Antibiotika bei Nierenersatzverfahren

F. Thalhammer
Universitätsklinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien
(Leiter: Univ.-Prof DDr. W. Graninger)

Schlüsselwörter
Zusammenfassung
Key-words
Summary
Einleitung
Theoretische Grundlagen
Pharmakokinetische Berechnungen
Einfluß des Dialyseverfahrens und der Flußgeschwindigkeiten auf die Elimination
Einfluß von Membraneigenschaften auf die Elimination
Rebound-Phänomen
Pharmakodynamik der Antibiotika-Therapie im Rahmen der Nierenersatztherapie
Schlußfolgerung

Schlüsselwörter:
Pharmakokinetik, Hämodialyse, Hämofiltration, Antibiotika

 

Zusammenfassung

Die Dosierung von Antibiotika bei Nierenersatzverfahren ist nicht einfach, da zahlreiche Faktoren beträchtlichen Einfluß auf die Pharmakokinetik der verabreichten Medikamente nehmen. Gleichzeitig muß man sich bewußt sein, daß Antibiotika zu jenen Pharmaka zählen, deren Wirksamkeit bzw. fehlende Wirksamkeit aufgrund einer erhöhten Elimination im Vergleich zu Katecholaminen, Antihypertensiva oder Sedativa nicht sofort festgestellt werden kann und die Antibiotikadosierung entsprechend gestalten, um eine Unterdosierung zu vermeiden.

 

Key-words:
Pharmacokinetics, hemodialysis, hemofiltration, antibiotics

 

Summary

Dosage recommendations for antibiotics in patients with renal replacement therapy is difficult, because various factors take influence on the elemination of the administered drugs. In comparison with catecholamins, antihypertensives or sedatives one has to realize that the efficacy of antimicrobial drugs can not be measured immediately. Thus, dosage adjustments have to consider these influencing factors to prohibit dangerous underdose.



Einleitung

Seit Einführung der intermittierenden, später auch der kontinuierlichen Nierenersatztherapie sind beide Therapieverfahren aus der Patientenversorgung bei akuter und chronischer Niereninsuffizienz nicht mehr wegzudenken. Damit einhergehend wurden die verwendeten Dialysemembranen, die wesentlich die Eliminationsleistung der Nierenersatztherapie bestimmen, in bezug auf Filtrationsleistung, Oberflächenbeschaffenheit oder Biokompatibilität stetig weiterentwickelt. Obwohl Infektionen zu den häufigsten Todesursachen bei chronisch hämodialysepflichtigen Patienten zählen und somit die Antibiotikatherapie einen bedeutenden Pfeiler darstellt, fehlen häufig fundierte Daten zur Elimination von Antibiotika durch die Nierenersatztherapie. Lediglich für etwa 25% aller am Markt befindlichen Pharmaka gibt es verbindliche Dosierungsempfehlungen, für die Mehrzahl findet man hinweisartige Dosisangaben. Überhaupt keine Daten sind für ca. 16% aller Medikamente publiziert. Aufgrund des großen Aufwandes solcher Studien, der kleinen Patientenzahl und der zahlreichen unterschiedlichen Therapieverfahren sind solche Kennzahlen Zukunftsmusik. Idealerweise sollte es nämlich für jedes Antibiotikum Daten für die verschiedenen extrakorporalen Therapieverfahren wie Hämodialyse (HD), Hämodiafiltration (HDF) oder kontinuierliche Hämofiltrationsverfahren (CVVH, CWHD, CWHDF) in Kombination mit den einzelnen Membrantypen (Low-Flux, High-Flux, Cuprophan, Polysulfon, PMMA, ...) geben. Einige Autoren versuchten anhand bekannter pharmakokinetischer Kenngrößen wie Sieving-Koeffizient oder Proteinbindung empirisch Dosisempfehlungen zu erarbeiten (z.B. "Freiburger-Liste"), doch durch die rasanten Membranentwicklungen sind diese Angaben nur selten ein Garant für eine effektive und sichere Antibiotika-Therapie.

