Penicillin V
- aktueller Stellenwert bei Streptokokken-Infektionen



W. Reinisch
Arzt für Allgemeinmedizin, Wien
...zum Geleit


Schlüsselwörter:
Penicillin V, Streptokokken-Infektionen, Diagnostik, Therapie

 

Zusammenfassung

Experten aus Klinik und Praxis definieren den aktuellen Stellenwert von Penicillin V. "Penicillin V ist auch im Jahr 2000 nach wie vor als das Mittel der Wahl bei Streptokokken-Infektionen wie bakterieller Tonsillopharyngitis und Erysipel unumstritten, aber auch bei Lyme-Borreliose im Stadium I stellt es die primäre Therapie dar", darüber wurde ein Konsens erzielt. Führende Bakteriologen bestätigen, daß sich die gute Penicillin-Empfindlichkeit von Streptokokken in Österreich in den letzten Jahren nicht verändert hat, die gezielte bakterizide Wirkung und ausgezeichnete Verträglichkeit von Penicillin V wird von Ärzten in Klinik und Praxis bestätigt. Aktuelle Fragen zu bakteriologischer Diagnostik, Dosierung und therapeutischen Alternativen werden im folgenden Artikel beantwortet.

 

Key-words:
Penicillin V, streptococci-infections, diagnostics, therapy

 

Summary

Experts in hospital und medical practice make their statements on the actual value of penicillin V. There is a consensus that in the year 2000 as in preceding years penicillin V is still the antibiotic of first choice to treat infections caused by streptococci as tosillo-pharyngitis und erysipelas as well as Lyme Disease stage 1. Leading bacteriologists agree that in Austria streptococci are still highly sensitive to penicillin and the situation did not change compared to preceding years. The specific bactericidal efficacy and excellent tolerance of penicillin V is confirmed by the experience of physicians in hospital and medical practice. The following article compiles the answers of specialists to relevant questions on bacteriological diagnostics, dosage and alternative antibiotic therapy.



Einleitung

Die zum Stellenwert von Penicillin V für die Therapie von Tonsillopharyngitis, Erysipel und Lyme-Borreliose befragten Experten nehmen zu folgenden Fragen Stellung:

Ist Penicillin V nach wie vor die primäre Therapieoption? Pro und Contra der bakteriologischen Diagnostik in der Praxis und Alternativen der antibiotischen Behandlung. Wie entwickelt sich die Resistenzsituation in Österreich? Was ist die optimale Dosis für Kinder und Erwachsene? Wie beurteilen Sie klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit von Penicillin V? Gibt es sinnvolle, kostengünstige Alternativen? Vieles spricht dafür, daß Penicillin V in den genannten Indikationen nach wie vor den Goldstandard der Antibiotikatherapie darstellt.

 

Angina tonsillaris - Gibt es eine echte Alternative zu Penicillin V?

Diese Frage beantwortet Herr Univ.Prof. DDr. W. Graninger, Vorstand der Klinischen Abteilung für Infektionen und Chemotherapie, AKH Wien, aus seiner Sicht folgendermaßen:

Univ.Prof. DDr. W. Graninger

"Penicillin V ist nach wie vor das klassische Antibiotikum für die Behandlung der bakteriellen Tonsillopharyngitis, weil seine spezifische Aktivität gegen Streptokokken der Gruppe A gerichtet ist und dabei die restliche körpereigene Flora schont," stellt Graninger fest.

Gefährliche Folgeerkrankungen der Streptokokken-Angina verhindern

"Der Grund, warum bei StreptokokkenAngina Penicillin V verordnet werden soll, ist nicht der Wunsch, die Dauer der Beschwerden um ein paar Tage zu verkürzen, sondern die Verhinderung gefährlicher Folgeerkrankungen wie des rheumatischen Fiebers und der Streptokokken-Glomerulonephritis. Diese Folgeerkrankungen manifestieren sich zwar erst 10 bis 16 Tage nach Infektbeginn, die überschießende Antikörperproduktion und Ablagerung von Immunkomplexen in Gelenken, Herzmuskel oder Niere setzt aber rasch ein", so Graninger.

"Deshalb halten wir die manchmal geäußerte Überlegung, bei einer Angina tonsillaris mit der Antibiotikatherapie noch ein bis zwei Tage zuzuwarten, für einen gefährlichen Fehler. Dabei ist eine adäquat hohe Dosierung von Penicillin V entscheidend, "State of the Art" sind für Erwachsene 3 x 1,5 Mio I.E., für Kinder 100.000 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht taglich p.o., wobei in schweren Fällen die Dosis ohne Verträglichkeitsproblem erhöht werden kann. Aufgrund neuer Studien genügt wahrscheinlich auch für Penicillin V eine Therapiezeit von 5 Tagen wie für Makrolide und Cephalosporine, die Therapierichtlinie empfiehlt aber derzeit noch 10 Tage Behandlung mit Penicillin V", führt Graninger aus.

Resistenzsituation bei Streptokokken in Österreich nach wie vor günstig

"Penicillin V ist das einzige Antibiotikum, bei dem es praktisch keine resistenten Isolate bei Streptokokken gibt, was vor allem auch im Hinblick auf zunehmende Resistenzen wichtig ist, die wir gegen Makrolide sehen. Während in Spanien und Ungarn bis zu 60% Penicillin-resistente Pneumokokken-Stämme auftreten, sind z.B. in Österreich nur 3 - 5% dieser Bakterienstämme resistent. Dieser Umstand hängt wahrscheinlich auch mit der traditionell hohen Antibiotika- und Penicillin-Dosierung in Österreich zusammen. Man sollte weiterhin nicht an Antibiotika sparen, sondern mit dem Antibiotika-Einsatz sparsam umgehen und gezielt therapieren. Aus den angeführten Gründen ist daher Penicillin V bei Streptokokken-Angina nach wie vor die Therapie der Wahl", faßt Graninger zusammen.

