Infektionen des
oberen Respirationstraktes am Beispiel von Sinusitis, Otitis media,
Tonsillitis |
J.P. Guggenbichler
Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Friedrich
Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
(Vorstand: Univ.-Prof. Dr. W. Rascher)
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Bei Kindern
sind in den ersten 5 Lebensjahren 6 bis 8 Infektionen der oberen
Luftwege im Jahr nichts Ungewöhnliches, wobei die Majorität
dieser Infektionen viraler Genese ist. Im Sommer gilt das für
95%, im Winter für über 80% der Infekte. Immerhin bei
20-35% der primär viralen Infektionen kommt es in der Folge
zu einer Reihe von Störungen der funktionellen unspezifischen
Abwehr, die den Weg für bakterielle Superinfektionen bereiten.
Die bakterielle Superinfektion kann innerhalb weniger Stunden, aber
auch erst Tage nach der Primärinfektion manifest werden.
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Die
bakterielle Superinfektion
Der obere Respirationstrakt
ist durch eine Zahl von Mechanismen vor bakteriellen Infektionen
geschützt. Virale Infektionen setzen diese Schutzmechanismen
auf verschiedenen Wegen außer Kraft und ermöglichen dadurch
das Angehen von bakteriellen Superinfektionen. Der erste dieser
protektiven Mechanismen, der durch eine virale Infektion außer
Kraft gesetzt wird, ist die Zilientätigkeit. Die virale Infektion
führt innerhalb kurzer Zeit zu einem völligen Derangement
des palisadenförmigen Respirationsepithels, in dem histologisch
große Lücken nachweisbar werden. Bereits wenige Stunden
nach der viralen Infektion schlagen die Zilien nicht mehr zielgerichtet
öffnungswärts, sondern bewegen sich nur mehr hin und her
mit der Folge, dass der Schleim nicht mehr abtransportiert
werden kann. Im nächsten Schritt fallen die völlig gelähmten
Zilien aus, die mukoziliäre Clearance kommt gänzlich zum
Erliegen.
Ein weiterer
wichtiger Faktor der unspezifischen Abwehr, der durch die virale
Infektion ebenfalls negativ beeinflusst wird, ist der protektive
Schleim. Dieser kann seine schützende Funktion nur dann ausüben,
wenn sowohl Zusammensetzung als auch Viskosität stimmen (Abb.
1). Ist der Schleim in der Anfangsphase der viralen Infektion zu
flüssig, dann hält sich die Gelschicht, welche die Bakterien
und Viren umhüllt, nicht länger an der Oberfläche,
sondern sinkt der Schwerkraft folgend nach unten in Richtung der
tiefen Luftwege. Wird der Schleim in der weiteren Folge zu dickflüssig,
hemmt dies die Zilientätigkeit, da die Zilien in der zähen
Masse stecken bleiben. Wenn
Schleimschicht und Zilien ihre Funktion nicht mehr ausüben
können, ist den pathogenen Keimen Tür und Tor geöffnet.
Pneumokokken z. B. besiedeln in der Folge nicht nur die Oberfläche,
sondern können bereits innerhalb von einer halben Stunde in
die Tiefe eindringen.
Abbildung
1: Aufbau der regulären Schleimschicht mit Sol- und
Gelphase
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Akute
Sinusitis
Physiologischerweise
ist jede zweite Epithelzelle der Nasenschleimhaut mit einem Keim
besiedelt. Im Rahmen einer Virusinfektion steigt die Keimbesiedelung
drastisch an auf mehrere hundert Keime pro Epithelzelle (Abb.
2). Diese hohe Keimbelastung macht nun eine Besiedelung
der angrenzenden Strukturen wie Nasennebenhöhle, Paukenhöhle,
der unteren Luftwege, aber auch der Blutbahn möglich.
