Wirksamkeit von Teicoplanin oder Vancomycin in Kombination mit Linezolid gegenüber Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus mittels spektrophotometrischer Trübungsmessung

N. Geisler, R. Gattringer, W. Graninger, A. Georgopoulos
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien
(Vorstand: Univ.-Prof. DDr. W. Graninger)



Schlüsselwörter:
Teicoplanin, Linezolid, Kombinationstherapie, Bioscreen C Analyzer


Zusammenfassung

Obwohl die meisten Infektionskrankheiten mit einem einzelnen Antibiotikum behandelt werden könnten, gibt es einige Situationen, in denen eine Kombinationstherapie angezeigt ist. So kann zum Beispiel durch die Verabreichung mehrerer Antibiotika gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzentwicklung gesenkt werden. Oder durch die Kombination zweier oder mehrerer Antibiotika versucht man eine Potenzierung des Effekts der Einzelantibiotika zu erzielen und so einen bakteriziden oder bakteriostatischen Effekt zu erreichen.

Bei den bisher angewandten Methoden zur Kombinationsprüfung wird immer eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung der einzelnen Antibiotika angenommen. Da dies aber auf sehr wenige tatsächlich zutrifft, ist die Interpretation der Ergebnisse durch die FIC unzureichend. Dem klinischen Verhalten viel näher kommt hingegen die Berechnung mittels Wachstumskonstante. Damit wird nicht nur einer nichtlinearen Dosis-Wirkungsbeziehung Rechnung getragen, sondern durch kontinuierliche Trübungsmessungen lässt sich auch der Verlauf der Kombination beurteilen.

In dieser Studie wurde mittels BIOSCREEN C Analyzer die Wirkung von Antibiotikakombinationen gegenüber jeweils 5 Stämmen von Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus anhand der Wachstumskonstante getestet.

Die Verwendung der IC50 von Linezolid und ansteigenden Konzentrationen von Teicoplanin führte in fast allen Fällen zu einem Synergismus, während die Kombination von Vancomycin mit Linezolid entweder Autonomie oder einen Antagonismus zeigte.

Somit kann festgehalten werden, dass Teicoplanin in Kombination mit Linezolid eine interessante Alternative bei der Therapie von schweren MRSA-Infektionen darstellen könnte. Über die klinische Relevanz dieser Daten kann hier keine Aussage getroffen werden, aber auf Grund der viel versprechenden In-vitro-Ergebnisse sollte dieser Antibiotikakombination mehr Beachtung geschenkt werden.


Key-words:
Teicoplanin, linezolid, combination therapy, Bioscreen C Analyzer


Summary

Although most infectious diseases are treatable with a single antibiotic agent, in some cases an antibiotic combination therapy is indicated. One potential benefit of antibiotic combination is the risk reduction for development of resistance. Another positive aspect is the potentiation of the effects of each single substance, thereby increasing both bactericidal and bacteriostatic effects.

Currently used methods in evaluating the efficacy of antibiotic combinations postulate a linear dose-effect relationship between single substances. Since this is only true for some agents, an exact interpretation of results using FIC is insufficient. Clinically more useful could be the evaluation by growth constant. This allows both for non-linear dose-effect relationships and continuous measurements of cloudiness.

In this trial we evaluated the efficacy of combined antibiotics against 5 strains of methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) using the Bioscreen C Analyzer method, which is based on the growth constant.

When using the IC50 of linezolid and increasing concentrations of teicoplanin synergistic action was observed in nearly all cases, whereas the combination of vancomycin and linezolid showed either autonomy or antagonistic effects.

It can therefore be stated that the combination of teicoplanin and linezolid could be a valuable alternative in the treatment of severe MRSA infections.

To date the clinical relevance of these data has yet to be elucidated. Nevertheless these favourable in vitro results for this antibiotic combination merit further investigation.