"Mögliche Therapieversager sind ganz überwiegend auf zu niedrige Dosierung, mangelnde Compliance und/oder eine falsche Diagnose zurückzuführen. Solange Tagesdosis, Einnahmemodus und Dosierungsintervalle korrekt gehandhabt werden, sind auch keine Probleme mit der Wirksamkeit von Penicillin V gegen A-Streptokokken zu erwarten", ist Graninger überzeugt und führt weiter aus:

"Orale Cephalosporine sind in dieser Indikation wenig geeignet, da sie mit Ausnahme von Cefalexin schlechter resorbiert werden, schlechter verträglich und teurer sind als Penicillin V. Außerdem wirken sie nicht nur gegen Streptokokken, sondern z.B. auch gegen Klebsiellen und Coli-Bakterien. Dies führt zu wesentlichen Veränderungen der normalen Körperflora und zur Selektion von Keimen, die normalerweise keine pathogene Bedeutung haben. Gyrasehemmer haben schon deshalb keinen Platz in dieser Indikation, weil sie gegen grampositive Keime zu viele Schwächen aufweisen und zur Selektion von Enterokokken oder Staphylokokken führen."

Gezielte Wirksamkeit stellt eindeutigen Vorteil dar

"Gerade bei Tonsillitiden, die in kurzen Abständen rezidivieren, erfährt man bei genauer Befragung, daß die Penicillin-Einnahme bereits am 3. oder 4. Tag abgebrochen wurde, um z.B. das Kind nicht "unnötig" mit Antibiotika zu belasten.

Dieser häufige Behandlungsfehler wird nicht nur bei der Streptokokken-Angina, sondern auch bei der Therapie des Erysipels begangen, bei dem ebenfalls Penicillin V die primäre Behandlung darstellt. Jedenfalls zeigen unsere eigenen Erfahrungen an der Klinik und die Literatur, daß Penicillin V bei Streptokokken-Infektionen in Österreich in den letzten Jahren nichts von seiner ursprünglichen Wirksamkeit verloren hat", so Graninger.

"Damit erfüllt Penicillin V bei Streptokokken-Angina den Wunschtraum jedes Arztes, ein Antibiotikum zu haben, das gezielt nur gegen diese Erreger wirkt und die übrige Körperflora in Ruhe läßt", erklärt Graninger.

 

Bei nachgewiesenem Streptokokken-Infekt ebenso wie bei Verdacht auf bakterielle Tonsillitis primär mit Penicillin V behandeln

Herr Univ.-Prof. Dr. J. P. Guggenbichler, Vorstand der Abteilung für Infektiologie und präventive Medizin für Kinder und Jugendliche, Univ.-Klinik Erlangen/Nürnberg, erklärt aus Sicht des Pädiaters den Stellenwert von Penicillin V:

Univ.-Prof. Dr. J. P. Guggenbichler

"Für den Einsatz von Penicillin V als Therapie erster Wahl bei bakterieller Tonsillopharyngitis gibt es viele gute Argumente. Die bei weitem wichtigsten bakteriellen Erreger sind Streptokokken der Gruppe A, die rund 95% aller bakteriellen Tonsillopharyngitiden verursachen. Die Analyse der Literatur zeigt, daß sich in den letzten Jahren in Österreich und Deutschland die Resistenzsituation bei Streptococcus pyogenes nach wie vor nicht geändert hat. In Österreich sind nur 3 - 5 % der Pneumokokken gegen Penicillin V resistent. Andere Bakterien wie Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Corynebakterien etc. werden zwar bei diesem Krankheitsbild auch nachgewiesen, spielen aber als Krankheitserreger keine große Rolle. Penicillin V wirkt spezifisch und bakterizid und wird in vitro bei Streptokokken von keinem anderen Antibiotikum übertroffen. Bei adäquater Dosierung erreichen die klinischen Heilungsraten mindestens 90%. Die Verträglichkeit ist selbst in hohen Dosen sehr gut, Penicillin V ermöglicht eine sehr kostengünstige Behandlung.

Makrolide sind bei Tonsillopharyngitis nicht erste Wahl, da es schon zunehmend resistente Erreger gibt", faßt Guggenbichler zusammen.

Unterschiedlichen Einfluß auf körpereigene Flora und Resistenzentwicklung beachten

"Breitspektrum-Antibiotika eliminieren sofort die gesamte empfindliche Coli-Flora im Darm. Aufgrund seines schmalen Spektrums kommt es unter Penicillin V z. B. im Unterschied zu Cephalosporinen der 2. und 3. Generation zu keiner nennenswerten Störung der empfindlichen Körperflora und damit tritt unter Penicillin V kaum Diarrhoe auf. Wie wir in eigenen Untersuchungen zeigen konnten, wirken Cephalosporine der 2. und 3. Generation und Makrolide nicht nur auf die Streptokokken im Rachenbereich, sondern auf die gesamte Körperflora, es kommt zu einer massiven Elimination der Coliflora. Die Lücke wird durch Enterokokken und Candida geschlossen, die Wiederbesiedlung erfolgt mit multiresistenten Enterobacteriaceae", erklärt Guggenbichler.