Abbildung
2: Vermehrte Besiedelung einer RS-Virus-infizierten Nasenschleimhautepithelzelle
durch bakterielle Erreger (H. influenzae)
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Ein weiterer
Faktor, der zu einer Progredienz des Geschehens beiträgt, ist
die infektionsbedingte reaktive Schleimhautschwellung, die zu Abflussbehinderungen
führen kann. Da ein Virus die von ihm besiedelte Epithelzelle
nicht sofort abtötet was seinen eigenen Untergang bedeuten
würde bleiben Viren in der Zelle über mehrere Tage
lebensfähig. Als Reaktion darauf produziert der Körper
proinflammatorische Zytokine, wie z.B. Leukotriene. Diese gefäßaktiven
Substanzen führen zu einer Vasodilatation der zuführenden
Arteriolen, zu einer Vasokonstriktion der abführenden Venolen
und damit zur Ausbildung eines submukösen Ödems mit dem
klinischen Bild der zugeschwollenen Nase.
Diese submuköse
Schwellung verursacht in angrenzenden Strukturen funktionelle Störungen.
So kann der Schleim aus der Kieferhöhle durch das zilientragende
Respirationsepithel nicht mehr in die mittlere Nasenmuschel transportiert
werden, da der Abflussweg durch die Mukosaschwellung blockiert ist.
Dazu reicht bei kleinen Kindern eine beidseitige Schwellung der
Schleimhaut von nur 1 mm aus. Im Rahmen der Virusinfektion fällt
dann, wie bereits beschrieben, die Zilientätigkeit aus, der
Schleim dickt ein, der Weg für die bakterielle Superinfektion
ist geebnet.
Als schwerwiegende
Folge der Abflussbehinderung im Kieferbereich kann sich eine Orbitalphlegmone
entwickeln. Dieses potenziell lebensbedrohliche septische Krankheitsbild
ist gekennzeichnet durch entzündliche Schwellung der Lider
und der Bindehaut, Rötung und Bewegungseinschränkung des
Bulbus, hohes Fieber und einseitigen, pochenden Kopfschmerz. Durch
ihr typisches klinisches Bild bereitet die Orbitalphlegmone diagnostisch
kein Problem. Zu bedenken ist, dass bereits Säuglinge Sinusitiden
entwickeln können der jüngste Patient an unserer
Klinik war erst 6 Monate alt.
Erreger
Die am häufigsten zu isolierenden Erreger einer akuten Sinusitis
sind Pneumokkoken. Weiters finden sich Haemophilus influenzae
und Moraxella catarrhalis, seltener Streptokokken der
Gruppe A, Staphylokokken und Anaerobier. In vielen Fällen liegt
eine aerob/anaerobe Mischbesiedelung vor. Prinzipiell gehören
alle isolierten Keime mit Ausnahme der Streptokokken der Gruppe
A zur physiologischen Flora des Nasen-Rachenraumes. Im Rahmen der
funktionellen Störung bedingt durch die virale Infektion dringen
diese Keime als Monoflora in die angrenzenden tiefen Strukturen
ein. Andere Keime wie multiresistente Pseudomonaden finden sich
nur im Rahmen einer nicht ausreichenden und daher erfolglosen antibiotischen
Vortherapie.
Antibiotikaauswahl
Kriterien für die Auswahl des geeigneten Antibiotikums sind
neben der antimikrobiellen Wirksamkeit unter Berücksichtigung
des Erregerspektrums und der zu erwartenden Resistenzlage auch Pharmakokinetik
und Pharmakodynamik des Antibiotikums. Nur ein Antibiotikum, das
den Zielort in ausreichender Konzentration erreicht, kann dort seine
Wirkung entfalten. Kriterien sind Gewebepenetration, Eiweißbindung,
Beeinflussen der körpereigenen Flora und Modifikation der körpereigenen
Abwehr. Neben allgemein gültigen Voraussetzungen muss ein in
der Pädiatrie eingesetztes Antibiotikum aber noch ein weiteres
wichtiges Kriterium erfüllen: Es muss schmecken. Nur dann wird
es von den Kindern über den nötigen Zeitraum eingenommen.