Die Ursachen für die geringen durch Studien belegbaren Daten sind mannigfaltig: (1) unterschiedliche Nierenersatzverfahren (intermittierende oder kontinuierliche Hämodialyse (HD) bzw. Hämofiltration (HF)) mit unterschiedlichen Blutfluß- und Dialysat- bzw. Ultrafiltrationsraten und daraus resultierenden unterschiedlichen Filtrations- bzw. Eliminationsleistungen, (2) unterschiedliche Membraneigenschaften, (3) zahlreiche nur fallberichtartige oder veraltete Studien, und (4) zusätzlich sind die technischen Angaben (Membrantyp, Nierenersatzverfahren) in den vorhandenen Literaturstellen häufig mangelhaft.

Diese zahlreichen Variablen erlauben nicht, für alle Therapieverfahren und/oder Membranen verläßliche Dosierungsempfehlungen abzugeben. Diese Komplexität wurde inzwischen durch einige Studien deutlich demonstriert:

Menth et al. zeigten in einer in vitra-Studie, daß Teicoplanin, ein zunächst nicht als dialysabel geltendes Glykopeptidantibiotikum, je nach Membranmaterial zu 45% bis 96% innerhalb einer dreistündigen Hämodialyse eliminiert wird (Abb. 1).

Abbildung 1: Elimination von Teicoplanin durch vier verschiedene Membranen. Mod. nach Menth et al.

Abbildung 1 vergrößern
bitte hier klicken...

Eine Analyse der publizierten Dosierungsempfehlungen für Imipenem/Cilastatin spiegelt ebenso die rasche Entwicklung der Nierenersatztherapie eindrucksvoll wider (Tab. 1 ), wie zwei kürzlich erschienene gegensätzliche Arbeiten zu Piperacillin bzw. Piperacillin/Tazobactam bei Hämofiltration zeigen.

Tabelle 1: Wandel der Dosierungsempfehlungen am Beispiel für Imipenem/Cilastatin im Laufe der Entwicklung der Nierenersatztherapie
   Autor

   Quelle

Tagesdosis (mg)

Interpretation

   Keller

Nephrol. Dialysis Transplant. 1989

1000
Keine Dosisanpassung bei
CAVH notwendig
   Vos
Intensive Care Med. 1992
1000
Keine Cilastatin-Akkumulation
bei CAVH bzw. CAVHD
   Mueller
Am. J. Kidney Dis. 1993
1847 ± 243
Dosisempfehlungen von CHD
nicht anwendbar
   Tegeder
Antimicrob. Agents Chemother. 1997
2111 ± 493
Cilastatin-Akkumulation,
Dosisanpassung bei CVVH

 

 

Theoretische Grundlagen

Im wesentlichen finden sich vier für die Elimination bestimmende Faktoren: (a) die Membran, (b) das Nieren- ersatzverfahren, (c) das Medikament und (d) der Patient; die in Tabelle 2 näher ausgeführt sind.

Tabelle 2: Die Elimination einer Substanz beeinflussende Faktoren
   Medikamentenspezifische Faktoren
   Molekulargewicht
   Elektrische Ladung
   Proteinbindung
   Wasserlöslichkeit
   Fettlöslichkeit
   Verteilungsvolumen
   Art der Elimination
   Gewebegängigkeit
-
   Membranspezifische Faktoren
   Membranmaterial
       - Cuprophan
       - Cellulose (modifiziert)
   Polysulfon
      - Polyacrylnitril
      - Polymethylmethacrylat
      - Polyamid
   Größe der Oberfläche
   Porengröße
   Elektrische Ladung
   Ultrafiltrationskoeffizient
Verfahrenspezifische Faktoren
Intermittierende Nierenersatztherapie
   - Konventionelle HD
   - High-efficiency HD
   - High-flux HD
   - Kontinuierliche Nierenersatztherapie
   - Hämofiltration (CAVH, CVVH)
   - Hämodialyse (CAVHD, CVVHD)
   - Hämodiafiltration (CAVHDF, CVVHDF)
   - Ultrafiltration (SCUF)
Dialysatfluß
Ultrafiltrationsrate
Blutfluß
-
Patientenspezifische Faktoren
Organfunktionen
   - Niere
   - Leber
   - Herz
Fettanteil
Komorbidität
Zusätzliche Medikamente
HD=Hämodialyse, CAVH=kontinuierliche arterio-venöse Hämofiltration, CVVH=kontinuierliche veno-venöse Hämofiltration, CAVHD=kontinuierliche arterio-venöse Hämodialyse, CAVHDF= kontinuierliche arterio-venöse Hämodiafiltration, SCUF = langsame kontinuierliche Ultrafiltration