"Aufgrund von Bakterienisolaten aus der kindlichen Rachenschleimhaut schließen wir, daß eine Resistenzentwicklung gegen Makrolide besonders bei solchen mit langer Halbwertszeit wie z. B. Azithromycin auftritt. Dabei spielt das Phänomen subinhibitorischer Antibiotikakonzentrationen eine Rolle, nach sechswöchiger Therapie waren mehr als 90% der Patienten mit Makrolidresistenten Keimen besiedelt. Diese Resistenzentwicklung tritt aber unter Makroliden mit kürzerer Halbwertszeit nicht in dieser Form auf", erläutert Guggenbichler.

Ist eine klinische Differenzierung - virale oder bakterielle Tonsillitis ohne Erregernachweis möglich?

"In großangelegten klinischen Untersuchungen konnten wir zeigen, daß für eine bakterielle Tonsillopharyngitis nicht ein einzelnes Symptom, sondern ein Symptomen-Cluster typisch ist. Dazu gehören nach unserer Erfahrung bei Kindern folgende Symptome:

  • plötzlicher Beginn mit hohem Fieber, Kopfschmerz

  • Brechreiz, Erbrechen, Bauchschmerz

  • geschwollene, schmerzhafte, weiche Kieferwinkel-Lymphknoten

  • Petechien am weichen Gaumen

  • hochrote, glasig geschwollene Tonsillen, manchmal ohne Stippchen und ohne Beläge

  • Epidemiologie und Alter des Kindes beachten !

Die hohe Treffsicherheit zeigt sich darin, daß etwa 96% der untersuchten Kinder nur diesem Symptomen-Cluster eine Streptokokken-Angina haben und nur 6% mit nachgewiesenen Streptokokken-Infekten diesen Symptomenkomplex nicht zeigen. Vor allem bei Erwachsenen sind aber die Grenzen zwischen viraler und bakterieller Tonsillitis oft verschwommen, weshalb ein Streptokokken-Schnelltest in der Praxis hilfreich sein kann", faßt Guggenbichler zusammen.

Adäquate Dosierung entscheidend für Therapieerfolg

"Wir wissen heute, daß die Resorption von Penicillin V altersabhängig ist und Säuglinge und Kleinkinder Penicillin V schlechter resorbieren als ältere Kinder. Ich halte die generelle Dosisempfehlung der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische lnfektiologie aber für gerechtfertigt. Diese Dosisempfehlung liegt für Kinder bei 100.000 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht p.o. pro Tag.

Während das Kaliumsalz von Phenoxymethylpenicillin nüchtern gegeben werden muß, kann man Benzathin Phenoxymethylpenicillin (z. B. Ospen® Saft) mit der Nahrung geben, ohne daß es nennenswerte Resorptionseinbußen gibt. Die Tagesdosis sollte in den ersten beiden Tagen 3 x täglich, achtstündlich gegeben werden, kann aber ab dem 3. Tag auf 2 Einzeldosen verteilt im Abstand von 12 Stunden gegeben werden", sagt Guggenbichler und meint abschließend:

"Penicillin V stellt wegen seiner bakteriziden Wirkung bei Streptokokken-Angina nach wie vor die Therapie der Wahl dar."

 

"Aufgrund der aktuellen Resistenzsituation in Österreich ist Penicillin V nach wie vor bei bakterieller Tonsillopharyngitis das Mittel der Wahl"

Erklärt Herr Univ.-Prof. Dr. H. Mittermayer, Vorstand des lnstituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, KH der Elisabethinen, Linz.

Univ.-Prof. Dr. H. Mittermayer

"Streptokokken der Gruppe A machen etwa 95% der in Frage kommenden Erreger bei bakterieller Tonsillopharyngitis aus und kein anderes Antibiotikum ist gegen diese Erreger in vitro so gezielt und gut wirksam. Bislang wurden weltweit keine Penicillin-resistenten Streptococcus pyogenes-Stämme beobachtet", sagt Mittermayer und ergänzt: "Cephalosporine der 2. und 3. Generation üben einen stärkeren Einfluß auf die körpereigene Flora aus, werden schlechter resorbiert als Penicillin V und sind wie Makrolide wesentlich teurer."

"Bei Makroliden muß das in letzter Zeit häufigere Auftreten von Resistenzen beachtet werden, wobei die Resistenzsituation allerdings differenziert betrachtet werden muß. Wir haben auch in eigenen bakteriologischen Untersuchungen in den letzten Jahren eine Zunahme der Makrolidresistenzen festgestellt, bei Streptococcus pyogenes finden wir jetzt bei 10% der untersuchten Stämme und bei Streptococcus pneumoniae bei 6% eine Erythromycin-Resistenz. Diese Resistenzentwicklung wird am häufigsten durch ein Makrolid-Efflux-Gen (mef-Gen) hervorgerufen, 16-gliedrige Makrolide wie Josamycin sind davon nicht betroffen", faßt Mittermayer eigene Ergebnisse zusammen.