Die Bedeutung
einer ausreichenden Dosierung eines Beta-Laktam-Antibiotikums über
einen genügend langen Zeitraum wird klar, wenn man sich den
Wirkmechanismus dieser Antibiotikagruppe vor Augen führt. Im
ersten Schritt verhindert jedes Beta-Laktam-Antibiotikum, dass sich
der Keim an der dafür vorgesehenen Stelle teilt der
Keim wächst daraufhin in die Länge. Im nächsten Schritt
entstehen durch Hemmung der Transpeptidase, welche die Zellwand
des Keims verschweißt, Schwachstellen in der Zellwand.
Wächst der Keim weiter in die Länge, platzt an dieser
Stelle zunächst die Zellwand, in der Folge die Zellmembran,
und der Zellinhalt läuft aus. Wird nicht ausreichend dosiert,
dann kann sich im Rahmen dieses Vorganges ein Teil des Keimes ablösen
und den Circulus vitiosus wieder in Gang setzen der Keim
entwickelt sich bei Gabe der nächsten Antibiotika-Dosis wieder
zum Filament. Dadurch kann es lange dauern, bis alle Keime endgültig
eliminiert sind.
Es ist daher
unbedingt nötig, mit dem eingesetzten Antibiotikum im Zielgewebe
die minimale Hemmkonzentration (MHK) über einen ausreichend
langen Zeitraum zu überschreiten. Gefordert ist, den MHK-Wert
am Infektionsort für mindestens 50%, besser 90% der Zeit bis
zur nächsten Dosis zu überschreiten. Aufgrund der besonders
günstigen Pharmakodynamik von Cefpodoxim proxetil (Biocef®)
ist es mit dieser Substanz möglich, bei Moraxella catarrhalis
die MHK für 90% der Zeit, für Haemophilus influenzae,
Streptococcus pyogenes und Pneumokokken für 100% der
Zeit zu überschreiten. Die günstige Pharmakodynamik von
Cefpodoxim proxetil erklärt, warum diese Substanz eine bessere
klinische Wirksamkeit hat als z.B. Amoxicillin + Clavulansäure.
Unterstützende
Therapie
Neben der antibiotischen Therapie sind unterstützende Maßnahmen
für einen optimalen Therapieerfolg unbedingt nötig. Dazu
gehört neben dem Einsatz von abschwellenden Nasentropfen und
von Antiphlogistika auch die Verbesserung der mukoziliären
Clearance durch Steigerung des Sekretflusses u.a. durch Erhöhung
der Zilienschlagfrequenz. Diese lässt sich z.B. durch ätherische
Öle wie Zineol, nicht aber Kampfer oder Menthol, auf das Dreifache
steigern. Zusätzlich kann mit ätherischen Ölen die
Produktion von Leukotrien B4, von Prostaglandin E und von Interleukin-1beta
gehemmt werden.
Was vielfach
unterschätzt wird, ist die Bedeutung der Bettruhe für
den Heilungsverlauf. Diese verkürzt die Krankheitsdauer deutlich.
Der unterstützende Effekt von Bakterienlysaten wird derzeit
intensiv beforscht.
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Chronische
Sinusitis
Diagnostisch
bereitet die chronische Sinusitis gerade bei Kindern oft ein Problem.
Wie auch für rezidivierende Harnwegsinfekte gilt, dass sich
die Klinik eines Rezidivs umso asymptomatischer präsentiert,
je kürzer der zeitliche Abstand zur akuten Erkrankung ist.
Neben Symptomen
wie migräneartigem Kopfschmerz, subfebriler Temperatur, Gedeihstörungen,
vermindertem Appetit, Konzentrationsstörungen können auch
Bauchschmerzen auf eine chronische Sinusitis hinweisen.