Zentral im Mittelpunkt steht die Membran mit ihren zahlreichen Variablen. Neben der Diffusion bei der konventionellen Low-Flux HD (Ultrafiltrationskoeffizient Uf < 10) und der Konvektion bei der High-Flux HD (Uf > 10), HF bzw. Hämodiafiltration (HDF) spielt bei den modernen Membranen zunehmend auch die Adsorption eine bedeutende Rolle in der Elimination einer Substanz. Die Fortschritte in der Membranentwicklung sind in der Literatur gut dokumentiert: So wurde von Lee et al. 1984 festgestellt, daß Substanzen mit einem Molekulargewicht > 500 D und/oder einer hohen Proteinbindung nicht wesentlich durch eine Low-Flux HD eliminiert werden. Fünf Jahre später berichteten Shinaberger et al. über die effiziente Elimination von Substanzen mit einem Molekulargewicht > 500 D durch High-Flux Membranen.

Das Ausmaß der Adsorption ist membranabhängig und stellt einen nicht unwesentlichen Eliminationsfaktor dar, wie eine Studie mit ß2-Mikroglobulin zeigte. Die Adsorption selbst ist ein sättigbarer Vorgang, der sowohl durch hydrophobe Wechselwirkungen, Van-der-Waalsche Bindungen als auch durch Bindung an die Sekundärmembran zustande kommt. Diese Sekundärmembran ist ein Proteinfilm auf der Blutseite des Dialysators, der einerseits die Diffusion reduziert und andererseits Substanzen durch Adsorption bindet.

Tabelle 3: Ursachen verminderter Bioverfügbarkeit der oralen Medikation bei chronischen Hämodialysepatienten
  • Veränderter Magen-pH
  • Verminderte Resorption im Dünndarm
  • Verwendung aluminiumhältiger Antacida
    - Magenmotilität herabgesetzt
    - Verminderte Resorption
  • Diabetische Neuropathie
  • Erhöhter BUN
    - Magen-pH erhöht
    - pH-abhängige Resorption beeinflußt
Bei chronischen Hämodialysepatienten kann zusätzlich noch die Resorption von oral verabreichten Medikamenten, wie in Tabelle 3 angeführt, vermindert sein, sodaß die Bioverfügbarkeit ebenfalls erniedrigt ist. Die frühere Annahme, die nicht-renale (extrahepatische) Clearance bleibt bei niereninsuffizienten Patienten unbeeinflußt, ist nicht auf alle Medikamente anwendbar.
Vor allem bei Medikamenten wie Roxithromycin oder Acyclovir, die einem starken Metabolismus unterworfen sind, ist die nicht-renale Clearance bei Hämodialysepatienten um 17 bis 85% reduziert.

 

 

Pharmakokinetische Berechnungen

In der Literatur werden sowohl zur Clearance-Berechnung für die Hämodialyse als auch für die kontinuierliche Hämofiltration verschiedene Formeln angegeben. Die Clearance beschreibt die Eliminationsleistung des Therapieverfahrens. Zur Berechnung der Clearance bei der Hämodialyse (C1HD) wird die nachfolgende Gleichung, wobei vereinfacht Q dem Blutfluß, CA der Konzentration im "arteriellen", zufließenden Blut und CV der Konzentration im venösen, abfließenden Blut entspricht, herangezogen.