Erregernachweis zur Differentialdiagnose sinnvoll

"Für eine gezielte Antibiotikatherapie ist auch im niedergelassenen Bereich die Durchführung einer mikrobiologischen Diagnostik sinnvoll. Vor allem zur Differenzierung gegenüber viralen Infektionen ist z. B. der Einsatz eines Streptokokken-Schnelltests zu befürworten. Für einen breiten Einsatz sind klare Richtlinien für Indikation und Befundinterpretation notwendig, damit eine günstige Kosten-Nutzen-Relation erzielt wird. Die bakteriologische Diagnostik ist aber nicht nur eine Frage der Pharmakoökonomie, sondern soll auch längerfristig durch die Verminderung eines unnötigen Antibiotikaeinsatzes der Entwicklung von Resistenzen vorbeugen. Auch die Wahl des Antibiotikums beeinflußt die Resistenzentwicklung. Wie erwähnt, sind bei Streptococcus pyogenes bisher keine Resistenzen gegen Penicillin aufgetreten. Bei Makroliden scheint jedoch der Gesamtverbrauch dieser Substanzen mit der Resistenzentwicklung zu korrelieren. Eine weitere Resistenzunahme ist daher zu erwarten, wenn nicht gegengesteuert wird. Nach den Daten aus der Steiermark ist eine beträchtliche Zunahme makrolidresistenter Streptococcus pyogenes-Stämme bereits zu beobachten", führt Mittermayer aus.

"Bei bestehender Penicillinallergie - diese sollte aber durch eine entsprechende Testung verifiziert sein! - kommen bei bakterieller Tonsillitis Makrolide zum Einsatz.

Aufgrund der dargestellten Sachlage halte ich bei bakterieller Tonsillopharyngitis nach wie vor Penicillin V für die Therapie der ersten Wahl", faßt Mittermayer zusammen.

 

"Besonders bei Kindern ist hohe Therapiesicherheit entscheidend"

So bringt Oberarzt Dr. O. Janata, Hygienebeauftragter des Donauspitals im SMZ Ost, seine Erfahrungen auf den Punkt.

Oberarzt Dr. O. Janata

"Die meisten sogenannten neueren Antibiotika sind aus klinischer Sicht dem "alten Penicillin" nicht überlegen, meist aber sehr teuer und bergen u. U. unangenehme Überraschungen. So mußten in jüngster Zeit zwei neue Antibiotika wegen erst nach Zulassung erkannter Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen werden. Besonders bei Kindern ist eine hohe Therapiesicherheit, wie sie Penicillin V auszeichnet, von großer Bedeutung. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Penicillin V ist auch bei Säuglingen und Kindern bestens dokumentiert, aufgrund neuer pharmakodynamischer Daten kann die Tagesdosis von 100.000 I.E. Benzathin Phenoxymethylpenicillin (Ospen®-Saft) pro Kilogramm Körpergewicht aufgrund der guten Galenik auch auf zwei Tagesdosen verteilt eingenommen werden, womit zu einer Verbesserung der Compliance beigetragen werden kann", faßt Janata zusammen.

"Gelegentliche Probleme bei der Wirksamkeit gibt es nicht aufgrund der Resistenzsituation, sondern weil der Patient oft bei Tonsillopharyngitis zu früh die Therapie absetzt oder weil wegen Non-Compliance unterdosiert wird. Deshalb ist die genaue Aufklärung des Patienten über das Wesen der Erkrankung und mögliche schwerwiegende Komplikationen wichtig, auch insbesondere darüber, daß bei inadäquater Behandlung systemische Komplikationen wie das früher so gefürchtete, heute aber vielen Ärzten nicht mehr so gegenwärtige rheumatische Fieber auftreten können. Es geht also vor allem bei leichteren Formen der Erkrankung um eine Komplikationsprophylaxe", stellt Janata fest, "die Standarddosierung für Erwachsene beträgt 3 x täglich 1,5 Mio I.E. Penicillin V p.o."

Woran muß man denken, wenn ein vermeintliches Rezidiv auftritt?

Im Vordergrund stehen laut Janata für den behandelnden Arzt folgende Fragen:

  • Hat der Patient das Medikament überhaupt eingenommen, wenn ja: wie lange und in welcher Dosierung?

  • Gibt es in der Familie/Umgebung Streptokokken-Infektionen, also eine Quelle für Neuansteckung?

  • Stimmt die Diagnose? Liegt eine Virusinfektion vor? Evtl. bakterielle Diagnostik veranlassen, besonders bei frühem "Relapse" binnen 1- 2 Monaten.

"Komplikationen sind, wie Studien belegen, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht auf Penicillin-Resistenz, sondern auf eine nicht adäquate Behandlung zurückzuführen", sagt Janata, und "eine bakterielle Begleitflora, wie sie im Rachenbereich stets vorkommt, beeinflußt nicht die Wirksamkeit von Penicillin, unabhängig davon, was der primäre Erreger ist. Ebenso haben etwaige Betalaktamasen der Begleitflora keinen Einfluß auf die Wirksamkeit von Penicillin V."

Die Makrolid-Resistenzraten bei Streptokokken nehmen zu

"In vitro gibt es gegen Streptokokken kein wirksameres Antibiotikum als Penicillin V, es wurden bisher unter A-Streptokokken von Patientenisolaten keine Resistenzen beobachtet, die Resistenzraten von Streptokokken gegen Makrolide nehmen aber zu.

Es gibt daher - mit Ausnahme von Patienten mit bekannter Allergie auf Penicilline - keinen Grund, z. B. Makrolide bei Streptokokken-Infekten als Mittel der ersten Wahl einzusetzen, da, wie man weiß, ihr vermehrter Einsatz mit zunehmenden Makrolid-Resistenzraten einhergehen kann", sagt Janata.