Bei monatelang
anhaltender chronischer Sinusitis ist auch mit Wachstumsstörungen
im Bereich des Mittelgesichtes zu rechnen. Daraus können sich
orthodontische Probleme entwickeln, die mit einer schlechten Belüftung
des Nasen-Rachenraumes einhergehen. Bei über Jahre rezidivierenden
chronischen Sinusitiden bringen kieferorthopädische Maßnahmen
gute Erfolge.
Ursachen
Ursachen der chronischen Sinusitis sind die chronische Rhinitis,
Allergien, aber auch Milieueinflüsse wie chronische Schadstoffbelastung,
hier besonders Mitrauchen. Mitrauchen führt zu
einer Blockierung der Zilientätigkeit und damit der mukoziliären
Clearance über einen Zeitraum von zwei Stunden. Kommt noch
eine niedrige Luftfeuchtigkeit im Schlafraum des Kindes hinzu, kann
die mukoziliäre Clearance über die gesamte Nacht ausfallen.
Therapie
Die Behandlung besteht in einer antibiotischen Therapie in Kombination
mit abschwellenden Nasentropfen und Antiphlogistika. Zusätzlich
sollte versucht werden, die Zilienschlagfrequenz zu steigern und
damit die mukoziliäre Clearance zu verbessern.
Oft bringt die Kürzung des Processus uncinatus um ihn
muss der Schleim herumgeflimmert werden mit dem Lasermesser
den entscheidenden Erfolg. Die Begradigung der Nasenscheidewand
ist bei chronischer Sinusitis kein kosmetischer Eingriff, sondern
eine funktionelle Korrektur. Die Kosten werden daher von der Krankenkasse
übernommen.
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Akute
Otitis media
Die Frage: Antibiotika
bei Otitis media? wird selbst in Fachkreisen diskutiert. Sie
ist aber aufgrund der Pathogenese der Erkrankung eindeutig mit Ja
zu beantworten. Die Begründung liegt darin, dass bei schmerzhaften
Zuständen im Bereich des Mittelohres ein Paukenhöhlenempyem
oft nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, daher ist bei
dieser Symptomatik eine antibiotische Therapie bei Kindern bis zu
3 Jahren zu empfehlen.
Schwillt im
Rahmen eines viralen Infekts die Wand der Eustachischen Tube an,
kommt es sehr rasch zu einem kompletten Verschluss des Lumens. Bereits
die Resorption der Luft in der Paukenhöhle ist ein schmerzhafter
Prozess, der aber oft durch die Gabe z.B. von abschwellenden Nasentropfen
innerhalb von 24 Stunden beherrschbar ist. Kommt es aber zur Infektion
des Sekretes in der Paukenhöhle, dann entwickelt sich ein Paukenhöhlenempyem,
das bei Kindern bis zum Alter von 3 Jahren unbedingt antibiotisch
behandelt werden muss. Bei älteren Kindern ist es vertretbar,
bis zu 24-36 Stunden zuzuwarten, allerdings sind regelmäßige
Kontrollen nötig.
Erregerspektrum
Das Erregerspektrum bei Otitis media deckt sich mit jenem der Sinusitis.
Zu finden sind die physiologischen Besiedler des Nasen-Rachenraumes,
die in die angrenzenden Strukturen vordringen.
Therapie
Eine vor 7 Jahren durchgeführte Studie mit Cefalexin (Ospexin®)
und Amoxicillin + Clavulansäure zeigte eine hervorragende Heilungsrate
bei akuter Otitis media von über 90%. In 25% der Fälle
kam es aber zu persistierenden rezidivierenden Paukenhöhlenkatarrhen,
die zu Rezidiven, Sprachproblemen und einer psychosozialen Entwicklungsstörung
führen können. Diese chronischen Otitiden sind somit das
eigentliche therapeutische Problem (siehe unten).