Einleitung

Seit der Einführung der Antibiotika in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich die Behandlung von Infektionen durch Gram-positive Bakterien enorm verändert. Heute stellen multiresistente Bakterien ein großes Problem in der Therapie dar, weil es nur ein begrenztes Angebot an Antibiotika gibt und immer häufiger Berichte über neu auftretende Resistenzen erscheinen. Besonders alarmierend ist die Situation seit gegenüber den bisher als Reserveantibiotika verwendeten Glykopeptiden immer mehr Resistenzen entstehen, weil nun die Frage nach neuen Therapiemöglichkeiten immer dringender wird.

Durch ein vermehrtes Auftreten nosokomialer Infektionen steigt nicht nur die Morbidität und Mortalität, es fallen auch durch eine viel längere Behandlungsdauer höhere Kosten an. Durch eine gezielte Kombinationstherapie könnte nicht nur eine Verkürzung der Behandlungsdauer zu einer drastischen Kostensenkung führen, sondern die Wirkung eines Antibiotikums, gegenüber dem Bakterien schon Resistenz entwickelt haben, verbessert werden.

In-vitro-Tests können auf verschiedene Art und Weise durchgeführt werden. In dieser Arbeit wurde ein kinetisches Verfahren angewendet, bei dem über einen Zeitraum von 16 Stunden hindurch in regelmäßigen Abständen das Bakterienwachstum gemessen wurde. Dadurch lässt sich ein genauerer Verlauf der Kombinationsprüfung im Vergleich zu statischen Methoden wie Checkerboard erkennen. Sowohl die Durchführung dieser Tests als auch die Interpretation der Ergebnisse ist nicht so einfach, doch durch die kontinuierlichen Messungen kommt die spektrophotometrische Trübungsmessung dem In-vivo-Verlauf einer Antibiotikakombination sicherlich näher als bei Checkerboard.

Gegenüberstellung Checkerboard - spektrophotometrische Analyse
Die Effektivität eines einzelnen Antibiotikums wird gewöhnlich an der geringsten Dosis, die kein Bakterienwachstum mehr zulässt (MKH: minimale Hemmkonzentration), oder bei bakteriziden Präparaten auch an derjenigen Konzentration, bei der 99,9% des Anfangsinoculums abgetötet wird, gemessen.

Werden zwei oder mehrere Antibiotika miteinander kombiniert, so liegt das Ergebnis unabhängig von der verwendeten Methode immer zwischen Synergismus und Antagonismus (Definition siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Vergleich der Definitionen von Antibiotikainteraktionen unter Annahme einer linearen/nichtlinearen Dosis-Wirkungsbeziehung [1]

Ergebnis
Annahme einer linearen
Dosis-Wirkungsbeziehung
Annahme einer nichtlinearen
Dosis-Wirkungsbeziehung
Berechnung mittels Wachstumskonstante
(g)
Synergismus Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist signifikant größer als bei Additivitä Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist signifikant größer als bei Additivität
Additivität Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist gleich der Summe der Ergebnisse jedes einzelnen Antibiotikums allein Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist gleich der kombinierten Wirkung jedes Antibiotikums allein
Autonomie   Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist gleich dem Ergebnis, wenn das besser wirkende Antibiotikum alleine verwendet wird
Antagonismus Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist signifikant schlechter als das Ergebnis bei Additivität Das Ergebnis mit 2 Antibiotika ist signifikant schlechter als bei Autonomie

Bei Checkerboard, der am meisten verwendeten statischen Methode, werden die unterschiedlichen Konzentrationen der beiden Antibiotika auf Mikrotiterplatten aufgebracht.

(Verdünnungsreihen von Antibiotikum A entlang der x-Achse und Verdünnungsreihen von Antibiotikum B entlang der y-Achse der Platte). Nach der Inkubationszeit werden die einzelnen Proben auf Trübung überprüft. Die Interpretation der Ergebnisse erfolgt mittels Isobologrammen, wobei man hier von der Definition der Additivität ausgeht: Das Ergebnis ist gleich der Summe der Effekte der einzelnen Antibiotika [1], oder die Antibiotika verhalten sich so, als wären sie mit sich selbst kombiniert [2] (ein Teil Antibiotikum A plus zwei Teile Antibiotikum B ist gleich wie drei Teile Antibiotikum A). Ist das Ergebnis besser als bei Additivität, so spricht man von Synergismus - ist es schlechter, von Antagonismus.