"Bei Jugendlichen und im frühen Erwachsenenalter ist von der Gabe von Amoxicillin bei Pharyngotonsillitis abzuraten, da in dieser Patientengruppe das Pfeiffer'sche Drüsenfieber häufig ist und unter Amoxicillin dabei fast typischerweise ein Arzneimittelexanthem auftritt, das den Patienten dann u. U. lebenslänglich als "allergisch auf Penicillin" stigmatisiert. Außerdem ist Amoxicillin gegen Streptokokken schwächer wirksam als Penicillin V", stellt Janata fest und faßt zusammen:

"Penicillin V ist also bei Streptokokken-Infektionen unbestritten weiterhin die Therapie der Wahl. Neben der klinischen Wirksamkeit ist bei HNO-Infekten wie Angina und Scharlach auch heute noch die Prävention der systemischen Spätkomplikationen Ziel der Therapie."

 

Warum ist eigentlich Penicillin V in der Behandlung einer bakteriellen Tonsillopharyngitis bis heute unübertroffen?

Univ.-Prof. Dr. F. Allerberger, Bundesstaatliche bakteriologisch serologische Untersuchungsanstalt Innsbruck, führt aus:

Univ.-Prof. Dr. F. Allerberger

"Orales Penicillin V ist nach wie vor Mittel der Wahl bei bakterieller Tonsillopharyngitis, dafür gibt es vor allem fünf wichtige Argumente:

  • in vitro gibt es kein anderes Antibiotikum mit besserer Wirksamkeit

  • es gibt weltweit keinen Wildstamm von beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A, der gegen Penicillin V resistent wäre

  • die klinische Wirksamkeit ist gezielt und unübertroffen

  • die klinische Verträglichkeit ist ausgezeichnet

Dazu kommt, daß in schweren Fällen die Dosis problemlos erhöht werden kann, ohne daß Verträglichkeitsprobleme auftreten.

Auch wenn das rheumatische Fieber in Österreich heute extrem selten zu diagnostizieren ist, so ist die entsprechende Prophylaxe mit Penicillin V doch eminent wichtig", faßt Allerberger zusammen.

Tonsillopharyngitis: Nur bei Penicillin-Allergie Makrolide primär einsetzen

"Auch in Österreich werden im niedergelassenen Bereich bei Atemwegsinfektionen am häufigsten Makrolide eingesetzt, dadurch kommt es zu einem starken Anstieg von Makrolidresistenten Bakterien. Die Makrolid-Resistenz bei betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A betrug 1990 weniger als 1%, lag 1999 aber schon bei 6,9%, in der Steiermark sind bereits 21% von Streptococcus pyogenes Makrolid-resistent.

Eine ähnliche Resistenz-Entwicklung hat in Finnland dazu geführt, daß dort die nationale Gesundheitsbehörde dazu aufgerufen hat, auf den Einsatz von Makroliden bei ambulanten Patienten mit Atemwegs- und Hautinfektionen zu verzichten.

Makrolide sind daher bei bakterieller Tonsillopharyngitis nur bei Penicillinallergie Mittel der Wahl. Eine Betalaktam-Allergie muß als potentielles therapeutisches Problem diagnostisch abgeklärt werden", so Allerberger. "In diesem Zusammenhang stellen Makrolidresistente Streptokokken auch bei Patienten mit Erysipel ein echtes Problem dar, da Betalaktame bei Patienten mit Penicillinallergie wegen der bestehenden Kreuzresistenz zu Penicillin nicht gegeben werden können", führt Allerberger weiter aus.

Klinische Daten bei Kindern belegen gute bakteriologische und klinische Wirksamkeit von Penicillin V

"Eine von uns in Zusammenarbeit mit der Universitätskinderklinik Innsbruck durchgeführte klinische Studie bei 149 Kindern mit Streptokokken-Angina zeigt eine sehr gute klinische Wirksamkeit für Penicillin V (Dosierung: 100.000 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht täglich in drei Teildosen p.o.), diese liegt bei 88,6% der behandelten Kinder. Die bakteriologischen Therapieversager für Penicillin V belaufen sich auf 20%, liegen in einer vergleichbaren Studie für Azithromycin aber bei 36,5% und für Cefaclor bei 21,7% . Bei keinem einzigen Streptokokken-Isolat fand sich eine Penicillin-Toleranz, wobei auch alle Fälle mangelhafter klinischer Wirksamkeit in die Untersuchung einbezogen waren. Dabei stört Penicillin V die körpereigene Flora am allerwenigsten, unter anderen Antibiotika wie oralen Cephalosporinen oder Makroliden kommt es durch die Störung der Darmflora häufiger zu Diarrhoe", faßt Allerberger die klinischen Daten zusammen.

Streptokokken-Schnelltest zur Sicherung der Indikation der Antibiotikatherapie bei Tonsillopharyngitis sinnvoll

"In Tirol wird der Streptokokken-Schnelltest seit Jahren von den niedergelassenen Ärzten eingesetzt und von der Gebietskrankenkasse honoriert. Dieses Vorgehen entspricht z. B. den englischen Richtlinien, wonach nur bei positivem bakteriologischem Befund eine antibiotische Therapie begonnen werden soll. Das Kostenproblem des Schnelltests darf nicht als alleiniges Argument vorgebracht werden, sind doch multiresistente Keime eine weitreichende übergeordnete Problematik im Gesundheitswesen", konstatiert Allerberger" und "deshalb ist der gezielte Einsatz der bakteriologischen Diagnostik hier zu fordern."

"Insgesamt hat orales Penicillin V auch im 3. Jahrtausend bei Streptokokken-Tonsillopharyngitis seinen hohen Stellenwert behalten, da es unverändert bakterizid wirksam ist, und weder besser verträgliche noch kostengünstigere Alternativen zur Verfügung stehen", ist Allerberger überzeugt.