Die Therapie
der akuten Otitis media besteht in der Gabe von Amoxicillin + Clavulansäure
in der Dosierung von 60 mg/kg Körpergewicht in 2 oder 3 Dosen,
wobei sich am ersten Tag das Therapieregime Amoxicillin mit
Zweitschlag besonders bewährt hat:
- Gabe von
20 mg/kgKG Amoxicillin + Clavulansäure zur Stunde 0
- eine zusätzliche
Dosis nach 4 Std.
- dann 2 x
20 mg Amoxicillin + Clavulansäure auf den restlichen Tag
verteilt
Mit diesem Therapieregime
wird der MHK-Wert in der Paukenhöhle während der gesamten
ersten 24 Stunden zu über 90% überschritten. Gerade zu
Beginn der Therapie ist die ausreichende Dosierung von besonderer
Bedeutung.
Als Alternative
eignet sich Cefpodoxim proxetil. Unter Cefpodoxim proxetil traten
in 14% der Fälle rezidivierende Paukenhöhlenkatarrhe auf,
im Gegensatz zu 28% unter Amoxicillin + Clavulansäure. Das
dürfte auf die bessere Pharmakodynamik von Cefpodoxim proxetil
zurückzuführen sein.
Beim sog. Zweitschlag
lag die Rate an persistierenden Paukenhöhlenergüssen unter
Amoxicillin/Amoxicil-lin + Cavulansäure bei 8%.
Zweite Wahl bei Otitis media sind Makrolidantibiotika. Zusätzlich
werden immer abschwellende Nasentropfen und Antiphlogistika verordnet.
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Chronische
Otitis media
Ursache
Neben einer inadäquaten Erstbehandlung der akuten Otitis media
sind Adenoide und anatomische Abweichungen (z. B. nicht horizontal
ziehender M. tensor veli palatini), spezifische Immundefekte wie
ein angeborener Antikörpermangel Ursachen einer chronischen
Otitis media.
Eine weitere,
erst seit kurzem bekannte Ursache könnte eine fehlende Mukosaimmunität
sein. Seit ca. 2 Jahren weiß man, dass auch Epithelzellen
bakterizide Substanzen i.e. antimikrobielle Peptide produzieren
und damit Keime abtöten können. Pathogene Mikroorganismen
tragen an ihrer Oberfläche Zuckerstrukturen, die von Epithelzellen
erkannt werden. Docken diese Zuckermoleküle an der Oberfläche
der Epithelzellen an, so sezernieren diese Epithelzellen das humane
Defensin 1, ein Peptid mit 28 bis 41 Aminosäuren. Dieses arrangiert
sich ringförmig in der Zellmembran des Keims, der Zellinhalt
fließt durch die ringförmige Öffnung aus.
Einigen wenigen
Kindern fehlt dieser Abwehrmechanismus gänzlich, bei einer
größeren Zahl tritt dieser Mechanismus mit Verzögerung
und auch nicht bei allen pathogenen Keimen in Aktion. Es besteht
die Vermutung, dass genau diese Kinder an bakteriellen Superinfektionen
erkranken. Bekannt ist, dass dieser Mechanismus durch Bakterienlysate
stimuliert werden kann, wodurch diese in das therapeutische Regime
mit einbezogen werden können.
Therapie
Mittel der Wahl bei der Therapie der chronischen Otitis media sind
Amoxicillin + Clavulansäure, Cefpodoxim proxetil (Biocef®)
und abschwellende Nasentropfen. Bei über 8 Wochen persistierenden
Tuben-Paukenhöhlenkatarrhen, einer Schallleitungsstörung
und einem Adenoid ist die Paracentese indiziert. Paukenröhrchen
und Ambroxol bleiben Einzelfällen vorbehalten.
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Tonsillitis
Die Tonsillitis
kommt sowohl als selbständige Infektion wie auch als obligate
(Grippe, Masern) oder als fakultative Mitreaktion vor.
