
Anwendungsmodus und Nebenwirkungen müssen vor Gebrauch genau überprüft werden |
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Chlamydien-Pneumonie Das Genus Chlamydia umfaßt C. trachomatis (Erreger des Trachoms,
der neonatalen Ophthalmie, neonataler Pneumonien sowie des Lymphogranuloma venereum), C.
psittaci (Erreger der Ornithose oder Papageienkrankheit) sowie C. pneumoniae.
Chlamydien sind obligat intrazelluläre gramnegative Bakterien, die einen besonderen
Lebenszyklus aufweisen. Das extrazelluläre infektiöse Elementarkörperchen ist
metabolisch nicht aktiv, die intrazelluläre Form ist größer und als Initialkörperchen
(oder Retikulärkörper) nicht infektiös, aber metabolisch aktiv und teilt sich. Nach
Teilung werden die Initialkörperchen von einer Glykogenschicht umschlossen und als
Einschlußkörperchen bezeichnet. Initialkörperchen sind intrazellulär nicht stabil.
Gegen Ende des Lebenszyklus wandeln sie sich in Elementarkörper, die mit der Zell-Lyse
freigesetzt werden. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von Stoffwechsel und Atmung der
Wirtszellen (es wird kein eigenes ATP gebildet) werden sie auch als Energieparasiten
bezeichnet. Ein Vermehrungszyklus dauert rund 72 Stunden. Der Mensch ist für Chlamydien
offenbar das einzige Reservoir. Nach C. pneumoniae-lnfektion kommt es nicht zur
Ausbildung einer Immunität, und wiederholte Infektionen sind möglich.
Die zur Infektion führenden pathogenetischen Mechanismen sind
unklar. Der Eintritt in die Zellen erfolgt in einem phagozytoseähnlichen Schritt. Das
Krankheitsspektrum reicht von milden respiratorischen Zeichen bis zu schwerst verlaufenden
Pneumonien.
Pneumonien durch C. trachomatis treten im Alter zwischen 3
Wochen und 4 Monaten häufiger auf als zu irgendeinem anderen Lebensabschnitt; für C.
pneumoniae liegen die Erkrankungsmaxima zwischen 5 und 15 Jahren. Eine Rolle des
Geburtskanales als Infektionsauslöser ist sehr wahrscheinlich.
Meist findet sich bei den Säuglingspneumonien eine vorhergehende
Rhinitis oder Otitis, seltener auch eine Konjunktivitis, die typischerweise nach dem 4.
postpartalen Tag auftritt. Die afebrilen Kinder sind auffällig tachypnoisch, teils
apnoisch und husten staccatoartig, Giemen fehlt, die Auskultation zeigt Rasselgeräusche.
Eine respiratorische Unterstützung für Säuglinge und Kleinkinder kann erforderlich
werden, besonders bei den seltenen sehr schwer verlaufenden Formen. Radiologisch sind in
allen Altersabschnitten Zeichen der Überblähung recht charakteristisch, die
Mykoplasmeninfektionen ähneln. Zusätzlich finden sich diffuse Infiltrate verschiedener
Ausprägung. Junge Erwachsene zeigen Infektionen mit C. pneumoniae (auch als TWAR
Stamm bezeichnet) in Form milder Pneumonien, die an Mykoplasmeninfektionen erinnern. C.
pneumoniae-lnfektionen können als entzündlicher Trigger für Asthma oder
obstruktive Atemwegserkrankungen fungieren. Als intrazelluläre Erreger können Chlamydien
möglicherweise sowohl entzündungsvermittelnde Reaktionen der Th1-Zellen (Produktion von
Interferon-a) als auch eine Th2-Antwort mit IgE-Produktion und Mastzellaktivierung
stimulieren.
Bei Pneumonien kann der Keim aus Nasopharyngealsekret, Sputum oder
Tracheobronchialaspirat gewonnen werden. C. pneumoniae und trachomatis
können durch PCR oder Zellkultur nachgewiesen werden (Tab. 6). |
Behandlung
Chlamydien-Pneumonien sollten 2 bis 3 Wochen mit
Erythromycin 50 mg/kg oder anderen Makroliden behandelt werden. Nach Dentitionsende
(7.-10. Lebensjahr) stellen Tetracycline eine Alternative dar, da dann Schmelzdefekte
nicht mehr auftreten können.