 

"Penicillin V ist das bestverträgliche und bewährteste Antibiotikum"

So erläutert Herr Primarius Univ. Doz. Dr. B. Welleschik, Vorstand der HNO-Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung der Stadt Wien, seine Erfahrungen und fährt fort:

Primarius Univ. Doz. Dr. B. Welleschik

"Die bakterielle Tonsillitis wird überwiegend durch A-Streptokokken hervorgerufen, die nach wie vor eine unverändert gute Empfindlichkeit gegenüber Penicillin V aufweisen. Deshalb ist an der HNO-Abteilung des Wiener Rudolfspitals sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen Penicillin V bei akuter Tonsillitis die primäre Therapie, es kommt aber auch beim Erysipel im Bereich von Ohr und Nase zum Einsatz. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen: Penicillin ist das bestverträgliche und bewährteste Antibiotikum, es ist gezielt bakterizid wirksam und beeinflußt die körpereigene Flora nur wenig. Bei schweren Fallen kann die Dosis problemlos erhöht und als Penicillin G auch parenteral appliziert werden. Eine adäquate Dosierung ist zur Verhinderung gefährlicher lokaler und systemischer Spätkomplikationen entscheidend. Die Komplikationsrate ist bei unbehandelten Patienten wesentlich höher", führt Welleschik aus.

"Unter Penicillin V sehen wir meist ein rasches Ansprechen und praktisch keine Therapieversager."

"Andere Bakterien wie Moraxella catarrhalis, Haemophilus influenzae, Corynebacterium diphtheriae etc. spielen bei uns in der Regel als Krankheitserreger bei bakterieller Tonsillitis eine eher untergeordnete Rolle. Wir sehen unter Penicillin V in adäquater Dosierung meist ein rasches Ansprechen und praktisch keine Therapieversager. Im Falle einer Penicillin-Allergie bietet sich ein Makrolid an, zu Cephalosporinen besteht eine Kreuzallergie", erläutert Welleschik.

"Klinisch kann im Anfangsstadium die Differentialdiagnose einer Streptokokken-Angina zum Morbus Pfeiffer schwierig sein, mit entsprechender klinischer Erfahrung ist jedoch aufgrund des Lokalbefundes und des Differentialblutbilds eine Unterscheidung meist gut möglich. Für eine Streptokokken-Angina spricht meist ein akut einsetzendes Krankheitsbild mit hohem Fieber, die Tonsillen sind groß, gerötet und geschwollen mit Stippchen, Follikeln durch Fibrinausschwitzungen. Tritt nach 2 - 3 Tagen unter Penicillin V keine klinische Besserung auf, ist ein Therapiewechsel, u. U. nach Erregerbestimmung ratsam. Der Schnelltest auf Eppstein-Barrvirus ist nicht sehr verläßlich, die Allergisierungsrate auf Breitbandpenicillin ist aber beim Morbus Pfeiffer viel höher als auf Penicillin V, das gastrointestinal besser verträglich ist als Makrolide oder Amoxicillin plus Clavulansäure", so Welleschik.

"Wir sehen bei bakterieller Tonsillitis keine sinnvolle Alternative zu Penicillin V, das gezielt wirksam ist und überdies ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist", bringt es Welleschik auf den Punkt.

 

Wie beurteilen niedergelassene Ärzte mit großer klinischer Erfahrung Wirksamkeit und Verträglichkeit von Penicillin V?

 

Gibt es bei Angina tonsillaris eine echte Alternative zu Penicillin V?

Diese Frage stellten wir Frau Dr. H. B. Heine, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde.

Frau Dr. H. B. Heine

"Natürlich ist mir eine klare und kritische Indikationsstellung vor dem Einsatz von Antibiotika wichtig. Ist aber aufgrund von Anamnese, Klinik und Lokalbefund eine bakterielle Tonsillopharyngitis sehr wahrscheinlich, verschreibe ich ein orales Penicillin. Penicillin V ist nach wie vor das am besten verträgliche Antibiotikum, das bei Streptokokken-Angina die Therapie der Wahl darstellt. Ich setze Penicillin V als Saft und Tabletten (z. B. Ospen®-Saft und Ospen®-Filmtabletten) ein, well es gezielt das zu erwartende Keimspektrum abdeckt, die körpereigene Flora nicht negativ beeinflußt und auch kostengünstiger und besser verträglich ist als orale Cephalosporine und Makrolide", erlautert Heine.

"Die Resistenzsituation hat sich in den letzten Jahren nicht negativ verändert und bei ausreichend hoher Dosierung und adäquater Behandlungsdauer ist der Behandlungserfolg gut. Es ist zunehmend wichtig, die Eltern über alle Aspekte der Behandlung aufzuklären und sich genug Zeit zum Beratungsgespräch zu nehmen, damit die Einnahmezuverlässigkeit und Therapieadhärenz gesichert ist. Dies ist auch wichtig, damit das Antibiotikum nicht gleich bei klinischer Besserung nach wenigen Tagen abgesetzt wird", weiß Heine aus Erfahrung.