Nach Ablauf des Tests erhält man immer Alles-oder-Nichts-Ergebnisse, das heißt, entweder kann in den Proben Wachstum festgestellt werden oder nicht. Es ist daher nicht möglich, den Verlauf von Antibiotikakombinationen zu erkennen. Das Hauptproblem allerdings betrifft das Verhalten vieler antimikrobieller Substanzen, abhängig von der Konzentration. Nur sehr wenige haben eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung [3] (die doppelte Menge an Antibiotikum zeigt auch die doppelte Inhibition), die aber eine Voraussetzung für oben genannte Definitionen ist.

Dosis und Wirkung der meisten Antibiotika verhalten sich logarithmisch bzw. exponentiell. Dies trifft auch auf die hier verwendeten Antibiotika zu.

Eine weitere Schlussfolgerung aus obiger Definition ist, dass immer dann, wenn beide Antibiotika nicht signifikant interagieren, das Ergebnis Additivität ist. Doch zeigen Studien, dass immer nur ein metabolischer Schritt bei einem Organismus wachstumshemmend wirken kann. Das bedeutet, dass, wenn die zwei Substanzen kaum miteinander agieren, immer nur ein Antibiotikum, nämlich das wirkstärkere, wirksam ist und das andere somit keinen Einfluss auf das Ergebnis hat.

Durch die neue Methode mittels Bioscreen C Analyzer kommt unter der Annahme einer nichtlinearen Dosis-Wirkungsbeziehung die Definition der Autonomie hinzu: Das Ergebnis von 2 Substanzen ist gleich der Wirkung des besser wirkenden Antibiotikums allein (verschiedene Definitionen siehe Tabelle 1). Es besteht aber hier trotzdem ein Unterschied zu Additivität. Während bei Autonomie keine Veränderung durch die Kombination feststellbar ist, so kann bei Additivität sehr wohl die Wirkung ein wenig verbessert werden.

Wird das Ergebnis anhand von Wachstumskurven dargestellt, wie es bei spektrophotometrischen Messungen der Fall ist, so zeigen bei Autonomie die Kurve des besser wirkenden Antibiotikums und die Kurve der Kombinationsprüfung einen ähnlichen Verlauf. Bei Additivität hingegen kommt es bei der Kombination zwar zu einer Reduktion des Wachstums, aber die beiden Substanzen interagieren nicht so stark, dass sich ihr Effekt potenziert (sondern die "Einzeleffekte" werden nur addiert).

Die Definition von Antagonismus besagt nach dieser Theorie, dass das Ergebnis schlechter als bei Autonomie ist. Das würde bei Verwendung von Wachstumskurven zur Interpretation und in Anlehnung an oben erwähnte Erklärung bedeuten, dass die Wachstumskurve der Kombination eine geringere Inhibition zeigt als das besser wirkende Antibiotikum allein. Es wäre also sinnlos, beide Substanzen gleichzeitig zu verabreichen, da zumindest einer der beiden Kombinationspartner alleine das Wachstum der Bakterien besser hemmt als die zwei zusammen.

Ziel dieser Arbeit war es, zu überprüfen, ob die Kombination des neuen Antibiotikums Linezolid, das hauptsächlich im Gram-positiven Bereich wirksam ist, mit einem Glykopeptid (Vancomycin oder Teicoplanin) gegenüber Methicillin-resistenten Staphylokokken zu einer Wirkungsverbesserung führt.

Bakterien unterliegen, wie alle Organismen, die sich durch Teilung vermehren, einem exponentiellen Wachstum. Ausgehend von diesem Wachstumsverhalten kann die Vermehrung der Bakterienmasse mit einer Formel angegeben werden:

Wobei B(t) die Bakterienpopulation nach der Zeit t ist und B(0) die Population vor Beginn der Inkubation am Anfang der Messung. g ist die Wachstumskonstante, die für jeden Zeitpunkt der Kurve neu bestimmt werden muss, weil auf Grund der unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeit natürlich auch die Konstante in jedem Punkt der Kurve einen anderen Wert hat.