Perinatale Chlamydien-Infektionen können durch Screening
schwangerer Frauen mit entsprechender Behandlung vermieden werden. |
Epidemiologie M. pneumoniae kommt endemisch, gelegentlich epidemisch, in allen
Altersklassen mit Betonung der Vorschul- und besonders Schulzeit vor. Nur 3 bis 10% der
infizierten Personen entwickeln tatsächlich eine Pneumonie, die meisten Infektionen
laufen hingegen als mehr oder minder milde Infektionen der oberen Atemwege oder als
Tracheobronchitiden ab. Der Anteil der Mykoplasmeninfektionen an Pneumonien generell
beträgt etwa 15%, bei Kindern und Jugendlichen aber zwischen 30 und 60%. Die Verbreitung
durch Tröpfcheninfektion erfolgt langsam in Gruppen, die Inkubationszeit beträgt etwa
drei Wochen. Mykoplasmeninfektionen kommen bevorzugt in der kalten Jahreszeit vor.
Mykoplasmenpneumonien beginnen bei 50% der Betroffenen
typischerweise langsam mit Fieber bis 40 Grad, unproduktivem Husten, Kopfschmerz,
abdominellen Schmerzen, Kältegefühl und Abgeschlagenheit. Passagere Gelenksschmerzen und
Hautausschläge unterstützen den klinischen Verdacht. Das bei viralen Infektionen nicht
seltene Giemen wird auch bei Mykoplasmenpneumonien gefunden. Erhöhte Blutsenkungswerte
bei normalem Blutbild und uncharakteristischem Verlauf des C-reaktiven Proteins können
auf eine Mykoplasmen-Ätiologie hinweisen.
Es wird nur wenig mucoides Sekret produziert. Im Vergleich zu
bakteriellen Pneumonien ist der Auskultationsbefund trotz des subjektiven
Krankheitsgefühls spärlich. Rasselgeräusch stellt sich erst nach Tagen bei mehr als 70%
der Kinder und Jugendlichen ein, weitere häufige Symptome sind Heiserkeit, Halsschmerz,
Muskel- und Thoraxschmerzen. Auch ohne Behandlung kommt es nach 14 Tagen zum Abklingen,
einzelne Personen können bis zu 6 Wochen krank sein. Der Husten kann sehr protrahiert
sein, und die charakteristischen interstitiellen oder retikulonodulären Infiltrationen im
Thoraxröntgen können mehrere Monate bestehen bleiben. Lobär wirkende Infiltrationen
kommen vor.
Die rechte Lunge und die basalen Abschnitte werden bevorzugt
betroffen, bei einem Viertel sind beide Lungen involviert. Hilusbetonte beidseitige
Infiltrationen werden als "schmetterlingsförmig" beschrieben. Geringe
Pleuraergüsse sind bei einem Viertel nachzuweisen. Selten kommen auch schwerste Verläufe
mit Progression zum adulten Respiratory Distress Syndrom und letalem Ausgang vor. Personen
mit Sichelzellanämie können sehr schwere Verläufe entwickeln, bei Immundefizienzen
kommen milde Verlaufsformen vor. Folgezustände nach Mykoplasmeninfektionen kommen
praktisch nicht vor. Ähnliche Verläufe könnenbei viralen Pneumonien (Influenza),
Psittacose sowie Legionellen auftreten. Lobäre radiologische Veränderungen können auch
für bakterielle Ursachen sprechen. Auch tuberkulöse Veränderungen sehen manchmal wie
Mykoplasmen aus und umgekehrt.