C1HD (ml/min) = Q . [(CA -CV)/CA]

Eine mögliche Adsorption einer Substanz an die Membranoberfläche wird hier insofern berücksichtigt, als daß fehlende Konzentrationen im Dialysat nicht zu falsch niedrigen Clearance-Angaben führen können.

Bei der Berechnung der Clearance-Leistung bei Hämofiltrationsverfahren wird die Konzentration im Ultrafiltrat (CUF) als Grundlage herangezogen.

Sc = CUF/CA

Wobei Sc dem Sieving-Koeffizient, CA der Serumkonzentration im arteriellen, zuführenden Schenkel entspricht. Hieraus ergibt sich für die Hämofiltrationsclearance (C1HF) folgende Formel:

C1HF (ml/min) = Sc. UFR

Eine nicht meßbare Konzentration im Ultrafiltrat bedeutet somit, daß die entsprechende Substanz scheinbar nicht eliminiert wird, auch wenn CV sz1.gif (57 Byte) CA ist. Substanzen, die wesentlich durch Adsorption eliminiert werden, gelten aufgrund dieser Clearance-Formel fälschlich als nicht dialysabel.

 

Einfluß des Dialyseverfahrens und der Flußgeschwindigkeiten auf die Elimination

Erwartungsgemäß besteht ein Unterschied in der Elimination einer Substanz, wenn ein intermittierendes oder kontinuierliches Verfahren bzw. eine arterio-venöse oder veno-venöse kontinuierliche HD, HF oder HDF angewendet wird. Zusätzlich wird die Clearance-Leistung auch noch vom Blutfluß bzw. Dialysatfluß beeinflußt (Abb. 2).

Abbildung 2: Vancomycin-Clearance in Abhängigkeit vom Dialysatfluß bei kontinuierlicher venovenöser Hämofiltration. Mod. nach Joy et al.

Abbildung 2 vergrößern
bitte hier klicken...

D. h. je höher der Blut- bzw. Dialysatfluß ist, umso größer fällt die Clearance-Leistung aus. Bei fixen Antibiotika-Kombinationen wie Amoxicillin-Clavulansäure, Piperacillin-Tazobactam oder Imipenem-Cilastatin ist die unterschiedliche pharmakokinetische Charakteristik bei der Anwendung zu berücksichtigen. Einerseits kann die antimikrobielle Wirksamkeit beispielsweise durch verstärkte Elimination von Amoxicillin bei Amoxicillin-Clavulansäure vermindert sein oder andererseits eine Kumulation auftreten wie dies von Tazobactam bzw. Cilastatin bekannt ist (Abb. 3).

Abbildung 3: Unterschiedliche Clearance von Imipenem und Cilastatin bei Hämofiltration. Mod. nach Keller et al.I

Abbildung 3 vergrößern
bitte hier klicken...

 

 

Einfluß von Membraneigenschaften auf die Elimination

Bei Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite können unterschiedliche Membranen wesentlich die Dosierungsempfehlungen beeinflussen. Beispielsweise galt für Vancomycin bei Low-Flux HD mit einer Cuprophan-Membran eine Dosierung von 1 g Vancomycin/Woche, während bei einer Polysulfon High-Flux HD 1 g Vancomycin nach jeder HD verabreicht werden muß. Auch Teicoplanin galt lange Zeit als wenig bzw. nicht dialysabel; jedoch auch Teicoplanin wird durch Polysulfon High-Flux Membranen signifikant eliminiert. Neben dem Membranmaterial spielt auch die Größe der Membranoberfläche eine wesentliche Rolle, wie dies beispielsweise für Vancomycin, Gentamicin oder Ofloxacin nachgewiesen wurde (Abb. 4).

Abbildung 4: Einfluß der Größe der Membranoberfläche Iauf die Vancomycin-Clearance. Mod. nach Lanese et al.

Abbildung 4 vergrößern
bitte hier klicken...