Laut King und Krogstad [4] ist die Bakterienpopulation proportional zur Optical Density (OD) und kann somit auch zur Berechnung der Wachstumskonstante herangezogen werden.

Nach Umwandlung der Formel, bei der aus der Euler'schen Zahl der Logarithmus naturalis wird, ergibt sich dann für die Wachstumskonstante g:

Als 0 % Inhibition und somit Kontrollwert wurde der Wert von g der Wachstumskurve ohne Antibiotikum herangezogen, und ein Fehlen jeglichen Wachstums (kein Anstieg der Optical Density) wurde mit 100 % festgesetzt.

Für die Testung einer Antibiotikakombination sind vier verschiedene Kurven notwendig: Antibiotikum A allein, Antibiotikum B allein, Antibiotikum A + B in Kombination und das Wachstum des Keimes ohne Antibiotikum.

Dabei wird die Konzentration eines Antibiotikums fix gewählt. Um den Unterschied zwischen einem möglichen additiven oder autonomen Ergebnis zu verdeutlichen, wurde zuerst die IC50 (inhibitory concentration) des jeweiligen Antibiotikums bestimmt [8]. IC50 ist diejenige Konzentration, bei der das Wachstum des Bakterienstamms die Hälfte, nämlich 50 %, des Wachstums ohne Antibiotikum beträgt und deutlich unter dem MHK-Wert der getesteten Stämme liegt. Dieser Wert wurde gewählt, weil er einerseits eine deutliche Reduktion des Wachstums im Vergleich zur Wachstumskurve zeigt, andererseits aber immer noch eine weitere eindeutige Reduktion des Bakterienwachstums bei eventuellem Synergismus ermöglicht.

Für die Kombinationsprüfung wird dann das zweite Antibiotikum in verschiedenen Konzentrationen zugefügt. Da das Ergebnis auch von der Wahl des ersten, also des Antibiotikums mit der fixen Konzentration, abhängig ist, wurde in einer zweiten Versuchsreihe die IC50 des zweiten Antibiotikums als feste Größe verwendet und das ursprünglich erste Antibiotikum in wechselnden Konzentrationen zugegeben.

Nach Abschluss der Messungen wurden die OD-Werte (optical density) der Wachstumskurve des fixen Antibiotikums in die vorhin beschriebene Formel eingesetzt und die so erhaltenen Wachstumskonstanten für jeden Zeitpunkt der Kurve in eine Tabelle eingetragen. Zur Vereinfachung wurden nur die Messungen zu jeder vollen Stunde verwendet. Danach musste jener Zeitpunkt bestimmt werden, bei dem die Wachstumskonstante des Antibiotikums mit der fixen Konzentration ungefähr 50 % (40 - 60 %) der Wachstumskonstante der Kontrollkurve ohne Antibiotikum beträgt.

Zur Berechnung des Effektes einer Antibiotikakonzentration wurden auch die Wachstumskonstanten der übrigen Kurven - die des Antibiotikums, das in wechselnden Konzentrationen zugegeben wurde, und die Kurve, bei der beide Antibiotika kombiniert wurden, bestimmt. Die Auswertung erfolgte in Diagrammen, wobei auf der x-Achse die Konzentration des Antibiotikums, das zugegeben wurde, aufgetragen wurde und auf der y-Achse die Reduktion der Wachstumskonstante in Bezug auf die Wachstumskonstante der Kurve ohne Antibiotikum in Prozent (percent reduction in growth rate constant).

Darüber hinaus wurde das Ergebnis auch noch anhand der Formeln in Tabelle 1 für jeden Messpunkt berechnet. Um den Unterschied zwischen Autonomie und Additivität zu maximieren und somit die Interpretation zu erleichtern, wurde für die x-Achse eine logarithmische Skalierung verwendet.