Klinisches
Bild
Klinische Symptome einer akuten Tonsillitis bestehen im Allgemeinen
in hohem Fieber, Halsschmerzen und Schluckschmerzen. Die Tonsillen
sind geschwollen, gerötet mit Stippchen (Angina follicularis,
Angina lacunaris). Die Kieferwinkellymphknoten sind druckschmerzhaft
und geschwollen.
Keime
Eine Reihe verschiedener bakterieller und viraler Mikroorganismen
kommen als Erreger einer Tonsillitis in Frage
- Streptokokken
der Gruppe A, B, C, G
- Corynebacterium
diphtheriae
- Neisseria
meningitidis
- Pneumokokken
oder H. influenzae als Monoflora
Bei Kindern
kaum, jedoch bei Jugendlichen und Erwachsenen kommen auch Corynebacterium
hämolyticum, Gonokokken, Treponemen, Chlamydien bzw. verschiedene
Mykoplasmaarten (hominis, genitalis) in Frage.
Therapie
Bei dringendem klinischen Verdacht auf eine Streptokokkenangina,
positivem Schnelltestergebnis oder Nachweis von Streptokokken der
Gruppe A, B, C, G, Corynebacterium diphtheriae, Fusospirillen
und Actinomyceten in der Rachenkultur bzw. Nachweis einer Monoflora
mit Pneumokokken oder H. influenzae ist eine antibiotische
Behandlung einzuleiten.
Folgekrankheiten
und Komplikationen können so wirkungsvoll verhindert werden,
die pädiatrische Literatur weist auch auf eine rasche klinische
Besserung unter effizienter antibiotischer Behandlung hin.
Das Mittel der
Wahl ist auch heute noch das Oralpenicillin. Eine gut wirksame Alternative
ist ein Cephalosporin z.B. Cefpodoxim, Cefadroxil.
Antimikrobielle
Wirksamkeit
Die antimikrobielle Wirksamkeit von Penicillin gegen Streptokokken
ist mit 0,015 µg/ml nach wie vor unübertroffen. MHK-Werte
liegen um das 5fache (Amoxicillin) bis 10fache (Cephalosporine der
I., II. und III. Generation, Erythromycin) höher.
Keine
Resistenzinduktion der körpereigenen Flora
Eine antibiotische Behandlung ist immer ein Kompromiss zwischen
dem erwarteten Therapieerfolg und den Gefahren von Nebenwirkungen.
Ein Antibiotikum wirkt nicht nur auf den Erreger, zu dessen Behandlung
es eingesetzt wird, sondern stellt einen Eingriff in die Ökologie
der körpereigenen Flora mit Selektionierung resistenter Keime
dar. Ein Antibiotikum hat eine umso größere Beeinflussung
der körpereigenen Flora zur Folge, je breiter das Wirkspektrum,
je größer die ß-Laktamasestabilität und je
höher die Wirkstoffkonzentrationen im Darm sind.
Kosten
Oralpenicilline gehören 50 Jahre nach deren Entdeckung zu den
billigsten Antibiotika am Markt. Bei Penicillinallergie ist die
Behandlung mit einem Makrolidantibiotikum indiziert.
Optimale
Vorgehensweise: Die Entscheidung zur Gabe eines Antibiotikums,
in erster Linie Penicillin, beruht auf dem Schnelltest und der Beachtung
der Klinik der Streptokokkenangina. Wenn Zweifel: Abstrich zur Kultur
und Beginn einer Behandlung mit Penicillin. Die Dosierung beträgt
100.000 iE, aufgeteilt auf 3 ev. 2 Dosen, Behandlungsdauer 10 Tage.
Gut geeignet sind, insbesondere bei rezidivierenden bakteriellen
Tonsillitiden, Cephalosporine. Bei Verabreichung von Makrolidantibiotika
ist gegenwärtig eine Resistenzprüfung nötig.
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Anschrift
des Referenten:
Univ.-Prof. Dr. J.P. Guggenbichler
Klinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg
D-91054 Erlangen, Loschgestraße 15
E-Mail: prof.guggenbichler@iname.com
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