Ausführliche Patienteninformation entscheidet über Compliance

"Unter Penicillin V habe ich bei bakterieller Tonsillitis praktisch keine Therapieversager, höchstens bei Noncompliance, zu frühem Absetzen oder zu niedriger Dosierung. Bei mangelndem Behandlungserfolg handelt es sich eher um Reinfektionen, wenn eben das Kind in Kindergarten, Schule oder Hort sich bei anderen Kindern wieder ansteckt. Es ist in jedem Fall eine genaue Anamnese wichtig. In der Regel kann die Diagnose aus dem klinischen Erscheinungsbild wie plötzlich einsetzendem hohen Fieber, Hals- und Bauchschmerzen, HNO-Befund, Exanthem etc. gestellt werden. Den Streptokokken-Schnelltest setze ich nicht ein, da dieser von der Krankenkasse nicht honoriert wird, also von den Eltern zu bezahlen und meist entbehrlich ist", faßt Heine zusammen.

Ausreichend hohe Dosierung und Therapiedauer sind entscheidend

"Bei adäquater Dosierung sind die Patienten rasch, meist nach 2 - 3 Tagen beschwerdefrei. Für Kinder liegt die richtige Dosierung bei 100.000 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht täglich, aufgeteilt auf 3 Einzeldosen im Abstand von 8 Stunden. Neue klinische Daten belegen, daß diese Dosis auch 2 x täglich, also früh und abends, aufgeteilt auf 2 Einzeldosen - gegeben werden kann. Dies ist vorteilhaft, wenn wegen der familiären Situation eine Mittagsdosis nicht sicher appliziert werden kann, z. B. weil die Mutter berufstätig ist. Mit der Verträglichkeit sehe ich keine Probleme, allergische Exantheme sind sehr selten, gelegentlich tritt vorübergehend eine leichte Diarrhoe auf. Übelkeit und Erbrechen, die z. B. unter Makroliden öfter auftreten, bemerke ich unter Penicillin V nicht", so Heine.

"Besonders günstig ist aber das rasche Ansprechen und der Umstand, daß bei schweren Fällen die Dosis problemlos erhöht werden kann, ohne daß die Verträglichkeit leidet. Die orale Suspension wird von den Kindern gut akzeptiert. Penicillin V ist in der Behandlung der bakteriellen Tonsillitis nach wie vor unumstritten", faßt Heine ihre klinische Erfahrung zusammen.

 

Bei gesicherter Effizienz wird eine ökonomische Verschreibung immer wichtiger

Herr MR Dr. N. Muss, Chefarzt der Salzburger GKK, nimmt dazu wie folgt Stellung:

MR Dr. N. Muss

"Meines Erachtens sollte Penicillin V nach wie vor als Mittel der ersten Wahl bei bakterieller Angina tonsillaris eingesetzt werden, weil es ausgezeichnet wirksam und kostengünstig ist. Das Keimspektrum ist definiert, die Resistenzsituation hat sich in Österreich bei den Streptokokken in den letzten Jahren nicht verändert und Penicillin V ist nach wie vor eine ausgezeichnet wirksame therapeutische Option gegen den Haupterreger, die A-Streptokokken. Es wäre allerdings vor allem bei Kleinkindern wichtig, nachzuweisen, ob es sich wirklich um eine Streptokokken-Angina handelt, dafür gibt es den Streptokokken-Schnelltest, der aber derzeit von der Gebietskrankenkasse nicht bezahlt wird. Über die Aufnahme dieses Schnelltests in den Ordinationsbedarf wird man jedoch nachdenken müssen. Dies wäre meines Erachtens vor allem bei Kleinkindern zu bedenken, um im Einzelfall einen sinnvollen Antibiotika-Einsatz sicherzustellen, da ja nicht jede Angina mit Antibiotika behandelt werden muß, etwa wenn sie viral bedingt ist", führt Muss aus und meint abschließend:

"Cephalosporine und Makrolide sind für mich in der Behandlung der klassischen Angina tonsillaris Mittel der zweiten Wahl."

 

Ist auch in der Allgemeinpraxis Penicillin V bei Tonsillopharyngitis Goldstandard?

Für Herrn Dr. G. Pöhacker, Arzt für Allgemeinmedizin, Wien, ist die Antwort klar:

Dr. G. Pöhacker

"Penicillin V ist bei bakterieller Tonsillitis nach wie vor die Therapie der Wahl, denn ich erreiche eine gezielte Wirkung auf Streptokokken, die etwa 95% des Erregerspektrums ausmachen. Andere Bakterien wie Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Corynebacterien etc. spielen in der Praxis seltener eine Rolle. So erreiche ich mit Penicillin V eine gezielte und rasche bakterizide Wirksamkeit. Penicilline sind kostengünstig und nach wie vor die bestverträglichen Antibiotika mit sehr großer therapeutischer Breite. Somit ist Penicillin V trotz der Entwicklung vieler neuer Antibiotika in dieser Indikation nach wie vor der Gold-Standard", stellt Pöhacker fest.

Bei adäquater Dosierung keine Therapieversager

"Sehr häufig beginnt eine Pharyngotonsillitis als viraler Infekt, die Patienten kommen aber meist schon mit massiveren Beschwerden wie Fieber, reduziertem Allgemeinzustand, Halsschmerzen, starken Schluckbeschwerden und typischem Lokalbefund, es folgt meist auch beim viralen Infekt die bakterielle Superinfektion. Im Zweifel bestelle ich den Patienten zur Kontrolle nach 2 - 3 Tagen wieder und entscheide dann über die Notwendigkeit einer Antibiotikatherapie.

Bei Kindern ist die orale Suspension (Ospen®-Saft) auch als 2 x tägliche Dosierung zugelassen. Dies ist ein Compliance-Vorteil, z. B. für berufstätige Pflegepersonen. Die Dosierungsempfehlung lautet 100.000 I.E. Penicillin V pro Kilogramm Körpergewicht auf 2 Tagesdosen früh und abends aufgeteilt, für Erwachsene über 70 kg 3 x 1,5 Mio I.E. täglich p.o.", faßt Pöhacker seine Erfahrung zusammen.