 

Material und Methoden

Bakterienstämme
Getestet wurden pro Kombination jeweils 5 Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme, die am AKH Wien isoliert wurden.

Medien
Alle Untersuchungen wurden mit Mueller-Hinton-Bouillon (Merck, Basingstoke, Hampshire, England) als Wachstumsmedium durchgeführt. Zur Kultivierung der Bakterien wurden Columbia-Agarplatten mit 5 % Hammelblut (BioMérieux, Frankreich) verwendet.

Antibiotika
Für die Kombinationsprüfung wurden die zwei Standardantibiotika Teicoplanin und Vancomycin und ein neues Antibiotikum Linezolid verwendet. Die Antibiotika wurden nach Vorschrift des Herstellers in Aqua dest. als Standardkonzentration von 1000 µg/ml gelöst und in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Aufgetaute Antibiotika wurden am gleichen Tag verwendet.

Herstellung des Inoculums
Die 5 Stämme wurden auf Blutagarplatten aufgebracht und über Nacht bei 37°C inkubiert und am nächsten Tag mit Mueller-Hinton-Bouillon suspendiert, um nach Mc Farland eine Dichte von 0,5 zu erreichen. Dieses Inoculum - ~1 bis 3 x 10 CFU/ml entsprechend - wurde neuerlich zehnfach verdünnt, damit das endgültige Inoculum ~ 1 bis 3 x 10 CFU/ml ergibt.

Bioscreen C Analyzer
Alle Tests in dieser Studie wurden mit dem Bioscreen C Analyzer (Labsystems, Oy, Finnland) durchgeführt. Dieses Gerät misst spektrophotometrisch die Veränderungen der Trübung in einem Kulturmedium auf Grund von Bakterienwachstum. Dies erfolgt mittels einer Halogenlampe, die vertikal durch bis zu 200 Proben gleichzeitig strahlt. Hier wurde eine Wellenlänge von 540 nm gewählt.

Nach abgeschlossener Messdauer werden die Ergebnisse in Diagrammen, wobei die Zeit auf der x-Achse und die Trübung (Optical Density) auf der y-Achse aufgetragen werden, durch die PC-Software BIOLINK (Labsystems, Oy, Finnland) dargestellt.

 

Ergebnisse

Kombination Linezolid/Teicoplanin
Bei der Kombination der IC50 von Linezolid und ansteigenden Konzentrationen von Teicoplanin zeigt sich in allen Tests im niedrigen Konzentrationsbereich entweder ein leichter Synergismus oder eine Autonomie bezüglich Linezolid. Nur einmal findet man über einen großen Konzentrationsbereich einen Synergismus und erst bei hohen Konzentrationen von Teicoplanin tritt eine Autonomie auf. War schon zu Beginn eine Autonomie feststellbar, so bleibt dieser Trend über alle Konzentrationspunkte gleich, allerdings besteht dann eine Autonomie bezüglich Teicoplanin (Diagramm 1).

 

Diagramm 1: Kombinationsprüfung von Linezolid (0,6 µg/ml) und Teicoplanin in ansteigenden Konzentrationen von 0,1 - 1 µg/ml nach 5 Stunden

Bei der Verwendung von Teicoplanin als fixem Antibiotikum und Linezolid, das dazutitriert wurde, findet sich in allen Kurven ein Synergismus, der im Großen und Ganzen auch im hohen Konzentrationsbereich erhalten bleibt. Setzt man die berechneten Wachstumskonstanten für jeden Punkt der Kurve in die Synergismusformel von Tabelle 1 ein, so erhält man das gleiche Ergebnis (Diagramm 2).

 

Diagramm 2: Kombinationsprüfung von Teicoplanin (0,7µg/ml) und Linezolid in ansteigenden Konzentrationen von 0,1 - 2 µg/ml nach 8 Stunden

Kombination Linezolid/Vancomycin
Unter Linezolid als fixem Antibiotikum kommt es in 4 von 5 Fällen zu einem mehr oder weniger schwachen Antagonismus im hohen Konzentrationsbereich, während sich im niedrigen eine Autonomie in Bezug auf Linezolid feststellen lässt (Diagramm 3).