Extrapulmonale Komplikationen betreffen das ZNS
(Meningoencephalitis, zerebellare Ataxie, Guillain-Barre-Syndrom und zentrale und
periphere Neuropathien), Pericarditis, Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema nodosum und
hämolytische Anämien durch Kälteagglutinine. |
Diagnostik Der Antikörpernachweis gegen M. pneumoniae beruht auf
Komplementfixation, Hämagglutination, Enzym-Immunoassay (ELISA). Ein vierfacher
Titeranstieg nach 2 -3 Wochen wird mit Infektion gleichgesetzt. Eine PCR steht zur
Verfügung. |
Behandlung Neben der symptomatischen Behandlung stellen neuentwickelte
Makrolidantibiotika wie Clarithromycin oder Azithromycin die Therapie der Wahl dar. Nach
Abschluß des Zahnwachstums können Tetracycline verwendet werden (2 mg Doxycyclin/kg/Tag
als Einmaldosis), in vitra liegt eine klare Überlegenheit der Makrolide vor. Sowohl
Makrolide als auch Tetracycline zeigen keinen dramatischen Einfluß auf den
Krankheitsverlauf. Die überwiegende Mehrzahl der Erkrankungen heilt spontan nach einer
nicht näher definierbaren Zeit ab. |
Legionellen-Pneumonien Legianella pneumaphila ist ein saprophytischer Keim des Wassers, der
mit rund 20 anderen Species für Krankheiten beim Menschen verantwortlich ist. Legionella,
1976 erstmals im Rahmen einer Pneumonie bei der Versammlung der Amerikanischen Legion
nachgewiesen, ist ein langsam wachsender aerober gram-negativer kokkobazillärer Keim, der
in infiziertem Gewebe oder Flüssigkeiten nachgewiesen werden kann (Silberfärbung). Durch
eine einzelne polare Geißel wird die Pathogenität im Wasser gefördert.
Trotz des überwiegenden Vorkommens in Wasser dürfte die primäre
Erregerquelle Erde sein. L. pneumaphila ist resistent gegen Temperaturen zwischen
0° und 63°C, gedeiht am besten bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad und kommt vor
allem in Kühl- und Klimaanlagen, Whirlpools, Trinkwasserleitungen und Warmwassersystemen
vor. Hotels und Spitäler stellen die Hauptvorkommensorte für sporadisches oder
kleinepidemisches Vorkommen dar. Die Übertragung erfolgt durch kontaminiertes Wasser,
auch in Aerosolform. Keime wie Pseudomonas, Alcaligenes, Acinetobacter u.a. fördern das
Wachstum von Legionella. Mittels PCR kann Legionella in Wassersystemen rasch nachgewiesen
werden. In Zentraleuropa sind Legionellen-Pneumonien bei Kindern außerordentlich selten.
Die Legionärs-Erkrankung beginnt nach einer Inkubation von 2 -10
Tagen mit Abgeschlagenheit und Fieber sowie Schüttelfrost und zunächst unproduktivem
Husten als Ausdruck einer fibrinopurulenten Pneumonie. Rund 25% der Betroffenen zeigen
gastrointestinale (Durchfall, Schmerzen) Symptome, eine extrapulmonale hämatogene Aussaat
kommt vor (Niere, Leber, Myokard, Hirn etc. mit entsprechenden klinischen Symptomen).
Extrapulmonale Infektionen werden als Pontiac-Fieber bezeichnet. Kinder sind selten
betroffen, der bis dato jüngste Patient dürfte 3 Jahre alt sein. Immunkompromittierte
Kinder (Neutropenie, AIDS) zeigen kein gehäuftes Vorkommen von Legionellen. Für
7-18jährige Probanden kann eine Seropositivität zwischen 28 und 35% gefunden werden, die
mit zunehmendem Alter steigt. Eine klinische Differenzierung von anderen Pneumonien ist
nicht möglich.
Kultur und Nachweis sind schwierig. Der Nachweis erfolgt über
spezifische Antikörperreaktionen mittels immunologischer Methoden wie direkte oder
indirekte Immunfluoreszenz (Tab. 6). Durch monoklonale Antikörper können Subtypen von L.
pneumophila nachgewiesen werden. Einzelne Stellen können L. pneumophila-Antigen
im Harn nachweisen. Eine PCR ist verfügbar. |
Behandlung Legionella ist gegenüber ß-Lactam-Antibiotika resistent. Die Therapie der
Wahl sind Makrolide i. v., sodann oral, da sie intrazellulär aufgenommen werden (Tab. 9).
Alternativen sind Tetracycline, Trimethoprim / Sulfonamide, Rifampicin in Kombination mit
Erythromycin!, 5-Fluorochinolone.
Die Überwachung von Trinkwasserversorgungen besonders in Spitälern
ist angezeigt. Temperaturerhöhungen des Wassers und Chlorzusatz haben sich als wirksam
erwiesen. |
Literatur beim Verfasser. |
Anschrift des Verfassers:
Prim. Univ.-Prof. Dr. M. Götz
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde mit Infektionskrankheiten, Wilhelminenspital
A-1171 Wien, Montleartstraße 37 |
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