"Aufgrund der guten Verträglichkeit sehe ich kaum Compliance-Probleme"

"Nach meiner Erfahrung sprechen die Patienten rasch auf die Therapie an, bereits nach 2 - 3 Tagen sieht man meist eine klinische Besserung wie Abfiebern und Besserung der Schluckbeschwerden. Die Patientenaufklärung und - information ist aber wichtig, damit der Patient die Dosierung einhält und das Medikament ausreichend lange einnimmt. Aufgrund der guten Verträglichkeit sehe ich kaum Compliance-Probleme", sagt Pöhacker.

"Lediglich ab und zu berichten die Patienten über weiche Stühle, allergische Exantheme sind kein Problem. Unter Makroliden habe ich häufiger Rezidive gesehen, auch werden diese von manchen Patienten schlechter vertragen.

Bei Streptokokken-Angina ist die bakterizide Wirkung von Penicillin V nach wie vor ausgezeichnet, die körpereigene Flora wird weniger beeinflußt als z. B. unter oralen Cephalosporinen oder Makroliden.

Penicillin V stellt deshalb bei bakterieller Tonsillitis meines Erachtens nach wie vor die Therapie der Wahl dar", ist Pöhacker überzeugt.

 

Auch bei Lyme-Borreliose (Stadium I) empfiehlt sich eine Therapie mit Penicillin V

Herr Univ.-Prof. Dr. G. Stanek, Klin. Institut für Hygiene der Universität Wien, führt aus, worauf es bei Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose ankommt und welche Fehler häufig gemacht werden.

Univ.-Prof. Dr. G. Stanek

"In Endemiegebieten kommt es nach etwa 3% der Zeckenstiche zu einer manifesten Borrelieninfektion. Wenn kein typisches Erythema migrans in Zusammenhang mit einem Zeckenstich vorliegt, kann die klinische Diagnose schwierig sein. Insbesondere bei Kindern, die vorwiegend im Kopf-Nackenbereich von Zecken gestochen werden, ist dazu noch auf ein Borrelienlymphozytom zu achten, das meist am Ohrläppchen oder an der Brustwarze, aber auch am Skrotum lokalisiert ist", berichtet Stanek.

Die Diagnose im Stadium I stützt sich auf das klinische Bild

"Die Diagnose Erythema migrans stützt sich auf das klinische Erscheinungsbild, kann jedoch durch Kultur und/oder PCR von Hautbiopsien in Zweifelsfällen gesichert werden. Differentialdiagnostisch müssen Erysipel, unspezifische Reaktionen auf Insektenstiche, Urtikaria, Kontaktekzem, Tinea corporis, Follikulitis und Arzneimittelexanthem abgegrenzt werden.

Bei hohem Fieber nach Zeckenstich muß man neben einer FSME auch an Ehrlichiose (Ehrlichien sind gramnegative, kokkoide, obligat intrazellulare Bakterien, die Monozyten oder Granulozyten befallen) denken, die von einheimischen Zecken übertragen werden kann", berichtet Stanek und fährt fort: "Ein Erythema migrans entwickelt sich innerhalb von wenigen Tagen bis mehreren Wochen nach Zeckenstich. Dies ist die häufigste Manifestation der Lyme-Borreliose (60% - 80% aller Manifestationen). Es handelt sich um einen sich vergrößernden, rötlichen oder bläulich-roten Fleck, der in der Regel um die Zeckenstichstelle lokalisiert (> 5 cm Durchmesser) ist, häufig zentral abblaßt, am Rande deutlich abgesetzt und intensiver gefärbt, aber nicht merklich erhaben ist.

Eine positive Borrelienserologie untermauert zwar die Diagnose bei entsprechender Klinik, ein negatives Ergebnis schließt aber eine Borreliose nicht aus", so Stanek.

Bei gesicherter Diagnose ist eine frühzeitige Antibiotikatherapie indiziert

"Eine Antibiotika-Prophylaxe gleich nach Entfernung einer Zecke ist nicht sinnvoll, weil damit kein therapeutischer Nutzen verbunden ist. Nach Auftreten des Erythema migrans sollte aber sofort eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden. Innerhalb des Behandlungszeitraums schwindet das Erythem gewöhnlich vollständig und Komplikationen oder eine späte chronische Erkrankung der Lyme-Borreliose werden dadurch meist vermieden", gibt Stanek zu bedenken.

Penicillin V ist das Mittel der Wahl

"Penicillin V stellt sogar bei Kindern, Schwangeren und Stillenden wegen seiner gezielten Wirksamkeit und seiner sehr guten Verträglichkeit das Mittel der Wahl dar. Penicillin V ist darüber hinaus eine der kostengünstigsten Behandlungsformen. Es sollte über 14 Tage (10 bis 21 Tage) verabreicht werden.

Für Borreliose ist die empfohlene Dosierung von Penicillin V für Kinder 100.000 I.E. bis 150.000 I.E. pro Kilogramm Körpergewicht täglich, aufgeteilt auf 3 Einzeldosen, für Erwachsene (> 70 kg) 3 x 1,5 Mio I.E. täglich.

Bei Kindern mit Penicillinallergie kann Azithromycin über 5 Tage gegeben werden, eine ausreichende Behandlungsdauer ist für den Behandlungserfolg entscheidend", faßt Stanek zusammen.

 

zurück zum Inhalt