 

Diagramm 3: Kombinationsprüfung von Linezolid (1,2 µg/ml) und Vancomycin in ansteigenden Konzentrationen von 0,2 - 2 µg/ml nach 6 Stunden

Verwendet man die IC50 von Vancomycin und gibt Linezolid in unterschiedlichen Konzentrationen hinzu, tritt in fast jedem Experiment ein anderer Effekt auf. Zweimal lässt sich sogar ein Synergismus erkennen, der aber einmal schon zu Beginn vorhanden ist, während er sich im anderen Fall erst im hohen Konzentrationsbereich von Linezolid entwickelt. In den anderen Kurven schwankt der Effekt immer zwischen leichtem Antagonismus und Additivität (Diagramm 4).

 

Diagramm 4: Kombinationsprüfung von Vancomycin (1,1 µg/ml) und Linezolid in ansteigenden Konzentrationen von 0,2 - 2 µg/ml nach 11 Stunden

 

Diskussion

Die Anzahl der Studien über die Kombinationsprüfungen von Vancomycin mit Linezolid sind sehr begrenzt. Über die Kombination von Teicoplanin mit Linezolid gibt es überhaupt erst eine Studie, die kürzlich veröffentlicht wurde [5]. Es fehlen allerdings gänzlich In-vitro-Studien über Kombinationsprüfungen mittels spektrophotometrischer Trübungsmessung. Deshalb war es auch wichtig, mit dieser Arbeit aufzuzeigen, dass mit kinetischen Methoden ähnliche Ergebnisse wie mit den bisher bekannten statischen Methoden erzielt werden können. Ein großer Vorteil besteht in der Möglichkeit, die Effektivität der untersuchten Antibiotikakombination zu jedem Zeitpunkt der Wachstumskurve zu berechnen, womit diese Methode dem In-vivo-Verlauf eine Antibiotikakombination mit Sicherheit näher kommt als die Checkerboardmethode.

Die neuesten Studien über eine Kombination von Linezolid mit Vancomycin [6, 7], die mit Time-kill-Kurven getestet wurde, zeigten auch, wie hier beschrieben, einen leichten Antagonismus.

Bei der Verwendung von Linezolid als Antibiotikum mit der fixen Konzentration und Zugabe von ansteigenden Konzentrationen von Vancomycin kam es im niedrigen Konzentrationsbereich zu einer Autonomie in Bezug auf Linezolid, im hohen allerdings zu einer Autonomie bezüglich Vancomycin. Dieser Verlauf würde die These bestätigen, dass immer nur ein metabolischer Schritt bei einem Organismus wachstumshemmend wirken kann, wenn die beiden Kombinationspartner nicht miteinander agieren.

Die vorherrschende Autonomie in allen Kurven spricht auch dafür, dass es hier zu keiner wesentlichen Interaktion der beiden Antibiotika kommt. Da aber doch - wenn auch bei jedem Keim in unterschiedlich starker Ausprägung - Antagonismus, einmal sogar Additivität auftritt, muss man von einer gewissen Interaktion von Linezolid und Vancomycin ausgehen. Abschließend kann ganz klar festgehalten werden, dass sich die untersuchten Substanzen, sofern sie miteinander agieren, hauptsächlich negativ beeinflussen.

Bei der Umkehrung der Kombination, wenn Vancyomcin als Antibiotikum mit der fixen Konzentration gewählt wird, sind die Ergebnisse im Allgemeinen ähnlich.

Allgemein kann man nun über die Kombination von Linezolid und Vancomycin sagen, dass zwar in manchen Fällen eine Interaktion der beiden Antibiotika stattfindet, diese aber unterschiedliche Ergebnisse zeigt, in den meisten Fällen sogar zu einem leichten Antagonismus führt. Zu dem gleichen Resultat kamen auch Jaqueline et al. [8], die die gleiche Antibiotikakombination mit Time-kill-Kurven untersuchten. Somit ist festzustellen, dass eine Therapie von Vancomycin und Linezolid gleichzeitig zu keiner Verbesserung des antibakteriellen Effekts führt, sondern dass sogar mit einer Behinderung der beiden Substanzen zu rechnen ist.