Bei der kontinuierlichen Hämofiltration kann die Adsorption sowie die Sekundärmembranbildung die Elimination von stark eiweißgebundenen Substanzen signifikant beeinflussen. In einer eigenen Studie mit Teicoplanin konnten wir zeigen, daß bei kontinuierlicher HF mit derselben Membran über einen Zeitraum von 48 Stunden die Elimination in den ersten 24 Stunden deutlich größer ausfällt als in den folgenden 24 Stunden. Auch dies sollte bei der Dosierung berücksichtigt werden (Abb. 5).

Abbildung 5: Unterschiedliche Elimination von Teicoplanin in Abhängigkeit der Verwendungsdauer einer hochpermeablen Membran

Abbildung 5 vergrößern
bitte hier klicken...

 

 

Rebound-Phänomen

Ein Rebound tritt immer dann auf, wenn die Elimination einer Substanz aus dem Blut durch z.B. Hämodialyse schneller erfolgt, als diese aus dem Gewebe zurück in den Blutkreislauf diffundieren kann. Das Rebound-Phänomen gewinnt an Bedeutung bei Medikamenten mit enger therapeutischer Breite, da eine Überdosierung bei Nichtberücksichtigung auftreten könnte. Literaturangaben zum Rebound von Medikamenten sind allerdings selten und stark unterschiedlich, sodaß Konsequenzen für die klinische Routine noch nicht abzuleiten sind.

 

Pharmakodynamik der Antibiotika-Therapie im Rahmen der Nierenersatztherapie

ß-Laktam-Antibiotika wie Penicilline, Cephalosporine oder Carbapeneme erzielen ihre beste antimikrobielle Wirksamkeit, wenn der Serumspiegel das vier- bis fünffache der minimalen Hemmhofkonzentration (MHK) über 40-60% des Dosierungsintervalles (T) beträgt (T>MHK). Ein hoher Spitzenspiegel bringt keinen zusätzlichen Vorteil. Aminoglykoside hingegen zeichnen sich durch eine konzentrationsabhängige Abtötungsrate aus; d.h. je höher der Spitzenspiegel ist, desto besser die mikrobiologische Wirksamkeit.

Eine Studie unserer Gruppe mit Cephalosporinen konnte nachweisen, daß eine Dosierung von 2 g Cefpirom bzw. Cefepime parenteral nach jeder Hämodialyse ausreichend hohe Serumspiegel über 48 h bis 72 h gewährleistet (Abb. 6).

Abbildung 6: Multi-dose Pharmakokinetik von Cefepime bei Hämodialysepatienten

Abbildung 6 vergrößern
bitte hier klicken...

Dieser Applikationsmodus erlaubt unter Ausnützung der pharmakokinetischen-pharmakodynamischen Vorteile eine optimale antimikrobielle Therapie, eine Reduzierung der Therapiekosten und eine Complianceverbesserung bei den Patienten. Eine kürzlich publizierte Studie nützte hohe Spitzenspiegel vor Dialysebeginn bei Aminoglykosiden mit nachfolgender Hämodialyse aus, um die antimikrobielle Wirksamkeit zu verbessem und die Toxizität zu minimieren.

 

Schlußfolgerung

Die Dosisfindung für Antibiotika bei Hämodialyse oder Hämofiltration hängt von zahlreichen Faktoren ab, sodaß keine exakten Empfehlungen möglich bzw. vorhanden sind. Für zahlreiche Substanzen gibt es überhaupt keine oder nur alte Daten, die für die modernen Hämodialyse- und Hämofiltrationsverfahren nicht angewandt werden können.

Tabelle 4 soll als Versuch einer praxisorientierten Dosisempfehlung für einige Antibiotika dienen, ohne jedoch den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die zunehmende Anzahl dialyse- bzw. hämofiltrationspflichtiger Patienten und das erhöhte Infektionsrisiko dieser Patientengruppe machen entsprechende Studien und fundierte Dosierungsempfehlungen wünschenswert.

