Vorwort

Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind Infektionen weltweit die führende Ursache für Krankheit und Tod im Kindesalter. Wenn auch in den industrialisierten Ländern die Infektionen ihre Schrecken als tödliche Bedrohung für Kinder weitestgehend verloren haben, so bleiben sie doch in dieser Altersgruppe der häufigste Grund für Arztbesuche. Pädiater sind daher immer auch Infektionsspezialisten und damit wichtige Partner für uns Mikrobiologen. Wir haben gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen von der Kinder- und Jugendheilkunde am 22. Juni 2002 in Linz ein Symposium über Infektionen im Kindesalter abgehalten. Der Themenkreis dieser Veranstaltung hat einen weiten Bogen von den Krankheitserregern und deren Resistenzsituation über die Nebenwirkungsprofile von Antibiotika bis zu den Infektionen der einzelnen Organsysteme gespannt. In einer Podiumsdiskussion wurde weiters auch die Infektionsprävention durch Impfungen angesprochen. Wichtigstes Beispiel der letzten Jahre war dabei der eindeutige Erfolg der Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ b, durch die dieser Erreger seine Bedeutung für die Meningitis und deren Folgeerscheinungen fast vollständig verloren hat. Im vorliegenden Heft des ANTIBIOTIKA MONITOR sind einige wichtige Themen des Symposiums zusammengefasst.
Der kindliche Harnwegsinfekt wird von M. Riccabona aus der Sicht des Kinderurologen behandelt. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören der vesikorenale Reflux und andere Harnwegsfehlbildungen, deren Abklärung von vorrangiger Bedeutung ist.
Bakterielle oder virale Infektion – antibiotische Behandlung, ja oder nein? – das sind außerordentlich wichtige Fragen, mit denen sich M. Frühwirth und J.P. Guggenbichler bei den Atemwegsinfektionen auseinandersetzen. Klinische Kriterien erlauben eine Einordnung der Ätiologie, so dass in vielen Fällen unnötige Antibiotika-behandlungen, die zweifelsohne eine der wichtigsten Triebkräfte für die Resistenzentwicklung sind, vermieden werden können. Vor- und Nachteile der einzelnen Antibiotika-Gruppen werden diskutiert, wobei die nach wie vor große Bedeutung der Oralpenicilline 50 Jahre nach ihrer Entdeckung wohl sehr bemerkenswert ist. Bei der Verabreichung von Makrolidantibiotika als wichtigste Alternative zu den Betalaktamen wird eine Resistenzprüfung empfohlen.
Ein pädiatrischer Notfall ist zweifellos die Meningitis. Nach Einführung der Haemophilus-Impfung sind Meningokokken der Gruppen B und C sowie Pneumokokken die dominierenden Erreger. Aus anfangs völlig uncharakteristischen Krankheitserscheinungen kann sich innerhalb weniger Stunden ein foudroyantes und akut bedrohliches Krankheitsbild entwickeln. Anhand typischer Verläufe der Meningokokken-Meningitis geht K. Schmitt auf die Diagnostik und Therapie sowie auf prophylaktische Maßnahmen ein.
Wie C. Jebelean berichtet, hat sich in den letzten Jahren bei Pneumokokken eine deutliche Resistenzzunahme gezeigt. Trotzdem bleiben Penicilline auch nach Ansicht von W. Graninger, der sich mit der Frage der Relevanz der Resistenzepidemiologie beschäftigt, nach wie vor wichtige Antibiotika, da die ganz überwiegende Zahl der Pneumokokkenstämme lediglich eine verminderte Empfindlichkeit aufweist, die bei den bei uns üblichen Dosierungen kaum eine klinische Bedeutung hat. Überdies wurde bei Streptococcus pyogenes weltweit bisher keine Penicillin-Resistenz gefunden.
Insgesamt hat das Symposium gezeigt, dass trotz vielfältiger neuer Erkenntnisse, die bewährten Konzepte einer sorgfältigen klinischen Evaluation und einer zielgerichteten mikrobiologischen Diagnostik weiterhin Gültigkeit haben. Antibiotika-Resistenzen sind zwar im ansteigen begriffen, doch derzeit keine aktuelle Bedrohung, die zu einer tiefgreifenden Umstellung unserer Behandlungsstrategie zwingt. Es muss unser gemeinsames Bestreben sein, diese günstige Situation so lange wie möglich zu erhalten. Kritischer und gezielter Antibiotika-Einsatz und die epidemiologische Resistenzüberwachung sind ein wichtiger Beitrag dazu.

Prim. Univ.-Prof. Dr. H. Mittermayer
Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin,
A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen, Linz

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