Eine mögliche Erklärung könnte die unterschiedliche Wirksamkeit der beiden Antibiotika sein. Während es bei Vancomycin durch eine Behinderung der Quervernetzung zu einer Hemmung der Mureinsynthese kommt und dadurch ein bakterizider Effekt erzielt wird, wirkt Linezolid auf Grund der Blockade der Formation des 70S-Initiationskomplexes bakteriostatisch. Dies kann aber nicht allein der Grund für den Antagonismus sein, weil eine Kombination von Linezolid mit Teicoplanin, das ja den gleichen Wirkmechanismus wie Vancomycin besitzt, ein synergistisches Ergebnis bringt.

Bei Jones R. N. et al. [6] und Clark C. L. [7] et al. konnte in den meisten Fällen bei Kombinationen mit Teicoplanin Synergismus oder Additivität festgestellt werden. In einer erst kürzlich erschienenen Studie, bei der auch die Kombination von Linezolid mit Teicoplanin untersucht wurde, zeigt sich in den meisten Fällen eine Indifferenz. Nur bei einem Enterococcus faecium-Stamm kam es zu Synergismus. Sweeney et al. [5] verwendeten allerdings die Checkerboard-Methode, um die Kombination von Linezolid mit Teicoplanin zu testen.

In den Diagrammen, bei denen die Ergebnisse unter Verwendung einer fixen Konzentration von Linezolid und ansteigenden Konzentrationen von Teicoplanin dargestellt wurden, findet man in 3 von 5 Fällen eine Autonomie.

Bei der Kombination mit der IC50 von Teicoplanin und ansteigenden Konzentrationen von Linezolid kommt es in 4 von 5 Fällen zu einem eindeutigen Synergismus.

Diese Resultate bestätigen die gute Wirkung von Teicoplanin als Kombinationspartner, das schon allein wegen seiner langen Halbwertszeit eine interessante Alternative zur herkömmlichen Therapie von MRSA-Infektionen darstellt. Es zeigt sich aber auch deutlich, dass eine Kombination mit Linezolid als Basistherapeutikum - das Antibiotikum mit der fixen Konzentration - nicht zu den gleich guten Ergebnissen führt wie eine Kombination mit Teicoplanin als Basisantibiotikum und einer Zugabe von Linezolid. Teilweise zeigt auch die einzige bisher veröffentlichte Arbeit über eine Kombination dieser beiden Antibiotika ähnliche Ergebnisse. Hier kam es in allen untersuchten Fällen zu Indifferenz. Allerdings wurden diese Untersuchungen mit der Checkerboard-Methode durchgeführt, die ja wie vorher bereits erwähnt eine statische Methode ist (Auswertung nach 16 - 24 Stunden Inkubation) und somit nur Alles-oder-Nichts-Ergebnisse liefert. Da es auch in dieser Arbeit unter Verwendung einer kinetischen Methode in ca. 50% der Fälle besonders mit der IC50 von Linezolid zu einer Autonomie kam und sich in den übrigen Fällen ein Synergismus fand, kann man davon ausgehen, dass eine Kombination von Linezolid und Teicoplanin unter bestimmten Voraussetzungen (Teicoplanin mit fixer Konzentration und Zugabe von Linezolid in geringer Konzentration) zu einer Potenzierung der Wirkung führt. Wenn aber dieser Effekt nicht eintritt, kommt es zumindest nicht zu einer Verschlechterung der Wirkung, das heißt, die beiden Kombinationspartner behindern einander nicht in ihrer Wirkung, so wie dies bei der Kombination von Linezolid mit Vancomycin teilweise der Fall ist.