Tabelle 4: Dosierungsempfehlungen pro Tag für Antibiotika bei Hämodialysepatienten und Intensivpatienten mit Hämofiltration basierend auf 70 kg Körpergewicht
Antibiotikum Normale Hämodialyse Hämofiltration
Penicilline:
Amoxicillin/Clavulansäurea)
Ampicillin
Flucloxacillin
Piperacillin/Tazobactam
3 x 2,2 - 4,4 g
3 x 2,0 - 5,0 g
3 - 4 x 2,0 g
3 x 4,5 - 9,0 g
1 x 2,2 g
2 x 1,0 g

3 x 1,0 g
2 x 4,5 g
3 x 2,2 g
2 x 1,0 g
3 x 2,0 g
3 x 4,5 g
-
Cephalosporine:
Cefepim
Cefpirom
Ceftazidim
Ceftriaxon
2 - 3 x 2,0 g
2 - 3 x 2,0 g
3 x 2,0 g
1 x 2,0 - 4,0 g
1,0 - 2,0 g post HD
1,0 - 2,0 g post HD
1 x 1,0 g
1 x 4,0 g
2 x 2,0 g
3 x 2,0 g
3 x 2,0 g
2 x 2,0 g
-
Carbapeneme:
Imipenem/Cilastatin
Meropenem
3 - 4 x 1,0 g
3 x 1,0 - 2,0 g
3 x 0,25 - 0,5 g
1 x 0,25 - 0,5 g
3 x 1,0 g
3 x 1,0 g
-
Chinolone:
Ciprofloxacin
Ofloxacinb)
Levofloxacin
2 -3 x 400 mg
1 -2 x 400 mg
1 x 500 - 1000 mg
2 x 100 mg
1 x 200 mg
1 x 125 mg
3 x 200 mg
1 x 300 mg ?
1 x 500 - 1000 mg
-
Diverse Antibiotika:
Clindamycin
Fosfomycin
Metronidazol
Rifampicin
3 x 900 - 1200 g
3 x 8,0 g
1 x 1,5 g
1 x 10 mg/kg
3 x 600 - 900 mg
1 x 2,0 g
1 x 1,0 g
1 x 5 mg/kg
3 x 600 - 1200 mg
1 x 2,0 g ?
1 x 1,5 g
1 x 5 mg/kg
-
Aminoglykoside: c)
Amikacin
Gentamicin
Netilmicin
15 mg/kg
3,0 - 5,0 mg/kg
4,0 - 7,5 mg/kg
5 - 7,5 mg/kg post HD
1 - 2 mg/kg post HD
1 - 2 mg/kg post HD
5 - 7,5 mg/kg
1 - 2 mg/kg
1 - 2 mg/kg
-
Glykopeptide: C)
Teicoplanin
Vancomycin
1 x 12 - 15 mg/kg
3 x 0,5 - 1,0 g
12 mg/kg post HD
1,0 g post HD
12 mg/kg
1 x 1,0 g
-
Antimykotika:
Ampotericin B
Fluconazol
1 x 1,5 mg/kg
1 x 10 mg/kg
1 x 1,5 mg/kg
100 mg post HD
1 x 1,5 mg/kg
1 x 10 mg/kg
-
Virustatika:
Acyclovir
Gancyclovir
3 x 10 mg/kg
2 x 5 mg/kg
1 x 5 mg/kg
1 x 1,5 mg/kg post HD
1 x 5 mg/kg
5 mg/kg/48 h
a) Die empfohlene Dosierung 600 mg Amoxicillin/Clavulansäure täglich nach einer einmaligen Loadingdose von 1200 mg erscheint unterdosiert zu sein.
     Es liegen keine Dosierungsempfehlungen für die kontinuierliche Hämofiltration vor.
b) Aus klinischer Sicht stellt sich die Frage, ob nicht eine dreimal tägliche Gabe sinnvoller ist.
c) Die angegebene Dosierung entspricht der Loadingdose. Weitere Dosierungen sind anhand der Talspiegelbestimmung anzupassen.

 

Anschrift des Verfassers:
a. o. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Abteilung für Infektionen und Chemotherapie,
Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20

zurück zum Inhalt