Durch das stete Ansteigen von Infektionen durch resistente Bakterien wird eine parenterale Therapie immer wichtiger. Ein damit verbundener verlängerter Krankenhausaufenthalt erhöht die Gefahr einer Aufnahme oder Verbreitung weiterer resistenter Keime [9]. Durch die lange Halbwertszeit von Teicoplanin, durch die eine einmalige Gabe am Tag - oder sogar eine Verabreichung dreimal wöchentlich - ausreicht, um therapeutische Dosen zu erreichen [10], besteht auch die Möglichkeit einer ambulanten Therapie. So können nicht nur die oben genannten negativen Aspekte vermieden werden, sondern auch Kosten gespart werden, die bei einem langen Spitalsaufenthalt anfallen [10].

Ob es durch die Zugabe von Linezolid, das oral verabreicht wird und somit einer ambulanten Therapie nicht im Wege steht, zu einer weiteren Verkürzung der Behandlungsdauer kommt, kann hier nicht beantwortet werden. Hierfür wären weitere klinische Studien notwendig. Aber durch die bisherigen synergistischen Ergebnisse und die alarmierende Situation nicht nur in Bezug auf die immer häufiger auftretenden Resistenzen, sondern auch in Bezug auf die explodierenden Krankenhauskosten, sollte dieser Antibiotikakombination in Zukunft mehr Beachtung geschenkt werden.

 

Literatur:

1. King T.C., Schlesinger D., Krogstad D.J.: "The assessment of antimicrobial combinations." Rev. of Infect. Dis. 3(3) (1981) 627-633.
2. Berenbaum M.C.: "A method for testing for synergy with any number of agents." J. Infect. Dis. 137 (1978) 122-130.
3. Venditti M., Gelfusa V., Serra P., Brandimarte C., Micozzi A., Martino P.: "4-week treatment of streptococcal native valve endocarditis with high-dose teicoplanin." Antimicrob. Agents Chemother. 36 (1992) 723-726.
4. King T.C., Krogstad D.J.: "Spectrophotometric assessment of dose-response curves for single antimicrobial agents and antimicrobial combinations." J. Infect. Dis. 147(4) (1983) 758-764.
5. Sweeney T., Zurenko G.E.: "In-vitro-activities of Linezolid combined with other antimicrobial agents against Staphylococci, Enterococci, Pneumococci, and selected Gram-negative Organisms." Antimicrob. Agents Chemother. 47(6) (2003) 1902-1906.
6. Jones R.N., Marshall S.A., Grimm H.: "Antimicrobial interactions (synergy) of teicoplanin with two broad-spectrum drugs (cefotaxime, ofloxacin) tested against Gram-positive isolates from Germany and the United States." Diagn. Microbiol. Infect. Dis. Oct 29(2) (1997) 87-94.
7. Clark C.L., Jacobs M.R., Appelbaum P.C.: "Activities of Clinafloxacin, alone and in combination with other compounds, against 45 Gram-positive and -negative organisms for which clinafloxacin MICs are high." Antimicrob. Agents Chemother. Sep. 43(9) (1999) 295-298.
8. Jaqueline C., Caillon J., Le Mabeque V., Miegeville A.F., Donnio P.Y., Bugnon D., Potel G.: "In-vitro activity of Linezolid alone and in combination with Gentamicin, Vancomycin or Rifampicin against methicillin-resistant Staphylococcus aureus by time-kill curve methods." JAC Apr. 51(4) (2003) 857-864.
9. Graninger W., Presterl E., Wenisch C., Schwameis E., Breyer S., Vukovich T.: "Management of serious Staphylococcal infections in the outpatient setting." Drugs 54, Suppl 6 (1997) 21-28.
10. Graninger W., Wenisch C., Wiesinger S., Menschik M., Karimi J., Presterl E.: "Experience with outpatient intravenous Teicoplanin therapy for chronic osteomyelitis." Eur. J. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 14(7) (1995) 643-47.



Anschrift des Verfassers:
Univ..Prof. DDr. Apostolos Georgopoulos
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Chemotherapie
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20

E-Mail: apostolos.georgopoulos@akh-wien.ac.at


zurück zum Inhalt